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Gelber Dieb

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26.04.2005
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Gelber Dieb

Gelber Dieb

Harry machte sich Sorgen. Seit Tagen wartete er auf einen Scheck seines Geschäftspartners Udo. Der Scheck war über 10.000 Euro ausgestellt und ohne ihn sah es schlecht für Harrys Geschäfte aus. Harry ging in der Wohnung umher, während er an den Nägeln kaute. Ab und zu schaute er aus dem Fenster. Gedanken schossen ihm durch den Kopf und sie hatten nur ein Thema.
Im Haus erzählten sich seine Mitbewohner allerlei Geschichten über den Postboten. Der mache einen unseriösen Eindruck. Er solle vorbestraft sein. Wegen Diebstahls. Eines Tages wollte Harry den Gerüchten auf den Grund gehen und legte sich auf die Lauer. Vom Kellerabgang beobachtete er die Briefkästen im Treppenhaus.
Als der Bote zur gewohnten Zeit kam, fühlte sich Harry wie beim Räuber- und Gendarmspiel von früher.
Der Briefträger steckte Post in die Schlitze. Doch einmal wollte er eine Sendung in seinen Kasten werfen und überlegte es sich anders. Der Zusteller befühlte den Umschlag ausgiebig und hielt ihn gegen das Licht. Dann steckte er ihn in seine Hosentasche. Die restliche Post warf er ein.
Harry kam aus seinem Versteck und ging auf den Mann zu. Doch zur gleichen Zeit kam die alte Frau Maier vom Erdgeschoss zur Haustür rein.
„Sagen sie mal, Herr Stengel, wie lange soll das denn noch so weitergehen mit der Kehrwoche. Immer wenn sie dran sind ist hier ein Dreck, dass man sich dafür schämen muss, wenn Besuch kommt.“
Der Briefträger grinste ihn an und ging. Harry konnte nur hinterherschauen, weil ihm die Maier gekonnt den Weg versperrte. Zufällig hatte Harry den Namen Hill von einem Schildchen auf der Brust des Postboten ablesen können.
„Frau Maier, lassen sie mich bitte durch, es ist dringend“, flehte er.
„Nein. Immer sind andere Dinge wichtiger. Kümmern sie sich erst um die Kehrwoche.“
Behutsam griff Harry die Maier an den Schultern und schob sie auf die Seite.
„He!“, protestierte sie, „so einfach kommen sie nicht davon. Ich werde die Hausverwaltung über ihr flegelhaftes Verhalten informieren“, rief sie ihm hinterher.
Harry sprang auf die Straße und sah das gelbe Postauto weiter vorne um die Ecke biegen.
Er rannte hinterher. Als er ebenfalls um die Ecke kam, sah er den Transporter geparkt an der Seite stehen. Hill stand auf der anderen Straßenseite an einem Briefkasten.
Harry nahm all seinen Mut der Verzweiflung zusammen und schlich sich in den Laderaum des gelben Postautos. Das hätte er sich besser zweimal überlegt.
Die anschließende Fahrt dauerte nicht lange. Hill hielt vor einem Einfamilienhaus mit großem Garten. Harry sah durch das Fenster in der Trennwand nach vorne. Hill nahm einen Stapel Briefe vom Armaturenbrett und sah sie durch. Plötzlich traf es Harry wie einen Blitz. Da! Der Brief. Deutlich hatte er seine Adresse gesehen. Na warte Bürschchen, dachte sich Harry.
Hill stieg aus und ging hinein. Harry folgte ihm. Auf dem Briefkasten und dem Klingelschild stand ebenfalls Hill.
Obwohl die Haustür offen stand, war es Harry so, als ob er eine unsichtbare Mauer durchbrach, als er eintrat. Harry hörte leises, gut gelauntes Pfeifen. Der Bursche hatte gut lachen, armen Leuten die Schecks stehlen. Harry schlich über dickem Teppich durch den Flur. Er linste in einen Raum, offenbar das Wohnzimmer. Hill saß mit dem Rücken zu ihm an einem Schreibtisch und öffnete Briefe. Gerade wollte Harry eintreten, als er links von sich, einen Schatten wahrnahm.
Die Gestalt betrat das Zimmer. Harry war wie vom Blitz getroffen, als er eine Pistole mit Schalldämpfer in der Hand des Unbekannten sah. Harry fluchte leise vor sich hin: „Scheiße! Was ist denn hier los?“
Er wusste nicht, was er tun sollte. Und so stand er wie angeklebt hinter dem Türrahmen und spickte um die Ecke.
„Hallo Butzi“, sprach die Gestalt Hill an. Erschrocken fuhr dieser herum. „Was wollen Sie, wer sind Sie?“
„Du schuldest dem Boss noch 100.000. Die will ich jetzt haben, sonst...“, bedeutungsvoll wedelte er mit der Pistole.
„Ich... ich hab nicht so viel. Ich brauch m... mehr Zeit“, stammelte Butzi.
„Du hattest mehr als genug“, fuhr der Typ ihn an. „Jetzt ist Zahltag. Spielschulden sind Ehrenschulden. Du weißt was mit Leuten passiert, die nicht zahlen.“
„Nein! Nicht!“, schrie Butzi. Um sich zu schützen, hatte er die Arme vor das Gesicht genommen. Sinnlos. Die Pistole machte Plopp, Plopp und Butzi Hill krümmte sich in seinem Stuhl zusammen und fiel auf den Boden. Ein kleines Loch zierte seine Stirn. Auf der Brust färbte sich das Hemd rot.
„Ach du heiliger Strohsack“, flüsterte Harry ein wenig zu laut. Etwa zur gleichen Zeit wie der Killer, bemerkte er sein Spiegelbild im Terrassenfenster.
Schnell wandte Harry sich um und stolperte über einen blechernen Schirmständer. Als er sich aufrappelte, schlugen die Kugeln links und rechts neben ihm ein. Er hechtete hinter die nächste Ecke und landete vor einer Treppe. Er rannte sie so schwungvoll hoch, dass sich der Teppich mitsamt den Haltestangen von den Stufen löste. Über den Absatz und ein paar Stufen höher und er befand sich über dem Killer.
Oben angelangt, überlegte Harry, was er tun könnte.
Hier gab es nichts was einer Pistole ebenbürtig war.
„Komm raus, du Feigling“, säuselte der Killer von unten. „Du sitzt in der Falle. Wenn du dich zeigst, mach‘ ich‘s auch kurz und schmerzlos.“
Harrys Herz raste, der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Was sollte er nur tun? Sich tatsächlich ergeben?
Von unten hörte er wie der Killer über den losen Teppich stolperte und fluchte. Harry erfasste blitzschnell seine Chance. Er nahm den Sessel aus der Ecke, schwang ihn über den Kopf und warf ihn blind über das Geländer.
Zwischen dem Geräusch von splitterndem Holz, hörte Harry ein hässliches Knacken heraus, das ihm eine Gänsehaut verursachte.
Langsam wagte er sich ans Treppengeländer vor und schaute vorsichtig darüber. Der Killer lag mit seltsam verdrehtem Kopf und offenen Augen, auf der Treppe. Der kaputte Sessel auf ihm drauf.

Als Harry wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, verständigte er die Polizei und erzählte den eintreffenden Beamten alles, was passiert war. Die Polizisten überlegten, telefonierten, aber dann ließen sie ihn laufen. Sie sagten, er hätte in Notwehr gehandelt.
Als Harry nach Hause ging, befühlte er den Brief mit dem Scheck in seiner Tasche. Er hatte nicht gleich angerufen.

 

Hallo Winzling,

erstmal willkommen bei kurzgeschichten.de.

Dein Text war für mich bis etwa zur Hälfte spannend. Etwa bis zu dem Moment, wo der Mann mit der Pistole auftritt. Und dann? Dann hatte ich den Eindruck, in einen Trivialroman geraten zu sein, sorry.

Die Sprache klingt zum Teil nach - äh, vielleicht Karl May? Jedenfalls nicht besonders zeitgenössisch. Schießeisen und Früchtchen zum Beispiel.

Ich kann nicht genau sagen, was mir daran nicht gefällt. Es wirkt auf mich... wie eine Räuberpistole, wie Räuber-und-Gendarm-Spielen. Ich hätte lieber die Geschichte von einem Postboten gelesen, der ab und zu einen Scheck klaut, weil er Spielschulden hat, aber Harry verspricht, es in Zukunft zu lassen. Das wär vielleicht nicht so spektakulär gewesen, aber irgendwie bodenständiger, glaubhafter.

Tut mir leid, wenn das alles nicht so wahnsinnig positiv klang.

Grüße,
dein Stefan

 

hallo stefan!

danke erst mal für die mühen mit dem lesen und lektorieren.

eines musst du mir aber genauer erklären. was meintest du mit "er solle einfach versprechen es in zukunft nicht mehr zu tun"? soll er dem killer einfach versprechen in zukunft keine briefe mehr zu klauen? das kann dem killer doch egal sein. der will nur die kohle.
und harry ist nicht der gelbe dieb, sondern hill. vielleicht verwirrt mich das in deiner antwort.
und einfach ein versprechen abgeben und gut ist, das klingt meiner meinung nach nicht glaubwürdiger.

über das schießeisen und früchtchen können wir reden. ich verbessers noch. kam mir beim schreiben nicht so ausgefallen vor.

danke nochmal ;-)

grüssle
markus

 

Hi again.

Wahrscheinlich hätte ich gar nicht anfangen sollen, einen anderen Plot vorzuschlagen - das ist nicht das Ressort des Lesers sondern des Autors. Aber ich schreibe halt auch, deswegen gehen mir in dem Punkt manchmal die Pferde durch, sorry.

Mein Punkt war der: So wie die Geschichte jetzt ist, ist zumindest teilweise eine Räuberpistole. Sie fing an mit eher alltäglichen Geschehnissen. Der Verdacht, dass der Postbote was klaut, ist nachvollziehbar. Man beobachtet den Mann und stellt ihn zur Rede. Der Rest ist Räuberpistole. Ich kann dir nicht sagen, wie du das "besser schreiben sollst", nur: Mir gefällt es nicht.

Grüße,
Stefan

 

Hallo Winzling und willkommen auf kg.de!

also mir hat die Geschichte schon gefallen.

Dein Text war für mich bis etwa zur Hälfte spannend. Etwa bis zu dem Moment, wo der Mann mit der Pistole auftritt.
Komisch. Für mich wurde es gerade ab dem Moment spannend. Wenn man, wie leixoletti vorschlägt, den Killer auslässt, würde die Geschichte doch total langweilig sein. Wir sind ja hier in Thema Spannung und nicht in Alltag, warum soll es da keine Killer geben?
Ich gebe zu, vielleicht hätte man sprachlich die Spannung besser steigern können (irgendwie fand ich alles viel zu aus der Distanz erzählt), aber der Plot gefällt mir.
Ich würde mir aber mehr vom Kampf mit dem Killer wünschen (Scheiben splittern, Sachen fliegen durch die Luft, Harry wird gleich erschossen, schlägt dem Killer aber im letzten Moment noch die Pistole aus der Hand oder so was Ähnliches).

Gruß
Roland

 

Hallo nochmal, Winzling.

Mir ist noch was eingefallen. Vielleicht liegt es an der Hauptperson, dass ich die zweite Hälfte so unglaubwürdig fand. Im ersten Teil erscheint sie mir wie ein Alltagsmensch. Und im zweiten Teil ist sie für mich auf einmal eine Art James Bond. Ich denke, dieser Bruch könnte mich gestört haben.

Grüße,
Stefan

 

Danke Roland!

das habe ich jetzt gebraucht! da kommen einem ja schon bald selbstzweifel. natürlich kann man immer was besser machen. aber der grundstein, das fundament, sprich plot, sollte schon gut sein.

ich werde es mir nochmal durchlesen und daran arbeiten.

tut mir leid, dass ich jetzt erst antworte, aber ich war der meinung, dass ich benachrichtigt werde, falls eine neue mitteilung eingeht. bis jetzt wars jedenfalls so.

grüsssle
markus

 

hallo stefan!

danke für deinen hinweis. könnte sein, dass der bruch zu offensichtlich ist. aber der typ könnte ja über sich hinauswachsen, in der szene. er war so verzweifelt, dass er dem postboten hinterher spioniert. und dann war er so in die enge getrieben von dem killer, dass er zum kämpfer wurde. es ging schließlich um leben oder tod.

grüssle
markus

 

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