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Gelebte Loyalität

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02.02.2004
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Gelebte Loyalität

Der Verwaltungsratspräsident unserer Firma, Herr Van der Bloom hielt sich mit beiden Händen am Rednerpult fest. Alle Augen und Kameras der Journalisten waren auf ihn gerichtet. Ich stand daneben und sah zu ihm hoch.
Irgendwo hatte ich mal gelesen, egal was passiert, der Vizepräsident bezeugt am besten seine Loyalität, in dem er gespannt an den Lippen seines Bosses hängt und zwar ununterbrochen. Kein Blick in die Menge, kein Blick zu Boden und auf gar keinen Fall ein Blick zur Decke.

Van der Bloom hatte gerade begonnen, seine Einführungsrede über die Vorzüge der Wahl unserer Firma als Generalunternehmung für das Stadion Grossprojekt zu halten, da sah ich es. Ein kleiner grüner Fleck inmitten Van der Blooms makellosem Gebiss. Ein Überbleibsel des kurzen Mittagessens, hastig eingenommen zwischen Maske und Auftritt.

Der Schreck fuhr mir in die Glieder. Jetzt nur keine Panik. Ich hustete leicht in die Faust und Van der Bloom, der eben sein Argumentenfeuerwerk abgebrannt hatte, grinste mich strahlend an. Die Journalisten schrieben geschäftig die letzte Aussage auf ihre Stenoblöcke, ein Volontair vom Fernsehen hastete gebückt herbei und rückte ein etwas aus der Bestimmungsrichtung geratenes Mikrofon zurecht.

Ich strahlte ebenfalls weiter in Richtung Rednerpult, obwohl es in mir kochte. Das Mikrofon fiel nun ganz um, da sich der arme Techniker im Kabel verheddert hatte. Mit hochrotem Kopf versuchte er das widerspenstige Teil doch noch in die richtige Position zu rücken. Diese kurze Pause musste reichen, um Van der Bloom einen Wink zu geben. Ich fuhr mit der Zunge innerhalb meines geschlossenen Munds über die Zähne, so dass eine leichte Wölbung erkennbar war.

Van der Bloom und ich waren ein eingespieltes Team. Er verstand sofort, dass etwas an seiner Erscheinung zurechtgerückt werden musste. Doch statt meine Zungenakrobatik richtig zu deuten, ging seine Hand unter das Rednerpult. Doch sein Reissverschluss war geschlossen wie eine Bank am Sonntag und Van der Bloom liess ein leichtes Augenbrauenzucken erkennen. "Was noch", schien sein Blick fragen zu wollen, ich kratzte mir kurz die Nase und tippte dabei zwei mal leicht an die Lippe. Eine Frage aus den Reihen der Journalisten liess ihn herumfahren und sein Gesichtsausdruck schaltete auf geschäftsmässiges Interesse. Dazu neigte er den Kopf leicht nach rechts und signalisierte Zuhörbereitschaft.

"Herr Van der Bloom, wie sieht es mit der Restfinanzierung für die dritte Bauphase aus." Die Frage kam von einem jungen Mann in Kordhose und offenem Karohemd, der wohl für sein lokales Gemeindeblatt eine sensationelle Story witterte. Van der Bloom schaute kurz auf seine Unterlagen. Anscheinend hatte er während unseres kurzen Intermezzos den Faden verloren.
"Das kann ich ihnen gerne beantworten." Wieder blickte er kurz zu mir. Das Überbleibsel vom Mittag war immer noch da. Im unteren Bereich zwischen Eck- und Schneidezahn festgeklemmt, unheilvoll und grotesk wie ein kleiner grüner Kobold leuchtete das Blattgrün aus dem sonst makellosen Gebiss des Verwaltungsratspräsidenten hervor. Ich dachte, er wolle sich noch mal nach dem Problem erkundigen und ich beschloss, es nun kurz und unmissverständlich anzuzeigen.

Alle Kameras waren auf Van der Bloom gerichtet, also schob ich meine Vorderzähne über die Lippen und rubbelte mit dem Zeigefinger wie mit einer imaginären Zahnbürste über den linken Eckzahn. Als Van der Blooms Gesicht einen entsetzten Ausdruck annahm, bemerkte ich, wie alle Augen und Kameraobjektive auf mich gerichtet waren. Vor Schreck biss ich mir auf den Finger, was zwar schmerzhaft war, zum Glück aber meine Erstarrung löste. Alle, die Journalisten, Van der Bloom und Tausende von Zuschauern da draussen warteten darauf, dass der loyale Vizepräsident den Faden, der verloren gegangen war, gekonnt wieder aufnahm und eine plausible Antwort auf die nicht unbedeutende Frage des wichtigtuerischen Gemeindeblattschreiberlings lieferte.

"Äh, nun, das ist so." - Blattgrüner Kobold - "Wenn wir die Zähne, eh, Zahlen der letzten Bauperiode...". Ich krächzte. Ich schwitzte. Das flaue Gefühl im Bauch wurde noch flauer und ich musste urplötzlich husten. Klasse, ich hatte einen Frosch im Hals, einen giftgrünen wahrscheinlich. Und nun konnte ich nicht aufhören zu husten. "Also, das mit der Restfinanzierung der dritten Bauperiode ist eigentlich ganz...", ergriff Herr Van der Bloom nun seinerseits mit wiedergewonnener Selbstsicherheit das Wort. Ich bellte wie ein Rottweiler. Eifrig wurde mir von irgendwoher ein Pappbecher mit Wasser gereicht. Hastig ergriff ich das rettende Nass und leerte es promt über Van der Blooms Hose. "...bei solchen Projekten statistisch gesehen, Whaa - GLOGGNER." Van der Bloom sprang zur Seite, strauchelte über die Podiumskante und riss im Fallen mehrere Mikrofone mit. Ein schreckliches Pfeifen, verursacht durch die entstandene Rückkopplung dröhnte durch den Presseraum und der arme Techniker von vorhin riss mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Kopfhörer herunter. Ich setzte mich auf die Stufen zum Podium und gab tränenüberströmt noch einige Huster von mir, während um mich herum das totale Chaos herrschte.

"Hallo Schatz, du kommst gerade rechtzeitig. Im Fernsehen läuft eure Pressekonf...", weiter kam Karin nicht. Sie sah mich an, als hätte sie gerade ein Gespenst gesehen.
"Was hast Du? Bist du krank?"
Ich warf meine Jacke in die Ecke und liess mich zu Karin auf die Couch fallen. Karin schaute etwas kariert.
"Sieh es dir an“, sagte ich und deutete auf den Fernseher. „Wollte doch bloss Van der Bloom retten, weil sich da so ein Stück Salatblatt zwischen den ..." Ich erstarrte und konnte nicht glauben, was ich da sah. Auf dem Bildschirm hielt gerade Van der Bloom seine Einführungsrede. Dabei verdeckten die zahlreichen Mikrofone seinen Mund und der verdammte grüne Fleck war gar nicht zu sehen! Der kleine grüne Kobold war unsichtbar, mein im Chaos endender Rettungsversuch völlig überflüssig.

"Schalt um, tu dir das nicht an", flüsterte ich heiser, während der Volontair im Presseraum gerade das Mikrofon zurechtrückte. Karins Gesichtsfarbe veränderte sich zunehmend gegen Weiss.
"Hast du den Stellenanzeiger schon entsorgt?", fragte ich Karin leise.

 

Hallo dotslash

ich fand deine Geschichte auch recht unterhaltsam, sie hat mir einige Schmunzler entlockt. Vor allem diese Slapstick-Szene hast du gut beschrieben, wie ich finde. Ein paar kleine Fehlerchen sind allerdings auch drin, so muss z.B. in beiden Fällen das Wort husten kleingeschrieben werden. Sind noch ein zwei andere Gross/Kleinschreibfehler drin. Alles in allem eine gute Geschichte für zwischendurch.

 

Hallo Jo_oder_So und Lemmi

Danke fürs Lesen UND Kommentieren.

@Jo_oder_So
Es ist meine erste Geschichte unter Humor und ich war mir nicht sicher, ob der Text doch eher nach Alltag gehört. Da sie im Nachwirken bei Dir doch noch Anklang fand, zeigt, dass ich mich wohl auf dem richtigen Weg befinde.

Tja, der ewige Kampf mit der Logik. Ich gebe Dir recht, nur wenn man darüber hinwegsieht, funktioniert die Pointe. Aber wem erzähle ich das... :D

@Lemmi
Prima, dass ich Dich für einen kurzen Moment unterhalten konnte.
Danke für den Gross/Klein Hinweis, ich habe gleich noch einige andere Fehler ausgebessert.

Liebe Grüsse
dotslash

 

dotslash

Dann hoffen wir mal, mein erster Kommentar im neuen Forum landet dort, wohin er soll, sonst sollte ich lieber schon mal den Nacken einziehen.

Zur Sache.

Die Geschichte erinnert mich zu Beginn an diesen Sketch mit Loriot und Evelyn Hamann, in der er beim ersten Date mit ihr, eine Nudel am Mund hängen hatte und sie total aus dem Konzept brachte.
Sie hat nur anders reagiert als Dein armer Protagonist, der ja aus dem Ereignis eine Losernummer gemacht hat.
Komisch genug ist das auf alle Fälle und der Schluss-Gag, bei dem sich erwies, dass die ganzen Bemühungen völlig für die Katz gewesen sind, die gaben der Story den letzten Schwung.
Ich fands gut, über die kleinen Grammatikfehler wurde schon alles gesagt und sie sind leicht zu verbessern.

Gruß Lore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lore

Na dann erstmal ein herzliches Willkommen auf KG.DE.
Wow, Dein erster Kommentar und Du suchst Dir meine Geschichte aus.
:cool:

Prima, dass sie Dir gefallen hat.

Die Geschichte erinnert mich zu Beginn an diesen Sketch mit Loriot und Evelyn Hamann, in der er beim ersten Date mit ihr, eine Nudel am Mund hängen hatte und sie total aus dem Konzept brachte.
- ich liebe ihn.
:)


über die kleinen Grammatikfehler wurde schon alles gesagt und sie sind leicht zu verbessern.
- ähem, ich dachte, ich hätte sie bereinigt? Bitte um Nachhilfe.
:shy:

Lieben Gruss und Danke nochmals.
dotslash

 

Moin dotslash,

Ja, ich mußte auch an Loriot denken. Mit diesem Sketch kann deine Geschichte zwar nicht mithalten (das kann niemand), aber ganz amüsant zu lesen war es allemal. Richtig lachen mußte ich zwar nicht, aber insgesamt hab ich mich gut unterhalten gefühlt.

Das Mikrofon viel nun ganz um, und der arme Techniker versuchte mit hochrotem Kopf das widerspenstige Teil doch noch in die richtige Position zu rücken.
"fiel um"
Aber warum tat es das überhaupt?
Doch statt meine Zungenakrobatik richtig zu deuten, ging seine Hand unter das Rednerpult. Doch sein Reissverschluss war geschlossen
Witzig, wie er Zungenakrobatik automatisch mit seinem Reißverschluß assoziiert :D
Und nun konnte ich nicht aufhören zu husten. "Also, was Herr Gloggner sagen möchte...", ergriff Herr Van der Bloom nun seinerseits mit wiedergewonnener Selbstsicherheit das Wort.
Wer ist Gloggner? Der Erzähler? Wenn dem so wäre, verstehe ich nicht so ganz, warum der Chef einen Hustenanfall seines Kollegen derart zu überspielen versucht. Husten ist Husten und kein Versuch, was zu sagen.
Hast du den Stellenanzeiger schon entsorgt?", fragte ich Karin leise,
Da würde ich einen Punkt setzen und die Geschichte enden lassen. Der letzte Satz läßt die Pointe meiner Meinung nach nur noch abflauen (erklärt zu viel) und ist daher überflüssig.

 

Servus dotslash!

Das Mikrofon viel nun ganz um
fiel um.

Zungenakrobatik richtig zu deuten, ging seine Hand unter das Rednerpult
:thumbsup:

Mhm, ich bin etwas zweigespalten: einerseits, du schreibst sehr schön, andererseits, du hast nicht meinen Humor. (Dürfte kaum eine Überraschung sein.)
Ich persönlich finde, du gehst nicht weit genug. Ich finde, es könnten ruhig ein paar mehr Witzchen sein.

Aber, wie gesagt, schön geschrieben.

In diesem Sinne
c

 

Hallo Kritikers

Vielen Dank fürs Lesen UND Kommentieren.

@gnoebel

Ja, ich mußte auch an Loriot denken. Mit diesem Sketch kann deine Geschichte zwar nicht mithalten (das kann niemand), aber ganz amüsant zu lesen war es allemal. Richtig lachen mußte ich zwar nicht, aber insgesamt hab ich mich gut unterhalten gefühlt.
und das aus Deiner Feder, Mann, das ist ja schon mal was! Danke.
(Man soll ja kleine Brötchen backen und sich dann langsam zu Torte und Sahnehäubchen hinarbeiten, gell?)

"fiel um"
- Aua, das tut weh. (Hab ich glatt überlesen)


Aber warum tat es das überhaupt?
Habe die Stelle überarbeitet.


Witzig, wie er Zungenakrobatik automatisch mit seinem Reißverschluß assoziiert
- Klasse, es funktioniert.

Wer ist Gloggner? Der Erzähler? Wenn dem so wäre, verstehe ich nicht so ganz, warum der Chef einen Hustenanfall seines Kollegen derart zu überspielen versucht. Husten ist Husten und kein Versuch, was zu sagen.
- Ich lasse Gloggner hier weg.

Da würde ich einen Punkt setzen und die Geschichte enden lassen.
- hast recht, den Rest kann sich der Leser denken.

---------------------------------
@chazar

fiel um.
Ja, ja, haut es mir um die Ohren! :D


Mhm, ich bin etwas zweigespalten: einerseits, du schreibst sehr schön, andererseits, du hast nicht meinen Humor. (Dürfte kaum eine Überraschung sein.)
- aber die Zungenakrobatik war doch schon mal ein Anfang, gell?


Aber, wie gesagt, schön geschrieben
- und auf den kann ich aufbauen.


Habe den Text abgeändert und bin gespannt.

Lieben Gruss
dotslash

 

Hallo dotslash,

eine Mischung aus Slapstick und Loriot - Humor bedeutet ja nicht unbedingt brüllende Lacher. Also: Nette Geschichte mit Unterhaltungswert, hinterlässt so ein wenig das Gefühl `hoffentlich passiert mir das nicht... ´

LG,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon

Auch Dir herzlichen Dank für's Lesen und Kommentieren.

Stimmt, hat wirklich was von Loriot, obwohl die Inspiration zur Geschichte aus meinem Umfeld kam. (Ich wurde, zum Glück nur unter Kollegen mit Fingerzeichen auf MEINEN grünen Salatkobold aufmerksam gemacht.)
Das eskalierende Element habe ich dann dazugedichtet.

Lieben Gruss
dot

 

*kram*
*hervorwühl*

Hallo ./!

Ein kleiner grüner Fleck inmitten Van der Blooms makellosem Gebiss.
Huch, nur einen Fehler gefunden. :D

Gewohnt sauber geschrieben und amüsant zu lesen. Schön, wie du die Situation immer mehr zuspitzen lässt, das hat mir gefallen und mein Interesse am Text aufrecht erhalten. Dass am Ende der ganze Aufwand des Vize womöglich umsonst war, hatte ich im Gefühl. Den Schluss hätte ich jedoch etwas dramatischer gestaltet. Jedenfalls ist mir nicht ganz ersichtlich geworden, ob der Vize nun wirklich gefeuert worden ist oder nicht.

Gruß

 

Hi flashbak
Uiuiui, habe dein Posting total übersehen, entschuldige.

Danke für die Blumen, für's Hervorkramen und den Fehlertipp.

Den Schluss hätte ich jedoch etwas dramatischer gestaltet. Jedenfalls ist mir nicht ganz ersichtlich geworden, ob der Vize nun wirklich gefeuert worden ist oder nicht.
War mal anders, habe ich aufgrund einleuchtender Kritik von gnoebel geändert.
gnoebel schrieb:
Zitat:
Hast du den Stellenanzeiger schon entsorgt?", fragte ich Karin leise,
Da würde ich einen Punkt setzen und die Geschichte enden lassen. Der letzte Satz läßt die Pointe meiner Meinung nach nur noch abflauen (erklärt zu viel) und ist daher überflüssig.

LG./

 

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