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Geschichtsmuseum, Neu Frankfurt

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15.07.2001
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Geschichtsmuseum, Neu Frankfurt

Schnaufend stoppte der Vertikal-Transporter.
Der Lehrer, dem es von Anfang an nicht besonders geheuer gewesen war, in dieses „Ding“ -wie er sich ausdrückte- zu steigen, atmete erleichtert auf und drückte den Knopf, der die Tür entriegelte. „Still, Kinder! Benehmt euch jetzt bitte nicht so, wie schon die ganze Fahrt über!“ Zischte er über die Schulter, worauf die 16 Schüler hinter ihm verstummten und kicherten. Die Tür ging surrend auf, und machte den Blick in das Innere einer riesigen Halle frei. Der Lehrer tat einen vorsichtigen Schritt nach draußen, und wollte gerade noch etwas sagen, doch seine Schüler waren schon an ihm vorbei und wuselten in alle Richtungen davon. Dabei gab es in diesem Raum nichts besonderes zu sehen, die Wände waren in einem matten Braunton gehalten, und der Boden war glänzend schwarz. Das einzige, was zu sehen war, war ein Roboter in der Mitte des Raumes. Der Führungsroboter. Herr Schneider ging zu ihm hinüber und sprach ihn an, erhielt jedoch keine Ahnung. „Roboter? “ fragte er, doch die Mundprojektion der Einheit blieb dunkel. „Hallo, Roboter! “. War diese Einheit beschädigt? Er würde wohl jemanden vom Wartungsdienst herholen müssen. Das bedeutete wieder in den Fahrstuhl steigen. Wäre er selbst ein Roboter gewesen, hätte sich seine Mundprojektion jetzt hektisch rot verfärbt, doch er war kein Roboter. Statt dessen, ballte er die Fäuste, drehte sich um - und hätte fast ein kleines Mädchen über den Haufen gerannt, eine Schülerin seiner Klasse, Anna. Ein aufgewecktes Kind. Jetzt stand sie da vor ihm, und sah lächelnd zu ihm herauf. Sie war so alt wie die anderen, also etwa 13. „Was ist denn Anna? Trommel mal die anderen zusammen, wir müssen noch mal zum Empfang, dieser Roboter scheint kaputt zu sein! “. Das Mädchen sah ihn einen Augenblick belustigt an, dann sagte sie „Aber nein, Herr Schneider. Er ist nicht kaputt. Sehen sie dieses blinkende Lämpchen da? “ Sie zeigte darauf und er nickte, obwohl es ihm bisher nicht aufgefallen war. „Diese Diode zeigt an, dass sich der Roboter gerade im Standby-Modus befindet! Sie müssen nur den Knopf darüber drücken, und er fährt wieder hoch. Wussten sie das denn nicht, Herr Schneider? “ sie sah ihn durchdringend an. „Doch, äh, das wusste ich!“ murmelte er und sah hastig weg. Er hatte es natürlich nicht gewusst. Sein technisches Verständnis ließ sehr zu wünschen übrig, er war froh, wenn er seiner Kaffeemaschine sagen konnte, was sie zu tun hatte (meistens schaffte er jedoch das nicht einmal). Er wandte sich wieder dem Roboter zu und betätigte den Schalter. Ein Ruck ging durch die Einheit, der Ventilator zur Kühlung der Chipsätze im Hinterkopf sprang an, und das Mundfeld färbte sich leuchtend rot. Der Roboter regte sich auf. „Hä? Was ist? “ erstaunt sah er sich um. „Ach...bei allen Konfiguratoren, wie peinlich! Ich muss wohl in den Standby-Modus gefallen sein. Ich war den ganzen Tag unterwegs, und als ich dann hier auf sie gewartet habe, da bin ich müde geworden und dann...Oh Gott ist das peinlich! “ er fuchtelte wild mit den Armen herum, dass Anna und Herr Schneider einen Schritt zurückweichen mussten. „Ist ja gut! Beruhige dich! Jetzt bist du ja wieder wach! Unsere Ankunft hat sich etwas verzögert, auf der Isobahn war ein Stau.“ Die Einheit sah ihn an und fragte „Sind sie Herr Schneider? “ der Lehrer nickte. „Gut, dann lassen sie uns doch mit der Führung beginnen. Wo,“ er sah sich um „ wo sind denn ihre Schüler? “. Eine Falte zuckte über Herr Schneiders Stirn, dann drehte er sich um. „Kinder! Kommt sofort her. Wir können die Führung nun beginnen!“. Aus der ganzen Halle murrte es, doch die Schüler kamen. Als sie in einem Halbkreis um den Führungsroboter herumstanden, begann dieser mit seiner Arbeit. „Also Kinder, zuerst möchte ich euch im Museum für Geschichte der Stadt Neu Frankfurt willkommen heißen. Mein Name ist Zp39, ich bin mit einem Schulungsprogramm ausgerüstet und werde euch führen. Also dann, folgt mir!“. Die Rollen, unter seinem Körper begannen sich surrend zu drehen und er fuhr auf eine der Wände zu. Kurz bevor er gegen sie geprallt wäre, tat sich ein etwa zwei auf zwei Meter großer Spalt darin auf, durch den er und die Klasse sich bewegten. Sie kamen in eine andere große Halle, die jedoch nicht wie die erste leer war. Eigentlich sah sie fast wie eine Art altertümliches Kino aus, aus der Zeit, in der Kinos noch mit Lichtprojektion arbeiteten, nicht wie nun mit neurosynaptischen Signalleitern. Am einen Ende des Raumes war eine erhobene Plattform, die aussah wie eine Bühne. Halbkreisförmig um diese waren mehrere Sitzreihen angeordnet. „Dies ist die Galerie, hier stellen wir die Holoszenen aus.“ Sprach der Roboter fast etwas gelangweilt. Die Kinder nickten genauso gelangweilt. „Gut, da dies hier ja ein Geschichtsmuseum ist, behandeln wir natürlich das Thema Geschichte. Auf Absprache mit Herrn Schneider, eurem Geschichtslehrer, werden wir jedoch nur die Zeit von 2002 bis heute also 2137 besprechen, diese dafür jedoch etwas ausführlicher. Wenn ihr euch bitte setzen würdet.“ Die Kinder beeilten sich, auf ihre Plätze zu kommen, um diese Prozedur so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Der Roboter fuhr auf die Bühne und verband sich dort per Infragrünport mit der Kontrollsäule, von der aus die Vorstellung gesteuert wurde. Als die Kinder und ihr Lehrer platz genommen hatten, fragte er „So, was wisst ihre denn über den Anfang des 21.jahrhunderts? Wie haben die Menschen damals gelebt?“. Die Kinder wurden noch leiser als leise, keiner wollte gefragt werden und verhielt sich deshalb so unauffällig wie möglich, um dem Roboter nicht ins Auge zu fallen. Dieser befragte einfach seine Zufalls-Subroutinen und wählte einen Schüler aus, einen kleinen dicken mit schwarzen Haaren, der in der ersten Reihe Saß, Jonas. „Du da, wie ist dein Name?“, fragte Zp39 und richtete einen blauen Laser auf Jonas Brust um deutlich zu machen, wessen Namen er wissen wollte. Jonas zuckte merklich zusammen, ganz zur Erfreuung der anderen Kinder, die nun, da sie nicht mehr in unmittelbarer Gefahr standen, wieder mutiger wurden. „Jonas“ stieß der Junge hervor. Der Roboter bewegte seinen Fühler auf und ab, ein Äquivalent zum Menschlichen Kopfnicken, das als Standartgeste eingeführt wurde, als man nach der großen Massenidentititätskrise davon abwich Roboter nach menschlichem Vorbild zu entwerfen. „Ein netter Name. Einer meiner Konfiguratoren hieß auch Jonas. Also, was weißt du über das Leben im frühen 21. Jahrhundert?“ fragte der Roboter freundlich, doch Jonas schien sich nicht aus seiner Starre lösen zu wollen. Eine Sekunde bevor Zp39 einen neuen Kandidaten auswählen wollte, presste er hervor „Sie führten ständig Krieg, und sie...sie“ er geriet ins Stocken, doch dann strahlte sein Gesicht auf und er rief „und sie fuhren Wagen mit Verbrennungsmotoren, und sie, sie...“,Die Mundprojektion des Roboters leuchtete hell auf „Richtig!“ unterbrach er den Jungen, „Na siehst du, ging doch!“ innerlich verdrehte er die Augendioden. Er hasste diesen Job. Jonas aber strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Zp39 aktivierte eine Holosequenz. Auf der Bühne flackerte das Bild eines Autos auf. Nun waren die Kinder doch ruhig. „Dies ist ein Auto, wie eurer Freund es schon nannte. Es ist mit vier Rädern ausgestattet, “ - das Holoauto drehte sich in der Luft, damit die Schüler die Räder sehen konnten – „ und wurde mit einem Motor angetrieben, der durch die Verbrennung eines fossilen Kraftstoffes lief. Eine ziemlich laute und dreckige Angelegenheit. Der Motor produzierte Unmengen von giftigen Gasen, der Grund dafür, dass die Ozonschicht heute nur noch in Spuren besteht.“ Ein Mädchen meldete sich. Der Roboter nickte, das heißt Fühlerwackelte ihr zu. „Dürfen wir uns deshalb nicht außerhalb der Schutzschilde bewegen?“. Der Roboter freute sich über die Aufgewecktheit des Mädchens. „Ja, genau, dass ist der Grund. Denn obwohl das Auto so viele schlechte Eigenschaften hatte, war es damals das Hauptfortbewegungsmittel. Etwas anderes gab es ja auch noch nicht, der Isoantrieb wurde erst 2024 entdeckt. Hat jemand von euch schon einmal ein Auto gesehen?“ Keiner meldete sich. „Sie vielleicht, Herr Schneider?“ Herr Schneider räusperte sich, was er immer tat, wenn er etwas gefragt wurde, auf das niemand sonst eine Antwort wusste. „Nein, nicht direkt, aber mein Großvater besaß eines. Auf alten Digitalfotos ist er noch damit zu sehen. Natürlich hat er es zu Beginn des Dritten Weltkrieges abgeben müssen, als die Materialknappheit war. Danach kaufte er sich dann einen Wagen mit Isoantrieb.“ Zp39 nickte. Dann wechselte das Holobild, und ein anderer Gegenstand tauchte auf, der aber viel größer war. Jonas meldete sich sofort und wurde drangenommen. „Das ist ein Haus! Früher lebten nämlich die Familien allein in je einem Haus!“. Der Junge hatte seine Starre nun vollkommen überwunden uns saß zappelig im Publikum. „Genau, das ist ein Haus. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts war es üblich, dass nur eine einzelne Familie ein haus bewohnte. Man kann es mit den Towern vergleichen, nur dass sie viel kleiner waren, sie besaßen höchstens drei Stockwerke. Natürlich gab es auch größere Häuser, die sogenannten Hochhäuser. Sie waren bis zu vierhundert Meter hoch, und hätten einem Tower vielleicht bis an die untersten Isodocks gereicht. Sie wurden alle im dritten Weltkrieg zerstört, als die Dematerialisierungsbombe geworfen wurde. Weiß einer von euch, wie hoch der höchste Tower ist?“, fragte der Roboter, und sah in die Runde. Jonas meldete sich hastig. Der Roboter sah sich weiter um, sah dass ein Mädchen sich meldete und nahm es dran. „Der höchste Tower steht in Stockholm. Ich glaube er ist 2978 Meter hoch. Stimmt das?“, sie verzog fragend die Stirn, und der Roboter nickte. „Genau! Das ist richtig. Er steht in Stockholm und er ist 2978 Meter hoch. Er wurde 2119 fertig gestellt. Zu Ehren Frau Eidmanns, der Dereligionisiererin, der die Auflösung sämtlicher Weltreligionen gelang – ein wichtiger Schritt in Richtung Frieden -, wurde er „Eidmann-Tower“ genannt. An seinem Bau waren über 12000 Konstrukt-Roboter beteiligt. Er hat 850 Stockwerke und ist Wohnort von etwa 160000 Menschen.“
Wieder wechselte das Bild, und wieder sah der Roboter in die Runde um zu fragen, doch diesmal registrierte er nichts als Ratlosigkeit. Auf der Bühne war ein schwarz-grauer Kasten aufgetaucht, etwa 28x28 Mow groß,( ein Mow entspricht etwa 1,8 cm unserer Zeit). Der Gegenstand drehte und wendete sich langsam, damit man ihn von allen Seiten sehen konnte. Die Ratlosigkeit der Kinder überraschte den Roboter nicht, er hatte sie bis jetzt jedes mal in den Gesichtern der Zuschauer gesehen, wenn er ihnen dieses Hologramm vorführte. „Weiß denn keiner, was das ist?“, keiner rührte sich. „Also, dann will ich es euch sagen. Das ist ein Computer. So sahen tatsächlich zu Anfang des letzten Jahrhunderts die Computer aus!“. Maßloses Erstaunen schwappte wie eine Welle über die Zuschauherreihen. Mehrere Wortmeldungen, andere riefen Fragen wie „Wie haben sie die denn mit sich rumgetragen?“ oder „Wie haben die denn mit diesen Computern telefoniert, die passen doch wohl in kein Ohr!“ und „Wenn die so riesig waren, müssen die doch unvorstellbar große Kapazitäten gehabt haben, oder?“, einfach aus. Der Roboter fuchtelte wild mit den Armen um Ruhe zu schaffen, doch die Kinder waren einfach zu überrascht. Als es ihm schließlich doch gelang, und die Kinder ruhig waren, begann er die Fragen zu beantworten. „Nein, die Menschen haben damals ihre Computer nicht ständig mit sich herum getragen, dafür waren sie natürlich viel zu schwer. Die PC standen zu hause oder in den Büros, wo man mit ihnen arbeitete. Dazu mussten umständliche technische Hilfsmittel benutzt werden, welche man „Maus“ und „Tastatur“ nannte. Sprachsteuerungen gab es damals noch nicht, oder nur in einem Maße, das man aus heutiger Sicht als lächerlich bezeichnen muss. Es gab zwar auch schon tragbare Computer, sogenannte „Handhelds“, doch diese verfügten nur über wenige MB Speicher, nicht wie die heutigen Modelle, die ja auf Nano-Elektronik basieren, und mehrere Terrabyte ( ein Terrabyte sind 1000 Gigabyte) Speicher besitzen. Damit kommen wir auch zu den Kapazitäten der alten Computer. Bis vor dem dritten Weltkrieg entwickelten sich die herkömmlichen Computer kaum mehr weiter. Sie besaßen trotz ihrer Größe ebenfalls nur sehr beschränkte Kapazitäten. Telefonieren konnte man mit ihnen kaum, die Menschen besaßen dafür ein extra Gerät. So, gibt es noch Fragen?“. Fragen gab es keine mehr, die Kinder sahen wenig überzeugt drein, doch Fragen gab es keine mehr. „Gut, ich denke, das war Einblick genug in die Prä-Dritteweltkrieglerischen Lebensumstände. Lasst uns nun mit den geschichtlichen Abläufen beginnen.“

Fortsetzung folgt.

 

hi tom
nicht schlecht. konntest mich wirklich fesseln. einziger störfaktor: deine erklährung der maßeinheit "mow" und "terrabyte" hätte ich als fußnote oder so gemacht. ansonsten ne runde sache. freu mich auf die fortsetzung.
gruß cancer

 

Hallo Tom Lotz,

viel zu viele Details - egal, ob es sich hier am Ende um eine Kurzgeschichte oder eine Langgeschichte handelt. So gut wie kein Leser wird sich durch einen Text wühlen, wenn er zu dessem Verständnis erst einmal haufenweise Hintergrundwissen lernen muss. Und wenn die Details nichts mit der Geschichte zu tun haben, sind sie schlichtweg überflüssig.

Klaus

 

Hi Tom,

zunächst fand ich es ziemlich anstrengend, dem Text zu folgen, da Du keine Absätze gemacht hast.
Aber ich finde eigentlich nicht, daß er zuviele Details enthält.
Ich hab immer gewartet, daß mal was passiert und als es endlich interessant wird, steht da: "Fortsetzung folgt" - hmpf... ;)

Ich warte auf die Fortsetzung!

:p raven

 

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