Gewitternacht
Auf einen Schlag wird es gleißend hell in der finsteren Nacht. Wie ein Messer schneidet sich ein Blitz durch den schwarzen Umhang, der sich um alles gehüllt hat. Wenige Sekunden später folgt ein ohrenbetäubender Knall – Sie sitzt aufrecht in ihrem Bett – totenblass vor Schreck, mitten aus dem Tiefschlaf gerissen… Ihr Puls rast und ihr Herz schlägt so heftig, als ob es jeden Moment zerplatzen oder direkt aus ihrem Brustkorb herausspringen wollte, um dann über den Boden hüpfend zu zerspringen… Sie spürt, wie ihr Blut durch ihren Körper schießt. Ihr ist heiß, ihr ist kalt, sie hat Angst, sie ist schweißgebadet… Es ist wieder völlig finster… Langsam legt sie ihren Kopf zurück auf ihr Kissen, fragend tasten sich ihre Hände durch das Bett. Auf der anderen Seite angekommen greift sie nach dem Kissen und zieht es zu sich heran… Wo ist er? Er, den sie gerade jetzt so dringend bräuchte? Er ist nicht da… Das Bett neben ihr ist leer…
Wenn er da wäre würde er sie an sich ziehen, würde ihre Wangen streicheln, sie beruhigen. Ihr sanft die Stirn küssen, sie in den Arm nehmen… Sie würde ihren Kopf auf seine Brust legen, sein Duft würde ihr das Gefühl der Geborgenheit geben, sein Herzschlag würde sie wieder in den Schlaf wiegen… Wo ist er? Er ist nicht da… Das Bett neben ihr ist leer…
Auf einen Schlag wird es gleißend hell in der finsteren Nacht. Wie ein Messer schneidet sich ein Blitz durch den schwarzen Umhang, der sich um alles gehüllt hat. Wenige Sekunden später folgt ein ohrenbetäubender Knall – Er öffnet die Augen, es ist finster, leise plätschert der Regen an die Hauswand… Er sieht ihr Gesicht vor sich, er fragt sich, wie es ihr gerade geht… Er denkt an sie, er kann ihren Atem auf seiner Haut spüren, ihre Hand fährt über seinen Arm, langsam richten sich die Haare an den Stellen auf, an denen ihre Hand vorbeigezogen ist. Die Gänsehaut breitet sich über seinen ganzen Körper aus, er spürt, wie ihre Lippen über seinen Körper gleiten… Er will sie zu sich ziehen, doch wo ist sie? Sie ist nicht da, sie liegt allein in ihrem Bett…
Wie gerne würde er jetzt neben ihr liegen, sie zu sich ziehen und ihr das Gefühl der Sicherheit geben, ihr Geborgenheit vermitteln und sich an sie kuscheln. Sie würde ihren Kopf auf seine Brust legen, sanft seine Brusthaare kraulen und mit den Fingern Locken daraus machen. Wieder und immer wieder… Dann würde er sie streicheln, ihr mit der Hand durch das Haar fahren, durch ihr seidiges Haar, durch ihr duftendes Haar, durch ihr lockiges Haar. Er würde sie beruhigen und ihr die Stirn küssen… Sie hat Angst bei Gewitter! Sie braucht ihn… Doch er ist nicht da, sie ist nicht da, sie liegt allein in ihrem Bett…
Leise plätschert der Regen an die Hauswand… Sie schließt ihre Augen und stellt sich vor, er würde neben ihr liegen. Dabei kuschelt sie sich in ihr Kissen und malt sich aus, wie es wäre ihn statt des Kissens zu drücken. Langsam wiegt das monotone Plätschern des Regens sie wieder in den Schlaf. Ihre Augenlider werden schwer und beginnen heftig zu zucken als sie beginnt zu träumen… Sie wälzt sich im Bett hin und her, ohne auf einen Widerstand zu stoßen… Er ist nicht da… Das Bett neben ihr ist leer…
Er liegt wach im Bett, er kuschelt sich in sein Kissen, stellt sich vor, sie wäre es… Er denkt so intensiv an sie, er stellt sich vor, wie ihre sanften Lippen mit seinen aufeinander treffen… Er nimmt Ihre Hand, greift sie fest, es ist nicht ihre Hand, es ist sein Kissen… Es ist kalt, es ist leblos, es ist nicht sie… Sie ist nicht da, sie liegt allein in ihrem Bett…
Es ist eine warme Sommernacht, sie liegen gemeinsam auf einer Wiese in der Abenddämmerung… Es duftet nach Heu, es riecht nach Sommerblumen… Um sie herum beginnt der schwarze Mantel der Nacht die Abendröte am Horizont zu verschlingen. Sie liegen da, Arm in Arm… Splitternackt auf der Wiese… Mitten im Heu, mitten in den Sommerblumen, sie duften danach… Im Hintergrund hören sie Stimmen, Hunde bellen, niemand stört sie… Sie sind allein, niemand auf der Welt stört ihre Zweisamkeit, für diesen Augenblick gibt es nur sie und ihn, niemand stört…
Seine rechte Hand streicht durch ihr Haar, seine linke Hand wandert langsam kreisend über ihre Schultern, dann die Wirbelsäule auf und ab, langsam, zärtlich – ihre Lippen wandern aufeinander zu, sie pressen sie aufeinander, ihre Zungen verknoten sich, ihre Hände greifen ineinander…
Ein ohrenbetäubender Lärm reißt sie erneut aus dem Schlaf, mitten aus dem Traum von der Wiese zurück in die Kälte der Nacht, sie sitzt wieder senkrecht im Bett… Ihr Herz pocht, ihr Mund ist trocken, Tränen laufen über ihre Wangen… Wo ist er? Er ist nicht da… Das Bett neben ihr ist leer… Kalt und leer…
Er liegt noch wach, das Plätschern des Regens an der Hauswand dringt in sein Ohr, sie fehlt ihm, wo ist sie? Sie ist nicht da, sie liegt allein in ihrem Bett…
Ein ohrenbetäubender Lärm, er ist hellwach… Er stellt sich vor, wie es war, als sie gemeinsam auf der Wiese lagen, in einer warmen Sommernacht… Splitternackt, Arm in Arm, Splitternackt auf der Wiese… Im Hintergrund hörten sie Stimmen, Hunde bellten, niemand störte sie… Sie waren allein, niemand auf der Welt störte ihre Zweisamkeit, für diesen Augenblick gab es nur sie und ihn, niemand störte… Es roch nach Blumen, es roch nach Heu, das Gras war feucht vom Nebel, der aus dem nahen Bach langsam emporstieg. Seine rechte Hand strich durch ihr Haar, seine linke Hand wanderte langsam kreisend über ihre Schultern, dann die Wirbelsäule auf und ab, sie zuckte, ihre Lippen wanderten aufeinander zu, sie pressten sie aufeinander, ihre Zunge spielte mit seiner, sie verknoteten sich, ihre Hände griffen ineinander… Wo ist sie? Sie ist nicht da, sie liegt allein in ihrem Bett…
Eine Träne rollt über sein Gesicht, Sie fehlt ihm, wo ist sie? Sie ist nicht da, sie liegt allein in Ihrem Bett…
Es tut so weh, sie weint, ihr Kissen ist nass… Sie hasst ihn, weil er nicht da ist, weil er ihr weh tut, weil er sie allein lässt, wo sie ihn so sehr braucht! Sie hasst ihn nicht, sie liebt ihn, doch es tut weh, sie ist allein, sie vermisst ihn! Er ist nicht da… Das Bett neben ihr ist leer…
Sein Herz schlägt wie wild, ihm ist heiß, Schweißperlen stehen ihm auf der Stirn, er rollt nach rechts, rollt nach links, prallt zurück… Eine Hand kommt auf ihn zu, sie ist kalt, sie greift nach ihm… Ist sie es? Sie ist es nicht, sie ist nicht da, sie liegt allein in ihrem Bett!
Die Hand greif nach ihm, ein Arm legt sich um ihn, zieht ihn zu sich, er will weg… Ein Körper schmiegt sich an seinen, streckt sich ihm entgegen, eine Träne rollt über sein Gesicht, leise plätschert der Regen an die Hauswand… Wo ist sie? Sie ist nicht da, sie liegt allein in ihrem Bett…
Das Bett neben ihr ist leer… Das Bett neben ihm ist es nicht, eine Träne läuft über sein Gesicht, es tut weh, es ist schwer, er ist leer… Sie ist nicht da, sie liegt allein in ihrem Bett!
Das Plätschern des Regens lässt nach, leichter Wind streicht um die Häuser, eine Träne läuft über sein Gesicht, viele Tränen laufen über ihr Gesicht, ihr Kissen ist nass… Sie denkt an ihn, er denkt an sie, es ist Nacht… Sie sind allein… Er liebt sie, sie liebt ihn, sie sind zu zweit und doch jede Nacht allein… Sie ist allein! Er ist es nicht, sie sind zu zweit und doch allein, jede Nacht! Nacht für Nacht…
Golden dämmert der Morgen, es ist still. Ein Moment der Ruhe, der Erholung, es wird hell, ein neuer Tag bricht an, er wird schön, er wird warm. Das Gewitter ist vorbei…