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Gibt es Engel?

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02.12.2004
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Gibt es Engel?

Es war ein Tag wie aus dem Bilderbuch. Die Sonne stand bereits tief über dem Bergmassiv und tauchte die Skipiste in goldenes Licht. Jedes der unzähligen Schneekristalle glitzerte und strahlte wie ein Diamant. Morgen war ihr Urlaub zu Ende und sie mussten nach Hause. „Komm“, sagte er zu seiner jungen Frau, „lass uns noch einmal diese herrliche Abfahrt genießen“. Sie nickte, lachte und gemeinsam fuhren sie mit Schlepplift noch oben.

Skifahren war ihre Leidenschaft. Beim Skifahren hatten sie sich kennen gelernt und beim Skifahren konnten sie die Welt um sich herum vergessen. Und sie konnten Skifahren, sie konnten sogar sehr gut Skifahren. Doch dann passierte es. Wie es genau geschah, daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Er wusste nur dass es ein böser und langer Sturz war.

Jetzt war es dunkel um ihn und er fror trotz seiner gefütterten Skijacke und seinen dicken Handschuhen. Wo meine Frau nur bleibt? Er wollte aufzustehen, doch es ging nicht. Irgendwie wollten die Beine nicht. Seltsam, er verspürte doch keine Schmerzen. Er schaute nach oben und blickte auf die mehr als 150 Meter senkrecht abfallende Steilwand über ihm. Langsam zog die Kälte in ihm hoch. Ich muss durchhalten, ich darf doch hier nicht erfrieren. Wo meine Frau nur bleibt? Sie kann mir helfen. Sie wird bestimmt Hilfe holen. Doch die Zeit wurde lang und länger und die Kälte fraß sich immer tiefer in ihn hinein. Konnte er überhaupt noch einen klaren Gedanken fassen? Er versuchte seine Beine anzuwinkeln um die bittere Kälte etwas abzuwehren. Es war nicht möglich. Auch die Arme waren steif und lagen unbeweglich neben ihm im Schnee. Seine Finger schmerzten. Jede Sekunde in der er alleine hier lag wurde jetzt zur Ewigkeit. Ich will nicht erfrieren. Ich muss, muss, muss dagegen ankämpfen. Wo bleibt meine Frau mit den Bergrettern? Wo bleibt sie? Warum beeilt sie sich nicht? Sie wird kommen. Sie kommt bestimmt. Die Gedanken an seine Frau gaben ihm ein Stück neuen Mut. Die eisige Kälte hatte jetzt seinen ganzen Körper fest im Griff, erreichte sein Denken und mehrte seine Zweifel. Nein, ich will hier nicht erfrieren. Meine Frau soll kommen. Sie muss sich beeilen sonst ist es aus.

Die Sterne verblassten und es fing an zu schneien. Und noch immer nichts von der Frau zu hören und zu sehen. Schnee bedeckte sein Gesicht. Er wollte ihn wegwischen, doch seine Arme gehorchten ihm nicht. Er ahnte, nein er wusste es, er hatte den Kampf verloren. Es war vorbei. Er würde seine Frau nicht mehr sehen. Und er wollte doch nicht sterben, ohne noch einmal ihr Lächeln zu sehen, ohne noch einmal die Berührung ihrer Hand, dieses sanfte Streicheln, in seinem Gesicht zu spüren. Noch ein letzter Blick in die eisige, schneedurchwehte Nacht. Und dann sah er sie. Er sah wie sie mit kraftvollen Schritten die letzten Meter zu ihm hinaufstieg. Er spürte ihren keuchenden Atem, als sie sich zu ihm hinabbeugte und den Schnee ganz langsam aus seinem Gesicht wischte. Ein wunderbares Lächeln lag um ihren Mund und ihre Hand umfasste ganz fest die seine. Die Kälte, diese bittere Kälte verschwand mit jedem Atemzug. Er versuchte zu lächeln, den Mund zu öffnen, ihr zu sagen wie froh er war, dass sie ihn gefunden hatte, das sie bei ihm war.

Es war bereits Tag, als zwei Rettungssanitäter der Bergwacht, durch Stahlseile, Winden und von den Kameraden an der Steilkante gesichert, die 150 Meter hohe Wand herunterkletterten um auf diesem einzig möglichen Weg zu dem Verunglückten zu gelangen. „Er hatte keine Chance, den Sturz aus dieser Höhe zu überleben. Siehst Du die Blutspuren? Er ist mit dem Kopf direkt auf den Felsen hier aufgeschlagen und war sofort tot“. „Ja“, antwortete der Andere. „Er war sofort tot“.

 

Hallo Markantonius,
und erstmal willkommen auf kg.de und im "seltsamen" Forum! :thumbsup:

Leider überzeugt mich diese Deine erste Geschichte hier nicht völlig. Sie ist sprachlich durchaus brauchbar. Aber das war es auch schon. Gerade die Erzählstruktur hätte man wesentlich besser aufbauen können:

Die ersten beiden Absätze sind träge. Der erste ist eine undramatische Beschreibung, die kein größeres Interesse beim Leser weckt. Der zweite Absatz wiederholt nicht nur fünfmal das Wort "Skifahren", sondern handelt das alles entscheidende Ereignis, den Sturz, in einem lapidaren Satz ab.

Die beiden folgenden Absätze ziehen sich in die Länge. Sie bestehen nur aus Warten und Hoffen. Die Handlung geht gegen Null. Die Hauptfigur kommt nicht einmal auf die Idee, dass man einen 150-m-Sturz eigentlich nicht überleben kann. Eigentlich ist die Situation dramatisch, aber das kommt nicht rüber. Der Schluss dieses Abschnitts ist kitschig bis melodramatisch, ganz nach Geschmack. Mir kommt das irgendwie aus einer Reihe Hollywood-Schmonzetten bekannt vor.

Das Ende soll dann eine Pointe sein, aber spätestens seit "The Sixth Sense" wundert sich keiner mehr, wenn ein Toter durch die Gegend läuft und glaubt, er lebe noch.

Die Figuren bleiben farblos und eindimensional, das fängt schon damit an, dass sie keine Namen haben. Sowas ist anonym und verhindert, dass man sich als Leser mit den Figuren identifiziert.

Der Titel hat m.E. nichts mit dem Text zu tun und neugierig macht er auch nicht - Engel werden einfach zu oft in Filmen, Werbung und Geschichten strapaziert. Ach ja, und in der Kirche :D

Insgesamt ist mir die Story inhaltlich zu simpel gestrickt. Es gibt keine Hintergründe und keinen Tiefgang, die Figuren sind dünn und die Dramaturgie unspannend.

Uwe
:cool:

 

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