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Gisela, vielleicht auch Manfred
Die Frau betrat das Zimmer und schloss die Tür. Es war ein Montagmorgen, kurz vor acht. Sie war gerade aufgestanden.
„Hallo Gisela. Du bist ja immer noch hier. Ich habe etwas total Komisches geträumt! Aber ich habe jetzt keine Zeit, es dir zu erzählen. Ich muss nämlich zur Arbeit. Wenn du bleibst, erzähle ich es dir am Abend, wenn ich wieder da bin.”
Gisela blieb.
Die Frau kam von der Arbeit zurück. Sie ging in das Zimmer und schloss die Tür.
„Schön, dass du geblieben bist! Ich wollte dir ja eigentlich den Traum erzählen, aber bei dem Tumult bei der Arbeit habe ich den schon wieder vergessen. Ich will auch eigentlich nur schnell in die Dusche und nach dem Abendessen direkt ins Bett. Es ist zwar noch nicht spät, aber ich bin sehr müde.“
Es war der nächste Morgen. Die Frau stand auf, frühstückte, betrat das Zimmer und schloss die Tür.
„Guten Morgen, Gisela! Hast du gut geschlafen? Ich schon. Wie lange bist du jetzt eigentlich schon hier? Nicht, dass es mich stört! Du kannst solange bleiben, wie du willst. Aber ich muss jetzt wirklich los!“
Sie wusch sich schnell das Gesicht und verschwand zur Arbeit. Gisela blieb und verließ nicht einmal das Zimmer, das sie vor etwa zwei Wochen betreten hatte.
Die Frau kam von der Arbeit zurück. Sie ging in das Zimmer und schloss die Tür.
„Ich wollte einer Kollegin von dir erzählen, aber sie hätte betsimmt Angst. Jedenfalls hat sie einmal vor Schreck ihren Topf fallen gelassen, als ein Verwandter von dir an ihrem Tisch vorbei gelaufen ist. Ich finde das schade, denn ich komme mit ihr eigentlich ganz gut klar. Ob ich sie mal zu mir einladen soll? Ich brauch euch ja nicht miteinander bekannt machen.“
Gisela antwortete nicht. Sie hörte der Frau nicht einmal zu.
Es war der nächste Morgen. Die Frau stand auf, frühstückte, betrat das Badezimmer und schloss die Tür.
„Oh, ich wollte dich nicht beim Essen stören! Aber du weißt ja, dass ich mich morgens wasche. Also lass es dir schmecken, Gisela! Wir sehen uns später.“
Gisela blieb und genoss ihre Frühstücksfliege.
Die Frau kam von der Arbeit zurück. Sie ging in das Badezimmer und schloss die Tür.
„Ich habe meine Kollegin heute gefragt, ob sie am Wochenende etwas mit mir zusammen machen möchte. Sie hat abgelehnt und mich angeguckt, als hätte ich irgendeine Krankheit. Ich habe auch gesehen, wie sie mit anderen Kollegen getuschelt und dabei auf mich gezeigt hat. Daraufhin hat keiner mehr mit mir geredet.“
Es war der nächste Morgen. Die Frau stand auf, frühstückte, betrat das Badezimmer und schloss die Tür.
„Ich habe über gestern nachgedacht und eigentlich kann es nicht an dir liegen, dass keiner mit mir redet. Woher sollen sie denn von dir wissen? Außerdem hat schon, bevor du bei mir eingezogen bist, kaum einer etwas mit mir zu tun haben wollen. Ich bin froh, dass ich dich habe! Du guckst mich nie komisch an, Gisela! Naja, vielleicht sollte ich dich Manfred nennen. Ich weiß ja nicht, ob du weiblich oder männlich bist. Und ich will dich deswegen auch nicht zu einem Arzt bringen. Dann hält man mich noch für verrückt!”
Die Frau ging zur Arbeit. Gisela, vielleicht auch Manfred, die Spinne, blieb.