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Glücksspiel
Wir saßen in der zurzeit angesagten Bar der Stadt, direkt auf den Logenplätzen am Tresen und hatten den Eingangsbereich genau im Blick. So konnten wir als erste beobachten, welche potentiellen „Opfer“ die Bar betraten.
Unsere Ausstattung war vom Feinsten. Pumps, Mini und luftige Bluse. Perfekt gestylt. Bei der Farbabstimmung unserer Klamotten hatten wir uns natürlich abgestimmt.
Wir genossen, mit Strohhalm, damit das Getränk länger hielt, an unseren hippen Cocktails. Die Preise waren exorbitant.
Betrat ein in Frage kommender Kandidat die Bar, warfen wir uns einen Seitenblick zu, nickten bedeutungsschwer mit den Köpfen und hinter dem Tresen zeigten unsere Daumen entweder nach oben, oder nach unten.
Wenn wir auch nicht unbedingt den Mann fürs Leben erwarteten, so doch wenigstens einen passablen Tänzer oder charmanten Unterhalter. Sollte doch mal jemand behaupten, nur Männer gingen auf die Jagd!
Wieder öffnete sich die Tür und beim Anblick des Mannes, der eintrat, liefen mir heiße und kalte Schauer den Rücken hinunter. Verstohlen wagte ich einen Seitenblick und zu meinem Entsetzen schien es meiner Freundin genau so zu ergehen.
Graumelierter Anzug, schwarzes Hemd, oberster Knopf geöffnet. Er checkte kurz die Lage und setzte sich uns gegenüber an die Bar. Dann lächelte freundlich zu uns herüber. Prompt stieg mir eine unnatürlich Röte ins Gesicht, die mich überlegen ließ, ob ich nicht schnell wohin verschwinden sollte. „Nein! Das das Feld meiner Freundin überlassen? Niemals!“
Wie lässig er seinen Drink bestellte und wenn er herüber sah, schenkte er mir jedes Mal ein Lächeln. Ich war sicher, er meinte mich. Ein vorsichtiger Seitenblick und ich stellte fest, dass der Konkurrenzkampf begonnen hatte.
Er sah umwerfen gut aus. Groß und vom Schlage sportlicher Typ. So einer, dem ein Porsche gut steht. Er trug keinen Ring, was zwar nicht unbedingt etwas zu sagen hatte, aber immerhin. Die vollen, schwarzen Haare waren durchzogen von einigen grauen Strähnen, was auf ein Alter von über 35 Jahre schließen ließ. Perfekt. Und diese braunen Augen...
In meine Überlegungen schlichen sich negative Gedanken. „Wenn der mal nicht verheiratet ist.“ Wieder dieses charmante Lächeln. Ich musste ihn haben!
Allen nachfolgend eintretenden Kandidaten schenkten wir keine Aufmerksamkeit, auch nicht dem großen blonden Hünen mit dem lustigen Kinngrübchen. Als er an den Tresen trat und meinem Auserwählten einen zärtlichen Kuss auf die Wange hauchte, sich neben ihn setzte und ausgiebig zu knutschen anfing, kam mir diese blöde Redewendung in den Sinn. Ich hatte auf das falsche Pferd gesetzt…