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Glückszahl

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19.01.2004
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Glückszahl

»Waltraud! Wo ist die Fernbedienung? Die Ziehung der Lottozahlen fängt gerade an!«
(((»Schau unter dem Kissen nach!«)))
Eine Stimme aus der Küche.
(((»Hast du schon die Kartoffeln geschält?«)))
»Mach ich grad!«
Die Finger quetschen das Fernsehplastik.
Das Messer gleitet unter die braune Haut.
Weißes Kartoffelfleisch.
Weich.

»...und da rollt auch schon der erste Ball. Und es ist die:«

2
7

Heinz starrt auf seinen Arm.______________________________(Du kennst die Zahl.)
__________________________________________Eine Stimme aus dem Schrank.
__________________________________________(Du musst sie nicht mehr lesen.)
»Nein. Ich... ich...«_______________________________(Seit so langer Zeit schon.)
__________________________________________(Jeden Sonntag immer wieder!)

»... die nächste Zahl ist eine:«

4



(Warum spielst du meine Nummer?)__________________Heinz wendet seinen Blick.
Eine Stimme hinter den Gardinen.___________________________»Ich weiß nicht...«
(Ist es Schuld?)__________________________________________»Nein, ich... Ja!«
(Ist es Angst?)___________________________________________________»...Ja.«
_________________________________________________________»Wo bist du?«

»... und als Drittes die:«

1
9


Suchst du mich?
»...N-nein.«
Du weißt, wo ich bin?
»...«
Weißt du, wo ich bin?!
»...Ja«
Was willst du von mir?
»Was willst du von mir?«
Deinen Tod.

»...der vierte Ball fällt. Und es ist die:«

4
0


Du hast mir meine Nummer gestohlen.
»Ich brauchte sie.«
Du hast dich hinter ihr versteckt.
»Ja.«
Hinter meinem Leichnam.
»Ja.«
Du bist ihnen entkommen.
»Ja.«
Aber niemals mir.
»Nein! Niemals.«

»...Ball Fünf hat die hat Zahl:«

2
7

Niemals!
»Sei endlich endlich still!«
Heinz schwitzt.
Sein kleiner Finger liegt ausgestreckt.
Das Messer gleitet unter die weiße Haut.
Rotes Menschenfleisch.
Knochen.

»...Ball sechs ist die:«

1


Das hast _u früher _mmer gern_gemacht.
»Ja.«
_udenfinge_ abgeschn_tten.
»Ja.«
Gla_bst du, mi_h damit z_m Schweig_n bringen_ zu können?
»_ein.«
Was willst du dann tun?
Die Messerspitze sticht die Schläfe,
zerschneidet zähe Haut,
zerbricht dÜNNEN kNOCH

»...und die Superzahl in diesem Spiel ist die:«

4
5


(((»Und was ist nun? Hat uns die Tätowierung auf deinem Unterarm Glück gebracht?«)))​

 
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Hallo

Ich hab mich auch mal an eurem Dogma-Manifest versucht.

Da ich denke alle Punkte(bis auf die Sache mit der Alltäglichkeit) halbwegs erfüllt zu haben, war ich mal so frei Dogma hinter den Titel zu schreiben :D

Momentan ist die Form noch nicht auf ihren Endstand. Ich benötige ganz dringend geschützte Leerzeichen, die der Server/ Browser bei der Darstellung nicht einfach verschluckt. Vielleicht kann mir da jemand helfen.


[edit:] Da es laut Mirko keine Möglichkeit gibt die Textpassagen auseinänderzurücken, hab ich mich erstmal mit dem Unterstrich beholfen. Ich hoffe euch stört die Verkrüppelung nicht allzusehr. Bei mir auf dem Blatt siehts besser aus.

 

Hallo Hagen!
Eigentlich lese ich so gut wie nie Horrorgeschichten, und was das Dogma angeht, überlasse ich jegliche Interpretation den zuständigen Experten - aber hier hast du mich grade in Ratelaune gebracht und Google hat noch mal meine Vermutungen bestätigt:
27.4.1940 – die ersten Lottozahlen: das Lager Auschwitz wird angelegt.
27.1.1945 – die letzten Lottozahlen: Auschwitz wird befreit.
Dann verstehe ich deine Geschichte dahingehend:
Heinz ist ein ehemaliger NS-Mensch. Er trägt die Daten auf seinen Arm tätowiert. Am Anfang der Geschichte sitzt er vor dem Fernseher und schält Kartoffeln.

Das Messer gleitet unter die braune Haut.
Bezieht sich hier auf die Kartoffel, aber man könnte es auch als eine Vorwegnahme der Endsituation deuten und insbesondere die braune Haut als zweideutig verstehen. Im Fernsehen läuft die Ziehung der Lottozahlen, es werden die besagten Zahlen gezogen, das macht Heinz Angst, er beginnt Stimmen zu hören, die ihn mit seiner Vergangenheit konfrontieren. Die ganze Sache ergibt für mich nur dann halbwegs Sinn, wenn ich davon ausgehe, dass Heinz nach dem Krieg die Identität eines Lagerhäftlings angenommen hat und der Nachkriegsjustiz so entkommen ist. Auf dieser Basis wird für mich jedenfalls der Dialog verständlich, wenn ich die kursiven Zeilen ohne Anführungszeichen der „Stimme“ zuordnen, die von überallher zu ertönen scheint, im Grunde auch Heinz’ eigenes Gewissen sein könnte, und die „normalen Sätze“ Heinz. Kursiv mit Anführungszeichen ist der Fernseher, klar, normal in zwei Klammern ist Waltraud. Die Stimme treibt Heinz letztendlich dazu, dass er sich mit dem Kartoffelmesser den kleinen Finger abschneidet und an sich selbst vollbringt, was er damals offenbar mit (toten?) Juden gemacht hat. Es bleibt nicht beim Fingerabschneiden, sondern Heinz tötet sich selber, weil er nur so die Stimme zum Schweigen bringen kann.
Meine Deutung. Wenn ich jetzt total daneben liege, wäre das natürlich peinlich. :)
Hatte auch die Theorie, dass die ausgelassenen Buchstaben auch noch ihren Sinn haben. Sie lauten d i j r i u c u e n, aber wenn das etwas bedeutet, dann verstehe ich es nicht. Ich weiß auch nicht, was geschützte Leerzeichen ist, kann dir dahingehend also leider nicht helfen.
Wie gesagt: interessant an der Geschichte fand ich in erster Linie die Form. Die Grundidee (wenn ich sie richtig erkannt habe) versteht man schon nach dem ersten Lesen, um diese Idee aber mit den einzelnen Sätzen und Formmitteln in Einklang zu bringen, muss man öfter lesen (um z.B. die einzelnen Passagen den Sprechern zuzuordnen). Was mich an dem Text gereizt hat, ist also die Verpackung – ich rätsle gern ein bisschen. Der Plot auf sein Skelett reduziert wäre dann natürlich eher dünn und hätte in einer anderen Form wenig bis gar nicht überzeugt. Offen bleibt, ob die Ziehung der Lottozahlen wirklich so stattfindet oder Heinz’ Einbildung zuzuschreiben ist. Das Gleiche gilt für die Stimme. Diese Details stellen dann offensichtlich das Horrorelement der Geschichte dar.
Tja, wie gesagt, ich bin keine Horrorleserin und in diesem Genre so was von überhaupt nicht sattelfest, das wird nur noch von meiner Sci-Fi-Inkompetenz übertroffen. Und nach Dogma-Gesichtspunkten, wie erwähnt, müssen hier sowieso andere urteilen. Von daher kann ich dir also keine konstruktive Kritik bieten, ich habe mir nur erlaubt, deine Geschichte so aufzudröseln, wie ich sie verstanden habe. :) So, und jetzt wollen wir das Feld mal den Horrorschreiberlingen überlassen und sehen, was sie sagen.
Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 
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Hallo Hagen,

Blut(!) geleckt? :D Auch hier: ein gelungenes Experiment. Kann man mal sehen: man muss die lieben Autoren nur mal in den Hintern picksen und schon kommt was Sinnvolles bei rum. :D

Interpretatorisch schließe ich mich mal Malinche an, das hab ich alles ganz genauso gesehen. ;) Einzige Frage:

(((»Und was ist nun? Hat uns die schreckliche Tätowierung auf deinem Unterarm Glück gebracht?«)))

Wenn er ein Wärter ist, warum hat er eine Nummer? Theoretisch müsste er ein Insasse sein. Oder? :confused:

Grüße

Dante

 
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Hallo Malinche

Ums kurz und knapp zu sagen: Völlig richtig (bis auf die ausgelassenen Buchstaben. Da zählt die Position und nicht das Zeichen :) )
Du hast sogar das Zahlenrätsel geknackt, dabei hab ich gedacht, da würde jeder drüber hinweglesen :)
Ist immer schwer einzuschätzen wie viel Information oder Nicht-Information der Leser braucht, um einen Text zuverstehen.

Nur ums deutlich festzuhalten: Dieser Text soll natürlich kein reiner Rätselspass sein. Ich find ihn persönlich schon ziemlich gruselig(Vorrecht des Autors :) ), allein schon der Aspekt der im Raum herumwuselnden Stimme. Sie scheint am Anfang die Bedrohung zu sein, aber am Ende (und hoffentlich erst da) wird klar, dass sie die Stimme des/r eigentlichen Opfer/s ist.

Der Text ist sicher nicht lang (einer meiner kürzesten) und der Inhalt schnell erzählt.
Aber hat er dir denn bis auf das Rätseln auch gefallen? Ist nämlich auch mein erster Ausflug in dieses Genre :)


grüße
Hagen

 

Hallo Hagen,

schreckliche Tätowierung
:eek:

jo, hat mir gefallen (!!!)*. Das Alltägliche tritt hier meines Erachtens schon auf, denn für den Alten ist das Geschilderte ja alltäglich, als Leser muss man den Schrecken erst suchen. Bei der Interpretation schließe ich mich (in blindem Vertrauen) ebenfalls Malinche an.

Gut gemacht! :)
Aber vielleicht nicht ganz dogmatisch...?

Gruß

MisterSeaman

*was ja eigentlich nicht der Zweck des DH sein sollte.

 

Danke Dante

Auch hier: ein gelungenes Experiment.
Du hast ganz schön was vorgelegt. Da darf man nicht klecker, sondern ...

Wenn er ein Wärter ist, warum hat er eine Nummer? Theoretisch müsste er ein Insasse sein. Oder?
Da hat der liebe Dante wohl nicht ganz aufgepasst, was ? :p

(Warum spielst du meine Nummer?)...
Du hast mir meine Nummer gestohlen....
Du hast dich hinter ihr versteckt....
Du bist ihnen entkommen....
Heinz war Wächter. Dann hat er sich die Nummer tätowiert, war somit ein KZ-Überlebender und ist der russischen Nazi-Säuberung entkommen :D

 

Hallo Mr Seaman

Das geht hier ja ratztifatz! Danke, dass es dir gefallen hat.
Stimmt, die Alltäglichkeit (in Form von Fensehen und Kartoffelschälen) hab ich nicht rausgekriegt, da ich einen Ansatzpunkt bzw ein Messer für die Handlung brauchte.
Wäre vielleicht auch über einen Tippschein gegangen, fällt mir gerade ein, aber dann hätte es möglicher Weise zu große Parallelen zu Dantes Text gegeben.

gruß
Hagen

PS: schrecklich
Ich halte das an der Stelle und in dem Bezug für adäquat. Außerdem gibts noch kein Wortverbot :D

 

Ich halte das an der Stelle und in dem Bezug für adäquat. Außerdem gibts noch kein Wortverbot

Richtig, aber ich finde es liest sich trotzdem schöner ohne. :)

 

Hallo nochmal!
Hurra, ich habe einen Horrortext richtig entschlüsselt! :)
Tja, ich würde schon sagen, dass er mir gefallen hat, auch wenn sich das bei solchen Texten immer komisch anhört. Dafür spricht ja auch schon mal, dass ich mich ans "Rätseln" gemacht habe. Wenn du einfach nur die Geschichte eines ehemaligen Lagerwächters erzählen würdest, der sich aus Gewissensbissen umbringt, wäre das natürlich wenig spektakulär. Aber so stellte sich wenigstens bei mir beim Lesen so ein unwohliges Kribbeln ein - Grusel nennt man das wohl -: die tiefere Bewandtnis der Lottozahlen, die merkwürdige Stimme. Dass es sich dabei um die Stimme eines Opfers handelt, wird mE aber relativ schnell deutlich, auch wenn der historische Zusammenhang sich erst im Weiterlesen erschließt, denn die Stimme spricht ja von Schuld und ab da weiß ich als Leser, dass der kartoffelschälende Heinz Dreck am Stecken haben muss, in welcher Form auch immer. Trotzdem: hat mir schon gefallen, weil es trotz der knappen Form oder vermutlich gerade deswegen eine dichte, greifbare Atmosphäre gibt.
Liebe Grüße,
ciao
Malinchen

 

hat mir schon gefallen, weil es trotz der knappen Form oder vermutlich gerade deswegen eine dichte, greifbare Atmosphäre gibt.
:kuss:

Übrigens fehlt jedes 10. Zeichen (mit Leer- aber ohne Satzzeichen) ;)

 

lukas schrieb:
Fühle er sich getadelt!

Nicht nur getadelt sondern auch hochgeehrt, dass mein Text den Zuspruch des Initiators erfährt.
Die vielen positiven Worte treiben mir ja die Schamesröte ins Gesicht (Gibts kein Smiley für ->gleich mal auf meine Wunschliste schreiben)

Das "schrecklich" ist übrigens jetzt raus.

 

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