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Goldlöckchen

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03.07.2004
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Goldlöckchen

In Blekinge lebte einmal ein reicher Bauer. Er hatte eine liebe Frau, zwei wohlgeratene Söhne und ein Töchterchen mit blitzblauen Augen und wunderschönen goldblonden Haaren. Die Dorfbewohner nannten sie nur Goldlöckchen. Der Bauer schaute nicht nur auf seinen Besitz, sondern war freigebig gegenüber den Armen und ließ den Kranken und Alten manches Gutes zukommen. So hatten ihm die Dorfbewohner das Amt des Bürgermeisters zugesprochen. Er regierte sein Dorf umsichtig und seine Beschlüsse fanden die Zustimmung der Menschen. Ja, alle waren glücklich und zufrieden und Goldlöckchen sang und tanzte den ganzen Tag. Und wenn jemand doch traurig oder griesgrämig war, so brauchte er nur Goldlöckchen zu sehen, wie sie freudestrahlend an ihm vorbeitanzte und sogleich waren alle Regenwolken von der Seele geputzt und der helle Sonnenschein strahlte ins Herz der Menschen.
Eines Tages lief Goldlöckchen in den Wald, um Blumen für den Tischschmuck zu pflücken. Auf einer Lichtung saß eine alte Trollfrau, der war wohl etwas über die Leber gelaufen. Goldlöckchen hatte sie zunächst für einen moosüberwachsenen Stein gehalten und so erschrak sie ein wenig, als sich die Frau bewegte. Aber da Trolle ungefährliche Waldbewohner waren, rief Goldlöckchen der Trollin fröhlich zu: "Ich wünsche dir einen guten Tag!". Aber die Trollfrau erwiderte nur knurrig: "Wo willst du den wohl hernehmen?"
Goldlöckchen blieb ob dieser seltsamen Antwort erstaunt stehen: "Wie meinst du das?"
Da reichte ihr die Trollfrau eine dunkle Brille und sagte: "Sieh doch selber."
Goldlöckchen setzte sich auf einen Stein und schaute durch die Brille. Als ob sie flöge, zeigte ihr die Brille die ganze Welt. Sie sah Kriege und Seuchen; Kinder, die verhungerten und Erwachsene, die an schrecklichen Krankheiten starben. Dann wurde die Brille dunkel und zeigte nichts mehr. Aber Goldlöckchen blieb sitzen und weinte: "So viel Leid, so viel Tod."
Erst als die Sonne unterging und der Stein kalt wurde, schlich sie trübsinnig nach Hause zurück. Von diesem Tag an lachte und tanzte sie nicht mehr. Sie sang auch nicht und wenn ihre Eltern oder die Ärzte sie fragten, so schluchzte sie nur: "So viel Leid, so viel Tod."
Nächtelang lag Goldlöckchen wach in ihrem Bett und überlegte, was sie gegen all dieses schreckliche Elend tun könne. Aber ihr fiel nichts ein und sie wurde immer stiller und verschlossener. Alle Ärzte und Seelenklempner und Quacksalber und Heckenhexen, die der Bauer heranschaffte, gingen ohne Erfolg vom Hof. Manche brachten sie nicht einmal mehr dazu, ihren einen Satz zu sagen.
Schließlich versprach der Bauer sein halbes Vermögen und die Hand seiner Tochter dem, der sie heilen könne. Und nun wurde das Dorf geradezu überschwemmt von Möchtegern-Ärzten, Glücks- und anderen Rittern und Abenteurern jeder Schattierung. Erfolg aber hatte keiner von ihnen. Nur die Wirte konnten sich immer größere Geldtruhen kaufen, aber richtige Freude kam bei ihnen auch nicht auf, da sie immer an das traurige Goldlöckchen denken mussten.

Einen allerdings gab es, der sich erst gar nicht daran versuchte, Goldlöckchen zum Lachen zu bringen. Das war Matthis, ein junger kräftiger Bursche. Seine Eltern waren früh gestorben und hatten ihm ein Häuschen am Waldrand und einen großen Gemüsegarten hinterlassen. Seine Mutter hatte ihm viel über Pflanzen beigebracht. Sein Garten war eine wahre Pracht und das Gemüse, das er nicht selber benötigte, konnte er gut verkaufen. Außerdem sammelte er Kräuter und Beeren und Pilze im Wald. Von seinen Eltern hatte Matthis auch gelernt, mit seinem Leben zufrieden zu sein und sich nicht um Dinge zu sorgen, die er nicht ändern konnte. „Der Regen fällt, auch wenn du es nicht willst, aber ob es durch dein Dach regnet, liegt an dir.“ Das hatte ihm sein Vater oft gesagt.
Eines Tages sammelte Matthis Kräuter im Wald, als er plötzlich auf einer sonnenbeschienenen Lichtung eine große weiße Schlange sah, die sich um eine Frau geschlängelt hatte und sie anscheinend erdrücken wollte. Matthis dachte gar nicht nach, sondern rannte mit seinem kleinen Messer auf die Schlange zu und stach auf sie ein. Die Schlange zerplatzte und war verschwunden. Matthis sah jetzt, dass die Frau in ihrem frühlingsbunten Kleid wunderschön aber auch fremdartig war. Staunend betrachtete er sie. Er hatte noch nie einen Waldgeist gesehen, aber sie musste einer sein.
"Danke, dass du mich gerettet hast. Ich schenke dir dafür einen Wunsch."
"Vielen Dank, aber ich weiß gar nicht, was ich mir wünschen sollte. Ich habe alles, was ich brauche.", stotterte Matthis.
Da lächelte der Waldgeist: "Das freut mich. Die meisten Menschen wünschen sich etwas törichtes. Möge dir dein wahrer Wunsch in Erfüllung gehen, auch wenn du ihn gar nicht kennst." Mit diesen Worten verschwand die Frau wie ein Nebelhauch in der Morgensonne.
Auf dem Weg nach Hause überlegte Matthis, aber ihm fiel nur ein Wunsch ein. "Ich wünsche mir, dass Goldlöckchen gesund wird.", murmelte er. Auch ihn erfreute ihr Lachen und Tanzen und ihre seltsame Traurigkeit bedrückte ihn. Aber als er durch das Dorf ging, waren alle weiter traurig und niedergedrückt. Anscheinend war sein Wunsch nicht in Erfüllung gegangen.

Am nächsten Tag ging Matthis wieder in den Wald, um Holz für seinen Kaminofen zu sammeln. Bald hatte er ein großes Bündel beisammen, das er kaum tragen konnte. Erschöpft setzte er sich nach kurzer Zeit auf das Bündel und dachte „Am liebsten würde ich auf dem Holz nach Hause reiten.“ Und schwups galoppierte das Bündel mit ihm durch den Wald und durchs Dorf zu seinem Haus. Goldlöckchen saß trübsinnig am Fenster, aber als sie das Bündel mit Matthis, der sich kaum festhalten konnte, über die Dorfstraße galoppieren sah, dass es nur so staubte, da begann sie aus tiefstem Herzen zu lachen. Natürlich liefen gleich alle zusammen, die Knechte und Mägde, die Freier und Quacksalber und ihre Eltern und alle riefen: Hurra, Goldlöckchen lacht wieder.“ Nachdem sich alle wieder ein wenig beruhigt hatten, die Freier ihre Koffer packten und die Köchin ein großes Freudenmahl bereitete, fragte der Bauer seine Tochter, wer sie denn zum Lachen gebracht habe, denn bisher hatte sich niemand gemeldet. Und Goldlöckchen erzählte ihm von Matthis’ Ritt. Daraufhin ging der Bauer in die kleine Hütte und fragte Matthis: "Bist du auf einem Reisigbündel über die Dorfstraße geritten?"
"Ja, aber ich wollte es gar nicht, es tut mir leid.", entgegnete Matthis.
Aber der Bauer schlug ihm auf die Schulter: "Ich glaube, du weisst wirklich nicht, was du angerichtet hast. Heute Abend gebe ich ein grosses Fest und du bist der Ehrengast."
Matthis sah in mit gro0en Augen an und verstand gar nicht, was der Bauer von ihm wollte. Aber er zog dann seinen Sonntagsanzug an und auf dem Fest sah er dann Goldlöckchen, die wieder herumsprng und tanzte wie früher. Da war Matthis sehr froh, aber als ihm der Bauer sein halbes Land und die Hand seiner Tochter anbot, winkte Matthis ab.
„Ich möchte kein großer Bauer sein. Du und deine Söhne haben da viel mehr Erfahrung. Es ist viel besser, wenn du das Land weiter bestellst, als wenn ich mich daran versuche. Goldlöckchen mag ich schon gerne, aber wenn sie meine Frau werden möchte, dann muss sie in meiner Hütte mit mir zusammen leben.“
Besonders die letzte Antwort gefiel dem Bauern gar nicht und er behielt sie für sich.

Matthis saß dann beim großen Festmahl neben Goldlöckchen und erzählte ihr so schnurrige Geschichten, die er erlebt hatte, dass sie vor lauter Lachen kaum zum Essen kam. Dann tanzten sie miteinander und Goldlöckchen erzählte Matthis ihr Erlebnis mit der Trollfrau.
„Ach, warum nimmst du das alles so ernst. Könntest du doch das Leben so sehen wie ich.“, erwiderte Matthis und von diesem Augenblick an sah Goldlöckchen wieder, dass es auch Schönes und Lustiges in der Welt gab und nicht nur Hässliches und Trauriges. Und sie verliebte sich so sehr in Matthis, dass sie ihn heiratete und in seine kleine Hütte zog. Und so klein blieb sie auch gar nicht, denn jedes Kind, das sich einstellte, baute Matthies in neues Zimmer an. Aber Goldlöckchen hatte mit ihrem Blick durch die dunkle Brille auch gelernt, nicht nur das Schöne zu sehen. Und bei all ihrer Arbeit und Mühe mit Haus und Kindern und Garten fand sie immer die Zeit, kranke Nachbarn zu besuchen und denen zu helfen, die in Not waren.
Heute gibt es das kleine Haus nicht mehr, aber die Geschichte von Goldlöckchen erzählen die Großmütter immer noch.

 

Die Idee zu diesem Märchen gab mir das schwedische Märchen "Der Junge, der die Prinzessin zum Lachen brachte"

 

Hallo jobär,
schön, hier mal wieder was von dir zu lesen - ich fand die Geschichte schön, wenn ich auch den Wechsel zwischen Holzbündeln und Bomben etwas irritierend fand. Vielleicht entscheidest du dich an der Stelle für eine Zeit?
Ich fände es schön, wenn die beiden jetzt noch die anderen Wünsche verwursten würden, oder die Elbin ihm nur einen davon gewährt hätte. Die Szene mit der Elbin wirkt auf mich sehr abrupt im Übergang, das hattest du bei meinen Schatz-Geschichten ja auch schon bekrittelt, vielleicht guckst du da noch mal drüber? Gerade das mit der Schlange wirkt sehr unvermittelt.

lieben gruß
vita
:bounce:

 

Mir hat dein Märchen sehr gefallen, hatte alles was ein Märchen braucht, einschließlich dem Happyend und der Moral.;)
Das mit den Bomben und dem Holzbündel ist mir erst gar nicht aufgefallen:Pfeif:, aber da hat vita schon recht:D

„Der Regen fällt, auch wenn du es nicht willst, aber ob es durch dein Dach regnet, liegt an dir.“

Schön gesagt, äh, geschrieben.

...und ich will jetzt natürlich auch wissen was mit den beiden anderen Wünschen passiert ist.:schiel:

lg

toxin

 

Hallo Jobär,

Ja, alle waren glücklich und zufrieden und Goldlöckchen sang und tanzte den ganzen Tag.

Sie sang auch nicht, und wenn ihre Eltern oder die Ärzte sie fragten, so schluchzte sie nur

Nächtelang lag Goldlöckchen wach in seinem Bett und überlegte, was sie gegen all dieses schreckliche Elend tun könne.

Manche brachten sie nicht einmal mehr dazu, ihren einen Satz zu sagen.
vllt :Ausspruch; "So viel Leid, so viel Tod." ist kein Satz. ;)

Matthis sah jetzt, dass die Frau in ihrem frühlingsbunten Kleid wunderschön war ... Er hatte noch nie eine Elbin gesehen, aber sie musste eine sein.
Erkennnungszeichen: buntes Kleid? :hmm:

Und, schwupps, flog er auf das Holzbündel, und dieses galoppierte mit ihm durch den Wald und durchs Dorf zu seinem Haus.

"Hurra, Goldlöckchen lacht wieder.“

Ah, endlich eine deiner Schweden-Geschichten! Mich hat der Plot an das Lied "Der Hofnarr" von "Schandmaul" erinnert. Dort verliebt sich der Narr in die Königstochter, wird verlacht, als er um ihre Hand anhält und verlässt den Hof. Die ihn liebende Prinzessin wird depressiv, der König verspricht sie an den, der sie zum Lachen bringt, und der Narr (wenn nicht der Narr, wer könnt' es dann?) gibt sein Bestes. Dort scheint mir die Geschichte stimmiger, weil von vornherein Liebe mit im Spiel ist und der Narr von seinen Fähigkeiten her genau der Richtige.

Diese Tiefe fehlt mir in deinem Märchen. Der Anfang ist psychologisch stimmig: Das Mädchen sieht das Böse in der Welt und verzweifelt. Das hast du mit der Brille der Trollfrau schön beschrieben, und vielen Menschen am Anfang der Pubertät wird es genau so ergehen. Eine lustige Begebenheit wird sie aber nicht und schon gar nicht nachhaltig daraus befreien, sonst wäre Depression leicht zu heilen. (Vermutlich würde mir da deine Märchen-Vorlage schon nicht behagen.) Mehr Hoffnung lege ich da in den Charakter des jungen Mannes und seine Vorbild-Funktion, obwohl manch ein Angehöriger von Depressiven auch stöhnen wird: "Könntest du doch das Leben so sehen wie ich." Aber dies passt wieder zu dem Eingangsbild der Perspektive und bildet einen heilsamen Kontrast zur Troll-Brille.

Der abrupte Übergang, der ja schon bemängelt wurde, entsteht mMn dadurch, dss die Elbengeschichte irgendwann passiert sein soll, unabhängig von Goldlöckchen. Vllt wäre es besser, sie gerade dann spielen zu lassen; dann wäre es auch nicht so unwahrscheinlich, dass er sich die ganze Zeit nichts gewünscht hat, und das wäre auch überflüssig:

So kam er auch gar nicht auf die Idee, einen Wunsch für Goldlöckchen zu geben. Getan hätte er es gewiss, denn auch ihn erfreute ihr Lachen und Tanzen und ihre seltsame Traurigkeit bedrückte auch ihn.

Zur zeitlichen Homogenität: die Bombe hast du ja anscheinend schon abgeschafft; Psychologen klingt auch zu modern (vllt besser: Seelenärzte?)

Und ja: Drei Wünsche nur, wenn sie geschildert werden sollen.

Gruß, Elisha

 

Hey jobär!

Das Märchen ist so schön leicht und luftig geschrieben - man kann vor dem Ende kaum aufhören zu lesen. Ausserdem fand ich es interessant, dass du so viele Elemente aus verschiedenen klassischen Märchen zu einem neuen verbinden konntest. Das macht die Geschichte so richtig "süffig"!:thumbsup:

Aber ja, wie schon erwähnt, die Bomben und die Elbin passen nicht so ganz hinein.
"denn für alle Kinder, die sich nach und nach einstellten"
-> eine witzige Formulierung!:lol:

Liebe Grüsse,
Mindli

 
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Hallo vita, toxinchen, Elisha und Mindli,

Vielen Dank für eure Kritik und Anmerkungen. Ich habe die Geschichte in dem Sinn eurer Vorschläge überarbeitet und hoffe, sie ist jetzt stimmiger.

Liebe Grüße

Jo

 

Hallo jobär!

Alles Gute zu Deinem Geburtstag! :)

Zwar verbinde ich den Namen »Goldlöckchen« eigentlich mit »Goldlöckchen und die drei Bären«, aber mit jenem Märchen hat Deines zum Glück nichts zu tun. Trotzdem würde ich vielleicht nach einen anderen Namen suchen.
(Mein Sohn hatte, als er noch klein war, ein Bilderbuch samt dazugehörigem Puzzle von dem Goldlöckchen, und ich mußte beim Lesen Deiner Geschichte immer gegen diese Bilder ankämpfen, die sich bei mir ziemlich eingeprägt haben, weil ich es wohl so an die hundertmal oder noch öfter vorgelesen bzw. mit ihm zusammengebaut habe. :D)

Ich hab die Geschichte jedenfalls gern gelesen und sie hat mir gut gefallen. Dafür ist vor allem die Entscheidung für das Einfache, Bescheidene verantwortlich, aber auch, daß sie wirklich wie eins der alten Märchen wirkt. Für ein modernes Märchen wäre sie etwas zu schwarz-weiß und unemanzipiert, aber da man als Leser ja das Gefühl hat, Goldlöckchen sei an den Richtigen geraten, und sie sich ja auch von selbst in ihn verliebt, ist es nicht weiter schlimm, daß der Vater so einfach ihre Hand versprochen hat. ;)

Manche Stellen würde ich vielleicht noch etwas ausführlicher beschreiben, mit etwas mehr direkter Rede, etwa da, wo der Bauer zu Mathias in die Hütte geht und mit ihm spricht, da handelst Du alles in einem Satz ab:

Und Goldlöckchen erzählte ihm von Matthis’ Ritt und der Bauer ging in die kleine Hütte, lud Matthis zum Festmahl ein und bot ihm sein halbes Land und die Hand seiner Tochter.
Oder auch ganz am Ende, wo Du von den Kindern schreibst und daß für sie alle Platz in der Hütte war: Da würde ich schreiben, daß Matthis mit seinen geschickten Händen noch ein Stück drangebaut hat, damit sie alle Platz fanden.

Da ich nicht weiß, was »Heckenhexen« sind und auch das Googeln nicht sehr erfolgreich war (ich weiß jetzt nur, in welchem Buch ich eine Erklärung finden könnte), würde ich da entweder eine Erklärung mit einbauen oder z. B. »Kräuterhexen« schreiben.

Ein Kritikpunkt, den ich erst verworfen hatte, aber nun in Elishas Kritik in ähnlicher Form wiederfand, ist, daß Goldlöckchen das Schlimme auf der Welt, das sie erst so bedrückt hat, nun offenbar ganz vergißt und nur noch ihr eigenes Glück im Sinn hat. Dem könntest Du leicht abhelfen, indem Du sie eben nicht ganz vergessen läßt, sondern sie auch etwas dagegen tun läßt. Einerseits beschreibst Du ihren Vater ja schon ziemlich vorbildhaft, da wäre es naheliegend, daß sie sich z. B. nebenbei auch um Arme und Kranke kümmert. So, wie ja auch Matthis bescheiden ist, könnte sie ja einsehen, daß sie zwar nicht die Welt retten, aber immerhin im Kleinen Glück verbreiten kann.

Ein paar Kleinigkeiten noch:

»ließ den Kranken und Alten manches Gutes zukommen.«
– die Kombination »manches Gutes« finde ich nicht sehr schön, vielleicht »oft« oder »immer wieder« statt »manches«?

»Eines Tages lief Goldlöckchen in den Wald, um Blumen für den Tischschmuck zu pflücken. Hier traf sie eine Trollfrau, der war wohl etwas über die Leber gelaufen.«
– hier könntest Du ein bisschen ausführlicher bzw. bildhafter beschreiben.

»Als Goldlöckchen ihr fröhlich zurief: "Ich wünsche dir einen guten Tag!", da erwiderte die Trollfrau: "Wo willst du den denn hernehmen?"«
– entweder auf zwei Sätze aufteilen (Goldlöckchen rief ihr fröhlich zu: […] Die Trollfrau erwiderte: […]), oder: Als Goldlöckchen ihr fröhlich „Ich wünsche dir einen guten Tag!“ zurief, erwiderte …
– statt »den denn« würde ich »einen solchen« schreiben

»Und als die Brille dunkel wurde und nichts mehr zeigte, saß Goldlöckchen«
– besser ohne »Und als«: Die Brille wurde dunkel und zeigte nichts mehr. Goldlöckchen saß …

»Nächtelang lag Goldlöckchen wach in seinem Bett und überlegte, was sie gegen all dieses«
– hier bezeichnest Du sie plötzlich sächlich, was Du sonst zum Glück nicht machst, daher: in ihrem Bett

»Das war Matthis, ein junger kräftiger Bursche, der von seinen Eltern ein Häuschen am Waldrand und einen großen Gemüsegarten geerbt hatte.«
– hm, ich würde da noch sowas wie »dessen Eltern jung verstoben sind« einfügen, und dazu passend vielleicht statt der »der von«– Formulierung »und ihm ein Häuschen […] hinterlassen hatten« schreiben.

»Die Schlange zerplatzte und war verschwunden.«
– »und verschwand«, meiner Meinung nach. Oder auch »und löste sich in Luft auf«, oder noch besser: Beschreibe ihr Verschwinden!

»Die meisten menschen wünschen sich etwas törichtes.«
– Menschen
– etwas Törichtes

»"Ich wünsche mir, dass Goldlöckchen gesund wird.", murmelte er.«
– wird(ohne Punkt)“, murmelte

»und alle riefen: Hurra, Goldlöckchen lacht wieder.“«
– entweder mit oder ohne Anführungszeichen, und ich würde ein Rufzeichen setzen.

»Könntest du doch das Leben so sehen wie ich.“, erwiderte Matthis«
– ohne Punkt

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Jo, Bär,

dein Märchen hat mir sehr gut gefallen, wirklich, du hast absolut die richtige Sprache getroffen und der bescheidene Matthis spielt wahrlich eine Glanzrolle, vor allem weil er Goldlöckchen nicht um jeden Preis heiraten will, sondern nur wenn auch sie möchte und mit ihm in die kleine Hütte zieht.

Interessant fand ich auch, dass Goldlöckchen die Tochter eines reichen Bauerns ist und nicht eines Königs oder Kaisers o.ä.,

Ich hab es auf jeden Fall gerne gelesen, ein großes Lob,

viele liebe Grüße,
Sebastian

PS: Hier noch Kleinigkeiten:


Die meisten menschen
Menschen


Nächtelang lag Goldlöckchen wach in seinem Bett und überlegte, was sie gegen all dieses schreckliche Elend tun könne. Aber ihr fiel nichts ein und sie wurde immer stiller und verschlossener.
Ob du Goldlöckchen als weiblich oder sächlich auffasst, ist im Prinzip egal, da es ja eine Frau ist, aber die Bezeichnung "Goldlöckchen" grammatikalisch eine Sache. Für die urige Märchensprache, die du ansonsten gut getroffen hast, eignet sich glaube ich "es" besser; in unserem Dialekt wird Frauennamen übrigens noch heute manchmal der sächliche Artikel vorangestellt, "das Maria" (sprich: "dess"), "das Julia" usw. usf., auch wenn in der jüngeren Generation hier immer mehr die Emanzipation zu spüren ist ;)
Aber langer Rede, kurzer Sinn: Auf jeden Fall solltest du es irgendwie einheitlich machen.

Und so klein war sie wohl auch gar nicht, denn für alle Kinder, die sich nach und nach einstellten, war genügend Raum. Und so lebten die beiden mit ihrer Kinderschar zufrieden und wunschlos glücklich.
Da fehlt nur noch "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute" ;) - irgendwie wirkt der Schlussatz auf mich ein wenig kitschig für eine ansonsten wunderschöne Geschichte!

 
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Hallo Susi und smilodon,

da bin ich ja ganz platt. Diese Geschichte habe ich vor zwei Jahren in Schweden geschrieben und eure Kritiken haben mich sehr gefreut. Ich habe versucht, eure Vorschläge umzusetzen. Den Namen habe ich beibehalten, aber den Schluß habe ich ein wenig entkitscht.

Liebe Grüße

Jo

 

Hallo Jobär!

Mir gefällt deine Geschichte auch sehr gut. Die charakteristischen Merkmale sind zu finden und man fühlt sich in die eigene Kindheit zurückversetzt. Allenfalls ist mir die Geschichte ein bisschen zu lang für ein Märchen.

der war wohl etwas über die Leber gelaufen.
Ich fände: "der wohl etwas über die Leber gelaufen war." besser.

Wie gesagt, ansonsten gefällt mir die Geschichte seeeeeeeehr gut!

VlG

Glitonea

 

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