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Grammatikfrage "sehen" oder "gesehen"

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25.09.2014
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Grammatikfrage "sehen" oder "gesehen"

Hallo alle zusammen,

vorneweg, ich habe die Suche bemüht und bin auch auf einen Thread gestoßen (http://www.wortkrieger.de/showthread.php?20535-Grammatikfragen/page2), nur war ich mir unsicher, ob dieser geachtet seines Alters noch gelesen wird.
Von daher bitte ich zu entschuldigen, falls dies hier überflüssig ist und im Grammatikthread besser aufgehoben wäre (ansonsten wüsse ich nicht wohin mit meinem Anliegen, oder ich seh den Wald vor lauter Bäumen nicht. :/ ).

Nun zu meiner Ahnungslosigkeit bezüglich der Grammatik: In dem Buch "Der verschlossene Raum" von John Dickson Carr bin ich auf folgenden Satz gestoßen.

Er habe jemanden sich hier herumdrücken sehen, der das Haus beobachtete und einmal sogar mit Fley gesprochen habe, um dann die Straße davonzulaufen.

Das "sehen" erscheint mir richtig, wenn auch "gesehen" aus heutiger Sicht vielleicht "richtiger" wäre. Ich kann es als Autodidakt nicht in Worte fassen, es ist ein Gefühl und ich möchte gern wissen, warum "sehen" in dem Satz funktioniert. Ich vermute es hängt mit dem Konjunktiv zusammen.
Mir gefällt dieser altmodische Schreibstil und ich erhoffe mir, mit einer verständlichen Antwort, diesen in meinen Texten sinnvoller einzubringen - was die richtige Schreibweise der Verben und Zusammensetzung der Sätze betrifft. :shy:

Falls der Satz zu sehr aus dem Kontext gerissen erscheint, hier noch der voranstehende Text:

Ob Fley gelegentlich Besuch habe? Nein! Gab es verdächtig scheinende Fremde in der Nähe, irgend jemand mit einer Verbindung zu Fley?
Diese Frage hatte eine unerwartete Wirkung: Zwar bewegten sich die Kiefer des Hauswirtes immer noch mit schlafwandlerischer Langsamkeit, aber für seine Verhältnisse wurde er geradezu redselig: Ja, da gebe es etwas, um das sich die Polizei gefälligst kümmern sollte, statt Geld der Steuerzahler zu verschwenden.
Er habe jemanden sich hier herumdrücken sehen, der das Haus beobachtete und einmal sogar mit Fley gesprochen habe, um dann die Straße davonzulaufen.

 

Hallo und herzlich willkommen hierorts,

liebe/r/s greenelve!

Da gibt's nix zu entschuldigen. Wahrscheinlich siehstu den Wald vor lauter Bäumen nicht (dafür sollten wir aber keinen Baum fällen müssen)! Unschwer solltestu das angesprochenes Problem in dem Klammersatz wiedererkennen ("fällen müssen").

Der Satz

Er habe jemanden sich hier herumdrücken sehen,
ist genauso korrekt wie die Partizip-Variante "... herumdrücken gesehen", wirkt aber eleganter.

Was passiert da?

Ich sag’s mal ganz einfach (hoff ich wenigstens):

Sofort zu erkennen ist, dass hier „sehen“ als Infinitiv auftritt. Diese Form wird „Ersatzinfinitiv“ genannt und kommt hauptsächlich bei Modalverben vor (dürfen, können usw.), die’s Perfekt mit haben bilden (Beispiel: Wo ein „ich hab nix tun gekonnt“ erwartet wird, ist allein „ich hab nix tun können“ korrekt)

Hinzu gesellen sich „brauchen“ und „scheinen“, die beide nach einem Infinitiv verlangen. Der Duden umgeht scheinen mit Infinitiv durch einen einfachen Trick: Er setzt i. d. R. die Vorsilbe „er“ vors Verb und „erscheinen“ ist von Infinitivkonstrukten befreit.

Den Ersatzinfinitiv findet man zudem beim Verb lassen und Verben der Wahrnehmung, u. a. sehen, hören, fühlen usw. Gleichwohl ist die Verwendung des Partizips in diesen Fällen auch korrekt, wenn auch nicht sonderlich elegant.

Ausführlicher: Duden Bd. 4, Auflage 2009, S.466 f., RNn 662 f.

Gruß

Friedel,
mal ohne Kryptik

 

So, jetzt, mit wieder funktionerendem Computer: Danke für die Antwort, das war in etwa was ich hören wollte, was mir weiterhilft.

 

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