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Höllischer Himmel, Himmlische Hölle
Höllischer Himmel, Himmlische Hölle
»Ihr denkt der Himmel ist wie das Paradies und die Hölle ein grausamer Ort des Leidens? Da denkt ihr ziemlich falsch. Ich kann euch sagen, dass dies keinesfalls so ist und ich muss es wissen. Denn ich war schon einmal da.«
Der alte Mann saß auf einem Karton, umgeben von Kindern und legte eine künstlerische Pause ein. Er hatte diese Geschichte schon sooft erzählt und mittlerweile war es ihm egal, ob sie ihm jemand glaubte oder nicht. Sein Gesicht war voller Falten und er trug einen braunen Flickenmantel. Sein schütteres graues Haar wucherte in einem Kranz über seine Segelohren und seine Stimme war rau vom vielen Erzählen.
»Es fing alles damit an, dass ich diese Anzeige in der Zeitung las. Ihr kennt doch alle den (Zeitungsname)?
Suche Mann für Reise in den Himmel und in die Hölle.
Nähere Informationen unter folgender Telefonnummer...
Tja, ich hatte keinen Job und war ein junger Spund, neugierig und närrisch zugleich. Ich rief an und machte einen Termin für den nächsten Tag aus. Das Büro zu dem ich musste, lag mitten in der Innenstadt und ich hatte Schwierigkeiten einen Parkplatz in diesem Getümmel aus Blechkarossen zu finden. Als ich endlich mein Auto in die Parklücke gequetscht hatte und in einem Fahrstuhl bis in den achten Stock eines Hochhauses tuckerte war ich aufgeregt. Ich hatte keine Ahnung auf was ich mich gerade eingelassen hatte und um was es überhaupt ging. Ich wurde in ein Büro geführt und setzte mich auf einen Stuhl. Er war zur hälfte weiß blau und zur anderen Seite schwarz rot. Ich konnte mir vorstellen, dass das Himmel und Hölle darstellen sollte, doch auch dieser Hinweis hilf mir keineswegs weiter. Ich wartete einige Minuten, dann kam ein Mann herein. Seine Haare waren nach hinten gekämmt und er hatte einen Schnurrbart. Seine fast schon schwarzen Augen fixierten mich stechend und dann erschien ein schmeichelndes Lächeln auf seinem Gesicht. „Willkommen, willkommen!“ Er breitete seine Arme aus als wolle er mich umarmen und schüttelte mir dann aber doch nur die Hand. Seine Hände waren eiskalt und ziemlich groß. „ Sie wissen bestimmt nicht warum wir die Anzeige in der Zeitung angegeben haben nicht wahr? Nun ich will gleich zum Punkt kommen. Wir haben ein Experiment vor, natürlich gegen gute Bezahlung.“ Der Mann mit dem Schnurrbart stellte sich nicht einmal vor und sprudelte gleich drauf los. „Haben sie Interesse?“ Ich, natürlich erst mal vollkommen verblüfft, starrte den Mann verständnislos an und musste erst mal seine Worte zu mir durchsickern lassen. Dann nickte ich langsam. „Wenn es gegen Bezahlung ist. Dann bin ich vielleicht interessiert!“ „Himmlisch! Die Bezahlung fällt natürlich sehr großzügig aus. Dann werde ich ihnen jetzt also erklären worum es geht. Wenn sie mir bitte in den Nebenraum folgen wollen?!“ Mit einer seiner Pranken deutete er auf eine unscheinbare Tür. „Dann können wir sogar heute noch mit dem Experiment anfangen.“ Wir begaben uns also in den Nebenraum. Dort standen zwei Stühle, ähnlich wie Kinosessel und an der schwarzen Wand befand sich eine riesige Leinwand. Der mir immer noch unbekannte Mann deutete auf einen der Sitze und ich ließ mich auf einem nieder. Sie waren so weich das ich fast in den Polstern versank. Das Licht wurde gedämmt und Bilder an die Leinwand projiziert. Es zeigte alte Bilder vom Himmel und der Hölle. „Wie du siehst steht unser Experiment mit dem Himmel und der Hölle in Verbindung. Es geht um folgendes: Wir brauchen dringend Informationen über diese beiden Orte. Wir müssen rausfinden ob es sie tatsächlich gibt und ob sie wirklich so unterschiedlich sind.“ Ich, immer noch mit dem Polster kämpfend dachte erst es wäre ein übler Scherz und wollte mich schon zum gehen wendend. Da fiel mir etwas ein.
„ Wie wollen sie das bitte anstellen? Wie sollte ich in den Himmel kommen ohne zu sterben. Und wenn ich sterben sollte komme ich nicht mehr in die Hölle und von meinem Honorar habe ich dann auch nichts mehr.“
Meine Erwartung wäre gewesen, dass der Mann nun den Scherz gestehen würde und ich verschwinden konnte, jedoch fing er nur an zu schmunzeln. „Sie sind nicht so dumm wie andere Menschen, das rechnen wir ihnen Hoch an. Denn genau das brauchen wir bei unserer Testperson. Wenn sie mir bitte folgen wollen.“ Der Mann drückte auf einen Knopf an seinem Jackett und plötzlich verschwand die Leinwand mit einem leisen surren in einem Spalt in der Decke. Dahinter befand sich eine große Halle. Die Wände waren voller Formeln und Skizzen von einer seltsamen Maschine, und genau diese Maschine befand sich in 3-d mitten in der Halle. „Das, „ fuhr der Mann mit einem stolzen Ton fort, „ist unser Sterbesimulator. Er simuliert ein sterben deines Körpers vor, jedoch schläfst du nur und so reist deine Seele in den Himmel bzw. in die Hölle. Das können wir ebenfalls mithilfe der Maschine einstellen. Nach 24 Stunden unserer Zeit holen wir dich dann wieder zurück auf die Erde. Diese Prozedur vollziehen wir dann insgesamt zweimal. Und deine Aufgabe besteht einzig und alleine darin, dich umzusehen, zu erkundigen und alles im Gedächtnis zu behalten. Wir können das nicht selber machen da wir alle bei der Maschine bleiben müssen um sie zu überwachen. Sind sie dabei?«
Der alte Mann hielt inne und sah sich im Kreis um. Er stocherte kurz in dem Lagerfeuer und fragte dann mit seiner rauen Stimme.
«Was hättet ihr getan? Hättet ihr dieses einmalige Angebot angenommen? Wenn ja, habt ihr dasselbe getan wie ich. Ich fand dies alles ungemein spannend und stimmte deshalb zu. Wenige Minuten später saß ich schon in dem Sterbesimulator.
Ich lag bequem auf einer Art Liegestuhl. Vor mir befand sich eine Runde Scheibe zum Hypnotisieren. „Alles in Ordnung bei ihnen? Dann können wir nun loslegen. Sie brauchen sich nur entspannt zurückzulehnen und auf die Schreibe zu schauen. Dann landen sie schon bald im Himmel. Ach, vergessen sie nicht, wir brauchen alle Informationen die sie bekommen können. Da es natürlich nicht ganz legal ist was wir hier machen, solltest du deine Gründe geheim halten. Erkundige dich einfach ganz nebenbei. Kann es losgehen?“ Ich nickte und lehnte mich zurück. Die Scheibe begann sich zu drehen, erst langsam dann immer schneller und schon bald machte sich eine Müdigkeit in mir breit. Ich wurde schläfriger und schläfriger und dann versank ich in einen traumlosen Schlaf.
Als ich erwachte, befand ich mich auf jeden fall nicht mehr auf dem Liegestuhl. Ein warmer Luftzug wehte mir die Müdigkeit von den Augen und ließ mich auch sonst wach werden. Ich rappelte mich auf, sah mich um und staunte. Ich war im Himmel. Das war sicher, doch er sah keineswegs aus wie in all den Kinderbüchern. Ich sah auf ein riesiges Dorf. Allerdings war es weder ein richtiges Dorf, noch eine Stadt. Ein Weg aus bunten Steinen verlief bis zu dem Gemenge aus Häusern. Sie waren teilweise dicht nebeneinander gebaut, sodass sich die Giebel berührten und man von Fenster zu Fenster laufen konnte. Allerdings gab es auch Häuser die weitläufig abgeschnitten von anderen lagen. Ringsherum befanden sich dann riesige Gärten mit Pool und Teichen. Die Häuser hatten die unterschiedlichsten Formen und Farben. Von grau über zweifarbig bis zu in allen Regenbogenfarben gestreift. Es kam mir vor wie auf der Erde, allerdings hatten alle Menschen die mir entgegen kamen weiße Flügel auf dem Rücken. Bei einigen waren sie winzig bei anderen wiederum füllten sie fast den ganzen Rücken aus. Es war ein faszinierender Anblick. Vorsichtig ging ich ein paar Schritte auf das Dorf zu und merkte das meine Füße auf dem Boden federten wie auf einem Trampolin. Nicht so extrem, aber es kam mir vor als liefe ich auf Gummi. Erst jetzt bemerkte ich auch das fremde Gefühl auf meinem Rücken, und als ich mit meiner Hand nach der Ursache auf tastete, erfühlte ich etwas flauschiges. Es waren zwei Flügel, nur 10 cm groß und 9cm breit flatterten sie leicht im aufkommenden Wind.
Ich kam in der Stadt an und sah mich fasziniert um. Nichts unterschied sich hier von der Erde, einige Häuser kamen mir sogar bekannt vor, so, als hätte ich sie schon einmal gesehen. Die Engel, wie ich sie einfach spontan benannte, liefen schwatzend und lachend durch die Straßen, aßen Eis und bestaunten die Waren in den Schaufenstern. Allerdings gab es auf den Straßen keinen Dreck und es roch auch überall nach frischer Luft. Kein Gestank nach Abwasser und Mülleimer. Ich lief weiter und kam irgendwann, ganz plötzlich zu einem riesigen Schloss. Es war aus weißem porösen Steinen gebaut und trotz diesem luftigen Material strahlte es eine beruhigende Wärme und Stärke aus. Es war rund und hatte auf halber Höhe viele kleine Türme, die aus der Wand ragten. Ich erinnerte mich beim Anblick dieses Schlosses an den Grund warum ich hier war und betrat es sogleich. «
Ein Kind bekam plötzlich einen Hustenanfall und der alte Mann hielt inne. Er klopfte ihm auf den Rücken und reichte dem kleinen Mädchen eine Tasse dampfendem Tee. Sobald es ihm wieder besser ging sah sich der Mann in dem kleinen Kreis um und fuhr, beim Anblick der erwartungsvollen Gesichter schmunzelnd fort.
» Ich betrat also das Schloss und dort befand sich eine riesige Halle. Sie war mindestens 100 Meter lang und ebenso breit. Es war ein unglaublicher Anblick. Gigantische Säulen stützten die Halle und waren umrundet von einzelnen Wendeltreppen. Die gesamte Halle schimmerte in einem strahlenden aber keinesfalls kalten Weiß. Die Wendeltreppen hatten einzelne Abzweigungen zu neuen Etagen und die gesamte Halle war gefüllt mir hektisch rumlaufenden und rumflatternden Engeln. Kreuz und Quer rasten sie durch die Halle, telefonierten und räumten Akten von einer Ecke zur anderen. Ich kam mir vor wie in einem Büro, dass kurz vor einem unglaublich wichtigen Ereignis steht. Ab und zu hörte ich es tuscheln. Es waren meistens Todesanzeigen die an die Wände befestigt wurden. An einer Wand sah ich ein Plakat. “Sommer, die Zeit der Schlaganfälle. Machen sie sich darauf gefasst viele neue Herrschaften einzuweisen.“ War dort zu lesen. Ich lief durch die Halle und versuchte einen Engel zu finden der nicht beschäftigt war. Doch damit hatte ich wenig Glück, allesamt waren sie furchtbar beschäftigt. Nach circa 10 Minuten war ich mit meiner Geduld am Ende und hielt einen wichtig aussehenden Engel an seinem bläulich schimmernden Gewand fest. Dieser wirbelte herum und sah mich wütend an. Doch dann warf er einen Blick auf meine Flügel und fing an zu lächeln. „Neu hier? Zwei Treppen hoch und dann ganz ans andere Ende der Halle. Dort stellst du dich an und dann bekommst du alles weitere gesagt. Ach ja, du kannst noch nicht fliegen also bitte versuch es nicht. Wir hatten schon einige hässliche Unfälle.“ Kaum waren die Worte verhallt, da war er auch schon wieder weg und ich machte mich auf den mühseligen Weg. Stunden später, wie mir schien, war ich endlich angekommen und auch die Schlange hatte sich vor mir fast aufgelöst. Gerade als der letzte vor mir stehende Engel verschwand kam ein anderer, wichtig aussehender und flüsterte dem hinter dem Tresen etwas ins Ohr. Ich verstand nur einige Worte doch die ließen mir das Blut in den Adern gefrieren, sofern ich im Himmel noch welches hatte. Sprachen diese Engel wirklich gerade über einen nicht wirklich toten Engel. Über einen Engel, der mittels einer Maschine in den Himmel eingeschleust wurde um auf der Erde Informationen an eine Firma weiterzugeben? Mir wurde flau im Magen und ließ einen Engel vor. Ich hoffte, mich bis dahin wieder einigermaßen im Griff zu haben. Der Mann, Anfang 20, wie ich es ebenfalls war, wurde wie auch alle anderen zuvor gefragt auf welche Art er zu Tode gekommen war. Ich hatte ja keine Ahnung was ich mir mit dem Vorlassen für Ärger eingehandelt hatte. Dieser Mann, war wegen einer Maschine gestorben. Das erzählte er zumindest und sofort wurde er von zwei Engeln abgeführt. Sie hielten den Mann für mich. Ich war aus dem Schneider, erst war ich unglaublich glücklich. Ich hatte freie Bahn um meine Informationen zusammenzubekommen. Doch dieses Gefühl verschwand ebenso schnell wie es auch gekommen war. Ich hatte nichts dagegen unternommen. Wer weiß was nun mit ihm passierte. Wer weiß was mit mir passierte wenn jemand rausfand, dass ich es war???
„Hallo? HALLO?“ eine sanfte Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Die Dame am Tresen wedelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. „ Ähm, ja Entschuldigung. Wie war das bitte? Ich war gerade...in Gedanken.“
„Ja das kann ich mir vorstellen. Also ich werde sie einweisen. Kommen sie bitte gleich mit dann sind wir schnell wieder fertig. Zu dieser Jahreszeit sterben besonders viele und wir haben viel zu viel zu tun. Also, bringen wir es schnell hinter uns.“
Ich wunderte mich, als ich kein Klacken der Schuhe hörte, ich sah nach und bemerkte, dass die werte Dame wenige Zentimeter über dem Boden vor mir her schwebte. Ihre Flügel bewegten sich jedoch kaum. Faszinierend sage ich euch.
Sie erzählte mir, alles über die verschiedenen Stadien der Flügel. Am Anfang unbrauchbar und mit der Zeit wachsen sie. Dann kann man irgendwann fliegen. Die verschiedenen Häuser die ich gesehen hatte sind aus Erinnerungen und Wünschen der Menschen entstanden. Jeder kann sich sein Haus so gestalten wie er möchte. Viele bauen sich ihr Haus so nach, wie es zu Lebzeiten ausgesehen hat. Andere wohnen nun endlich in ihrem Traumhaus. Lebensmittel und andere Sachen kann man sich im Himmel einfach wünschen, schon sind sie da.«
Erneut hielt der Mann inne. Er warf einen fast sehnsüchtigen Blick in den von grauen Wolken verhangenen Himmel. „Stellt euch vor! Ihr könnt euch dort alles wünschen was ihr wollt und es wird euch erfüllt. Natürlich werden sie alle irgendwann vernünftig. Aber...“
Das kleine Mädchen von vorhin schien unruhig zu werden und zerrte an dem alten Flickenmantel.
»Nach der Führung durch den Himmel ging es langsam wieder zurück zu dem Schloss. „Wir sind nun mit der Führung zu ende. Ich denke es ist gut wenn sie sich jetzt ein Haus erwünschen und dieses einrichten. Es müsste bald dunkel werden. Ich betrat noch einmal kurz das Schloss und hatte so meinen größten Fehler begangen. Überall hingen riesige Plakate und Fotos von mir. Wie ich in das Bürogebäude ging, beim Autofahren, ja sogar beim Zähneputzen. Es war grauenhaft. Ich zögerte nur eine Sekunde und schon hatte ich mich auf dem Absatz umgedreht und war im Dorf verschwunden. Ich weiß nicht ob ich durch den Himmel intelligenter geworden war, doch mir kam sofort die perfekte Lösung in den Sinn. Ein Haus konnte ich mir wünschen. Ich wünschte es mir. Wenige Sekunden später war ich auch schon in der Erdluke und in meinem neuen Bunker verschwunden. Es waren furchtbare Stunden die nun folgten. Ich hatte keine Uhr mit, Zeit bedeutete hier nichts mehr, so hatte mir die Frau erzählt und daher wusste ich nicht wie lange ich noch hier verharren musste. In dem dunklen Loch, nur beleuchtet von einigen spärlichen Lampen. Es waren die ersten die mir eingefallen waren.
Ich saß auf meinem Sofa. Es war das, was ich mir schon immer gewünscht hatte. Das knallrote, riesige mit den zwei kleinen Tischen. Doch auch diese Tatsache half mir nicht weiter. Ich konnte mich nicht freuen. Jede Minute dachte ich die jemanden an die Tür klopfen zu hören. Ich hatte mir den Himmel nie so unglaublich höllisch vorgestellt. Das beste was mir an diesem Tag noch passierte, war als ich mich langsam aufzulösen schien und langsam wieder im Sterbesimulator aufwachte.
Ich wurde losgeschnallt und bekam eine Tasse Tee in die Hand gedrückt. Dann bekam ich einen Block und einen Kuli. Ich solle alles aufschreiben was mir in den Sinn kam. Verschwommen nahm ich diese Worte wahr.
Doch kaum war ich wieder einigermaßen auf den Beinen wurde ich auch schon in de Hölle geschickt. Die Reise hatte mich mitgenommen. Doch je schneller ich loslegte desto schneller wäre ich fertig. Das waren die Worte gewesen die mir der Mann zugeraunt hatte, als ich wieder auf dem Liegestuhl lag.
„Wieder 24 Stunden oder vielleicht etwas kürzer? Ich weiß ja nicht wie die Zeit dort oben beziehungsweise dort unten vergeht.“
„Kürzer! 12 Stunden. Bitte nicht mehr. Das halte ich nicht aus.“ Ich konnte mir nicht vorstellen wie schlimm die Hölle werden würde wenn der Himmel schon so schlimm war. Aber Deal ist Deal.
Ich starrte also auf die Scheibe, diesmal allerdings weniger aufgeregt und fing auch sofort an müde zu werden.
Es war kein warmer Wind der mich weckte. Sondern der scharfe Geruch nach Schwefel. Ich schlug die Augen auf und fing erbärmlich an zu Husten.
Blind wegen der Tränen, die mir der beißende Geruch in die Augen getrieben hatte, stolperte ich durch die Gegend. Ich hielt mich an einem Felsen fest und beruhigte mich. Der Felsen war warm und kohlrabenschwarz. Ebenso der Boden. An einigen Stellen war er aufgerissen und durch die dichten Rauchschwaden, die dort aufstiegen, sah ich es rot schimmern. Ich lief einen schmalen Weg entlang. Gerahmt von Schwarzen Felsen auf der einen Seite und von brodelnder Lava auf der anderen folgte ich ihm bis zu einer schwarzen Burg. Sie war umgeben von verdorrten Sträuchern, vertrockneten Bäumen und einer riesigen Anzahl kleiner Türen. Im Slalom verlief der Weg bis zu einem stählernen Portal. Mein ungutes Gefühl verstärkte sich um einiges als sich dieses Portal dann auch noch wie von Geisterhand öffnete. Ich konnte nicht anders. Ich trat ein und kam in eine riesige Halle. Sie war ein Ebenbild der Halle im Himmel. Allerdings war die Luft stickig, und in der Halle befand sich niemand. Nicht eine Person befand sich hier. Langsam fragte ich mich, ob die Menschen in letzter Zeit alle so gütig gewesen waren oder ob die Hölle geschlossen hatte. Da trat auch schon ein kleiner untersetzter Mann aus einer Rauchschwade auf mich so und umarmte mich. „Willkommen, willkommen. Schön sie zu sehen“ Der kahlköpfige Mann hatte eine rauchige Stimme und schien auch sonst unwirklich. Seine Augen waren zu klar, seine Konturen zu scharf. Tja wer weiß woran das liegt, dachte ich mir.
Ich wurde in einen Raum geführt und königlich bewirtet. Ich nahm Platz an einer riesigen Tafel gefüllt mit all den Köstlichkeiten die man sich nur erträumen kann. Es gab Wein und Wasser, Cola und Bier. Einfach alles was das herz begehrte. Ich speiste mit vielen anderen ziemlich kleinen Männern die mich unterhielten. Es wurde gelacht und gefeiert. Obwohl ich nicht wusste aus welchem Anlass. Die Hölle war doch ein grausamer Ort. Der Ort, an dem man im Fegefeuer schmorte. Es kam mir alles so unwahrscheinlich vor das ich gleich nachfragte. Die Antwort verblüffte mich.
„ Das solltest du ja auch glauben mein lieber, „ kam es krächzend von meiner linken.
„Allerdings ist es nicht so. Schließlich kommen nur diejenigen hierher die etwas böses getan haben. Und da war wir auch böse sind. Böse nach der Meinung der anderen, werden all diejenigen die hier runter geschickt werden freundlich behandelt. Sie sind hier im Paradies. Allerdings wollen wir ja unseren schlechten Ruf bewahren. Also holen wir uns alle 100 Jahre mal einen Haufen Idioten hierher und foltern sie ein bisschen. Dann werden sie wieder auf die Erde geschickt und unser Ruf bleibt bewahrt.“ Mit einem boshaften zahnlosen Grinsen wandte er sich wieder seiner Hähnchenkeule zu. So war das also. Ich hatte etwas illegales getan, indem ich einen unschuldigen meine Schuld hatte tragen lassen. Also war ich hier, in der Hölle herzlichst willkommen.
Es war einfach unglaublich. Wenn ich das auf der Erde erzählte. Die würden mir nie im Leben glauben. Ja, sie würden mir nicht glauben, und was wurde dann aus meinem Honorar? Ich würde ohne Geld wieder auf die Straße geschickt werden. Wieso war die Welt so ungerecht?
Missmutig stopfte ich mir ein Stück glasierte Erdbeertorte in den Mund und dachte schon ich würde den restlichen Tag Trübsal blasen. Da hatte ich mich getäuscht. Nach einem üppigen Essen ging es in einen Freizeitpark und dann ins Kino. Die Zeit verging hier unten anscheinend viel schneller als auf der Erde. Ich wollte das die 12 Stunden kein Ende nehmen würden. Doch als ich mich langsam aufzulösen schien, war ich trauriger denn je. Ich musste mein Paradies verlassen. Und wer weiß ob ich es je wiedersehen würde.“
Tja, und so bin ich also wieder auf der Erde gelandet. Wie ich es schon vorhergesehen hatte glaubten mir die in dem Büro nicht ein Wort. Warum hatten sie mich dann überhaupt losgeschickt? Ich sollte sofort das Büro verlassen und mich nie, nie wieder blicken lassen. Er murmelte noch etwas von Zeit- und Geldverschwendung bevor er mir die Tür vor der Nase zuschlug.
Meinen Job hatte ich auch verloren. Ich war unentschuldigt von der Arbeit ferngeblieben so hieß es. Ich musste mich die letzten Jahre durch die Welt schlagen und verdiente mein Geld mit Geschichten erzählen.
Und jetzt bin ich hier. Hoffe darauf bald wieder in mein Paradies zurückzukehren.«
Die Kinder lachten und klatschten dem alten Mann zu. Ihre Eltern ebenfalls und fingen an ihre Sachen zu packen. Sein kleiner Affe saß neben mir auf meine Schulter. Als alle gegangen waren griff er hinter mich und besah die Geldbeutel. Eine beachtliche Summe hatte sein Äffchen da eingesammelt. Er verschwand mit dem Geld in einer Seitengasse Stadtauswärts. Pfeifend und Geld zählend. Bald, bald wäre er wieder im Paradies.