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Hülfeleistung im 23. Jahrhundert

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18.08.2002
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Hülfeleistung im 23. Jahrhundert

Die Sonne scheint die letzten Halme auf der Düne versengen zu wollen. Gnadenlos schickt sie ihre Gesandten des Feuertodes, obwohl es schon später Abend ist. Droben stehen zwei UN-Soldaten aus Titan und Mikroelektronik und drehen synchron ihre Köpfe, um die mystische Leere der sandigen Endlosigkeit zu begutachten. Sprechen miteinander mit achtundzwanzig Gigahertz.

Wer traut sich hinaus, um zu spielen oder zu baden? - Niemand. Es wäre einfach zu riskant, wird den Menschen von den Netzen aus eingetrichtert. Außerdem fehle die Zeit zur Erholung, und da käme die ZNS-Traummassage ganz gelegen: Ein schicker, selbst gewählter Fünf-Sekunden-Traum, lediglich unterbrochen von drei Sekunden Allsinnwerbung, und man fühlt sich wie neu geschlüpft.

"Hülfe, hülfe! Hüülfe!!", schreit's in die hochempfindlichen Sensoren der Weltbeschützer. Es stammt von einem Mann, kniehoch im Wasser stehend. Panikerfüllten Blickes zu den beiden flirrenden Schatten hinauf zeigt er zum nahen Horizont, wo man hin und wieder etwas Hautfarbenes erkennen kann. Bald watet er ein Stück in die zwirbelnden Wogen hinein, bald dreht er sich verzweifelt wieder um und schreit Hülfe. Und die zwei Harthäute wissen nicht, was sie tun sollten. Nicht mal die Brücke weiß es. Sie lehnt in ihrem Ohrensessel und lässt den Kopf auf den Schultern ruhen. Es sind schließlich nur Routinegänge.

"JA oder NEIN: Wir verstehen Objekt Rufer?", funkt UN-KF1295-12.

"JA. Altdeutsch Verbform Konjunktiv II von 'helfen'. Kann kontextuell einordnen: NEIN. Vorschlag: Objekt Rufer hat Eigenschaft 'verrückt'.", antwortet Weltverständnis-Agent UN-FK6490-99.

"Vorschlag akzeptiert. Request für Weltgesundheits-Agenten UN-F7112-xx gesendet", stellt UN-KF1295-12 mit monotoner Stimme heraus.

Dann senden sich die beiden ein EOF und steuern geradewegs in die wehenden Fäden der heißen Luft hinein.

Und es werden gewiss nicht viele Tsunamis über die Wälder fegen, bis endlich ein Professor vor einer Horde südafrikanischer Aufsteiger die bleichende Wirkung von ungehinderten Sonnenstrahlen auf durchnässte Mädchenzopfgummis reflektiert.

Unermüdlich, und im ignoranten Wissen all dieser Dinge jedoch, brennt die Sonne ihr Lied von der menschlichen Vernunft in die Pits und Lands der Weltenkugel.

[highlight]Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE (s. Profil)[/highlight]​

 

Lieber FloH!

Etwas kurz geraten ist Deine Geschichte, aber sie optisch durch ein Vorwort zu verlängern, ist nicht so gut. Daß Du Dich für diese Rubrik entschieden hast, ist ja ok, das brauchst Du nicht kommentieren. Und wenn es jemandem mißfällt, daß sie hier steht, dann wird er oder sie Dir das ohnehin sagen.
- Nimm es also bitte weg. Ebenso wie das anstoss-Smilie, das hat eigentlich nix unter Deiner Geschichte verloren (laut Regeln ist das nämlich verboten) - gib es lieber ins Antwortposting. ;)

Aber jetzt zu Deiner Geschichte selbst:

Du scheinst die Sonne sehr zu lieben, denn sie kommt immer wieder in Deinen Geschichten vor; wie mir scheint, besonders gerne am Beginn. Gerade heute vormittag hab ich in einer Deiner Geschichten den einleitenden Satz gelesen: "Es war beträchtlich spät und die Sonne berührte schon ..." - Hier in dieser Geschichte ist sie aber alles andere als schön, sie versengt alles, wirkt nur mehr zerstörerisch.

Bei Deiner Aussage bin ich nicht ganz sicher. Ich glaube aber, Du zeigst auf, daß wir uns mit Kinkerlitzchen, hier den Auswirkungen auf pinkfarbene Zopfgummis, beschäftigen, während wir aber unsere ganze Existenz von der Technik abhängig machen, unser Leben in die Hände der Technik legen und die Gefahr nicht ernst nehmen. Auch menschliche Hilferufe können die Roboter nicht richtig deuten und reagieren vermutlich falsch, das konnte ich nicht ganz nachvollziehen...

Was es mit den südafrikanischen Aufsteigern auf sich hat, ist mir überhaupt nicht klar (außer, daß dort die Sonne am stärksten brennt). - Vielleicht hab ich aber die Geschichte auch von Anfang an falsch verstanden, bin mir auch sehr unsicher mit meiner Deutung.
Das könntest Du allerdings dadurch beheben, daß Du Deine Geschichte noch etwas ausbaust. Sie ist ja wahrlich sehr kurz - ein detailreicheres Schreiben könnte sicherlich zum Verständnis beitragen. ;)

An Fehlern konnte ich jetzt nur entdecken, daß Du bei den direkten Reden in dieser Form: ""... gesendet.", stellt ..." den Punkt zu viel machst - der entfällt in diesem Fall. - gesendet", stellt ...
Und welch seltsame Schreibweise Du mit den beiden Doppelpunkten erfunden hast, weiß ich nicht, scheint aber in der Geschichte so zu gehören...:D

Alles liebe,
Susi

 
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Hallo Susi,

Danke, dass Du mich ein bisschen auf dem
Boden zurück geholt hast. Der Smilie war das Produkt sprühender Erfolgseuphorie. Schließlich war die Geschichte in weniger als einer Stunde runter geschrieben, obwohl ihr Gehalt noch konzentrierter als meine Sonnenglut ist.

Und so will ich an ihrer Länge auch nichts ändern. Es ist keine Geschichte, die man nur so zwischen Tür und Angel quer liest. Laßt sie Euch auf der Zunge zergehen. Keinen Satz, ja vielleicht sogar kein Wort kann ich entbehren. Fast wie Poesie, aber nur fast. - Eben kompakt.

Mit Deiner Interpretation, Susi, liegst Du nicht falsch, allerdings wollte ich mit dieser Geschichte vor allem die allgegenwärtige Maschinenhaftigkeit unserer Gesellschaft näher beleuchten (Auch unter dem Begriff "Vernunft" bekannt). Menschlichkeit und Individualität werden in der Gesellschaft von Morgen keinen Platz mehr haben.

Hätte der Mensch "Hilfe" geschrien, wären Rettungs-Androiden freilich sofort herbei gesurrt, denn an Geschwindigkeit wird denen von Morgen nicht mangeln. "Hülfe" - man beachte die nämliche ü-Färbung des i's - dagegen urteilt der Eine aber gleich als das Entfernteste ab, was sich unsereins vorstellen kann. Gesegnet seien unsere Vorurteile!
Wer nicht ins Raster passt, fällt eben hindurch...

Zum Sonnen-Motiv: Wenn ich einen Glauben hätte, dann den an die Sonne, ohne die wir nicht über Stock und Stein stolpern würden (ihre Majestät ist übrigens auch naturwissenschaftlich bewiesen). In ihr vereint sich Leben und Zerstörung. Aber dennoch ist sie selbst kein Gott, denn auch sie ist vergänglich und überdies nur ein kleiner bescheidener Stern unter vielen. Kurzum: Sie ist wohl das größte Wunder meines Lebens. Voilà donc mes histoires!

südafrikanische Aufsteiger: Wenn meine These von den Auswirkungen der Globalisierung stimmt, ist Afrika in zweihundert Jahren auf dem Stand der heutigen USA. Von Bauchtänzen und anderen Füsematentchen wird natürlich dann nicht mehr allzuviel zu erblicken sein; arbeitet schließlich alles auf den Kaffee(TM)-Plantagen. - Abgesehen vielleicht von den allseits beneideten sog. "Aufsteigern".

FLoH.

 

Na gut, jetzt ist's auch um die Doppelpunkte geschehen. Trotzdem einen herzlichen Gruß an die Perl Wizzards. Eine geniale Programmiersprache, muss ich schon sagen... Na ja jedenfalls hast Du schon Recht, dass man es nicht übertreiben sollte, und so habe ich die Roboter ein bisschen menschlicher gemacht. Als technophil möchte ich mich ungern bezeichnen lassen.

FLoH.

 

Hallo floh,

zweimal habe ich sie gelesen deine geschichte - und mit Hilfe deiner erläuterungen dazwischen dann auch verstanden...

die idee finde ich zusammen mit der kürze der umsetzung sehr gut..kurz und knapp wird dargestellt wie verquer sich die welt entwicklen könnte...

allerdings: schwere kost, die du servierst. es geht mir - wie auch bei zwei anderen deiner stories, die ich gerade gelsen habe - etwas wie bei umberto eco (fühl dich geschmeichelt) bei dem ich dann, nachdem ich das dritte mal einen absatz gelesen habe, mich frage: bin ich zu blöd und anspruchslos oder hätte er es nicht etwas einfacher formulieren können?..:) (ich hoffe, du hast bemerkt, dass dies mein erster smilie war..:D

Und es werden gewiss nicht viele Tsunamis über die Wälder fegen, bis endlich ein Professor mit Kaschmir-Pullover vor einer Horde südafrikanischer Aufsteiger die bleichende Wirkung von ungehinderten Sonnenstrahlen auf durchnässte pinkfarb'ne Mädchenzopfgummis reflektiert.

habe ich zum beispiel nicht verstanden, was du mir damit sagen willst..(ich glaub, häferl hatte es begriffen..:) ) ich leider nicht..

gute idee, schwierige umsetzung (was aber nichts mit "nicht gut" zu tun hat - manche würden anspruchsvoll sagen..)...

viele grüße, streicher

 

Hi Streicher,

ja, anspruchsvoll ist sie, die Geschichte. Und ich weiß manchmal selbst nicht, ob ich mit dieser Geschichte wirklich geballte Kritik mitteilen wollte, oder einfach nur Lob und Anerkennung brauchte. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen :rolleyes:.

Als ich die Geschichte schrieb, hatte ich erst die Macht der Sprache erkannt. Am liebsten hätte ich manchmal einen aktiven Wortschatz so groß wie Goethes.

Und es werden gewiss nicht viele Tsunamis über die Wälder fegen, bis endlich ein Professor mit Kaschmir-Pullover vor einer Horde südafrikanischer Aufsteiger die bleichende Wirkung von ungehinderten Sonnenstrahlen auf durchnässte pinkfarb'ne Mädchenzopfgummis reflektiert.

In Düsseldorf empfangt Ihr doch auch die ARD-Tagesschau, nicht? Die gezielte Desinformation des unkritischen Zuschauers zeigt sich in dieser Sendung besonders darin, dass am Schluss die ganze Dramatik der vorigen Beiträge mithilfe eines neutralen bis fröhlich stimmenden Beitrag (Sport, Wetter, kulturelle Events) neutralisiert wird und so dem Zuschauer nicht mehr die Zeit gegeben wird, die Probleme in der Welt zu verarbeiten.
Genau das wollte ich in dieser Geschichte ausprobieren, allerdings mit demselben Thema - nur aus einem anderen Blickwinkel. Das Forschungsobjekt "erblichender Zopfgummi" wird völlig abstrahiert von der zu Grunde liegenden Tragödie des ertrunkenen Kindes. Jetzt zählt nur noch der Farbstoff des Materials, welcher nicht resistent gegen reine UV-Strahlung sei.
Die reinste Stumpfköpfigkeit.

Die einzigen redundanten Glieder dieses Satzes sind der Kaschmir-Pullover und "pinkfarben". Das streiche ich wohl beides raus. So einen Satz wage ich übrigens nie wieder ;).

Auch der Schlusssatz ist ein Paradebeispiel für Disharmonie. Den werde ich nochmal mal ein bisschen ausbalancieren.

Ansonsten gehört dieses Stück immer noch zu meinen Lieblingen ;).


FLoH.

 
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Lieber floh!

Ist Dir eigentlich aufgefallen, daß das Streichers Premiere war? *smile* Seine ersten Smilies und Zitate hat er Dir gewidmet... :)

Liebe Grüße,
Susi

hab erst nachher gesehen, daß ers ja sogar extra erwähnt hat... ;)

 

Und ich weiß manchmal selbst nicht, ob ich mit dieser Geschichte wirklich geballte Kritik mitteilen wollte, oder einfach nur Lob und Anerkennung brauchte.

ach Floh, deine Anerkennung verschaffst du dir gerade hier in diesem Thread doch ganz gut selbst. Da beneide ich dich um dein gesundes Selbstbewusstsein. :)

Ich kann mich zumindest rühmen, deine Geschichte ohne deine Erläuterungen verstanden zu haben, aber das sagt sich ja leicht, nachdem man alle bisherigen Beiträge dazu gelesen hat. ;)

Ich fand die Umsetzung übrigens sehr gut. (auch wenn ich dir aus purem Neid jetzt gern eine schlechte Kritik geschrieben hätte um dein Selbstwertgefühl etwas zu stutzen :))

Den Tagesschaugedanken fand ich in dem banalen Haarband und dem Tsunami gut eingefangen, denn es ist schon wie eine ständige Entschuldigung für die schlechten Nachrichten, wenn das süffisant folgt: "Das Wetter". Erst recht dann, wenn auch das nur schlechte Nachrichten enthält.

Um übrigens ein bisschen mehr Geschlossenheit in die Geschichte zu bringen habe ich überlegt, ob es nicht sinnvoll sein kann, auch die Hülfeschreie aus dem Munde jenen Mädchens kommen zu löassen, deren Zopfgummi am Ende in der Sonne verblasst.
Oder wäre das dir zu banal?

Lieben Gruß, sim

 

Ja, Häferl, zumindest weil Streicher mich explizit darauf hingewiesen hat, denn Smilies gehören für mich "leider" schon zu einem kg.de-Beitrag dazu ;) (d.h. ich lese sie nicht mehr bewusst), und überdies habe ich es versäumt, ihm für seine Widmung und auch für seine Kritik zu danken, deswegen hole ich es hiemit nach: Danke, Streicher, für Deinen Beitrag, und für deine Smilies

@sim: Auch Dir herzlichen Dank für deinen netten Beitrag :).

ach Floh, deine Anerkennung verschaffst du dir gerade hier in diesem Thread doch ganz gut selbst.

:confused: ... :lol:

Um übrigens ein bisschen mehr Geschlossenheit in die Geschichte zu bringen habe ich überlegt, ob es nicht sinnvoll sein kann, auch die Hülfeschreie aus dem Munde jenen Mädchens kommen zu löassen, deren Zopfgummi am Ende in der Sonne verblasst.
Oder wäre das dir zu banal?

Dann wäre unklar, warum sein Vater dem Mädel nicht selbst zur Hilfe kommt. Er kann nämlich nicht schwimmen, was man aus dem Text herauslesen sollte. (Ein Sadist, der mich fragt, warum dann seine Tochter schwimmen kann... :lol: )

Im übrigen finde ich ein paar meiner Geschichten zu geschlossen. Die nächsten werden wieder etwas spielerischer sein.

Bzgl. Banalitäten: Geschickt eingesetzt, können sogar Banalitäten/Platitüden zur Qualität einer Geschichte beitragen. Wie Streicher bereits richtig vermutet hat, setzt diese Geschichte allerdings auf ein anderes Kaliber. Auf keinen Fall ist mir Dein Vorschlag zu "banal", er passt mE nur nicht ;).

Danke jdfs,
FLoH.

 

Hi FLoH,

was mir als erstes zu deiner Geschichte durch den Kopf gegangen ist: Wäre sie nicht villeicht besser im Satire-Thread aufgehoben? Immerhin kreidest du hier ganz direkt den menschlichen Fortschrittswahn an und dessen Zweischneidigkeit. Das aber auf eine sehr humorvolle Art.
Hat mir gut gefallen, die KG zu lesen.

Vorschlag: Objekt Rufer hat Eigenschaft 'verrückt'.
:thumbsup: Herrlich!!!

Sehr gute Geschichte, auch wenn sie recht kurz ist. Hätte gerne noch weiter gelesen. :)

Gruß, Zensur

 

Hehe. Was bleibt mir da zu sagen? Vielen Dank fürs Lesen und Gutfinden.

FLoH.

 

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