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Hackysack bei Nacht
Hackysack bei Nacht
Sie saßen sich auf einem alten Baumstamm gegenüber und prosteten sich mit ihren Bierflaschen zu, während die Glut, die unter dem Rost des kleinen Grills loderte, ein schwaches Licht auf ihre Gesichter warf. Ihre Freunde, die mitgekommen waren, verkamen zu Statisten, waren nicht viel mehr als Hintergrundgemurmel. Alles um sie herum schien still zu stehen. Lediglich das Meer beglückte sie in beinahe regelmäßigen Abständen mit kleinen Wellen, die angenehm kühl ihre Füße umspielten, bevor sie sich mit dem gleichen leisen Rauschen zurückzogen, mit dem sie gekommen waren.
„Ich hab` dich echt gern.“, kam es nach einem kurzen Zögern über seine Lippen, woraufhin er leicht beschämt seinen Kopf senkte.
„Ich habe dich auch sehr gern.“, sie lächelte und küsste ihn zart auf die Wange.
Mit einem Mal sprang sie auf, sah ihn aus ihren großen unschuldigen Augen an und reichte ihm die Hand. „Komm, wir tanzen“, forderte sie ihn auf. Er nahm ihre Hände und sie drehten sich lachend im Kreis, sprangen ausgelassen auf und ab und bespritzen sich gegenseitig mit Wasser.
„Ich bin gleich wieder da“, sagte Sie noch, bevor sie in die Dunkelheit entschwand.
Dann war sie weg.
Leicht außer Atem, strahlten seine Augen vor Freude und er grinste, er grinste, weil er überglücklich war. Er trank einen großen Schluck von seinem Bier und zündete sich eine Zigarette an.
Auf einmal spürte er das Gefühlschaos, das über ihn hereingebrochen war:
Sie hatte ihn geküsst. Aber, was war das für ein Kuss – ein freundschaftlicher? Oder war es mehr? Hieß das vielleicht, dass Julia für ihn das empfand, wovon er träumte, nein vielmehr hoffte, dass sie es für ihn empfand?
Er setzte sich wieder auf den Baumstamm und zog genüsslich an seiner Zigarette. Dabei starrte er in die Glut, dachte nach, dachte an Julia und malte mit seinen Zehen ihre und seine Initialen in den nassen Sand.
Nein, es musste ein rein freundschaftlicher Kuss gewesen sein, schließlich hatte sie ihn nicht auf den Mund geküsst, auch nicht hatte sie „Ich liebe dich“ gesagt. Und nur, weil sie oft telefonierten und sich SMS schrieben, hieß dass noch lange nicht, dass sie etwas für ihn empfand – oder doch?
Das Lagerfeuer prasselte in kräftigen Orange-, Gelb-, und Rottönen, es knisterte und knackte und seine Freunde feierten ausgelassen. Er stand etwas abseits und ließ seinen Blick schweifen. Da saß sie, da war Julia! Doch sie war nicht allein. Sie schmiegte sich an Rob, der seinen Arm um sie gelegt hatte - sie küssten sich leidenschaftlich.
Er konnte es nicht glauben, drehte sich um und starrte aufs Meer hinaus.