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Haftantritt

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28.10.2004
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Haftantritt

2007 - JVA Nürnberg.
„Hey Packow, aufwachen! Ein neuer ist im Anmarsch.“ Murmel, ein glatzköpfiger, dicklicher Mann Mitte 40 mit einem rundlichen Gesicht und einem mit Tatoos übersäten Körper, rüttelte seinen Zellenkumpanen wach.
„Mmh, laß mich, du Sack!“ antwortete eine verschlafene Stimme schroff.
„Steh auf, da kommt wieder einer von den Jungelchen!“, Murmel ging zum Gitter und spähte nach links in den Gang. An dessen Ende öffnete sich eine Stahltür und 3 Männer traten hindurch. Vor weniger als einer Minute hatten sie den Gefängnisraum betreten, durchschritten schnell den Appellplatz und erklommen die Stahlstufen einer Wendeltreppe, die den einzigen Zugang zu den an den Wänden entlangführenden Zellgängen darstellte. 3 solcher Gänge befanden sich übereinander an den beiden Längsseiten des Raumes. Jeder ermöglichte den Zugang zu jeweils 20 Doppelzellen. 240 Gefangene konnten also untergebracht werden. Beim letzten allmorgendlichen Durchzählen erreichten sie die Zahl 214, doch jeden Tag erhöhte sich diese Zahl.
Packow hatte sich inzwischen erhoben und stand ebenfalls am Gitter. Er rieb seine müden Augen und versuchte einen Blick auf den Neuling zu erhaschen. Dann lachte er.
„Hahaha, wieder so ne Tippse. Schwuchtel, blöde!“ Der junge Mann Mitte 20 war schmächtig und kalkweiß. Langsam, ohne Widerstand, ließ er sich von den beiden Wächtern zu seiner Zelle schieben.
Thomas Müller war sein Name. Der Richter hatte ihn danach gefragt und ihn dabei schief angesehen. Die Brille auf das Papier gerichtet stierte er ihn an, ihn, den Fast-Absolventen der Uni Nürnberg. Bachelor für Informatik, später Master und irgendwann der Doktortitel, das war sein Ziel. Niemand hätte ihn stoppen können in seinem Wissendrang. Sein ganzes Leben bestand aus der Frage, Jahresbester oder nicht. Meistens schaffte er es. Zweifellos, er war ein Freak, fast eine Beschimpfung, aber er mochte diese Bezeichnung, denn nichts anderes stellte er dar. Er liebte seinen PC, er liebte Musik, das Kino, Fernsehen. Immer umgab ihn mindestens eines dieser Medien und immer wieder mußte er feststellen, daß er ohne dem nicht sein wollte. Das Stipendium reichte gerade um sein karges Zimmer in den Außenbezirken Nürnbergs zu finanzieren. Mit eingerechnet natürlich die Onlinekosten, um sich mit der Welt da draußen zu verbinden.
Aus der Zelle neben ihm erhallte eine krächzende Stimme: „Atze, ich wette 2 Euro auf Diebstahl im Kaufhaus“ . Thomas blickte hinein und erkannte flüchtig eine Fratze mit Hakennase und kurzgeschorenen Haaren.
Natürlich hatte er auch Filme heruntergeladen. Das war normal, jeder machte das. Es war IN. Keine große Sache. Die CD’s in den Läden wären eh viel zu teuer gewesen.
Hinter ihm hallte eine klare alte Stimme: „Ach spinn doch nicht, Körperverletzung, sein Mädchen wollte nicht so wie er!“ frohlockte die Stimme. „5 Euro, Atze!“
Thomas schluckte.
Katja, seine Freundin, wo mochte sie jetzt sein, er vermißte sie so. Es war so schön. Erst verbrachten sie nur die Zeit in der Uni zusammen, dann die Abende. Irgendwann übernachtete sie bei ihm. Und da war es geschehen. Sie verliebten sich, versprachen sich einander, machten Pläne, große Pläne. Wie ein Traum schien diese Zeit zu sein, niemand konnte sich zwischen sie stellen. Alles lief perfekt - genauso, wie er es sich immer vorgestellt hatte.
Ganz am Ende des Gangs kam eine Faust zum Vorschein. „Du Sack hast sie mißbraucht? Komm du mir in die Finger, ich mach Hackfleisch aus dir, harharhar“
Thomas holte tief Luft.
Der Staatsanwalt hatte ihm Protokolle vor die Nase gehalten. 20 Gigabyte Musik, Filme, und Software wurde ihm nachgewiesen, Stück für Stück, Megabyte für Megabyte. Sein Provider wurde gezwungen die Daten herauszugeben. Das war der Auslöser.
Es ging ganz schnell. Es war so gegen 2 Uhr, sie schliefen gerade. Er träumte von einem Urlaub auf einer Insel - nur Katja und er, ganz allein. Wundervoll. Doch plötzlich ging das Licht an. Männer standen in seinem Schlafzimmer. Fremde Männer. Männer mit Uniform. 5 Mündungsrohre zeigten auf ihn.
„HÄNDE HOCH“ hatten sie geschrieen. Und immer wieder „HÄNDE HOCH“. Sie streckten sie in die Höhe, so sehr sie nur konnten. „HÄNDE HOCH“ - Sie blickten die Männer blinzelnd an. Das gleißende Licht blendete ihre Augen. Ihre Ohren waren betäubt vom Lärm der einbrechenden Polizisten. Ihre Uniformen strömten einen merkwürdig abstoßenden Geruch ab. Er würde ihn nie wieder vergessen.
„Atze, ich wette 10 Euro, daß er eine Tippse ist, Alter“, Murmel reckte seine krumme Nase aus dem Gitter und versuchte Atze zu sehen. Seine Zelle am Ende des Gangs war stumm geblieben in den letzten Sekunden.
Stumm waren sie, als sie behelfsmäßig bekleidet in das Polizeifahrzeug gestoßen wurden. Die vermummten Männer quetschten sich neben sie. Stille. Nur der Motor heulte auf und Katjas leises Schluchzen war zu hören.
„Illegales Raubkopieren und Vervielfältigen, Verletzung des Urheberrechts und Verbreitung illegal erworbener Daten“ tönte der Staatsanwalt siegessicher und grinste ihm ins Gesicht. Katja wurde nach Hause geschickt.
Die erste Nacht war die grausamste. Heimweh plagte ihn. Das allmählich aufkeimende schlechte Gewissen tat sein übriges. Er vermißte Katja, sie wohnten nur 10 Minuten von hier, so nah und doch so fern. Mit 10 weiteren Untersuchungshäftlingen zusammengepfercht in einer kleinen Zelle auf der Polizeiwache Nord. Er, Thomas, war einer von ihnen, obwohl er sich nicht so fühlte. Er hatte ihre Körperhaltung angenommen, ihren Gesichtsausdruck, ihren Geruch, ihre Ausdrucksweise. 30 Tage, die sein Leben und ihn verändert hatten. Er war eine Tippse. Anfangs verstand er nicht, was das bedeutete. Doch mittlerweile konnte er sich den Sinn denken. Tippse - tippen - Computer - Computerkriminalität - er war ein Krimineller. Schlimmer noch, er wurde gleichgesetzt mit organisierten Verbrechern. Kein Kavaliersdelikt. Seit 2004 wurden die Gesetze verschärft. Kaum ein Internetnutzer konnte noch von sich behaupten, er hätte eine weiße Weste, doch kaum jemand nahm das ernst ... bis es zu spät war.
„15 Euro, daß er seine Familie erschlagen hat, verwöhnter Bengel, hahaha, hat Mama dir kein Taschengeld mehr gegeben, oooooh“, höhnte ein Insasse in Zelle 13. Mit einem ekelhaften Lachen wandte er sich von Thomas ab und trat vom Gitter zurück. Sie blieben stehen. „ZELLE 9, ÖFFNEN!“ schrie einer der Wächter. Die Tür öffnete sich leise wie von Geisterhand.
„Rein mit dir.“ Thomas bekam einen derben Schubs und flog unsanft ins Innere der Zelle.
„ZELLE 9 , SCHLIESSEN!“Das Geräusch von Metall auf Metall ertönte und Thomas hörte hinter sich die Schritte der sich entfernenden Aufseher.
„Wer bist’n du?“ eine brummende Stimme drang an sein Ohr. Thomas hob den Kopf und blickte um sich. Dunkle Umrisse, überall, es war Nachtruhe seit dem Moment, als er die Zelle betreten hatte. Die fahlen Lichter auf den Gängen waren erloschen. Ein schwarzer Fleck an der linken Wand schien sich zu bewegen. Er wurde größer und näherte sich ihm.
„Alois, mein Name“ mit diesen Worten reichte er Thomas eine seiner Pranken. Thomas faßte zu und ließ sich von dem 2m-Fleischkloß hochziehen.
„Thomas, Thomas Müller“ ächzte er etwas gequält, als er sich auf die Pritsche fallen ließ.
„Und? Was hast du angestellt?“ der Große sah seinen schmächtigen Zellenkumpanen ruhig an.
„Hab Musik ausm Internet geladen, und du?“ er drehte sich interessiert zu dem Großen.
„Naja, ich hab meinen Chef erwürgt.“ Thomas wich entsetzt zurück. Sein Herz schlug schneller. „Aber ich war unzurechnungsfähig, hat mein Anwalt gesagt“ fügte er schnell hinzu.
„Wieviel hast bekommen?“
„4 einhalb Jahre und wieviel bekommt man für so Inter- .. ääh -kram?“
Der Gerichtsdiener stand auf und rief: „Angeklagter, erheben sie sich!“
Der Richter betrat den Raum, setzte sich auf seinen Stuhl und blickte in die Runde, während sich die Zuschauer beruhigten. Gelassen schaute er Thomas in die Augen.
„Das Urteil erfolgt im Namen des Volkes und lautet folgendermaßen: Der Angeklagte Thomas Müller wird wegen Verletzung des Urheberrechts und Nutzung und Verbreitung illegal erworbener Daten zu 5 Jahren Haft verurteilt. Wegen der besonderen Schwere wird die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt!“

 

Hallo Vowi,
zunächst einmal herzlich willkommen auf kg.de! :thumbsup:

Deine Premieren-Story hier ist recht lesbar geschrieben, wenngleich sie etwas träge vorwärts geht (obwohl der Einstieg schneller kaum sein könnte) und allein auf den Schlussgag abzielt.

Die Pointe finde ich diskussionswürdig. Möglicherweise möchtest Du Urheberrechtsverletzung anprangern und verurteilst es, wenn Leute Filme übers Netz klauen. Wahrscheinlicher finde ich, dass Du die Androhung von massiven Strafen durch die Filmindustrie anprangerst, da Du direkt mit diversen Kapitalverbrechen vergleichst.
In dem Fall ist Deine Aussage inhaltlich kein bisschen intelligenter als die Werbekampagne der Filmindustrie, auf die Du Dich beziehst ("Raubkopierer sind Verbrecher").

Außerdem: Ich bin kein Jurist, aber ich halte es für höchst bedenklich, die Länge von Haftstrafen und Delikten ohne tiefgehende Diskussion zueinander in Bezug zu setzen. Auch ohne Raubkopierer kannst Du eine ähnliche Diskussion anfangen: Ein Mörder kriegt z.B. 10 Jahre, ein Vergewaltiger 15 und ein Aktienbetrüger (der vielleicht 100 Leute wirtschaftlich vernichtet hat) nur 1 Jahr. Willst Du Dir wirklich anmaßen, das Strafmaß gerechter verteilen zu können als die betreffenden Richter?

Noch was: Soweit ich weiß, können grundsätzlich nur Haftstrafen bis 2 Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Das wird 2007 nicht anders sein. Insofern ist Dein Richterspruch nicht nur unplausibel, sondern zeigt auch, dass Du nicht ernsthaft recherchiert hast, sondern bewusst und ohne tieferes Nachdenken übertreibst, um Deine (m.E. zweifelhafte) Einstellung zu untermauern.

Schließlich sind einige kleinere Fehler drin, schau nochmal drüber.

Fazit: Die Erzählung muss sich inhaltlich der (für mich zweifelhaften) Aussage unterordnen.

Uwe
:cool:

 

eine wahre Geschichte

Hallo Vowi, hallo SciFi-Forum, :Pfeif:
dies ist eine erfrischende neue Thematik - oder gab es in diesem Genre bereits öfter juristische Themen? Neben der alltäglichen Gegenwart von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie für Viele existieren Zweit- und Drittwelten, wo bestimmte Menschengruppen aus sonst was für Gründen einer willkürlich handelnden Justiz- und Polizeiherrschaft ausgesetzt sind - Justitia war noch niemals ausgewogen - am wenigsten heutzutage. Gründe? Gegenfrage: Kann die Staatsgewalt sehr viel moralischer, ethisch hochstehender sein, als der Bürgerdurchschnitt? Die bauliche Detailbeschreibung der JVA gefiel mir. Auch die politische Naivität des frisch Inhaftierten kam gut rüber - es sind Scheinwelten, in denen viele leben - Allerdings fehlt mir hier etwas dann die Transzendenz, die überraschende Lösung, mit der weder die Staatsgewalt noch ihr auf Totalität und Diktatur drängender Hintergrund gerechnet haben. Was ich meine, wäre hier soetwas wie ein Befreiungs- oder Auferstehungserlebnis: Erdbeben unter der JVA, die befreienden Amis kommen, der Computer-Freak hat seine Bits und Bytes tatsächlich verstanden und kann durch Mauern gehen oder ist unkaputtbar, jeder der ihn berührt oder beschimpft krepiert. MfG Gerhard Kemme :cool:

 

Hallo zusammen,
zunächst möchte ich mich einmal für die Kommentare bei Uwe und Gerhard Kemme bedanken.

@Uwe
Du sagst, meine Geschichte ist recht träge geschrieben. Ich würde gern wissen, welches Detail bei dir dieses Empfinden ausgelöst hat.
Um folgende Kritikpunkte zu kommentieren kurz zur Entstehungsgeschichte und dem Sinn meiner Geschichte:
Diese Geschichte ist in einem Zeitraum von etwa 45 min entstanden. D.h ich habe kaum Zeit für Recherchen in Anspruch genommen. Vielleicht siehst du das als Nachteil, ich hatte allerdings in diesem Fall nicht das Bestreben, eine juristisch einwandfreie Abhandlung über Rechtsprechung unseres Staates zu schreiben. (--> Du hast natürlich Recht, Haftstrafen können nur bis 2 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden.)
Vielmehr soll die Geschichte und ihre Pointe zum Nachdenken anregen. Sie soll als Grundlage dienen, sich eine Meinung zu dem Thema zu bilden. "Haftantritt" bietet keine Lösung in der Pointe, sondern einen streitbare Zukunftsvision.

Wahrscheinlicher finde ich, dass Du die
Androhung von massiven Strafen durch die Filmindustrie anprangerst, da Du direkt mit diversen Kapitalverbrechen vergleichst.

Ich prangere nicht an. Ich weise lediglich darauf hin, über Strafmaße nachzudenken. Natürlich hast du recht;
illegales Downloaden ist nunmal ein Verbrechen. Müßte ich es genauer betiteln, würde ich es als Diebstahl bezeichnen.Was nicht heißt, daß man es mit Diebstahl im Sinne von Banküberfällen gleichsetzen kann. Genau das passiert aber. So betrachtet, war der Vergleich mit einem Mörder vielleicht etwas unglücklich gewählt.

Willst Du Dir wirklich anmaßen, das Strafmaß gerechter verteilen zu können als die betreffenden Richter?

Dazu möchte ich auf Gerhards Kommentar verweisen:

Kann die Staatsgewalt sehr viel moralischer, ethisch hochstehender sein, als der Bürgerdurchschnitt?

Ich glaube, das ist eine berechtigte Frage, wenn man auch berücksichtigen muß, daß der normale Bürger nicht den tiefen Einblick in Gesetze hat wie ein Staatsanwalt oder Richter.

Insofern ist Dein Richterspruch nicht nur unplausibel, sondern zeigt auch, dass Du nicht ernsthaft recherchiert hast, sondern bewusst und ohne tieferes Nachdenken übertreibst, um Deine (m.E. zweifelhafte) Einstellung zu untermauern.

Nicht recherchiert? Ja, richtig! Übertreibung? Ja , ein wenig, aber davon lebt fast jede Geschichte mit Hang zur Gesellschaftskritik. Mit bewußt eingesetzter Übertreibung kann man in der Zukunft spielende Szenarien schaffen, die abschreckend genug sind, um den Leser zum Nachdenken anzuregen.
Ohne tieferes Nachdenken? Mit Sicherheit nicht! Denn es handelt sich hierbei um ein Thema, was mich sehr
interessiert; nicht, weil ich selbst downloade (was nicht der Fall ist), sondern weil ich es für einen falschen Weg zur Lösung des Problems halte. Harte Strafen führen bei einer so großen Anzahl
von Tätern zwangsläufig zu "Jetzt-erst-recht!" - Reaktionen, denn ... Hand aufs Herz ... ist es wirklich das Ziel, alle Täter zu verurteilen? Das nämlich ist wirklich illusorisch. Vielmehr sollte die Film- und insbesondere die Musikindustrie über ihre Preispolitik nachdenken, denn die hat sich in keiner Weise geändert.
Allerdings, um dieses Thema nicht ausufern zu lassen, möchte ich noch auf die Rubrik hinweisen: Science Fiction.
Natürlich hat auch die Fiktion ihre Grenzen, aber sollte man die nicht möglichst weit stecken.

Weiterhin würden mich die angesprochenen Fehler interessieren. Handelt es sich um sprachliche oder eher orthographische Fehler?

Was ich leider schmerzlich vermisse, ist eine literarische Auseinandersetzung mit meiner Story, die sich bisher auf "träge" und "recht lesbar" beschränkt. Von der Veröffentlichung in diesem Forum hatte ich mir erhofft, Tips zu erhalten, die sich nicht so sehr mit dem Thema der Geschichte befassen, sondern sich eher auf den Schreibstil stützen, den ich verbessern möchte. Insbesondere geht es mir darum, ob man einen Spannungsbogen erkennen kann, ob Beschreibungen gut gelungen sind und ein Hineindenken des Lesers in die Welt der Geschichte möglich ist.


@Gerhard Kremme
Erstmal vielen Dank für dein Lob. Ich habe mich sehr darüber gefreut! :cool:

Natürlich würde eine Transzendenz der Geschichte eine völlig neue Ebene eröffnen, die das ganze vielleicht sogar spannender und dramatischer machen könnte, allerdings wollte ich das doch lieber den Hollywood-Filmen überlassen :D und mich ganz der düsteren Zukunft, der wir uns vielleicht schon bald stellen müssen, widmen.

In diesem Sinne
Viele Grüße
VOWI

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi vowi,
natürlich erkläre ich Dir gern genauer, warum mir die Story träge vorkam.

- am Anfang (Murmel) stehe ein Klischee. Das ist kein interessanter Einstieg.
- im zweiten Absatz erklärst Du den Aufbau der Haftanstalt, mit Anzahl der Etagen, Stockwerke etc., was für die Geschichte völlig irrelevant ist. Es hält nur auf. Der Leser will wissen, was mit dem "neuen" ist, und nicht, wieviele Stockwerke das Gefängnis hat.
- Es folgt ein Absatz, der über die Gerichtsverhandlung erzählt. Da das in der Vorvergangenheit ohne direkte Rede etc. geschieht, wirkt es nicht sehr lebendig. "Show, don't tell"! Ich sehe, warum Du diese Rückblende brauchst, aber es gibt bessere Möglichkeiten, sie einzubauen. Der neue Häftling könnte z.B. im Gespräch mit seinen Mitgefangenen davon erzählen, oder Du bringst die Rückblende abgesetzt, kursiv und in Imperfekt (oder gar Präsens), so dass sie wie eine Erinnerung wirkt - stell Dir einen Film vor, in dem einfach eine Szene aus der Vergangenheit rein geschnitten wird.
- Dann das Nachdenken über die Freundin. Erstens: kitschig. Zweitens: Du hast zu Beginn eine Perspektive des allwissenden Erzählers gewählt, aber mit Nebenfiguren angefangen. Nun bist Du plötzlich im Kopf des neuen Häftlings, der eigentlichen Hauptperson. Der Leser konnte sich bisher gar nicht mit ihm identifizieren, weil er ihn nicht persönlich kennt, sondern nur in klobigen Rückblenden über seine Vergangenheit erfahren hat. Deswegen geht dieser Absatz nicht nahe, sondern daneben.
- Die nächste Rückblende in Plusquamperfekt: Der Staatsanwalt. Es gilt dasselbe wie oben.
- Und noch eine Rückblende: Die Festnahme. Siehe oben.
Bis hierher ist in der Haupthandlungsebene praktisch nichts passiert. Zwei Häftlinge gucken durchs Gitter und die Hauptfigur geht den Gang entlang. Das ist gar uninteressant. Der Inhalt besteht nur aus aneinander gereihten Erinnerungen, die nicht lebendig geschrieben sind.
- erst kurz vor Schluss kommt Leben in die Bude, in Form eines Dialogs mit einem Mitgefangenen. Der ist aber eher (unfreiwillig?) komisch ("Naja, ich hab meinen Chef erwürgt") als mitreißend.
- dann kommt das plakative Ende.
Du siehst: Du erzählst keine unterhaltsame Geschichte, sondern setzt nötige Informationen notdürftig zusammen, um die Pointe bzw. Deinen Denkanstoß zu aktivieren. Eine andere Erzählstruktur (lebendige, aktiv geschilderte Rückblenden) oder -Perspektive (z.B. Ich-Perspektive in Präsens, innerer Monolog) wäre wesentlich spannender gewesen.

Nochmal zum Thema. Ich halte es für schwierig, über die genannten Urheberrechtsverletzungen zu diskutieren. Meines Erachtens reduzierst Du diese Diskussion auf die Verhältnismäßigkeit von Strafmaßen, und das ist mir eben zu oberflächlich:

"Schlimmer noch, er wurde gleichgesetzt mit organisierten Verbrechern. Kein Kavaliersdelikt. Seit 2004 wurden die Gesetze verschärft."
Das ist die einzige Stelle, die sich wirklich mit der Thematik auseinandersetzt. Der Rest ist Drumherum. Das ist mir zu wenig.

Ich will keine Diskussion vom Zaun brechen, aber Filme, Musik etc. zu kopieren, ist nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch Diebstahl - allerdings so einfach und anonym durchzuführen, dass das Unrechtsbewusstsein aussetzt und es massenweise gemacht wird. Dass die Medienindustrie zu blöd und träge ist, um die Preise zu senken oder qualitativ besseres als den neuesten DSDS-Gewinner auf CD zu pressen, wird oft als Argument genannt ... ob es etwas ändern würde, darf bezweifelt werden. Du siehst: Das Thema ist komplex. Du bringst nur einen Aspekt ohne neue Erkenntnis oder tiefere Auseinandersetzung. Du willst zum Nachdenken oder zur Diskussion anregen? Mit einem einfachen "lass uns über Schwarzkopierer reden" hättest Du das auch erreicht. Von einer guten SF-Story erwarte ich einfach mehr.
In Dialogen mit Mitgefangenen, Freundin, Staatsanwalt etc. hättest Du das Thema ausbreiten und unterschiedliche Aspekte beleuchten können. Das, verbunden mit einer spannend erzählten Story und ohne die plakative Pointe, wäre eine gute Geschichte.

Und zu Deinem letzten Posting: "Düstere Zukunft"? Dass ich nicht lache! Du nennst es düstere Zukunft, wenn Raubkopierer für ihre Gesetzesverstöße, die sie für Kavaliersdelikte halten, hart bestraft werden? Wie nennst Du denn dann einen Atomkrieg, globalen Terrorismus, den Klimawandel? Oder die Tatsache, dass Politiker, Wirtschaftsbosse etc., die gegen Gesetze verstoßen, ohne Strafe davon kommen? Du solltest vielleicht selbst mal über das Thema "Verhältnismäßigkeit" nachdenken!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Vowi,

was mir persönlich am wenigsten gefällt, ist, dass du den geschalteten Werbespot fast 1:1 kopierst. Da erwarte ich doch etwas mehr Ideenreichtum, und wenn du schon darauf aufbaust, würde ich darauf achten, dass deine mögliche Aussage - 1) Ja, ich bin für Haftstrafen bei Raubkopien 2) Nein, ich bin dagegen - messerscharf zu erkennen ist. Eine Persiflage, eine gemeine Abrechnung mit diesen wirklich dämlichen Spots a la "Du kommst jetzt in Bett oder ich hol die Polizei", das würde ich mir wünschen. Aber so wirkt deine Geschichte lustlos und langweilig.

Liebe Grüße

Dante

@Uwe: Amen. :read: (Ist ja gut! Konnts mir nicht verkneifen :D)

 

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