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Halb Drei
Es ist dunkel, ich sehe nichts. Ich nehme nichts wahr, nicht mal mich selbst. So schwebe ich wie körperlos als freies Etwas, als einzelner Gedanke im Nichts. Schwer zu sagen ob mich überhaupt ein Raum umgibt, wo er anfängt, wo er endet, oder ob er überhaupt endet, sollte er angefangen haben, falls ich nicht einfach nur im Nichts bin. Ist es überhaupt möglich, dass ich mich an einem Ort aufhalten kann, an dem nicht mal der Raum selbst existiert oder würde das die eigene Existenz von vornherein ausschließen? Nicht einmal die Zeit spielt eine Rolle. Falls ich bin, so weiß ich nicht, wie lange ich hier schon bin. Ich hatte es erst gemerkt dass ich bin, als ich anfing zu denken. Bin ich vielleicht nur ein Gedanke?
Ich sehe ein schwaches Licht, vor mit tut sich eine Forte auf. Grobe Umrisse um mich herum nehmen erst langsam und dann schlagartig Gestalt an. Ich stehe in einem Zimmer. In meinem Zimmer! Doch nicht in meinem Haus. Ich hab hier als Kind gelebt und … nie aufgeräumt. Bin ich ein Kind? Allerdings sieht es ordentlich aus. Ich sehe eine Pinnwand, ein paar Zettel daran. Nehme einen und lese was drauf steht. Mehr aus Neugierde. Aber so sehr ich mich anstrenge kann ich die Wörter nicht lesen oder sie ergeben einfach nur keinen Sinn. Nicht mal dass es richtige Wörter zu sein scheinen. So sehr ich mich auch anstrenge, etwas scheint mich an diesem Zettel zu überfordern. Ich gehe durch die Tür, der Gang ist in Dunkelheit gehüllt und doch kann ich die wesentlichen Bestandteile der Treppe, die ich nun hinunter gehe, sehr gut erkennen. Jetzt stehe ich an einem Pool. Das Wasser schlägt ungewöhnlich starke Wellen. Ich kann es spüren, wie es schwingt. Jede Bewegung ist dynamisch und folgt einer Ordnung die von mir stammen könnte. Als hätte ich das Wasser geformt. Es wirkt unnatürlich, viel zu korrekt, viel zu genau. Nicht im Einklang mit der Umgebung, als hätte man einen Klotz frei schwingendes Wasser einfach in den Pool gesetzt, ohne das es selbst merken würde wie begrenzt es doch jetzt ist. Ich erkenne mich selbst in diesem Wasser. Das Wasser oder viel mehr die Oberfläche, sie fasziniert mich. Es wird dunkel und still, ich sehe nur das Wasser. Dies muss ein Traum sein und die Wellen stammen wirklich von mir. Müsste ich sie dann nicht auch ändern können?
Es ist Nacht, ich sehe die Sterne.
Durch ein kleines Fenster.
Neben meinem Schreibtisch.
Ich bekomme eine Gänsehaut und weiß nicht warum. Etwas ist mir unheimlich. Draußen verbreitet sich etwas, ich kann es nicht sehen. Ich bekomme Angst, will das Fenster schließen, doch ist der Griff unerreichbar. Er ist nicht weit weg, nur unerreichbar. Ich bekomme Panik und will mich verstecken, bin aber wie gelähmt. Jetzt kann ich es sehen, ein roter Nebel, wie er allmählich die Straßen einhüllt und wie eine langsame Lawine alles zu verschlingen scheint. Er kommt zu mir, ich weiß es! Er will mich holen! Ich verstecke mich unter dem Tisch und mach mich ganz klein. Weine ich? Ich habe solch eine Angst. Zusammengekauert sitze ich in einer, in Dunkelheit gehüllten, Lagerhalle. Sie ist sehr weit und hoch mit übertrieben hohen Regalen, aber doch überschaubar. Ich scheine mich zu verstecken. Aber wovor? Gibt es hier etwas wovor ich Angst haben müsste? Ich stehe auf, ganz vorsichtig, und schaue mich um. Langsam gehe ich durch die Regale und treffe auf eine Tür, öffne sie und schreite hindurch. Ich stehe auf einem Dach. Es ist Hell – Sommer – ein Wohngebiet und Freunde genießen die Sonne. Sie scheinen sehr glücklich zu sein und einer winkt mir zu. Erkennen kann ich niemanden aber es sind Freunde. Ich hatte alles bereitgelegt um mich hier auf dem Dach zu sonnen. Auf dem Dach meines Hauses. Es wirkt alles sehr vertraut aber etwas kommt mir komisch vor. Ich will mich jetzt auch nicht sonnen. Ich sonne mich nie. Ich ignoriere meine Freunde, als wäre es ein Film der mit oder auch ohne mich weiter läuft, egal was ich mache. Letztlich bin ich doch überflüssig. Ich steige durch das Fenster zurück ins Haus und geh die Treppe hinunter. Mir wird für einen Moment schwindelig, ich halt mir den Kopf, gehe leicht in die Knie und schließe für einen Moment die Augen.
Jemand hat mir das Fahrrad meines Bruders gegeben, weil er es vergessen hatte. Ich soll es mitnehmen. Ich wusste gar nicht das mein Bruder überhaupt ein Fahrrad hat und selbst wenn dann benutzt er es doch eh nicht. Es passt einfach nicht zu ihm, er ist kein Sportler. Aber das braucht er auch nicht. Er ist gesund und kann essen was er will. Doch schien es mir in dem Moment plausibel, dass er ein Fahrrad hat. Gedankenverloren fahre ich mit dem Fahrrad einen weiten Kreis. Es sieht sehr massiv aus ... die Harley unter den Fahrrädern und gut gepflegt. Es passt zu meinem Bruder, denn es erinnert mich an ihn. Obwohl ich niemals einen Bruder hatte? Die Dunkelheit reißt mich aus meinen Gedanken und legt mir nahe nach Hause zu fahren. Ich orientiere mich kurz und stelle fest, dass ich auf einem Gehweg stehe. Nur 100 Meter von meinem Haus entfernt. Oder viel mehr dem Haus meiner Eltern.
Zügig fahre ich nach Hause und halte vor dem Gartentor - Inzwischen ist es tiefste Nacht - Der Schlüssel steckt von der Innenseite, will nach ihm greifen, doch spüre ich eine statische Ladung und zucke zurück. Der Schlüssel kann das nicht sein. Ist vielleicht die Klingel kaputt? Ich bewege meine Hand an der Klingel vorbei und tatsächlich spüre ich diese Ladung jetzt stärker und bis zum Ellenbogen und obwohl ich meine Hand nicht weiter bewege breitet sich dieses Gefühl weiter aus. Ich spüre sie schon an der Schulter und langsam am ganzen Körper. Sie wird stärker und fast schmerzhaft. Das war nicht das Gartentor. Mir wird unheimlich. Hastig öffne ich das Tor und Laufe zur Haustür. Das elektrische Feld wird immer stärker und langsam tut es mir weh. Ich bekomme Panik, etwas scheint näher zu kommen und es macht mir Angst. Ich fühle mich schutzlos. Verzweifelt versuche ich die Haustüre zu öffnen, doch bekomme ich den Schlüssel einfach nicht ins Schloss. Ich drehe mich um und sehe auf der Straße ein Grelles Licht, das langsam vor einer Mauer hervor zu kommen scheint, ohne die Umgebung zu erhellen. Noch hat es mich nicht gesehen, noch kann ich mich verstecken. Endlich öffnet sich die Tür und ich stürme hinein. Aber wohin jetzt? Wo kann ich mich vor so etwas sicher fühlen? Und was war es überhaupt? Meine Neugierde drängt mich dazu aus dem Fenster zu schauen, zu sehen was das ist. Aber meine Angst hindert mich und mein Verstand sagt mir, dass das auch gut ist. Ich verstecke mich im Keller. Schalte das Licht aus und liege zusammen gekauert auf dem Boden. Ich habe Angst und weiß nicht wovor. Am ganzen Körper spüre ich noch immer diese gewaltige statische Ladung.
Ich wache in meiner Wohnung auf, es war nur ein Traum. Ich drehe mich um und schlafe weiter. Es ist erst halb drei.