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Harte Realität

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13.08.2005
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Harte Realität

Harte Realität

Joe Duncan liebte Horror. Er liebte Horrorfilme genauso sehr wie Horrorbücher. Er hatte einen extra Raum, im zweiten Stock seines kleinen Hauses, angelegt, um darin seine vielen Videos und Bücher unterzubringen. Heute war Freitagabend. Horrorabend. Joe war, wie jeden Freitag, um Punkt 22 Uhr die kleine Treppe in den zweiten Stock hinaufgelaufen, dann den kleinen Gang entlang, am Bad und dem zweiten Schlafzimmer vorbei, bis zu seinem kleinen Horrorraum. Dort hatte er sich ein Video aus einem der großen Schränke genommen und war hinunter ins Wohnzimmer gegangen um zu schauen. Das Haus war leer, da er nach der Scheidung vor vier Monaten keine Familie mehr hatte. Zumindest nicht in seinem Haus. Darum drehte er die Lautstärke seines Großbildfernsehers so laut auf, dass er jedes noch so leise Geräusch im Film hörte.
Nachdem der Film vorbei war, beschloss Joe Duncan ins Bett zu gehen. Doch vorher musste er noch aufs Klo. Er hatte es den ganzen Film über zurück gehalten und hatte in Kauf genommen, sich bei Schockerszenen fast in die Hose zu machen.
Als er nun die quietschende Holztreppe hinaufging, machte sich dieses wohlbekannte, mulmige Gefühl in ihm breit, welches unweigerlich das Bedürfnis in ihm auslöste sich immer wieder umzudrehen. Er ging die Treppe langsam hinauf, mit jedem Schritt ertönte ein langes, lautes Quietschen. Doch was war das? War das nicht das Kreischen eines Mädchens gewesen? Verdammt! Er hatte schon so viele Horrorfilme gesehen und doch bildete er sich danach noch immer ein, Geräusche ein, die gar nicht existierten. Von wegen ein Kreischen, die Treppe hatte bloß etwas lauter gequietscht. Als Joe endlich oben angelangt war warf er einen gründlichen Blick zurück hinunter. Er wollte sich gerade wieder umdrehen und sich in Gedanken einen gottverdammten Feigling schimpfen, da sah er für einen Augenblick etwas vorbeihuschen. Oh mein Gott, da ist was in meinem Wohnzimmer. Man, reiß dich zusammen Joe! Er wusste es war Einbildung. Sein Gehirn gaukelte ihm Dinge vor, damit er vorsichtiger war. Wie sonst war es zu erklären, dass er solche Dinge nur nach Horrorfilmen sah.
Er tastete sich an der Wand entlang zum Lichtschalter. Ein helles flackern der Lampe, dann, Dunkelheit. Klasse, genau jetzt brennt die Glühbirne durch! Shit! Joe versuchte ruhig zu bleiben, was sollte schließlich passieren? Sollte sich ein Monster in der Dunkelheit des Ganges verbergen und ihn zerfleischen? Lächerlich. Langsam und vorsichtig ging er den Gang entlang. Noch drei Schritte bis zur Badtür. Dort konnte er Licht anmachen. Licht war gut, beschloss er. Joe begann leicht zu schwitzen. Sein Herz ging ziemlich schnell, doch er wusste, wenn er im hellen Bad war, wäre die Angst wie weggeblasen. Endlich hatte er es erreicht. Er drückte die Klinke der Tür herunter und öffnete sie. Dann trat er in den kleinen Raum und betätigte sofort den Lichtschalter. Diesmal blieb es hell. Die Birne war okay.
Joe drehte sich zur Toilette um.
„Fuck!“ Er war sich sicher in dem großen Spiegel über der Toilette etwas gesehen zu haben. Etwas das gerade weggehuscht war als er hineinguckte. Joe drehte sich zur Tür um. Sie war zu. Hatte er sie nicht offen gelassen?
„Reiß dich zusammen Joe, reiß dich zusammen!“ seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
Er wandte sich wieder der Toilette zu und erleichterte seine Blase, die sich gerade schon fast selbst entleert hatte. Hey Joe, du hast’n Zombie im Haus, der gleich deinen Bauch mit dem Fingernagel aufschlitzt und mit seiner langen Zunge die Organe rausleckt. Ich lass mal’n bisschen Ballast ab, da du ja nicht mehr dazu kommst. Verdammt was war los mit ihm? Er hatte einen Horrorfilm gesehen, was ja nun wirklich nichts Besonderes war, dann knarrte die Treppe, was genauso alltäglich war und das Licht viel aus. Okay das war nicht so alltäglich. Das Licht Joe, das verdammte Licht. Die Zombies mögen kein Licht. Die abgefuckte Dunkelheit hat sie angelockt. Und als er das Licht im Bad angemacht hatte, war eins von den Viechern abgehauen und wartet nun draußen auf dem dunklen Gang.
Als Joe es endlich geschafft hatte sich zu entspannen und seine Blase zu leeren, beschloss er das Zähneputzen heute auszulassen und den Film den er unten im DVD-Player vergessen hatte morgen nach oben zu bringen. Morgen im Licht. Bist du dir sicher, dass es ein Morgen gibt JoJo? Aber um herunter in sein Schlafzimmer zu kommen, musste er noch einmal den Gang entlang. Schon beim bloßen Gedanken daran stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Er würde einfach das Licht im Bad und die Tür offen lassen. So würde es gehen. Das Licht würde die Nacht über brennen, aber abgesehen von den Stromkosten störte ihn das nicht. Aber die Zombies stört’s Joey boy. Die gottverdammten Zombies. Sollte er in das Schlafzimmer hier oben gehen und seine alte Winchester holen? Nein, das wäre übertrieben, beschloss er.
Joe ging langsam aus dem Bad und schwang die Tür weit auf, damit viel Licht heraus auf den Gang fiel. Als er auf den Gang hinaus trat und sich zur Treppe umdrehte, wünschte er sich er hätte das Licht im Bad ausgemacht. Dann hätte er das Ding, das keine fünf Meter vor ihm kauerte nicht gesehen. Doch dann bemerkte Joe die Haare. Es waren die Haare des kleinen Mädchens aus der Nachbarschaft. Schulterlange, schwarze Haare. Sein Herzschlag verlangsamte sich wieder etwas. Er hatte es oft zur Schule gehen sehen, wenn er früh zur Arbeit fuhr. Er ging langsam auf die Kleine zu. Er war höchstens noch einen Meter von dem Mädchen entfernt, als das Licht erst zu flackern begann und dann, wenn auch recht schwach, den Gang bestrahlte. Jetzt sah er, dass die Kleine den Kopf zwischen den Knien hatte, und zu Boden starrte. Gerade als er den letzten Meter zu ihr gehen wollte, hob sie blitzschnell den Kopf und sah ihn direkt an. Joe erstarrte. Alle Haare an seinem Körper stellten sich auf und ein Meer von Schweiß trat ihm aus den Poren. Angstschweiß. Sein Magen rebellierte und ihm wurde übel.
Die Augen des Mädchens waren schwarz. Keine Pupille und nichts Weißes waren darin zu erkennen, nichts als vollkommene Schwärze. Joe sah auch kein Spiegelbild oder einen Lichtschimmer in diesen großen, schwarzen Augen. Ihre Haut war Leichenblass und die Wangen eingefallen, so dass Joe glaubte die Wangenknochen würden jeden Moment durch die dünne, schlappe Haut der Kleinen treten. Sie streckte ihm die Hand entgegen, langsam, so langsam, dass es aussah, als reiche ihre Kraft nicht mehr. In dieser Position verharrte sie. Sie sah fast Hilfe suchend aus, wie sie da hockte und ihm die Hand entgegenstreckte. Diese Hand! Die Knochen ragten heraus wie Berge aus dem Tal. Einem Tal aus schlappriger Haut. Dann ging das Licht wieder aus. Endlich überwand Joe seinen Schock und rannte. Er rannte weg von dem Ding mit den leeren, schwarzen Augen. Er rannte am Bad vorbei und in das Zimmer dahinter hinein. Das kleine zweite Schlafzimmer, in welchem seine Frau in den letzten Tagen ihrer Ehe geschlafen hatte. Joe hämmerte gegen den Lichtschalter und riss die Tür eines großen Schrankes aus dunklem Holz auf. Da war sie. Die Winchester seines Urgroßvaters. Ein altes Gewehr aus der Zeit als sein Urgroßvater gegen die Indianer kämpfte.
Joe nahm die Waffe und lud sie mit der Munition die sich in einer kleinen Dose befand. Joes Hände tropften vor Schweiß. Er wischte sie sich gründlich am Hemd ab, bevor er die Waffe lud, damit die Munition nicht nass wurde. Beeil dich Joe! Zombies lieben die Dunkelheit. Die Kleine ist bestimmt schon auf dem Weg zu dir! Natürlich, sie war bloß so hilflos gewesen weil sie im Licht war.
Endlich war die Waffe geladen. Joe atmete noch einmal tief durch, um sein sich überschlagendes Herz zu beruhigen. Was war das da draußen? Was er gerade erlebte war so unglaublich! So unglaublich schrecklich. Eine Ausgeburt der Hölle war in sein Haus eingedrungen. Das konnte er nicht zulassen. Er bekreuzigte sich, dann ging er auf den Gang heraus. Das, was einmal das kleine süße Nachbarsmädchen gewesen war, hatte sich inzwischen aufgerappelt und stand nun im Lichtschein des Bades. Die Augen weit aufgerissen und die Hände abwehrend erhoben, als er die Winchester auf sie anlegte, schien sie etwas zu sagen, doch Joe hörte nichts. Er drückte ab. Der Kolben schlug ihm durch den starken Rückstoß ans Kinn, so dass er nicht sah ob er getroffen hatte. Auf jeden Fall stand die Kleine noch. Baller sie ab Joey boy. Baller sie verdammt noch mal ab. Er legte erneut an. Seine Hände zitterten. Egal, er drückte wieder ab. Diesmal sah er wie Blut aus der linken Brust der kleinen spritzte und wie sie zu Boden fiel. Er ging auf sie zu, die Waffe auf sie gerichtet. Plötzlich richtete sie ihren Oberkörper auf, und als Joe erneut abdrückte, fürchtete er, sie könne nicht mit Kugel verletzt werden. Doch als er sah wie Knochensplitter, Hirn und Blut aus ihrem Kopf spritzten, wusste er, dass sie nicht mehr aufstehen würde.
Joe ging zu der Leiche hin. Die rechte Hälfte des Schädelknochens war zertrümmert und Hirn lief heraus. Als Joe zu seinen Füßen sah, erkannte er, dass er in einem See aus Blut stand. Doch als er dann das Auge der Leiche sah, das nicht durch den Schuss zerfetzt war, lief ihm ein eisiger Schauer den Rücken hinab. Das war ein ganz normales Auge. Dann betrachtete er die Hände, obwohl er wusste, was er sehen würde. Ganz normale Kinderhände, mit ganz normaler Kinderhaut.
Er begann wieder zu Schwitzen. Dann übergab er sich.
Die von einer Nachbarin alarmierte Polizei, fand neben der Leiche eines kleinen Mädchens noch einen verstörten Mann mit leerem Blick.
Die Autopsie ergab, dass das kleine Mädchen circa zwei Stunden vor ihrem Tod vergewaltigt wurde. Joe Duncan wurde des sexuelen Missbrauchs und des Mordes für schuldig befunden. Und bevor er in ein tiefes schwarzes Loch ohne Gefühle und klare Gedanken fiel, wurde ihm alles klar. Die kleine war von jemandem aus ihrer Familie vergewaltigt worden, darum war sie zu ihm gekommen. Sie wollte es niemandem aus der Familie erzählen, weil das ihr Vergewaltiger bemerkt hätte, darum kam sie zu ihm. Und er hatte sie niedergeschossen. Tcha, Jo Jo, das hast du richtig verbockt.

 

Hallo, Psychoterapeut

Ganz ehrlich? Ich fand deine kleine Geschichte hier hätte durchaus auch eine Daseinsberechtigung in der Rubrik Humor, wenn denn nicht das Ende mit dem herumspritzenden Hirn gewesen wäre.
Dabei fand ich, das du schon ganz gut schreibst und Stimmung einfangen kannst, wobei du diese Stimmung bzw. Atmosphäre in der Geschichte immer wieder zu früh fallen lässt.
Allein die Einleitung ist ziemlich lieblos, wie ich finde.
Du schreibst alles viel zu schnell runter.
Der Mann, der gerne Horrorfilme guckt und nebenbei geschieden wurde. Der Mann, der sich nen Film holt, ihn anschaut und einen Satz später schon auf dem Weg ins Bett ist ...
Das geht mir als Leser viel zu schnell. Ich hab keine Gelegenheit, mich in die Geschichte hinein zu versetzen. Beschreib doch einfach das Haus näher? Lass uns ein wenig an seiner Angst teilhaben, wenn er den Horrorfilm schaut. Beschreibe diesen Joey doch ein wenig mehr. Ist er tief einsam? Vermisst er seine Frau? Hauch ihm einfach mehr Leben ein. Selbst seine innere Stimme hat mehr Plastizität als ihr Besitzer selber.

Noch ein großer Schwachpunkt an deiner Geschichte ist die unerwartete Wende, oder die Pointe, wenn du so willst.
Sorry, aber das mit der Vergewaltigung wirkt sowas von aufgesetzt. Und natürlich hat der gute Joey ganz vergessen, das ein kleines Mädchen völlig verängstigt in seinem Haus residiert und vielleicht, ganz nebenbei auf Hilfe wartet, während Joey lieber nen Horrorfilm anschaut?
Ne du, das ist schwach und unfreiwillig komisch. Auch bei der Sache mit dem Opa und den Indianern musste ich schmunzeln.
Wolltest du hier wirklich nen Horrorfilm vorschieben, der in dem armen Mann (der übrigens begeisterter Horror-Fan ist) Halluzinationen wachruft?
Das Ganze wirkt auf mich arg trashig, aber kaum bis gar nicht gruselig.

Bei deiner nächsten Geschichte solltest du unbedingt mehr Wert auf Charakterentwicklung legen und nicht sofort innerhalb von drei Zeilen die Fronten für den Leser klären. Wo bleibt da die Spannung und Motivation, weiter zu lesen?
Und natürlich würd ich mir eine Plotidee wünschen, die nicht so an den Haaren herbeigezogen wirkt. Oder schlicht und einfach unglaubhaft rüber kommt, so wie es hier der Fall ist.

Ansonsten fand ich deine Schreibe aber gar nicht übel, wenn du natürlich (wie jeder von uns) noch sehr sehr viel lernen musst, damit das ganze später halt auch irgendeinen literarischen Anspruch bekommt bzw. deinen eigenen Stempel aufgedrückt bekommt.

Bin mal gespannt, was man in Zukunft von dir zu lesen bekommt! Bleib am Ball ;)

schönen Gruß und viel Spaß hier!
*Chris*

 

Ok, danke für die gute Kritik. Aber das Mädchen, kam erst später ins Haus, nach dem Horrorfilm, der Kerl wusste ja nicht, dass sie da war. Sie war eben so verängstigt, dass sie durch ein offnes Fenster reinkam oder so. Wenn das durch die Geschichte nicht rüberkam, dann tuts mir Leid.

 

Hallo.

Ich schließe mich den Kritikpunkten von ANiMA 100%ig an.

Sorry, aber Dein Prot reagiert meiner Meinung nach etwas zu überzogen.
Wenn jemand ein absoluter Horror-Fan ist, und sich sogar ein komplettes Zimmer mit Videos und DVDs einrichtet, dann dürfte er wohl kaum nach dem Genuss eines solchen Films wie unter panischem Verfolgungswahn ins Bett schleichen. In diesem Fall sollte dein Prot, angesichts seiner schwachen Nerven, lieber Briefmarken sammeln. :)

( das Mädchen, kam erst später ins Haus, nach dem Horrorfilm, der Kerl wusste ja nicht, dass sie da war. Sie war eben so verängstigt, dass sie durch ein offnes Fenster reinkam oder so. )

Dies solltest Du vielleicht gleich in Deiner Story auflösen, und es nicht hinterher erklären.

Am Schreibstil will ich jetzt mal nicht meckern. Der entwickelt sich mit der Zeit von ganz alleine. Du solltest die Geschichte aber auf jeden Fall noch einmal überarbeiten. Da kann man mehr heraus holen.

Gruß, JasonXI

 

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