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Herr Fischer geht fischen

SAN

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03.06.2004
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Herr Fischer geht fischen

Herr Fischer geht fischen

„Ulla, tu mal Socken. Heut geht’s fischen !“ Herr Frank Fischer, seines Zeichens Langzeitarbeitsloser, müht sich mit seinen Boxershorts ab, die einfach nicht seinen wulstigen Oberschenkeln entlang an ihren sinnentsprechenden Platz vordringen wollen.
„Und bring den Schuhanzieher mit, Ulla. Komm nit in das verdammte Boxershort!“
Keine Frage, im Hause Fischer war die deutsche Sprache nicht zu Hause. Zusammen kamen die kinderlosen Fischers (die Nachbarn reden von „zum Glück“ kinderlosen Fischers) auf einen Hauptschulabschluss und zwei Sozialhilfen.
Ulla kommt, ihre 150 Kilo vor sich her schleppend, ächzend mit dem Schuhanzieher aus der Küche und präsentiert einen ausgeprägten Schweißgeruch, dessen Intensivität die Maden an den Wänden das Weite suchen lässt.
„Hast du auch annen Köder gedacht?“ Mit einem zahnlosen Grinsen, das Herr Fischer einer nicht stattgefundenen Zahnpflege zu verdanken hat, zeigt er auf zwei tote Ratten, deren Ende er jüngst mit Hilfe zweier Schläge seiner Pantoffeln herbeigeführt hat.
„Heut abend jibt es Fischbrotches!“, sagt er stolz und seiner Frau läuft das Wasser aus dem Mund, das wiederum aufgrund des großen Fäulnisgehaltes beim Aufprall auf den Fußboden ein faustgroßes Loch verursacht.
„Machet jut!“, sagt Ulla und begibt sich ins Bügelzimmer.

Mit seinem geklauten Opel, Baujahr 1959, kommt Herr Fischer nicht weit. Schon nach wenigen Kilometern muss er den alten Wagen am Straßenrand abstellen und zu Fuß weiter. Hätte er sich für eines Blickes auf die Tankanzeige würdig gefunden, hätte Herr Fischer festgestellt, dass das 46-jährige Auto keineswegs an Altersschwäche gestorben, sondern nur einer Ohnmacht aufgrund von Benzinmangel erlegen war.
Doch Herr Fischer befindet sich schon mit seinem Werkzeug, bestehend aus einer verrosteten Angel und den zwei Ratten auf dem Weg zum Stadtteich.
Leute, an denen er vorbeigeht, rümpfen die Nase aufgrund des bestialischen Gestanks, der von seinem Mund ausgehend die Umwelt belastet.

Am Stadtteich angekommen, ärgert sich Herr Fischer nicht über das Schild „Fischen verboten“, da er nicht lesen kann. Ächzend lässt er sich unweit einer kleinen Eiche nieder und beginnt sein teuflisches Unternehmen.
„Sie dürfen hier nicht fischen!“, sagt ein adrett gekleideter Herr Ende 20, dessen äußeres Erscheinungsbild sich von Herrn Fischer nicht größer unterscheiden könnte.
„Verpiss dich, du Bengel, or ich zieh dir die Hammelbeine lang!“, flucht der Fischer und schlägt nach dem ordnungsliebenden Menschen mit seiner verrosteten Angel, der daraufhin die Flucht ergreift.

„Warum beißt denn keiner an?“ Die tote Ratte hat soeben mit dem Prozeß des Verwesens begonnen und langsam färbt sich der Stadtteich grünlich. Langsam wird Herr Fischer Herr der Situation: die Fische des Stadtteiches schwimmen kieloben, da sie aufgrund der umweltgefährdenden Gase aus Richtung Herr Fischer ihr Leben lassen mussten.
„Soll ick jess auch noch die Fische holen komm?“, fragt er sich und wirft seine Angel aus und versucht einen der Fische zu erwischen.

„Halt, Sie! Aufhören!“ Ein Polizist ist auf den Plan getreten. Seine Trillerpfeife an der Lippe, kommt er gemächlichen Schrittes auf Herrn Fischer zu.
„Hier ist fischen verboten“, sagt der Hüter des Gesetzes und sofort lässt Herr Fischer seine Angel fallen.
„`Tschuldigung. Hab ich nicht gewusst!“, sagte er und machte sich mit seiner Angelausrüstung davon, nur um sich wenige Schritte entfernt erneut am Stadtteich niederzulassen.

Mit einem lauten Plumps landet Bürgermeister Erwin Strotekötter im Stadtteich.
„Sehen Sie, Herr Bürgermeister? Das Geländer der Brücke muss doch dringend erneuert werden!“, höhnt ein sozialdemokratischer Wähler und erntet schnell Applaus von den umliegenden Spaziergängern und Spaziergängerinnen.
Bürgermeister Strotekötter droht den Leuten mit der Faust, um nur zehn Sekunden später jedem einzelnen Besserung zu versprechen und darum zu bitten, bei der nächsten Wahl das Kreuzchen erneut an der „richtigen“ Stelle zu machen.
Nur unweit des Blickfeldes von Herrn Strotekötter befindet sich Herr Fischer und langsam watet der Bürgermeister durch den Teich.

„Du schon wieder? Wie oft habe ich dir gesagt, dass es nicht erlaubt ist, im Stadtteich zu fischen!“, ruft der Bürgermeister dem Fischer zu.
„Klar, Dad, ich weiß. Aber genauso gut weiß ich, dass es verboten ist im Stadtteich zu schwimmen, auch wenn ich nicht lesen kann!“

Am Abend kam Herr Fischer mit sechs Prachtexemplaren von den Sticktod gefundenen Fischen nach Hause.
„Prima!“, sagt Ulla und macht den Herd an, „Wie war’s am Stadtteich?“
„Toll!“, sagte Herr Fischer und entledigt sich seiner Fischerkluft.

 

Moin SAN,

Der erste Sazt hat mir gut gefallen. Doch danach ließ das Ganze nach und nach nach, bis am Ende nicht mehr viel übrig blieb.
Du ergehst dich hier in überzogenenen Klischees (natürlich kann er nicht lesen, ist doof, Arbeitslos und stinkt), was spätestens nach dem dritten mir keinen Spaß mehr machte. Wurde einfach fad, weil es sich ständig wiederholt hat. Inhaltlich hat der Text leider auch nicht viel hergemacht, mir zu Episodenhaft. Die Pointe, daß er der Sohn der Bürgermeisters ist, war zwar vollkommen aus der Luft gegriffen, aber ganz okay.
Ein paar Formulierungen fand ich nicht schlecht, aber mehr leider nicht.

Ulla, tu mal Socken. Heut geht?s fischen !
Gut. Sehr sogar. Echt.
Keine Frage, im Hause Fischer war die deutsche Sprache nicht zu Hause.
Hihi... statt "show, dont tell" mal "show and tell"... ;)
Im Ernst, das merkt der Leser auch so, der Satz ist so unnötig, wie ein Kopf. Kropf.
die Fische des Stadtteiches schwimmen kieloben, da sie aufgrund der umweltgefährdenden Gase aus Richtung Herr Fischer ihr Leben lassen mussten.
och nö...
fragt er sich und wirft seine Angel aus und versucht eins der Fische zu erwischen.
einen der Fische

 

Hi gnoebel.
Vielen Dank für deine Kritik.
Hab versucht, durch erneute Gags die Geschichte interessant zu halten. Weiß, dass mir das nicht so ganz gelungen ist, die Gags wurden immer schwächer. Auf jeden Fall vielen Dank für deinen Beitrag.
P.S.: Fehler berichtigt

 

Hallo SAN,

Geschichten müssen ja keinesfalls politisch korrekt sein, aber das Bild, das du hier von Langzeitarbeitslosen zeichnest, finde ich weniger komisch denn traurig.
Klopp auf die, die am Boden liegen, dann haben wir alle was zu lachen?

Nö, da bin ich lieber Gutmensch. ;)

Lieben Gruß, sim

 

Hi sim!
Ich wollte hier doch keine Verallgemeinerung posten, von wegen Langzeitarbeitslose sind schlechte Menschen etc. Bei dem Charakter Herr Fischer kommt nun mal alles zusammen: er selbst ist faul, ungepflegt, dumm und arbeitslos, das Schicksal hat sich also auch nicht auf seine Seite geschlagen. Er könnte ja auch ein Topmanager sein oder so. Die Geschichte handelt lediglich von einem Menschen, der sich nicht aus seiner Situation befreit, sondern statt dessen konsequent den falschen Weg geht...

Schöne Grüße an den Gutmenschen

SAN

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi SAN!

Ich schließe mich gnoebels Kritik größtenteils an.
Der erste Satz hat mich ziemlich begeistert und ich war frohen Mutes weiterzulesen.
Ich glaube, dass es die erste Geschichte von dir ist, die mir stilistisch am Besten gefällt. Auch den Dialekt des Herrn Fischer finde ich gut umgesetzt. Leider reichen die Pointen und die schwache Handlung nicht aus, um eine insgesamt runde und humoristische Geschichte draus zu basteln.
Sim kann ich mich hierbei nicht anschließen. Du zeichnest zwar den medial forcierten "typischen" Arbeitslosen nach, was aber mE nicht als verwerflich zu betrachten ist - eher als karikieren der derzeitigen Umstände des deutschen Arbeitsmarktes (aber hier greif ich tiefer in die Thematik als es deine Geschichte tut).
Alles in Allem nicht schlecht (jedenfalls stilistisch i.O.) aber kein Spannungsbogen. Die Schlußpointe ist nicht nur völlig aus der Luft gegriffen sondern auch schlecht umgesetzt.

Gruß

 

Hi Flashbak,
dank für deine bislang positivste Kritik. Vielleicht kennst du ja die Situation, dass man eine Idee hat, sich an den Schreibtisch setzt und drauflos schreibt. Und nach einigen Zeilen merkt, dass die Idee für eine ganze Geschichte nicht ausreicht. Nun ja. So viel zum Thema Ausflüchte zur Handlung. Und beim Ende hatte ich leider gar keinen Plan mehr, wie es enden soll. Ich wollts passend machen, hat aber nicht ganz sollen sein.

Gruß zurück

 

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