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Herzschmerz
Das Lachen ihrer besten Freundin wirkt ansteckend. Nun beginnt auch sie zu lachen. Der Wind weht in ihren Haaren, die Musik aus dem Radio.. Sie streckt sich wohlig.
Der Verkehr ist ziemlich beruhigt zu später Stunde, so dass die beiden schnell vorwärts kommen, und ihrem Ziel immer näher: Der Disco „Thunder“.
Innen ist es schrecklich voll und drückend warm. Ziemlich schnell stehen die Mädchen auf der Tanzfläche und lassen sich von dem Klang der Musik mitreißen.
Sie spürt die Blicke wie Nadelstiche in ihrem Rücken, spürt, wie die Haare in ihrem Nacken sich aufrichten. Geschickt tanzt sie um ihre Freundin herum und versuchte den Ursprung ihrer Reaktion zu sehen. Ihr Blick gleitet über die Menge tanzender Menschen, kann jedoch nichts ungewöhnliches entdecken.
Gerade als Sie über sich selbst den Kopf schüttelt und sich wieder ihrer Freundin zuwenden will, sieht sie ihn.
Er steht locker an die Wand gelehnt, allein, und blickt sie an. Er lächelte ein seltsames, geheimnisvolles Lächeln, dass sie ungemein anzieht. Er ist groß, sein Haar schwarz wie die Nacht und auch seine Kleider sind schwarz. Sie mustert ihn frech.
Auch sein Blick geht an ihr auf und ab, kommt nicht zur Ruhe und sein Lächeln wird immer intensiver.
Als sich ihre Augen zum ersten Mal treffen, durchfährt es sie, wie ein ruck. Fast schmerzartig zuckt sie zusammen. Sein Augen glimmen wie Glut eines Feuers durch das gedämpfte Licht. Sein Blick hält den ihren gefangen, lässt ihn nicht mehr los. Sie fühlt sich wie in der Mitte eines Tornados. Alles um sie herum verschwimmt, wirbelt durcheinander, verliert die irdische Gestalt.
Alles was noch zählt, sind die dunklen, glimmenden Augen, die sie so in den Bann ziehen und die der einzige Punkt in dem flirrenden, drehenden Chaos sind, die fix sind, die sie festhalten, und sie davon abhalten, sich völlig zu verlieren.
Die Musik ist hypnotisch, klagende Klänge, gemischt mit harten Bässen, die sie in ihrem Hals schlagen fühlt. Immer noch ist sie nicht in der Lage, den Blick aus diesen Augen zu lösen, die sie anlächeln, auffordern, gefangen halten.
Jemand stößt sie an. Ruckartig löst sie den Blick aus den Augen des Fremden und holt Luft. Sie muss lachen.
Sie hat scheinbar vergessen zu atmen. So etwas ist ihr ja noch nie passiert.
Alles in allem ein heißer Flirt.
Als sie sich umdreht, ist der Fremde verschwunden. Ein Gefühl von Leere, Kälte, und Einsamkeit macht sich in ihr breit.
Das Gefühl zu Lachen ist schlagartig verschwunden.
Wieder schnappt sie nach Luft. Der Schmerz in ihr ist fast unerträglich. Wieder bewegt ihr Kopf sich suchend nach allen Seiten. Auch nun kann sie ihn nirgendwo entdecken.
Wieder versucht sie nach Luft zu schnappen, ein Schluchzen dringt aus ihrer Kehle. Wo war er???
Was war mit ihr geschehen? Nebel breitet sich in der Disco aus, die Nebelmaschine gibt ihr bestes, Flashlights, zuckende, tanzende Körper, das Atmen scheinbar unmöglich, die Musik weiter hypnotisch, rote Flecke vor ihren Augen....
Mit letzter Kraft stolpert sie auf eine der Theken zu und klammert sich schwer um Luft kämpfend an einen der Barhocker.
Wieder sieht sie sich um. Ein Schmerz in der Brust den sie kaum ertragen kann und das Bedürfnis nach klarer frischer Luft machen sich gleichzeitig in ihr breit.
Sie blickt zu ihrer Freundin. Diese blickt besorgt zurück. Sie zeigt kurz mit dem Finger zum Ausgang, woraufhin ihre Freundin nur nickt.
Langsam geht sie in Richtung des Ausganges. Mit jedem Schritt in der etwas nebelfreieren Zone fühlt sie sich besser. Das Atmen fällt leichter und jeder Schritt auch. In ihrem Kopf überschlagen sich die Gedanken. Was war bloß mit ihr los? So etwas ist ihr noch nie zuvor passiert. Ob sie krank würde? Sie hatte heute nicht viel gegessen. Ob es daran lag?
Als sie den Ausgang erreicht, fühlt sie sich gut. Wie neu. Das Atmen fällt ihr leicht, und auch die Stiche in der Brust haben deutlich nachgelassen. Die kalte kühle Nachtluft tut ihr gut. Erleichtert hält sie das Gesicht dem Wind entgegen. Genießt das Gefühl der Kühle auf ihrer Haut.
Nadelstiche, klein und fein, ein kalter Hauch, der nichts mit dem Wind zu tun hat. Erschrocken fährt sie herum.
Wieder steht er lächelnd in einiger Entfernung. Ihr Herz macht einen Sprung. Er kommt einige Schritte auf sie zu, bleibt jedoch dann stehen. Sie blickt ihm entgegen, weiß nicht, was sie tun soll. Sie blickt sich um. Überall stehen junge Leute aus der Disco, denen es wohl ach zu stickig war. Die Angst ist verschwunden. Was sollte schon geschehen, mit all diesen Menschen um Sie herum.
Sie sieht zu ihm. Etwas unheimliches geht von seiner schwarzen Gestalt aus. Und auch etwas, das sie magisch anzieht, ihren Blick wieder auf seinen lächelnden Mund zieht, zu seinen Augen.
Wieder ein Stoß, Luft, sie fühlt ihr Herz in der Brust wie wahnsinnig schlagen. Wieder ringt sie nach Atem. Alles um sie herum verschwindet. Allein die roten Augen des Fremden brennen sich in ihr Bewusstsein, die Kraft schwindet ihr, doch seine Augen zwingen sie weiter, ihn anzusehen.
Etwas geschieht mit ihr. Sie fasst sich ans Herz, schnappt nach Luft. Wieder werden die roten Augen zu 10000 roten Punkten. Allein noch rote Punkte in der schwarzen Luft. Sie hört die Menschen schreien, zu ihr eilen. Sie fühlt den kalten Boden unter ihrem Körper. Sieht sich selbst am Boden liegen, Kälte, eisige Kälte. Und doch noch kann sie die Augen sehen, rot und ein unheimliches Lächeln, bis alles um Sie herum in Schwärze versinkt.
Die Lichter des Krankenwagens tauchen den Parkplatz der Disco in ein eigenartiges Licht. Menschen stehen und umringen die Sanitäter, die eine Bare in den Wagen tragen.
„Nein, oh bitte nein“ ihre Freundin weint. Alles was sie dem Sanitäter entnehmen kann sind Worte wie Herzstillstand, plötzlich eingetretener Tod und die Fragen nach der Adresse, nach Verwandten. Fassungslos sieht sie zu, wie einer der Sanitäter eine Decke über das bleiche Gesicht der Freundin zieht. Sie hatte reglos am Boden gelegen, war sofort tot gewesen, wie man ihr sagte. Nachdem sie nach draußen gegangen war, hatte die Freundin verscucht, sich einen Weg hinter ihr her durch die tanzende Menge zu bahnen, doch es war wie verhext gewesen. Sie kam zu spät. Viel zu spät.
Alleine und abseits von den Schaulustigen stand sie weinend im Licht des Lichtes. Wie von einer unsichtbaren Hand gelenkt wandte sie den Kopf nach rechts. Sie sah in das Gesicht eines fremden Mannes. Er hatte wunderschönes schwarzes Haar und ebenfalls schwarze Kleidung. Er lächelte sie an. Als sie in seine Augen blickte spürte sie einen leichten Stich in der Brust...