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Heute wird gestorben

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01.11.2008
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Heute wird gestorben

Die ersten Wintersonnenstrahlen streichelten das faltige Gesicht des Herrn von Hengen, als eine nicht allzu weit entfernte Kirchenglocke verschlafen zur neunten Stunde schlugen. Dadurch erwacht, gaben die alten Lider vorsichtig die Augen des Mannes frei, die enttäuscht und müde den Tag begrüßten. Bittere Tränen hatten ihnen den Glanz geraubt. Träge drehte sich Herr Heinz Huber von Hengen zu einem kleinen Kalender auf seinem Nachttisch. Er riss die Seite des Vortages ab und zum Vorschein kam der dreizehnte März. Es dauerte aber bis sein, von Müdigkeit benommener Geist, die Botschaft verstand. Doch plötzlich hüpfte der Zwerg mit einem Schrei der Hoffnung auf sein Bett und tanzte. Immer wieder rief er: Maria, heute komme ich, umarm ich dich, küss ich dich!“
Seine Augen hatten Feuer gefangen und sein Mund, der völlig aus der Übung war, versuchte sich in einem Lachen.
Erst nach minutenlangem hüpfen auf dem Bett, sprang der inzwischen schwitzenden Herr Heinz Huber von Hengen auf den Boden und schlüpfte in seine grünen Pantoffeln. Dann tapste er zu seinem Kleiderschrank, der penibel geordnet war und holte seinen schwarzen Anzug hervor. Diesen angezogen begann er den Kampf mit einer roten Fliege, die keine sonderlich gute Form an seinem Hals abgeben wollte. Doch von dem bevorstehenden Ereignis angespornt, verlor Herr von Hengen auch dann noch nicht die Geduld, als sein Kopf bereits die Farbe des bösartigen Dinges angenommen hatte. Nach fast einer halben Stunde stolzierte er in das Wohnzimmer, wo er sich in seinen Ohrensessel fallen ließ.
Von dort aus betrachtet er einen Eisenhaken, der sich genau in der Mitte des Raumes aus der Decke schlängelte.
Doch schon bald trommelte seine Hand unablässig, wie eine betrunkene Spinne auf der Lehne. Die alte Wanduhr zeigte gerade elf Uhr, als Herr Heinz Huber von Hengen aufstand und rief:
„Noch eine Stunde, Maria. Dann komme ich, umarm ich dich, küss ich dich!“
Dann tapste er zu seinem Plattenspieler und ließ die Nadel über die Platte gleiten.
Einsam erklang eine Klarinette. Herr Heinz Huber von Hengen setzte sich wieder und schloss die Augen.
Das Orchester setzte ein und der Tenor erhob die Stimme:
Sterne blitzten vor seinen Augen auf, die Erde begann zu dampfen und die Pforte des Gartens knarrte. Plötzlich stand sie vor ihm.
Ihr langes, weißblondes Haar umrahmte das farblose Gesicht. Ihre dünnen Lippen spitzten sich zu einem süßen Kuss.
„Oh Maria!“ schluchzte der kleine Mann „ Oh Maria! Heute komme ich , umarm ich dich, küss ich dich.“
„Noch niemals hab ich so geliebt das Leben“ , sang der Tenor und die alte Frau schrie auf, dann drehte sie ihm den Rücken zu. Herr von Hengen viel auf die Knie „ Oh Maria!“
Er wusste, warum sie ihm nicht glaubte. Schon zweimal hatte es nicht geklappt. „Die Tabletten, es waren zu wenig, nur Schmerzen aber nicht den Tod haben sie mir bringen wollen!“ Doch die dürre Frau, die der Zwerg anflehte, schwebte dem Ausgang entgegen.
„Oh Maria, ein Schiff versperrte den Weg zwischen Brücke und Wasser. Ich sprang um zwölf Uhr und fiel nur wenige Meter auf hartes Holz. Die Wellen wollten mich nicht.“ rief Herr von Hengen Maria hinterher, doch sie war verschwunden.
Der kleine Mann fiel nach vorne und landete mit der Nase auf dem Kirschenholz-Parkett. Die dünnen Ärmchen streckte er, wie ans Kreuz genagelt von sich. So blieb er schluchzend minutenlang liegen.
Doch als sich sein Herz von dem erneuten Abschied seiner Geliebten erholt hatte, erhob er sich und wischte sich mit seinen Fäustchen die Tränen aus dem Gesicht.
Die Wanduhr zeigte bereits halb zwölf, da schritt Herr von Hengen zurück in sein Schlafzimmer und krabbelte unter sein Bett. Nachdem er sich mehrmals den Kopf gestoßen hatte, hielt er ein Seil in der Hand. Dieses hatte sich bereits mit dem einen Ende um sich selbst geschlungen und so eine Schlinge gebildet.
Herr Heinz Huber von Hengen streichelte den Strick, wie ein Reptilienliebhaber eine Schlange und drückte sie an sich, ja küsste sie sogar.
Anschließend hielt er die Schlaufe über seinen Kopf und rief: „Maria, heute komme ich, umarm ich dich, küss ich dich.“
Dann gaben seine Arme plötzlich nach und das Maul der Schlange packte seinen Kopf und biss sich in seinem Hals fest. Die rauen Zähnchen begannen sofort seinen Nacken zu röten, das andere Ende hing, wie eine Krawatte an ihm herunter.
Größer als er jemals war, stolzierte Herr von Hengen nun durch das Zimmer, kontrollierte ob die Fenster geschlossen waren, rückte Bilder und Vasen zurecht und vergewisserte sich in allen Schubladen und Schränken nach dessen Ordnung. Diese Prozedur wiederholte er in jedem Raum und jedes Mal wenn etwas nicht zu seiner Zufriedenheit war, rief er: „Oh Maria, was hätten die Nachbarn gedacht.“
Es war kurz vor zwölf, da nahm Herr Heinz Huber von Hengen einen Hocker und trug ihn pfeifend in sein Wohnzimmer unter den Haken. Der Zwerg stellte sich auf diesen und befestigte das baumelte Ende des Stricks an dem Hacken.
Der Druck um den Hals des Mannes wurde noch fester. Herr Heinz Huber von Hengen schloss seine vor Freude strahlenden Augen. Eine nicht allzuweit entfernte Kirchenglocke läutete die zwölfte Stunde ein. Der Brustkorb des Zwerges hob und senkte sich langsam zu jedem Glockenschlag.
Ein Grinsen strich über das alte, aber frisch wirkendes Gesicht.
Der letzte Glockenschlag ertönte und Herr Heinz, Huber von Hengen wollte sich gerader fallen lassen, da riss er ungläubig die Augen auf: „Oh Maria, was hätten die Nachbarn gedacht, ich habe die Post nicht abbestellt!“ Mit diesen Worten zog er seinen Kopf aus der Schlinge und hüpfte von dem Hocker.
Ein nebliger Vorhang zog sich vor seine Augen. Tränen rannen die roten Bäckchen herab und Falten der Trauer zerschnitten die Haut des Herr Heinz Huber von Hengen.
„ Aber am dreizehnten August des nächsten Jahres komme ich, umarm ich dich, küss ich dich.“ schluchzte die Gestalt, dann lief er schreiend aus der Wohnung.

 

Er ist nur mal gerade einen Tag alt. Und es gibt hier viele Geschichten, die gelesen werden wollen. Außerdem finde ich es immer erstaunlich, wenn ungeduldig von jemandem Kritiken angemahnt werden, der selbst noch keine einzige geschrieben hat.

 

Schön geschrieben, aber viel zu unspektakulär - da muss mehr passieren, vor allem wenn es ne Kurzgeschichte von einer Seite ist.

Grüsse
Arkadius

 

Ich meine damit, wenn es sich schon um eine Kurzgeschichte handelt, die meistens ja eine Seite ist, wie in deinem Fall, dann finde ich muss da mehr Aktion rein, viel raffender müssen die Handlungen sein, viel schneller das ganze - aber das ist mein Ideal, ich sage dir nur wie es aus meiner Perspektive wirkt.

 

Die Rechtschreib- und Satzbaugeschichten korrigiere ich nicht, dazu fehlen mir Zeit und Lust.
Grundsätzlich bin ich aber anderer Meinung als shinorrain, ich liebe Geschichten, in denen eigentlich nichts oder nur wenig passiert (und wenn ich mal groß bin, dann will ich Kafka werden), sondern die irre Psyche des Protagonisten im Vordergrund steht.
Hier ist die Ausführung m.E. nach aber nicht so gut gleungen, die Geschichte ist im Vergleich zum Erzählten zu lang und ab der Textmitte

Er wusste, warum sie ihm nicht glaubte. Schon zweimal hatte es nicht geklappt. „Die Tabletten, es waren zu wenig, nur Schmerzen aber nicht den Tod haben sie mir bringen wollen!“ Doch die dürre Frau, die der Zwerg anflehte, schwebte dem Ausgang entgegen.

war ja klar, wie es enden würde und was die Geschichte thematisiert.
Da hätte man auch aufhören können.

 

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