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Hier tanzt niemand aus der Reihe.

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18.02.2002
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Hier tanzt niemand aus der Reihe.

Wieso sitzen Sie in einem dunklen Raum? Es ist bereits Lichtstunde. Sie haben Ihre Arbeitsanweisungen noch nicht angesehen? Das ist ein Verstoß gegen §62b.
Wir werden nur milde strafen, wenn Sie sich nicht länger den Ihnen bekannten Reglements auf so grobe Weise widersetzen. In exakt 34 Minuten wird eine der Kontroll-Streifen bei Ihnen eintreffen. Sollte sich bis dahin nichts an Ihrem Verhalten geändert haben, sind die Beamten angewiesen sie zur Untersuchung in die nächste Klinik zu bringen.
Wie Sie bestimmt wissen werden Sie dort auf Nutzbarkeit überprüft und nutzbar gemacht. Ein jeder hat seine Pflicht zu erfüllen. Das wissen Sie.

Es ist das Jahr 2129. Der Komplex in dem Herr Arbeiter wohnt ist noch nicht unter der Sturmkuppel, aber sehr solide gebaut und mit 4000 Zellen bestückt. Niemand in diesem Komplex ist unzufrieden, darauf ist Herr Arbeiter sehr stolz. Mit seinen 40 Jahren ist er einer der ältesten. Von Kindesbeinen an lebt er in der Zelle und das System hat Ihm schon früh den Status eines „Nützers“ und alle Privilegien die damit einhergehen gegeben. Ein „Nützer“ darf sich fortpflanzen, d.h. Samen respektive Ovarien spenden.

Bitte besinnen Sie sich. Sie sind ein Vorbild. Wir werden nicht dulden, dass Sie Ihrem Komplex Schande bereiten. Sie haben immer noch eine Chance aus der ganzen Misere herauszukommen, wenn Sie sofort mit uns zusammenarbeiten. Ihre Befehle sind einfach. Der Vorfall kann noch mit Sonderschichten abgegolten werden. Denken Sie an Ihre Nachfahren. Sollte sich das revolutionäres Gebaren Ihrerseits nicht mindern, wird Ihre komplette Linie sterilisiert. Wollen Sie das wirklich? Es ist noch Zeit, zwölf Minuten bis die Beamten eintreffen.

Das System konnte nicht verstehen warum Herr Arbeiter plötzlich so gar nicht mehr reagierte. Als die Beamten bei Herrn A. eintrafen, stellten Sie seinen Tod fest. Das System hatte aufgrund der Ihm vorliegenden Daten den Tod auf 48 Jahre festgelegt. Das Herr A. so früh starb ließ nur eine Möglichkeit offen: alle Nachkommen wurden sofort sterilisiert. Herr A. hat sich nicht an seine Sterbezeit gehalten, ein Verstoß gegen §1276. Die Zelle wurde gereinigt und einem gewissen Herr Arbeiter zugewiesen. Dieser war sehr stolz auf seine Zelle.

 

Böse Story, aber zu kurz. Insbesondere Teil 2 und 4 wirken einfach lieblos, hingeklatscht, ohne Leben (und das geht nicht als Absicht durch). Show, don't tell!
Ferner würde ich Teil 1 und 3 (die ich gelungen finde) hervorheben, z.B. kursiv setzen. Das grenzt es klarer ab.
Hinsichtlich des Kerns der Geschichte muss ich allerdings sagen, dass ich das Szenario schwach finde, da unplausibel. Wirkt ein bisschen wie ein Motiv aus "1984". Ein fast 60 Jahre altes Werk übrigens, da muss man echt nicht von abschreiben ;) Oder soll der Text eine satirische Abhandlung zu "Zwangsarbeit" für Langzeitarbeitslose sein? Auch dann fehlt aber einiges an Tiefgang. Der wäre insbesondere in Teil 2 leicht einzubauen, indem Herr Arbeiter mehr Handlung bekommt.

 

Hier tanzt niemand aus der Reihe

Guten Abend! :cool:
Kommaflüchtigkeiten und Kürze will auch ich etwas monieren. Aktuell und diskutierbar schätze ich diese Kleinststory doch ein. Der Titel ließe sich für die Gegenwart eventuell umformulieren in: "Hier tanzt absolut niemand aus der Reihe". Insofern wirkt der Text als Erinnerung daran, dass ein Maßstab für den Grad eigener Anpassung ins Unterbewusstsein abgesunken ist. Einige Beispiele für Normierungs-Unsitten: Keiner geht nackt durch die Fußgängerzone, es gibt keine Slums oder Bauwagen, selbst wenn die kleine Liese in der dritten Tischreihe der Klasse 5 nur ihren Mund aufmacht, wird sie angeschrien, Frisur und Bekleidung unterliegen strengster Normierung. Die Kontrolle wird hart und per Körperverletzung durchgesetzt. Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Wobei die Wärter am lautesten Freiheit schreien. "Auf! - Nieder! - Auf! - Nieder! - Achten sie nur noch auf meinen Daumen! Absolut fauler Sack, der wird geschliffen bis die Kimme qualmt!"
MfG Gerhard Kemme :thumbsup:

 
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Hallo,

die Geschichte erinnert mich an einen französischen Mantel, den ich einmal in einem Geschäft gesehen habe: Toller Entwurf, aber die Fäden hingen raus, und das Futter beutelte.

Ehrlich, in fast jedem Satz ist ein Fehler drin, sei es Komma, Beugung oder sonst etwas. Aber die Geschichte lohnt die Überarbeitung, würde ich sagen (ist ja auch nicht so viel Arbeit, oder ;) ) Auch das, was Uwe vorgeschlagen hat - also die Stimme der "Maschine", des "Aufpassers" oder des "Systems" gegenüber der Erzählung abzuheben, würde ich durchführen.

Mich hat es übrigens nicht so sehr an "1984" erinnert, sonden eher an Larry Niven, "Wie die Zeit vergeht". Beide Motive, nämlich die totale Kontrolle über das Leben des Einzelnen und das Verbot, sich nach Gusto fortzupflanzen, trifft man recht häufig in der SF an. Das heißt doch nicht, dass man nicht mehr darüber schreiben kann! Ich finde, man kann sogar noch Zeitmaschinengeschichten schreiben, wenn man sich etwas Neues und Originelles zu dem Thema ausdenkt. *duckundwech*

Als neu empfinde ich in dieser Geschichte, dass Herr Arbeiter gar nicht rebelliert, wie das sonst immer in den Geschichten zu dem Thema der Fall ist. Es ist nicht von seinem Unbehagen die Rede. Er hat nur das Pech, den Löffel zu früh in die Wand gesteckt zu haben. Wie er's auch macht, macht er's verkehrt - in dem System kann man nicht gewinnen, oder es gewinnen die Falschen. Ich finde, da kann man was draus machen!

Gruß, Aleysha

 

Ich weiß ja nicht, aber muss man immer Geschichten nach der Herkunft und der Änhlichkeit von Ideen einordnen? Es gibt vielleicht auch noch Leute, die diese alten Geschichten garnicht gelesen haben, diesen neuen "moderneren" Fassungen aber auf einmal positiv gegenüberstehen und dadurch auch an die Inhalte kommen. Ohnehin ist is wahrscheinlich kaum noch möglich, wirklich neues zu "erfinden". Buchstäblich jeder Müll wurde schonmal auf Papier gebannt und selbst wenn man unbefangen an ein Thema herangeht und versucht logisch ein Bild einer Welt aufzubauen kommt man auf einmal zu den alten Meistern zurück.
Ich finde diese Tendenz natürlich auch ein wenig erdrückend, vor allem was "Erfolgsdruck" betrifft. Man muss etwas wirklich außergewöhnlich neues schaffen um überhaupt Aufmerksamkeit zu erregen. Meiner Ansicht nach haben dagegen ältere Werke durchaus mal ein Remake verdient, vielleicht nicht im Sinne eines "Covers" aber die Ideengebäude muss man ja nicht komplett übernehmen beziehungsweise auch kombinieren, denn viele dieser Stories greifen immer nur EINE Idee auf und sind dann total darauf fixiert. Teilweise liegt soviel Staub auf den Dingern, dass man schon hustet bevor man den ersten Satz gelesen hat. Auch da würde ich nicht nein sagen und mit dem gleichen Interesse lesen wie wenn ich das alte Original in der Hand hielte. Und vielleicht wäre die neue Version tatsächlich die bessere?

naja, nur so ne Anmerkung am Rande. Könnt mich jetzt gerne in der Luft zerreißen ^^

 
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*in der Luft zerreiß* :D

Die Mehrheit der Leser von SF-Geschichten erwartet darin neue Ideen, weil es eine "Mission" der SF ist, visionär und innovativ zu sein (viel mehr als andere Genres). Du weißt schon: Neue Welten erforschen und neue Lebensformen entdecken ;)

Natürlich gibt es auch eine Gruppe von Lesern, die großen Spaß am x-ten Aufguss eines vor 30 Jahren innovativen Plots hat, aber sie dürfte deutlich kleiner sein als die erste, wenn nicht sogar eine Untermenge.

Ob ein Autor die Herausforderung annimmt, die erste, größere Gruppe zu bedienen, oder für die kleinere Gruppe schreibt (was zweifellos leichter ist), liegt bei ihm. Natürlich kann man die Bedürfnisse seiner Leser auch völlig ignorieren und nur für sich selbst schreiben. Sowas zu veröffentlichen, macht dann aber wenig Sinn.

Remakes? Wenn man alle Storys, Filme und Songs einrechnet, von denen je ein Remake gemacht wurde - in wieviel Prozent aller Fälle war das Remake besser als das Original? Eine rhetorische Frage.

Wie immer bei dieser Gelegenheit empfehle ich den inspirierenden Thread SF des 21. Jahrhunderts.

Insofern lautet die Antwort auf Deine Eingangsfrage: Nein, man muss SF-Geschichten nicht immer danach einordnen, ob sie gute Ideen enthalten. Du darfst Dich als SF-Autor aber nicht darüber wundern, wenn es jemand tut.

 

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