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Hinter den Gittern

Aya

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17.05.2004
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Hinter den Gittern

Da saß sie. Hinter den Gittern. Sie hatte keinen echten Namen. Vielleicht hatte sie irgendwann einen, daran könnte sie sich aber nicht mehr erinnern. Alle nannten sie jetzt MD333. Sogar ihre Mutter sagte zu ihr nur Mäusy.
Da saß sie. Hinter den Gittern. Das war ihr einziges Zuhause. Manchmal fühlte sie sich hier sogar sicher und geborgen. Aber sie war nie allein. Die Gitter waren zu durchsichtig. Jeder, der vorbei ging, sah all ihre Bewegungen. Sie kroch unter die Decke. Sie sah niemanden und dachte, dass niemand auch sie sehen kann.
Da saß sie. Hinter den Gittern. Sie war nicht so wie ihre Nachbarn. Manche von ihnen weinten ununterbrochen. Das waren meistens die Neuhinzugekommenen. Sogar während des Essens versuchten sie zu weinen.
Besonders unerträglich waren die Nächte. Die Kettenreaktion fing von einer Seite an und in einigen Minuten brachen alle in lautes Weinen aus. Nur sie nicht.
Da saß sie. Hinter den Gittern. Oft konnte man sie in der Ecke sitzend sehen. Ihre großen braunen Augen schienen unbeweglich. Obwohl die blonden Locken zum zweiten Mal kurzgeschnitten wurden, sah sie auf dem Hintergrund der grauen und schlichten Wände wie eine Sonnenblume aus.
Da saß sie. Hinter den Gittern. Sie wartete auf diesen Tag. Sie war hier schon drei Jahre und wusste genau, dass heute der Besuchstag ist. Aufregung flimmerte in der muffigen Luft. Niemand weinte mehr.
Zuerst hörte man die Stimmen. Zehn bis fünfzehn Frauenstimmen näherten sich und wurden lauter. Die Tür öffnete sich. Da standen sie. Sie traten auseinander und gingen den langen Reihen von Gitterbetten entlang. Alle sahen wegen der kurzen Haaren und blauen Kleidung sehr ähnlich aus. Doch sie erkannte ihre Mutter sofort. Die Mutter näherte sich und hob die Kleine aus dem Gitterbett heraus.
Sie spielten beide im Garten. Es herrschte glühende Hitze und die alleinstehenden Bäume konnten nicht vor der aufdringlichen Sonne beschützen. Sie saßen im Schatten des Betonzauns, der mit Stacheldraht verziert war.
Plötzlich kamen die Gefängniswärterinnen und alle Mütter hoben ihre Kinder wie Puppen wieder in die Gitterbetten ein. Alle sammelten sich vor der Tür und gingen weg.
Da saß sie wieder. Hinter den Gittern

 

Ich fand deine Geschichte einfach super!
Die " alleinstehenden Baeume" ist ein gelungenes Symbol.
Die Idee, dass ein kleines Kind, wie ein Erwachsener denken kann, gefaellt mir auch sehr.

 

Hallo Aya und herzlcih willkommen! :)

Leider kann ich Olgmens nciht zustimmen. Die Idee, aus der Sicht eines Kindes zu schreiben, das bei der Mutter im Gefängnis ist, gefällt mir gut. Allerdings kenne ich mich zu wenig aus - dachte, die Kinder wären nur in sehr jungem Alter bei den Müttern? Dazu würden auch die Gitterbettchen passen, nicht aber der Erzählstil, der auf das Mädchen Bezug nimmt. Da habe ich zuerst an ein älteres Kind gedacht, auch das mit dem an den Namen erinnern - ganz kleine Kinder können nicht so reflektieren, beobachten.
Der Erzählstil wirkt insgesamt auf mich noch holprig - die vielen Wiederholungen sollen intensivieren, denke ich, das schaffst Du bei mir allerdings nicht, es wirkt auf mich nur ungelenk. Auch die kurzen Sätze, das komplette Fehlen der Hintergründe machen es mir unmöglich, in die Geschichte einzutauchen und mitzufühlen. Das ist ein Thema, das wirklich eine längere, intensivere Geschichte verdient hätte!

schöne Grüße
Anne

 

Hallo Aya!

Herzlich willkommen auf kg.de! :)

Das Thema, das Du gewählt hast, gefällt mir sehr gut. Ich mag es, wenn sich jemand mit solchen Problemen beschäftigt, versucht, das Elend von Menschen, die nicht selbst auf sich aufmerksam machen können, zu verstehen und für sie ein Sprachrohr zu sein.

Allerdings gehört dazu dann vor allem gute Recherche, damit das, was man schreibt, Hand und Fuß hat und den Tatsachen entspricht. - Das ist meiner Meinung nach der größte Mangel an Deiner Geschichte.
Ich male mir aus, Du hast irgendwo etwas über den "humanen Strafvollzug" gelesen, wo die Kinder mit den Müttern ins Gefängnis kommen, und hast versucht, Dir das vorzustellen. Nur: So, wie Du Dir das vorstellst, hätte es mit human wirklich nichts mehr zu tun.
Der Hintergrund dieser Methode ist ja, daß die Kinder nicht von den Müttern getrennt werden, sie also nicht in langen Gitterbettreihen liegen und tagelang auf deren Besuch warten, sondern mit den Müttern in einer speziell eingerichteten Zelle sind. Außerdem versucht man, den Kindern zumindest einen teilweise "normalen" Alltag vorzugaukeln, indem man sie auch in den Kindergarten bzw. eine Krabbelstube gehen läßt, sobald sie aus dem Babyalter heraußen sind.

Aber ich will damit keineswegs sagen, daß die Situation für diese Kinder irgendwie rosig wäre. Es stecken bloß ganz andere Probleme dahinter, als Du sie hier darstellst.
Ein großes Problem ist zum Beispiel, daß sie zur absoluten Autoritätshörigkeit erzogen erzogen werden (sowas setzt sich auch oder sogar gerade in den ersten drei Jahren fest), allein dadurch, daß sie mitbekommen, wie die Mütter (Vorbilder!) keine eigenständigen Menschen sind, sondern nur das tun (dürfen), was man ihnen anschafft bzw. erlaubt, wie sie sich der Gewalt selbstverständlich fügen.
Auch die Stimmung spüren die Kinder - zum Beispiel wenn keine richtige Freude aufkommen kann, obwohl das Kleine sich gerade so bemüht hat und die ersten Schritte allein gemacht hat, sondern stattdessen ein Stoßseufzer von der Mutter kommt, weil sie so gerne zum Telefon greifen würde, um alle Verwandten einzuladen. Und kaum lernt es die Freiheit des Laufens kennen, findet es nur versperrte Türen und Gitter.
Sie haben keine richtigen Erlebnisse, kein Lieblingsessen, das die Mama nur für sie kocht, keine Überraschungen, keine Höhepunkte irgendwelcher Art. :(

Gestraft sind sie mit diesem "humanen" Strafvollzug fürs Leben.

Ich hoffe, ich hab Dich mit meiner Kritik jetzt nicht entmutigt, das ist nämlich nicht Sinn und Zweck meiner Zeilen. Vielmehr würde ich mir wünschen, daß ich Dich zu besserem Recherchieren für Deine nächsten Geschichten animieren konnte.
So heiße Eisen sollte man eher nicht mit der Kombizange anfassen und mit dem Haushalts-Hämmerchen ein wenig draufklopfen, sondern man braucht die richtige Zange, einen ordentlichen Amboss und einen kräftigen Hammer, um es richtig zu bearbeiten. ;)

Bin schon gespannt auf Deine nächste Geschichte! :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 
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Hallo, MAUS!
Vielen Dank fuer deine Kritik. Was die anderen Benutzer dieser Website vielleicht nicht wissen-> ich komme aus Lettland und Deutsch ist deswegen nicht meine Muttersprache. Das koennte einer der Gruende sein, warum meine Sprache nicht besonders gut ist.
Eine Sache will ich dir trotzdem erklaeren. Am Anfang habe ich absichtlich so geschrieben, als ob es ein Erwachsener waere, damit es nicht sofort klar ist, dass diese Geschichte eigentlich ein Kind erzaehlt. Vielleicht kann ich dier aber zustimmen, dass dieses Thema eine tiefere Geschichte verdient hat, aber diese Geschichte habe ich so und nicht anders geschrieben....
Was noch wichtig ist, diese Geschichte habe ich als Hausaufgabe fuer die deutsche Vorlesungen geschrieben und da sie vielen sehr gefallen hat, habe ich sie auch hier veroeffentlicht.
Diese Geschichte ist eigentlich meine erste Geschichte auf Deutsch und ich bin mir nicht sicher, dass ich auch weiter schreiben werde. Was vielleicht fuer Deutschunterichte in meiner Akademie gut genug ist, nicht gut genug fuer die Veroeffentlichung ist.
Vielen Dank noch einmal!
Aija aus Lettland

 

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