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Hollido
Hollido
Sonntag früh klingelte der Wecker.
„Hurra!“ rief ich und, „Hollido, es ist so weit – Reisezeit! Aufgewacht und Sachen gepackt!“
Ich hatte dies selbst gereimt und unverkennbar zeigte es poetisches Genie. Doch bin ich kein Angeber. Außerdem – meine Frau konnte recht ungnädig sein, wenn sie nicht ausgeschlafen hatte. Sie murmelte etwas wie, „dass ist zu schön, um wahr zu sein“, es konnte aber auch, „das darf doch nicht wahr sein“ geheißen haben.
Sie zog die Decke über den Kopf, vermutlich um noch einmal in sich zu gehen und zusammenzufassen, was wir noch einzupacken hatten. Ich aber hüpfte aus dem Bett und sprang zu den Zimmern meiner Kinder, um sie an meiner Freude teilhaben zu lassen. Überraschung färbte ihre blassen Gesichter – dann drehten sie sich um, vermutlich aus dem gleichen Grund wie meine Frau. War mir recht, so konnte ich die weiteren Vorbereitungen vorantreiben.
Niemand ist schneller darin, ein Frühstück zu bereiten, wenn eine Reise ruft. Einige wahllos hingestapelte Müslischüsseln, Besteckteile, die wie Bruchholz übereinander lagen – fertig.
Raus aus dem Alltag – Neues, Aufregendes wartete auf mich. Wenn ich nur daran dachte, konnte ich wahnsinnig werden vor Unruhe. Meine Sehnerven warfen alle alten Bilder aus dem Speicher, um Platz für neues Material zu haben. Die Welt verdient es entdeckt zu werden und Zeit war dafür nur begrenzt vorhanden.
Ich rief meiner Frau und den Kindern mein Angebot zu, ihnen beim ankleiden zu helfen. Sehr schnell lehnten sie ab und nicht lange nach meinem Ruf kamen sie in die Küche geschlichen. Die Gesichter sonderbar verkniffen und die Wangen seltsam bleich – aber das würde an der frischen Luft schon werden. Ich strahlte sie an und rief ihnen das Ziel unserer heutigen Unternehmung zu.
...
Zu Hause! Ich weiß nicht, woher ich meine letzte Kraft nahm, sie reichte gerade, den Schlüssel im Türschloss zu drehen. Die anderen drängten von hinten. Ich fiel mehr als ich ging und zog das Gepäck ins Haus, wo ich entkräftet zusammenbrach.
Ich war überladen: mit Gepäck und mit Eindrücken. Hatte sich der Aufwand wirklich gelohnt? Doch dann entdeckte ich die Freude in den Augen meiner Familie, als sie das Haus betrat, noch gefangen von den Eindrücken der Reise. Die Kinder stobten auseinander in ihre Zimmer. Meine Frau ließ sich im Wohnzimmer in den Sessel fallen und seufzte.
Ich aber stand am Fenster und blickte auf die Straße – träumte von der nächsten Reise.