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Horror vacui

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06.02.2002
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Horror vacui

Sie beide schlafen; eine Szene perfekter Harmonie. Ich stehe schweigend im Türrahmen und betrachte sie für fünf oder zehn Minuten – Zeit spielt keine Rolle mehr dieser Tage. Sie birgt keine Variablen, sondern ist monotone Konstante; was zählen noch Uhrzeiten. Einzig die Helligkeit wechselt, und man lernt, sich danach zu richten. Immer wenn sie schlafen, scheinen sie ein wunderbares Paar zu sein. Es gibt keine Diskussionen, keine verletzenden Worte, nur ihre entspannten Gesichter. Wie ich sagte, eine Szene perfekter Harmonie.
Ich trete hinaus und gehe die fünfzig Meter zum Strand. Ein leichter Geruch von Salz und Verfall liegt in der Luft. Es ist windstill, und bald wird es drückend heiß werden. Das Wasser ist wie immer, tiefblau, ruhig, endlos. Mit meinen Stiefeln türme ich kleine Sandhügel auf. Dann zertrample ich sie. Zurück im Bungalow putze ich meine Stiefel, nehme mein Gewehr und den Rucksack mit zwei Flaschen Wasser und einigen Müsliriegeln. Als ich aufbreche, schlafen sie immer noch, obwohl es bereits heller Tag ist.
Ich brauche dreißig Minuten bis zur nächsten Siedlung. Parke den Toyota vor dem kleinen örtlichen Laden, gehe hinein und sammle einige Dosen mit asiatischer Suppe und Würstchen, drei Flaschen Cola und zwei mit Havanna Rum. Dann gehe ich hinaus und sehe mich um. Keine vierzig Meter von mir entfernt starrt mich ein Straßenköter an. Die Stille des Mittags deckt uns zu wie ein schweres, warmes Laken. Ich starre zurück, regungslos. Nach einer Weile beginne ich, mit ihm zu reden, er aber dreht sich um und verschwindet zwischen zwei Häusern, deren Fenster mit Brettern vernagelt sind. Auf dem Weg zurück, an den geknickten Bäumen vorbei, in denen immer noch einige Plastiktüten und Kleidungsstücke hängen, drehe ich die CD voll auf und nehme kleine warme Schlücke aus der Rumflasche, doch das Gefühl von Taubheit bleibt.
Sie sind aufgestanden, als ich heimkehre. Sie steht in der kleinen Küche. Der Geruch von Suppe nebelt aus dem Topf. Immer wenn sie wach sind, ist der entspannte Ausdruck aus ihren Gesichtern verschwunden, ausgetauscht gegen eine subtile Anspannung, die besonders deutlich wird, wenn sie zusammen sind.
„Na“, begrüße ich sie, „wo ist er?“
„Versucht, zu jagen.“ Sie lächelt. „Hungrig?“
„Ja.“
Wir essen schweigend. Übrigens, fast jede Nacht habe ich dieselbe Art von Traum. Es fing fünf oder sechs Tage, nachdem die ganze Scheiße begonnen hatte, an. Es ist nicht direkt ein sexueller Traum, aber da gibt es immer ein Mädchen, meistens nicht einmal besonders hübsch, sie kommt näher und presst sich an mich. Ende. Ich beobachte einige Haarsträhnen, die am Schweiß ihrer Stirn kleben, und schlucke den Rest versalzener Suppe.
„Wir könnten mal ausgehen.“
„Was?“ Sie ist überrascht, lächelt aber noch immer.
„Wir könnten mal zusammen ausgehen“, wiederhole ich und fühle mich wie der dümmste Mann der Welt.
„Wir beide?“
„Jipp.“
„Wie du vielleicht weißt, bin ich mit Chris zusammen.“
„Ja, aber...“
„... und übrigens, Schlaumeier, gibt es nichts mehr zum Ausgehen, oder nicht?“

*

Ich habe sie angebettelt, Chris nichts davon zu erzählen. Ich habe ihr gesagt, wie einsam ich mich fühle, wie nutzlos. Sie schien es zu verstehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht doch redet. Frauen.
Chris ist ein lausiger Jäger. Als er am Abend heimkehrt, kurz vor Sonnenuntergang – er kommt immer spätestens zur Dämmerung heim – hat er wieder nichts geschossen, nicht einmal ein Kaninchen, obwohl man in letzter Zeit aufpassen muss, nicht über eines zu stolpern.
Sie ist am Strand, als er ankommt, und so setzen wir uns hinter das Haus, neben den Reifenstapel, schauen uns den Sonnenuntergang an, schlürfen Rum mit Cola und verfluchen das Fehlen von Eiswürfeln.
„Warum hast du Angst vor der Dunkelheit?“, frage ich.
„Keine Ahnung“, sagt er, „es macht mir einfach Angst. Du kannst nichts sehen, und dann all diese seltsamen Geräusche. Stell dir mal vor, du verläufst dich. Und all diese Tiere da draußen. Sie können dich sehen, aber du sie nicht. Grässlich.“
„Hm.“
Die nächsten Minuten sitzen wir in der Stille. Die Sonne ist wie ein schwerer roter Ball, der langsam ins Meer fällt. Als wäre das alles hier irgendein romantisches Postkartenmotiv. Es macht mich krank, irgendwie. Vielleicht habe ich es zu oft gesehen. In Momenten wie diesen vermisse ich Fernsehen.
„Was ist mit Laura?“
„Was soll sein?“ fragt er.
Natürlich habe ich das Gefühl, dass dies meine letzte Chance ist, aber verdammt, ich bin verzweifelt. Wenn sich Chris im Dunkeln verlaufen würde, er wüsste, dass es bald wieder Tag wird, doch was weiß ich schon? Im Moment zumindest, dass das Leben öfters wie ein französischer Film sein sollte.
„Es ist jetzt drei Monate her“, sage ich tonlos.
„Und?“
„Würdest du sie mir leihen, Chris?“
„Was?“
„Du weißt, was ich meine.“
„Bist du verrückt?“ Pause. „Hast du sie gefragt?“
Ich bin wie erschüttert, betäubt, als hätte man mich in eine riesige Trommel gesetzt und draufgeschlagen. Was soll ich jetzt schon sagen?
„Hast du sie gefragt?“, wiederholt er, diesmal mit einem scharfen Unterton, scharf genug, um Mangos zu schneiden.
„Sie will nicht“, murmle ich endlich.
„Also. Fick dich.“ Er steht auf und geht ins Haus. Die Sonne ist weg, es wird dunkel.

*

Klar, dass die kommenden Tage nicht einfach sind. Natürlich haben sie über mich gesprochen. Nun scheinen sie, wenn sie überhaupt mit mir reden, immer etwas verschämt. Ich fühle mich schrecklich, wie eingepackt in Watte, getrennt vom wahren Leben, echten Emotionen.
Jede Nacht bleibe ich lange wach. Manchmal kann ich hören, wie sie miteinander schlafen. Zuerst hat es mir noch zugesetzt, wie immer, und so geht es seit drei Monaten. Aber in dieser Nacht stelle ich mir vor, wie wir beide es tun. Wie ihr nackter Körper vor mir liegt. Chris macht kein Geräusch, nur sie, und das macht die Dinge einfacher für meine Phantasie und mich.

*

Ich weiß nicht, ob es Zufall ist, aber an dem Abend, bevor Chris mir sagte, dass sie weiterziehen würden, lag ich neben dem Reifenstapel, starrte in den Horizont, hörte der Brandung zu und hatte einen seltsamen Tagtraum. Ich erinnerte mich an einen schrägen alten Western, den ich mal gesehen hatte. Es muss schon ein paar Jahre her sein, und ich kann wirklich nicht sagen, warum ich darauf kam. Da waren zwei Cowboys, und wie immer wollten sie herausfinden, wer von ihnen beiden der bessere Schütze ist. Der erste warf eine Kartoffel in die Luft, zog seinen Colt und schoss mitten hindurch. Der andere spaltete eine mit zwei oder drei Schüssen sauber in zwei Hälften. So ging es weiter, sie warfen Kartoffeln hinter ihren Rücken und trafen gleich mehrere, ohne hinzusehen. Es war eine schräge Szene, wie ich schon sagte, aber sie schien ernst gemeint, gedreht ohne jeden Sinn für Humor.
Plötzlich war ich einer der Cowboys, und Chris war der andere. Ich war an der Reihe, die nächste Kartoffel zu werfen, aber ich wusste, dass mein Können an seine Grenzen gestoßen war. Also nahm ich die nächste Knolle, warf sie hoch in die Luft. Ich erinnere mich an Chris Gesicht, er stand mir gegenüber und begutachtete mein Kunststück, aber ich zog bloß den Colt und zielte auf seine Brust. Er wirkte überrascht, als ich schoss. Die Kartoffel fiel mir vor die Füße.

Wir stehen vor dem Haus. Er sagt, dass wir fertig sind, dass sie es jetzt allein versuchen, wo genau, wüssten sie noch nicht. Die Vorstellung bald völlig allein zu sein trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht. „Ok“, kriege ich heraus. Und, nach einem Augenblick: „Ihr könnt den Pick-up haben, wenn du mitkommst, in der Stadt einen anderen Wagen holen.“
Er scheint darüber nachzudenken.
„Nach allem, was wir durchgemacht haben“, ergänze ich.
Er wirft einen Blick zurück zum Haus, wo Laura noch schläft.
„Ich denke, das bin ich dir schuldig“, sagt er schließlich.
Als wir zum Pick-up gehen schaue ich in den Himmel. Er ist leer wie immer. In den letzten drei Monaten hat ihn nicht ein Kondensstreifen zerkratzt. Zweimal haben wir den Reifenstapel angezündet, weil wir Lichter am Horizont sahen. Oder glaubten, zu sehen. Der Geruch hing tagelang über allem, zog bis ins Haus und nahm uns den Appetit. Inzwischen halten wir nur noch sporadisch Wache am Strand.
Ich kann den Gedanken nicht ertragen, alleine unter diesem leeren toten Himmel zu sein. Diese Aussicht lastet auf mir, sie macht mir Angst, sie macht mir richtige Angst. Als wir einsteigen, werfen wir beide einen Blick auf die Ladefläche, wo unsere Rucksäcke und Gewehre liegen.
Auf halbem Weg halten wir, Chris muss pissen. „Bleib ruhig sitzen“, sagt er, steigt aus, legt sein Gewehr über die Schulter, geht ein paar Meter und pinkelt an eine geknickte alte Pinie.
Als er wieder einsteigt, frage ich ihn, wozu er sein Gewehr mitgenommen hat. „Wegen der Schlangen“, sagt er schläfrig. Wegen der Schlangen. Wir schweigen den Rest der Fahrt.

*

Ich kehre gegen Mittag wieder, mit etwas Wasser und einer Handvoll geschmolzener Schokoriegel. Sie steht vor dem Bungalow, ihr Gesicht angespannter als sonst.
„Wo ist er?“, fragt sie trocken.
Ich zucke die Schultern. „Vielleicht jagen?“
„Er hat nichts gesagt“, antwortet sie, den Tränen nahe.
Ich sammle all meine Abgeklärtheit, versuche zu lächeln, ruhig zu bleiben, sage, entspannt wie nur möglich: „Keine Sorge, er wird zurück sein, bevor es dunkel wird.“

 
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Hallo Paranova!

Den Kleinkram mal vorweg:

I trete heraus und gehe die fünfzig Meter zum Strand.
Ich trete hinaus
Ein leichter Geruch von Salz und Verfall liegt in der Luft, aber es ist windstill, und bald wird es drückend heiß werden.
Das "aber" in dem Zusammenhang sagt, dass ein leichter Geruch von Salz und Verfall ein Zeichen für Wind wären, aber das ist mir irgendwie schleierhaft, stimmt so nicht.
Das Wasser ist wie immer, tiefblau
Komma weg
Ich brauche dreißig Minuten bis in die nächste Siedlung.
Bis zur nächsten Siedlung klingt besser, finde ich.
und sammle einige Dosen mit asiatischer Suppe und Würstchen
Ähm, wie ich das verstanden hab, dauert dieser Zustand schon seit drei Monaten. Sind die Würstchen da noch gut? :p
fast jede Nacht habe ich die selbe Art von Traum.
dieselbe
Ich beobachte einige Haarsträhnen, die am Schweiß ihrer Stirn kleben,
Nee, das stimmt so nicht. Die Haarsträhnen sind verschwitzt und kleben deshalb an der Stirn, aber sie kleben nicht am Schweiß, der Schweiß ist ja der Kleber, sozusagen. Du verstehst. ;)
gibt es nichts mehr zum ausgehen, oder nicht?
Ausgehen
„Warum hast du Angst vor der Dunkelheit?“ frage ich.
Dunkelheit?", frage ich.
„Keine Ahnung,“ sagt er, „Es macht mir
"Keine Ahnung", sagt er, "es macht mir ... oder: "Keine Ahnung", sagt er. "Es macht mir ... Das Komma bei der wörtlichen Rede wird übrigens nach den Anführungszeichen gesetzt, das zieht sich durch den Text.
Wenn sich Chris im Dunkeln verlaufen würde, er wüsste, dass es bald wieder Tag wird, doch was weiß ich schon?
Den Satz musste ich in der Formulierung gefühlte zwanzig Mal lesen, bis ich ihn verstanden hab. Oder bis ich verstanden hab, dass es überhaupt ein Satz ist. Ich würde es vielleicht so schreiben: Wenn sich Chris im Dunkeln verlaufen würde, dann wüsste er, dass es bald wieder Tag wird. Doch was weiß ich schon?
aber an dem Abend bevor Chris mir sagt, dass sie weiterziehen werden, lag ich neben dem Reifenstapel
aber an dem Abend, bevor Chris mir sagte, sie würden weiterziehen/dass sie weiterziehen würden, lag ich neben dem Reifenstapel
„Ich denke, dass bin ich dir schuldig,“ sagt er schließlich.
das bin ich dir schuldig", sagt ...
Wir beide werfen einen Blick auf die Ladefläche, als wir einsteigen, wo unsere Rucksäcke und Gewehre liegen.
Das "wo" bezieht sich ja auf die Ladefläche und der Einschub stört dann an der Stelle. Besser: Als wir einsteigen, werfen wir beide einen Blick auf die Ladefläche, wo unsere Rucksäcke und Gewehre liegen.
mit einigem Wasser
Das klingt nicht so. mit etwas Wasser
„Wo ist er?“ fragt sie trocken.
"Wo ist er?", fragt ...
Ich sammle alle meine Abgeklärtheit,
All meine Abgeklärtheit fände ich besser. So klingt es ziemlich gestelzt.

Ja, eigentlich ein altes Szenario, drei Leute sind die letzten Überlebenden nach irgendeiner Katastrophe oder so, was genau das war, wird aus dem Text nicht deutlich, aber mich stört das nicht. Der Erzähler liebt die Freundin des anderen und das Ende ist schön vieldeutig. Entweder hat er ihn umgenietet (dafür spräche der Kartoffel-Tagtraum) oder er hat ihn irgendwie im Wald allein gelassen, wo er sich verlaufen hat. Oder er ist tatsächlich unschuldig, aber das glaub ich ihm nicht. :p
Deine Sprache ist ruhig, überhaupt kann man die ganze Atmosphäre als sehr ruhig bezeichnen, die Geschichte liest sich sehr entspannt. Alles andere wäre auch fehl am Platz, denke ich. Das hast du ganz gut eingefangen. Allerdings glaube ich, dass ein bisschen mehr Substanz und Farbe der Geschichte guttäten. So grau diese Einöde, die du beschreibst auch sein mag, die Geschichte sollte es nicht sein. Die hier ist noch kurz genug, aber ich wollte es mal anmerken.
Der Titel hat mir gar nichts gesagt. Aber ich hab jetzt ergoogelt, dass Horror vacui die Angst vor der Leere beschreibt. Aha. Jetzt bin ich aber auch nicht schlauer, im Gegenteil, ich bin verwirrt. :D Ich weiß aber leider auch nicht, wie ich meine Verwirrung erklären soll, denn es passt ja schon in irgendeiner Weise, die Bedeutung für die Geschichte wird mir bloß nicht klar. :hmm: Möglichkeit: Der Titel bezieht sich auf die innere Leere des Erzählers, die er zu beseitigen versucht, indem er Chris aus dem Weg schafft, damit er seine Freundin rumkriegt.

Ja, unspektakulär erzählt, aber mir hats ganz gut gefallen.

Liebe Grüße,
strudel

 
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Madame Strudel,

vielen Dank für die beschämend lange Korrekturliste, ist umgesetzt.
Fehler wie Titel rühren wohl daher, dass ich die Geschichte erst übersetzten musste. Für "Perfect Harmony Scene" ist mir nichts Gescheites eingefallen.
Ausschmücken werde sie sie allerdings - pardon - erstmal nicht.

Eine wunderschöne Restwoche,

...para

PS:
Zum aktuellem Buch: Zufall, hab "Im Westen nichts Neues" auch erst die Tage gelesen. Empfehle die alte SW-Verfilmung. Remarque hat auch gute Kurzerzählungen vorzuweisen, und "Der schwarze Obelisk" ist auch sehr fein.

 

Ich find den Titel ziemlich passend. 'Horror vacui' ist eigentlich ein Begriff aus der Kunst und bezeichnet die 'Angst' eines Künstlers leere Flächen auf dem Gemälde zu belassen ( Die Überwindung dieses Horror vacuis war gerade für die Im- und Expressionisten ein Zeichen der Überwindung zur Freiheit )
Und darum geht es hier ja auch irgendwie, die Angst vor der Leere, der Einsamkeit, des Verlassenseins. Und das hast Du sehr bündig und stimmungsvoll umgesetzt! Die Schwere liest sich leicht und es wirkt 'morbide', weil die Angst vor dem Seelentod mitschwingt und den Text durchdringt!
Hut ab Para, ein feines Stück!

 

Hallo,

I trete hinaus
Ich?

Immer wenn sie wach sind ist
, wenn sie wach sind,

sechs Tage nachdem die ganze Scheiße begonnen hatte an.
, nachdem … hatte,

„Wie du vielleicht weißt bin ich mit Chris zusammen.“
Weißt,

aber ich bin mir nicht sicher ob sie nicht doch redet.
, ob

[/quote]warum ich darauf kam[/quote]
, warum (besser: wie)

Er wirkte überrascht, als ich schoss. Die Kartoffel fiel mir vor die Füße.
Der Absatz ist klasse.

Als wir zum Pickup gehen schaue ich in den Himmel.
, schaue

Keine Sorge, er wird zurück sein bevor es dunkel wird.“
, bevor

Jau, gute Geschichte. Hat mir gefallen. Schön schlicht. Verläuft vielleicht etwas hakenlos, der Showdown, wenn man so will, wird ausgeblendet, wobei die stumme Anspannung schon wirkt. Gute, solide Nummer. Hab ich gerne gelesen.

Quinn

 

Hallo Paranova,

sehr gute Geschichte, hat mich sehr angesprochen. Mir relativ wenigen Worten und recht nüchternen Ton schaffst du es eine starke Atmosphäre einzufangen. Du deutest eine Art Endzeit an und schaffst es irgendwie, dass dem Leser die kargen Informationen genügen, das Bild vollkommen ausreichend bestücken.
Sehr gekonnt finde ich die Dialoge. Da schwingt viel ungesagtes mit. Pluspunkte gibts von mir auch für den Verzicht auf irgendwelche splatter-effekte oder vermurkste Erklärungsversuche.
Alles in allem fällt mir das Wort "sauber" zu deiner kg ein.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Paranova,

schön, nach langer Zeit mal wieder eine Geschichte von dir zu lesen. Ich finde es ja schade, dass du eine Geschichte mit diesem Titel in einem so dystopischen Setting angesiedelt hast, denn gerade in unserem Kommunikationszeitalter wächst die Leere in den Menschen. Sie vereinzeln, leben selbst in der Masse zunehmend isoliert und fühlen sich auch so, selbst wenn sie gemäß deines Titels die Leere mit allem Möglichen zu füllen versuchen.
Insofern ist das Setting, welches ihr mit den Kommunikationstechniken auch ihrer Geräte zum Befüllen der Leere beraubt, natürlich auch wieder konsequent, selbst wenn ich überzeugt bin, selbst heute im Hier und Jetzt geschehen Morde aus Angst vor der Leere/Einsamkeit. Aber du hast ja nicht Gesellschaft als Rubrik gewählt, insofern muss ein gesellschaftlicher Ansatz zu deiner schönen traurigen Geschichte ja auch nicht sein.
Einige Details:

Zeit spielt keine Rolle mehr dieser Tage. Sie birgt keine Variablen mehr, sondern ist monotone Konstante
Ich würde auf das erste "mehr" verzichten
drei Flaschen Cola und zwei mit Havana Rum.
Havanna
und nehme kleine warme Schlücke aus der Rumflasche
Schlücke ist als Pluralform zwar möglich, gebräuchlicher ist es aber ohne Umlaut: Schlucke
Immer wenn sie wach sind ist der entspannte Ausdruck in ihren Gesichtern verschwunden, ausgetauscht gegen eine subtile Anspannung
- müsste es nicht aus ihren Gesichtern verschwunden heißen?
- wie wäre es mit "friedliche Ausdruck"? entspannt/Anspannung wirkt nicht wie eine stilistische Wiederholung.
Es fing fünf oder sechs Tage nachdem die ganze Scheiße begonnen hatte an.
Tage, nachdem ... begonnen hatte, an.
"Wie du vielleicht weißt bin ich mit Chris zusammen."
weißt, bin
"Ja, aber..."
fehlendes Leerzeichen
aber ich bin mir nicht sicher ob sie nicht doch redet.
sicher, ob
und so setzen wir uns hinter das Haus, neben den Reifenstapel,
Das Komma nach Haus ist nicht nötig.
"Keine Ahnung", sagt er, "es macht mir einfach Angst.
warum "es"?
"Du weißt was ich meine."
weißt, was
"Hast du sie gefragt?", wiederholt er, diesesmal mit einem scharfen Unterton
diesmal oder dieses Mal
scharf genug, um Mangos zu schneiden.
genug, um
Manchmal kann ich sie hören, wie sie miteinander schlafen.
eigentlich eine für dich untypische neumodische Betroffenheitsformulierung. Auf das erste "sie" kannst du verzichten, musst du aber nicht, da es schon eine andere Atmosphäre bringt, aber auf alle Fälle würde ich beim üblichen "wenn" anstelle des "wie" bleiben. Mein Vorschlag wäre: Manchmal kann ich hören, wenn sie miteinander schlafen.
Deine Version ruft mit zu penetrant: Mir geht es schlecht, mir geht es schlecht.
Ich weiß nicht, ob es Zufall ist, aber an dem Abend bevor Chris mir sagte, dass sie weiterziehen würden
Abend, bevor
(ich würde ja sogar verdichteter schreiben: "an dem Chris mir sagte, sie würden weiterziehen")
ich kann wirklich nicht sagen warum ich darauf kam
sagen, warum
"Ok", kriege ich heraus.
Da man es nicht als Abkürzung spricht: Okay
Ihr könnt den Pickup haben
Auch wenn der Duden und ich möglichst keine BIndestriche verwenden, der Pick-up braucht einen. ;)
Er wirft einen Blick über seine Schulter, wo Laura noch schläft.
Liest sich sehr komisch, als würde Laura über seiner Schulter schlafen.
Als wir zum Pickup gehen schaue ich in den Himmel.
Pick-up gehen, schaue
er wird zurück sein bevor es dunkel wird.
sein, bevor


@Leif2: Der Begriff ist älter und stammt auf Aristoteles zurückgehend eine naturwissenschaftliche inzwischen natürlich längst widerlegte These: Die Angst der Natur vor leeren Räumen, die dazu führe, dass leere Räume deshalb bestrebt seien, Gase oder Flüssigkeiten anzusaugen.

Lieben Gruß
sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Weltenläufer,

vielen Dank! Gerade bei den Dialogen hab ich konsequent zusammengestrichen, dass scheint sich ausgezahlt zu haben.

*

Hallo Sim,

ja, ob unsere Zeiten aller indivuduellen Freiheiten und Konsum- und Unterhaltungsmöglichkeiten zum Trotz (aufgrund sozialer Fragmentierung?) entleerter werden, ist eine interessante Frage.
Aber ehrlich gesagt, habe ich gar kein höheres Ziel verfolgt, als ich die Geschichte zwischen Fahrersitz und Etagenbett während einer Wehrübung geschrieben habe. Mir war es sehr wichtig, ein gewisses Gefühl zu vermitteln. Und ich bin sehr froh, seit Jahren endlich mal wieder was Brauchbares produziert zu haben. Den Titel hab ich übrigens von Carl Schmidt, "Land und Meer" :)
Vielen Dank für deine Anmerkungen. Tatsächlich waren sie so detailliert, dass es eine Weile gebraucht hat, zu reagieren.

...para

___________

Zu deinen Anmerkungen:
1) nö, da streich ich lieber das zweite "mehr"
2) jau
3) Schlücke hört sich besser an!
4) aus, ja! / Nein, friedlich ist mir zu unbestimmt, irgendwie. Fast alles sieht friedlich aus, ich weiß nicht genau, was du mit "stilistischer Wiederholung" meinst, finde das Paar aber passend.
5) Nachdem du das auch sagst, gut, Komma!
6) Ich war mal sooo sicher mit Kommas, ver... !
7) Leerzeichen, ja
8) s. 6!
9) Nicht nötig, aber ich mag´s!
10) warum es? Hm, ich hab die Story ja erst auf englisch geschrieben, daher... Aber warum auch nicht?
11) jaja, Kommata.
12) diesmal
13) ohje, was ist da los?
14) Hm, sie, wie oder wenn. Tja. Neee, "wenn" gefällt mir nicht, das erste "sie" fliegt aber.
15) hm, ne, zu sehr verdichtet, find ich
16) jaja, s. 6
17) Okay.
18) hey, wo ist mein Duden?
19) ja, dann: zum Haus.
20) s. 18
21) s.6

 

Hey Paranova

Ja, doch die Stimmung hast du gut eingefangen und rüber gebracht. Man denkt die ganze Zeit, da wird was passieren, er erschießt den Kerl, die Frau oder sogar beide zusammen.
Der Kerl hat doch nicht alle Tassen im Schrank, als er sie fragt, ob sie nicht mal mit ihm ausgehen will, und dann auch noch den Freund.
Die Charakterzeichnung ist dir gut gelungen, spannend ist es auch noch, weil man wirklich wissen möchte, was er denn tut. Und man wird es nie erfahren. Das ist einerseits Schade, weil ich ja gerade DAS lesen wollte. Andererseits denke ich, dass die Szene der Geschichte etwas genommen hätte, das nämlich meine Befürchtung, er würde den Kerl erschießen sich bewahrheitet hätte und deswegen die Geschichte ja leicht vorhersehbar wäre.
Ist sie nicht, sie ist ruhig und konsequent erzählt, als hättest du dich nicht von deinem Vorhaben abbringen lassen, die Geschichte in irgendeiner Weise zu dramatisieren, das Setting lädt ja gerade zu dazu ein.
Mir hat sie gefallen.

JoBlack

Gratuliere, du hast den Jackpot geknackt, nämlich meinen 777. Beitrag bekommen. ;)

 

Heyja Jo,

es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. Ein Hoch auf die Schnapszahl!

...para

 

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