Human Meat Is Vegan!
Als Student muss man nicht jeden Tag zur gleichen Zeit aus dem Bett, das dürfte bekannt sein. Schließlich arbeitet man ja bis spät in die Nacht an bestimmten Sachen! Ich persönlich kann es sowieso nicht leiden, wenn ich geweckt werde, wodurch auch immer. Einen Wecker besaß ich schon seit Jahren nicht mehr, seit meinem letzten Umzug allerdings, war ein solches Gerät auch völlig unnötig geworden. Ständig ging die Klingel und ich hatte keine Ahnung warum, früher war es äußerst selten, dass mich jemand besuchte. Meine Mitbewohnerin Anna und ich, teilten uns ein kleines Haus am Rande der Stadt. Die Miete war für unsere Verhältnisse mehr als günstig und zudem gab es keine Nachbarn, nur ein verlassenes Fabrikgelände direkt gegenüber. Das Haus (für zwei Personen eigentlich viel zu groß) war in tadellosem Zustand, was meiner Faulheit sehr zu Gute kam. Anna arbeitete als Krankenschwester und verdiente gutes Geld, ich reichte mit meinem BAföG auch immer bis zum Monatsende, wir hatten keine Probleme. Bis auf das Geklingel, und heute Morgen hat es mir gereicht. Halb elf ging es los. Da ich im Erdgeschoss wohne, gleich neben der Haustür, bin ich für jegliche Klingler zuständig. Allerdings lag ich zufrieden im Bett und schlief, hatte letzte Nacht wieder länger recherchiert, nein, Unsinn, ich bin mal wieder auf einer Party gewesen. Irgendjemand hatte Geburtstag, keine Ahnung wer.
Dieses penetrante Klingeln ging mir tierisch auf die Nerven, wie gesagt, ich hasse es geweckt zu werden. Nach etwa fünf Minuten quälte ich mich aus dem Bett. Mein Hirn schlug sofort Alarm, trotzdem ging ich in den Flur und öffnete die Tür. Einen solchen Anblick hätte ich jedoch nicht erwartet: eine wunderhübsche, junge Frau stand vor mir. Die gelbe Postuniform konnte diese Schönheit nicht schmälern, dennoch sank meine Stimmung sofort in den Keller. Ihre schrille Stimme machte mir bewusst, dass ich zu wenig geschlafen hatte, und sie faselte irgendwas von Nachzahlungsgebühren, blah blah blah. Ich sah kurz nach links und rechts, holte aus und schlug ihr deftig ins Gesicht. Sofort hielt ich sie fest, damit sie nicht nach hinten kippen konnte und zog sie ins Haus. Zuerst war ich über mich selbst bestürzt, ich hatte eine Frau geschlagen! Das sprach vollkommen gegen mein politisches Selbstverständnis!!! Trotzdem musste ich etwas tun. Ich fesselte sie mit einem Strick, den ich in der Küche fand und fuhr den Transporter hinters Haus. Mein nächster Gedanke galt meinem Bett, aber das Mädchen von der Post wachte auf und begann zu schreien, kurzerhand stopfte ich ihr einen Lappen in den Mund und klebte schwarzes Gaffa-Tape drüber. Sie wurde wieder bewusstlos, also kroch ich zurück in mein, noch warmes, Bett.
Es kann keine halbe Stunde später gewesen sein, als es erneut an der Tür klingelte. Ich schreckte hoch und verfluchte mich selbst, dass ich vergessen hatte die scheiss Glocke abzustellen. Wieder quälte ich mich aus der Mulde und öffnete die Tür. Da stand doch tatsächlich ein Typ, der mir einen Staubsauger verkaufen wollte! Unglaublich! Ich drehte mich um und griff den Schläger von der Wand, der da hängt für unliebsamen Besuch, und schlug direkt zu. Mr. Staubsauger sackte zusammen und ich zog ihn ebenfalls ins Haus. Die Postbotin war wach und starrte mich an, konnte aber nicht schreien. Ich stellte die Klingel ab und ging zurück ins Bett.
Wieder wurde ich geweckt, diesmal war es aber Anna. „Wat is dat denn für ne Scheisse da draußen? Ich glaub wohl es hackt bei dir!“ Sie zog mich aus dem Bett und gleich noch in den Hausflur. Der Staubsaugertyp war anscheinend tot, denn sein Blut hatte den halben Boden überflutet, seine Gesichtsfarbe war aschgrau. Die Posttussi lag daneben, wach, mit panischem Gesichtsausdruck. Bewegen konnte sie sich nicht, anscheinend hatte ich sie gut gefesselt. „Da steht immer noch ein Auto vor der Tür! Denkst du überhaupt nicht mehr nach?“ Scheisse, Anna hatte Recht, wir hatten ausgemacht, dass heute nichts passieren dürfte. Dafür gab es zwei Gründe: sie bekam Besuch von ihrem Freund und ich von meiner Freundin, beide vegan lebende Menschen, die mit dieser Sauerei höchstwahrscheinlich nicht klarkommen würden… „Kuck mich nich so an!“ schrie sie. Ich saß immer noch neben der Blutlache des Staubsaugervertreters und wusste nicht, was ich jetzt machen sollte. Anna verschwand in Richtung Küche. Ich stand auf. Die Panik im Gesicht des Postmädchens erfüllte mich mit Faszination. Wie schön sie war… Anna kam zurück, mit einem Küchenbeil in der linken, und dem Telefon in der rechten Hand. „Pass auf, ich ruf jetz Fratze an, der holt die Karren hier weg, danach hol ich die Hunde und du kümmerst dich um den Rest! Aber lass was übrig, damit wir den Veganern heut Abend wat schönes servieren können!“ Sie drückte mir das Beil in die Hand und verschwand wieder. Die Postfrau starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an und begann wild zu strampeln. Klar, dachte ich, sie hat gehört was Anna gesagt hat, dass sie dadurch in Panik gerät ist kein Wunder. Ich ging in die Küche, nahm die Pulle Wodka (guter polnischer…) aus dem Eisfach, die ich für Notfälle dort deponiert hatte, und nahm einen kräftigen Zug direkt aus der Flasche. Bier war auch noch da, ich griff mir eins, ging zurück in den Flur, hockte mich in die Ecke und überlegte wie ich anfangen sollte.
Das Küchenbeil kam mir etwas stumpf vor, also ging ich den Wetzstahl holen…