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Hungersnot
Hungersnot
Ich sitze nervös hinter dem Lenkrad meines alten, rostigen Autos. Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn. Meine Hände werden glitschig und schmierig. Ich spüre, es ist wieder so weit. Ich halte Ausschau. Nach links – nichts. Nach rechts – auch nichts. Ich fahre nervös weiter. Es kribbelt in meinem Kopf. Es drückt in meinem Bauch. Es muss schnell gehen. Ich brauche es jetzt. Sofort. Kann nicht warten. Ich fahre schneller. Dabei schaue ich auf die analoge Uhr in meinem Tacho. Sie ist zu früh. Verdammtes Teil. Egal. Ein anderes Problem dürstet dringender nach einer Lösung. Ich hasse dieses Problem. Es sucht mich. Es findet mich. Es verfolgt mich. Irgendwann holt es mich ein. Ich kann mich nicht wehren. Bin zu schwach. Ich habe Hunger. Jeden Tag fürchte ich, an dem es mich einholt. Ich brauche es. Warum zwingt ihr mich? Lasst mich zufrieden! Haut ab! Zwecklos. Mein Kopf droht zu explodieren. Ich verliere fast das Lenkrad. Rote Ampel. Ruhe. Ein Augenblick Frieden. Grün. Es geht weiter. Wohin fahre ich? Ich kenne diese Straße nicht. Was soll das? Ich will weg hier. Ich habe Angst in dieser Umgebung. Gas. Mehr Gas. Noch ein wenig mehr. Dann erblicke ich, wonach ich suche. Ein Schnellimbiss. Die Auswahl ist reichlich und einer verlockender als der andere. Was mache ich nur? Wie viel wird es kosten? Kann ich mir das leisten? Alles egal. Ich muss jetzt essen. Es frisst mich auf. Kann nicht davonlaufen. Der Hunger wird immer größer. Tu das nicht, höre ich eine Stimme sagen. Das nutzt nun auch nichts mehr. Als hätte ich eine Wahl. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Ich leide. Ich muss jetzt essen. Ich greife nach dem ersten, den ich sehe. Schnell weg hier, bevor mich jemand bemerkt. Halt die Klappe! Ich muss nachdenken, kann aber nicht. Warum müssen Kinder immer so laut sein? Stopft ihnen doch allen das Maul. Gute Idee. Meine Nervosität ist immer noch präsent. Sie ist schwächer als zuvor, doch spüre ich sie deutlich. Kopfschmerzen machen sich breit. Das Sehvermögen lässt nach. Mein Magen knurrt wild umher. Gleich kann ich essen. Geduld. Geduld. Da ist ein Wald, den ich gut kenne. Ich bin schon oft hier gewesen. Hier kann man ungestört und in aller Ruhe essen. Noch ein Stück weiter, tiefer in den Wald. Bist du endlich ruhig! Wir sind am Ziel. Ich steige aus und nehme mein Essen mit. Ich lass es mir schmecken, immer wieder. Dann schmeiß ich es weg. Es ist fad. Es schmeckt nicht mehr. Ich bin satt. Der Hunger ist weg, doch lange wird er nicht verweilen.