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Ich jammere halt gerne

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06.03.2007
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Ich jammere halt gerne

Ich rief Simon an.
„Hast Du nun mittlerweile herausbekommen, was „Zweier“ sind?" fragte ich ihn.
„Ich nehme mal an, es handelt sich immer noch um irgendeine Art von Dachpfannen oder Styroporplatten. Warum willst Du das wissen?“
„Weil man mich gefragt hat. Also?“
„Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen? Ich weiß nur die Dinge, die du mich wissen lässt. Hättest wohl besser recherchieren sollen.“
„Hab´ ich. Das Ergebnis war, dass das, was ich „recherchiert“ habe, für unglaubwürdig gehalten wurde.“
„Wenn Du einen guten auktorialen Erzähler kreiert hättest, könntest Du ihn jetzt fragen.“
„Hättest, hättest! Hab´ ich aber nicht getan. Steck´ Deine tolle Idee in einen Briefumschlag und schick das ganze an letzte Woche. Da hätte ich vielleicht mit Deinem Vorschlag etwas anfangen können.“
„Was willst du eigentlich von mir? Ich bin nur dein Protagonist. Dein Problem geht mir echt am Arsch vorbei. Die Geschichte ist zu Ende geschrieben. Mein Job ist getan und ich habe bestimmt keinen Bock, deinen auch noch zu machen.. Wen interessiert noch, was „Zweier“ sind? Setz` Dich lieber an Deinen Computer und schreib irgendetwas Neues, aber lass mich mit Deinem Scheiß in Ruhe.“
Ich rief Simon nie wieder an.

Drei Wochen später erzählte mir Mott the Hoppel beim Essen, dass Simon ihn angerufen hätte. Er hätte aber abgelehnt, weil er für ihn momentan keine Idee hätte. Er habe ihm aber Rainer L.s e-mail-Adresse gegeben. Über den sei er bei einen drittklassigen Groschenromanschreiber in Berlin-Pankow gelandet. Sollte er doch. Was interessierte es mich, ob er woanders eine Anstellung gefunden hatte. Vielleicht würde man ihm dort einen Nachnamen geben, möglicherweise sogar eine Vergangenheit, aber letztendlich würde man auch dort seinen Charakter beliebig verformen, ihn aussaugen und wieder auf den Markt werfen, wenn die Geschichte abgeschlossen war. Protagonistenschicksal. Insgeheim wünschte ich mir, dass es eine möglichst schnulzige Arzt- Schmonzette sei. Simon hasste Kitsch. Vielleicht würde er dann zu mir zurück gekrochen kommen, aber den würde ich nicht mehr reinlassen. Mott erging sich gerade über Er und Sie van der Maas, ein mindestens so aufdringliches wie klischeebeladenes holländisches Ehepaar, dessen Wohnwagen üblicherweise neben dem Edamer im Käsefach des Kühlschranks parkte. Mott erzählte von einer Diskussion mit Sie van der Maas, die sich wohl darum drehte, ob die wabernde gelbe Masse, neben der die van der Maases ihren Kurzurlaub verbrachten, guter deutscher Pudding oder „eine nicht so doll geratene Vla“ sei. Der gute Mott war einfach zu großherzig. Er konnte einfach niemanden ablehnen. Außer von dem Ehepaar van der Maas wusste ich noch von einem phönizischem Kanalobservator, einer japanischen Rockband ,drei Jedikriegern und zwei nicht miteinander verwandten Frauen mit dem Namen Gesine Rosenbaum, die alle darauf warteten, in einer von Motts Geschichten einen Platz zu finden. Weiß der Himmel, wer sich sonst noch so alles in Nähe meines Freundes herumtrieb. Aus Mitleid hatte ich ihm mal eine Eberhardine Schmidt abgenommen. War keine gute Idee gewesen. Wie wurden eigentlich ein Grass oder eine Jelinek solche Charaktere wieder los?
Zwischen zwei Bissen Gyros überlegte Mott lautstark, ob man wohl die Jedikrieger irgendwie mit den van der Maases und Knut dem Eisbär zusammenbringen könnte. Ich schüttelte den Kopf. Fand ich nicht so eine prickelnde Idee, wenn man hauptsächlich über „Erotik“ und „Historie“ schrieb.
„Wann ist der Eisbär bei dir eingezogen?“
„Sonntag. Die Kleine hat eine Doku im Fernsehen geguckt und dann beim Kaffeetrinken kam es. `Papa, schreib mal was vom Knut`. Mach Du mal einer Fünfjährigen klar, dass man keine Lust darauf hat.“ Mott war wirklich zu großherzig. Dabei hatten wir beide uns bemüht, dem Bär aus dem Weg zu gehen. (An dieser Stelle muss ich mich wohl mal bei zahllosen Grundschülern bedanken, die mir es mir abgenommen haben, mich um einen nervtötenden Fellklumpen kümmern zu müssen.) Vor meinem inneren Auge sah ich Mott schon in nächtelangen Gesprächen mit dem Tier, die sich hauptsächlich darum drehten, warum es nötig sei, dass ein imaginärer Eisbär im Wohnzimmer reale Schäden hinterließ. Mein Schreiberfreund hatte es wirklich nicht immer leicht mit seinen Darstellern. Nicht so wie LoopLoop, deren Protagonisten bei der Gartenarbeit halfen, oder KreaTief_87, die vierundzwanzig Nebendarsteller immer wieder dazu brachte, eine Grillparty in immer neuen Variationen durchzuspielen und das ganze ohne irgendwelche Beschwerden oder Hauptcharaktere. Im Vergleich zu Mott hatte ich es mit meinem Neuzugang Melchior Caspari eigentlich gar nicht so schlimm getroffen. Er behauptete zwar ständig, dass er noch niemals für jemand anderes gearbeitet zu haben, aber ich vermute, dass er schon mal in einer schlechten Weihnachtsgeschichte aufgetaucht ist. Die von der Art , in denen am Ende alle um den Baum herumhocken und sich über die „Ankunft des lieben kleinen Jesulein“ freuen. Der Typ war mir von Anfang an irgendwie unsympathisch, aber ich wurde ihn nicht los. Während der Nachtisch kam, setzte sich Melchior an den Tisch neben uns und studierte die Speisekarte, aber ich ignorierte ihn mehr oder minder gekonnt. Der Bill-Cosby-Gedächtnispullover, den er trug, war neu. Verdammt, Melchior nahm mehr und mehr Gestalt an und das, was ich da sah, gefiel mir immer weniger. Nicht mehr lange und sein Gesicht würde individuelle Züge annehmen.

Wem erzähle ich das eigentlich alles? Ihr schreibst doch selbst. Wollt Ihr mir etwa erzählen, dass Ihr nicht noch nie mit solchen Problemen herumschlagen musstest? Ja, sicher! Eure Protagonisten tun nur das, was ihr wollt und entwickeln überhaupt kein Eigenleben.
Aber Ihr müsst mich jetzt entschuldigen. Ich habe mehr als genug herumgejammert und drei ältere Damen wollen mit Waffeln versorgt werden, während sie auf Renate warten. Es ist schließlich meine Schuld, dass sie den Bus verpasst hat. Außerdem fängt Melchior Caspari im Hintergrund an zu nerven. Mittlerweile hat er ein leicht geschwollenes rotes Gesicht und eine Halbglatze entwickelt und kommt mir ständig mit der Idee einer kölschen Religionssatire – „wegen dem Namen und so“. Ich weiß nicht zum wievielten Male ich ihm jetzt sage, dass ich das dämlich finde, genau wie seinen Vorschlag, dass ganze „Karneval in der Balthasarstrasse“ zu nennen.

Braucht nicht jemand ein Opfer für seine nächste Horrorgeschichte? Bitte!?!

 

Ist ganz spontan heute nacht entstanden, nachdem ich einen Kommentar zu einer meiner Geschichten gelesen habe. Heute morgen hab ich dann die gröbsten Fehler korrigiert.Vielleicht ist das ganze ein wenig unausgegoren. Aber ich wollte mal probieren, wie es wirkt, bevor ich es 23-mal umschreibe und dann doch wegwerfe.

 

Liebes bluefin (wer keine Angaben zum Geschlecht macht, muss damit leben als Neutrum tituliert zu werden^_^)
Wie oder was solch ich genau ändern???

hörst du, wie vieviel besser das riecht
Ich hab´s versucht, aber ich kann einfach nicht mit dem Ohren riechen^_^
Es wäre nett, wenn Du mit Deinem Kommentar etwas genauer seien könntest, dann röche ich vielleicht auch, was faul ist.
Wenn ich der Ansicht wäre, Du würdest mich verarschen, würde ich Dich einfach ignorieren.
Friede auch mit Dir
Juby

 

Hallo Juby,

auch wenn ich mich etwas schuldig fühle, kann ich Bluefin recht geben, es ist zu viel auf dem Teller, hier wäre weniger mehr. Es ist als ob jemand erzählt, ohne Luft zu holen, da fällt es schwer als Leser mitzuhalten.

Liebe Grüße Weltflucht

 

Hallo Juby,

ja, einiges von dem was Du (be)schreibst kommt mir bekannt vor, auch wenn ich meinen Prots gerne die kurze Leine und den engen Maulkorb anlege, um deren Eigenleben nicht zu sehr ins Extreme ausufern zu lassen.
Einige unterhaltsame bis witzige Ideen hast Du drin aus dem Zusammenleben mit den Prots, für mich ist es auch nicht zu durcheinander oder quer; wenngleich soetwas wie ein roter Faden fehlt, ein wenig Struktur im Chaos, doch insgesamt finde ich sie für einen spontanen Skizzenblock schon recht wohlgeraten, unterhaltsam halt.

Wobei übrigens meines Wissens Fla und Pudding sich vor allem durch die Zutat Sahne unterscheiden (neben der unterschiedlichen Schreibweise natürlich), und natürlich durch die Konsistenz.

„Hast Du nun mittlerweile herausbekommen, was „Zweier“ sind? Fragte ich ihn.
hierfehlt ein abschliessendes Anführungszeichen und dann kann das fragte klein geschrieben werden
Über den sei er an einen drittklassigen Groschenromanschreiber in Berlin-Pankow gelandet.
über den gelangt oder durch den gelandet
Mach Du mal einer fünfjährigen klar,
Fünfjährigen
und kommt mir ständig mit der Idee einer Kölschen Religionssatire
kölschen

Grüße,
C. Seltsem

 
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Hallo Ihr!
@weltflucht

Es ist als ob jemand erzählt, ohne Luft zu holen
Genau das tut der Prot ja auch und so sollte es auch ein wenig wirken. Wenn man so vor sich hin jammert, hat man meist keinen roten Faden und schmeißt alles einfach in den Raum hinein.

@bluefin
Unterstützend bei der Futtersuche benötigt ein Fisch seinen gut entwickelten Geruchssinn auch zur Kommunikation und zum Finden eines Geschlechtspartners. Solltest Du ein ein Knorpelfisch oder ein Säugetier sein, auch dann kann ich Dir nur zu Deinem Geruchssinn gratulieren. Er muß in jedem Fall besser sein, als der von uns armseligen menschlichen Existenzen. Erst schreibst Du ich solle lieber ein frisches Stück Fleisch verwenden und dann sagst Du indirekt, ich soll alles verkochen. Was riecht denn nun besser?

@C.Seltsem
Fehler werden natürlich korrigiert. Eine richtige Struktur war eigentlich gar nicht vorgesehen, da man meist keine Struktur hat, wenn man vor sich hinlamentiert.(und das ist jetzt keine Ausrede im Nachhinein für mein schlampiges Arbeiten^_^)

Wobei übrigens meines Wissens Fla und Pudding sich vor allem durch die Zutat Sahne unterscheiden (neben der unterschiedlichen Schreibweise natürlich), und natürlich durch die Konsistenz.
Gut, ich werde es Mott wissen lassen. Sie van der Maas´Hauptargument ist nämlich, Pudding sei mit viel weniger Liebe gekocht.^_^

Zumindest habe ich jetzt ein paar Anregungen, wie ich die Geschichte überarbeite. Ihr wollt Struktur und Ordnung? Sollt ihr haben. Kann aber dauern.
Es freut mich, Euch ein wenig unterhalten zu haben
Juby

 

Hallo Juby,

Ihr wollt Struktur und Ordnung? Sollt ihr haben.

Ja, bitte, ein paar deutliche Absätze, zum besseren Lesen am Bildschirm.
Aber sonst? Wenn ich mit meinen Prots so im Gespräch bin, reden auch alle durcheinander. Jeder / Jede brabbelt aus seiner / ihrer Sicht und Wichtigkeit, die ich ihm / ihr noch gar nicht gegeben habe.

Ich finde die Idee gut, hab's gerne gelesen und die Anfangsfrage:

„Hast Du nun mittlerweile herausbekommen, was „Zweier“ sind?" fragte ich ihn.

fand ich nun wirklich gut. Hab grad den 'Zweier' nochmals gelesen.

Kann aber dauern.

Ich kann warten. :thumbsup:

Herzlich, Gisanne

 

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