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Im Flugzeug an einem Hustenbonbon ersticken

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14.08.2002
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Im Flugzeug an einem Hustenbonbon ersticken

Ich bin krank. Husten, Schnupfen, Fieber, Halsweh. Die ganze Palette. Aber das ist nicht alles. Krankheiten gehen bei mir stets mit einem nicht zu unterschätzenden Ansturm von Selbstmitleid Hand in Hand. Ich huste nicht nur, ich heule dabei. Während andere imstande sind, ihre Spongebob-Mentalität trotz Grippeversion 8.0 aufrecht zu erhalten, verkümmere ich in meinen vier Wänden vor mich hin. Rotzend, röchelnd, jammernd. Geradezu zwanghaft muss ich die ganze Welt über meine körperlichen und seelischen Leiden aufklären. Ich will Mitleid erhaschen, keine Frage! Kategorisch gehe ich Telefonlisten durch, um meinen gesamten Bekanntenkreis lückenlos darüber zu informieren, dass ich bald sterbe. Manchmal wähle ich auch x-beliebige Telefonnummern und setzte beispielsweise einen Chinesen davon in Kenntnis, dass meine Nase verstopft ist.

Meine Mutter hat mich schon zu Kinderjahren gelehrt, dass Arznei nur im äußersten Notfall aus dem Medizinschränkchen gekramt werden dürfe. Sei es aus Gründen der Antipathie gegenüber der Pharmaindustrie oder aus Geiz. Jedenfalls vermeide ich weitestgehend den Kontakt zu pharmazeutischen Erzeugnissen. Ein beliebter Ausspruch meiner Mutter ist: „Im Aspirin steckt der Tod!“
Tee ist die Alternative. Tee in rauen Mengen. Tee von morgens bis abends. Die Krankheit quasi gewaltvoll aus dem Leib urinieren. Ich habe mir schon überlegt, irgendwann, wenn ich mal Lust dazu habe, den kompletten, weltweiten Teevorrat aufzukaufen und eine Teesintflut auszulösen. Da wären die Engländer aber zornig. Mensch, wären die zornig. Haha!

Oft lutsche ich aber auch einfach Hustenbonbons. Nicht, weil ich hoffe, davon gesund zu werden. Ich finde irgendwie das Gefühl ulkig, ein Hustenbonbon zu verschlucken. Ich hätte mich mal fast an einem Hustenbonbon zu Tode geröchelt. In einem Flugzeug. Auf einem Transatlantikflug. Das mach’ mir mal einer nach! Seelenruhig saß ich da und las eine dieser unheimlich informativen Lufthansa-Heftchen, als es mir im Halse zuckte. Es kam ganz plötzlich. Ich glaube, es machte „Schnugg“, oder so ähnlich. Lustige Akustik jedenfalls. Das Kräuterstückchen steckte im Halse und war weder vorwärts noch rückwärts zu bewegen. Kurz: Ich bekam keine Luft mehr. Ich lief erst rot an, dann blau. Die Passagiere begannen ganz wild auf mich einzudreschen, weil sie dachten, das würde helfen. Schließlich kamen einige Stewardessen. Leider fiel ihnen auch nichts anderes ein, als auf mich einzudreschen. Auf solch eine Situation waren sie wohl in ihren Lehrgängen nicht vorbereitet worden. Jedenfalls machte es irgendwann „Plop“, das Bonbon kullerte auf den Boden und wurde anschließend sachgerecht entsorgt. Weil ich noch ein wenig weiterhustete, droschen die Flugbegleiterinnen weiterhin aufgeregt auf mich ein. Ich wollte ihnen sagen, dass sie jetzt aufhören könnten, aber ich musste ja husten. Und heulen, wie gesagt. Ich halte Leute, die wie verrückt auf hustende Mitmenschen eindreschen, ja prinzipiell für heimliche Sadisten, aber das ist eine andere Geschichte…

Angesichts dieser Anekdote werden spezielle Leute, die immer sagen, dass man in Amerika klagen könnte, sagen, dass man in Amerika klagen könnte. Gegen Kräuterbonbonhersteller. Mach ich aber nicht. Ich verklage die Lufthansa. Die soll gefälligst ihre Stewardessen unterrichten: Was tun, wenn ein Passagier droht, an einem Hustenbonbon zu ersticken?

Zurück aber zu meiner Grippe und dem damit zusammen hängenden Mitteilungsdrang; Für diejenigen Bekannten und Verwandten, die ich telefonisch nicht erreiche, verfasse ich ein Rundschreiben, das ich per E-Mail oder Fax versende.

Liebe Freunde, geschätzte Tanten, Neffen und Schwippschwäger,

hiermit möchte ich Euch darüber in Kenntnis setzen, dass ich die Grippe habe. Mit letzter Kraft verfasse ich diese Zeilen. Meine Augen sind rot, meine Lymphknoten angeschwollen und mein Hals glüht. Nur damit ihr’s wisst!
Euer Mitgefühl würde mich kräftigen, auch wenn eine Genesung in absehbarer Zeit nicht in Aussicht steht.

Über Blumenkränze, Geld oder Bier würde ich mich sehr freuen.

Kurz darauf wurde mir klar, dass das Rundschreiben ein Fehler war. Mein Freund Torte (Thorsten) kam mich spontan besuchen. Er machte sich ernsthaft Sorgen um mich. Bier hatte er aber keins dabei. Heilen wollte er mich mit einer Fruchtgummikur. Das sei gut für den Zuckerhaushalt und helfe, den Stoffwechsel in die Gänge zu bringen. Das war sein Ernst. Oh Gott, das war sein Ernst. Torte ist ziemlich abgefahren, muss man dazusagen. Wenn man nicht macht, was er will, heult er rum, dass er’s doch nur gut meine. Er behauptet auch, dass man von Afri-Cola Schweißfüße bekäme. Ein Freak also. Folgerichtig fraß ich das Fruchtgummi nur so in mich hinein. Erdbeeren, Himbeeren, Bananen und Orangen aus Zucker. Ich stopfte und stopfte, weil ich Torte aus dem Haus haben wollte. Dieser beschwerte sich noch, dass allen scheißegal sei, dass in der Tropifrutti-Fruchtgummimischung neuerdings der Papagei fehle. Den habe er so lieb. Er heulte fast. Ich hingegen versuchte, Torte zu ignorieren, und schaufelte energisch die Fruchtgummis in mein Sprechloch.
„Schnugg.“
Ich hatte ein Fruchtgummi im Halse stecken. „Verdammte Kacke“, dachte ich mir. „Fehlt nur noch…“
Torte drosch wie wild auf mich ein. Schwungvoll und voller Elan. Mir war inzwischen alles egal. Wenigstens wusste dieser Chinese, dass meine Nase verstopft war.

 

Moin Kaktee,

Ja, hat mir gut gefallen. Diesmal tatsächlich weniger essayistisch (ein schönes Wort), sondern ne echte Geschichte. Fein fein.
Die Gags sitzen, sprachlich isses rund und die Schlußpointe ist klasse. Das Thema ist zwar ein wenig abgelutscht (hihi), aber dennoch fand ich deine Geschichte ziemlich unterhaltsam.

Spongebob-Mentalität
wasndas?
Manchmal wähle ich auch x-beliebige Telefonnummern und setzte beispielsweise einen Chinesen davon in Kenntnis, dass meine Nase verstopft ist.
Besser vielleicht: und setze irgendwelche Chinesen davon in Kenntnis - nur ein Vorschlag.
Die anderen Passagiere droschen schon ganz wild auf mich ein, weil sie dachten, das würde helfen
Das klingt so, als hätten sie das ganze Zeit über gemacht. Besser vielleicht: Die Passagiere begannen...
Angesichts dieser Anekdote werden spezielle Leute, die immer sagen, dass man in Amerika klagen könnte, sagen, dass man in Amerika klagen könnte.
supi

 

Hi Kaktus!
Mir hat Deine Geschichte leider nicht so gut gefallen. Vielleicht war es einfach nicht mein Humor. Die Witze haben mich einfach nicht vom Hocker reißen können, die Pointen waren meiner Meinung nach zu lahm. Vielleicht liegt das daran, dass Du auch ein schon oft gebrachtes Thema abhandelst.

Manchmal wähle ich auch x-beliebige Telefonnummern und setzte beispielsweise einen Chinesen davon in Kenntnis, dass meine Nase verstopft ist.
Der Gag, irgendwelche unbeteiligten Leute an seinen Leiden teilhaben zu lassen, ist wirklich alt.
Trotzdem ist Deine Geschichte flüssig geschrieben und mag vielleicht den ein oder anderen Humor treffen. Mein Tipp: ungewöhnliche Situationen, die vielleicht schon am Rande der Realität sind. Ich hätte es z.B. lustig gefunden, wenn Dein Protagonist versucht hätte, andere an seinem Leiden teilhaben zu lassen. Wär mal was anderes.
Aber ist ja schließlich nur meine Meinung...

 

gnoebel schrieb:
Diesmal tatsächlich weniger essayistisch
Hm, aber so die fette Handlung hat´s jetzt auch nicht. :hmm:

Es war gut zu lesen, musste sogar mal schmunzeln. Ich glaube, ab jetzt leide ich unter Flugangst :sicko:

´tschuldige die kurze Kritik. Nächstes Mal wird´s mehr.

Gruss

 
Zuletzt bearbeitet:

@gnoebel!

Diesmal tatsächlich weniger essayistisch (ein schönes Wort), sondern ne echte Geschichte. Fein fein.
Ich hab mich aber auch angestrengt ;)

Die Gags sitzen, sprachlich isses rund und die Schlußpointe ist klasse.
:huldig:

Das Thema ist zwar ein wenig abgelutscht (hihi)
Erstmal Gratulation zum Spitzen-Wortspiel :D. Dann aber noch ne Frage: Was ist jetzt genau von der Thematik her abgelutscht? Ich nehme an, du meinst das Thema Krankheit an sich? Oder doch die Tatsache, dass man um Mitleid bettelt? Bitte präzisieren. Danke.

wasndas?
Naja, du bist vielleicht schon drüber raus, altersmäßig :bib: . Spongebob ist ein immer fröhlicher Cartoon-Schwamm, der ganz gerne durch den Fernseher hüppt.

Besser vielleicht: und setze irgendwelche Chinesen davon in Kenntnis - nur ein Vorschlag.
Aber dann funktioniert doch der Schlussgag nicht mehr, oder? Sonst müsste ich am Schluss ja schreiben "Wenigstens wusste irgendein Chinese, dass meine Nase verstopft ist." Ich finde den speziellen Chinesen irgendwie...persönlicher.

Das klingt so, als hätten sie das ganze Zeit über gemacht. Besser vielleicht: Die Passagiere begannen...
Vielen Dank.

Und ich dachte, das rafft keiner :Pfeif: . So kann man sich irren.

@SAN

Mir hat Deine Geschichte leider nicht so gut gefallen.
Naja, nächstes Mal vielleicht wieder ;)

Der Gag, irgendwelche unbeteiligten Leute an seinen Leiden teilhaben zu lassen, ist wirklich alt.
Aber ich steh auf die Umsetzung :D. Ne, mal im Ernst: Innovativ meine Story sicher nicht. Aber ich will ja auch nur unterhalten.

Mein Tipp: ungewöhnliche Situationen, die vielleicht schon am Rande der Realität sind.
Abgesehen von der Einführung, dass ich bei Bekannten um Mitleid bettle, ist das doch der Fall?! Ich finde im Flugzeug ein Hustenbonbon zu verschlucken schon ziemlich realitätsgrenzwertig. Auch die Fruchtgummikur und das zweite Verschlucken.

@Rufus

Danke!


Schönen Gruß und immer her mit Kommentaren.

 

Hallo flashbak!

Hm, aber so die fette Handlung hat´s jetzt auch nicht. :hmm:
Richtig. :cool:

Es war gut zu lesen, musste sogar mal schmunzeln.
Na also.

Schönen Gruuuß. Kaktus.

 

Ich hab mich aber auch angestrengt
brav
Was ist jetzt genau von der Thematik her abgelutscht? Ich nehme an, du meinst das Thema Krankheit an sich?
Nicht Krankheit, sondern eher die Tatsache, daß Männer bei sowas zur Wehleidigkeit neigen. Abgelutscht hab ich aber nur wegen des - tatsächlich verdammt guten - Wortspiels geschrieben. "Oft beschrieben" beschreibts wohl besser.
Aber dann funktioniert doch der Schlussgag nicht mehr, oder?
Dann mach " und setze irgendeinen Chinesen davon in Kenntnis" draus (was sich dann allerdings kaum noch von deiner eigentlichen Version unterscheidet - aber ich finde, meins klingt cooler ;))

 

Abgesehen von der Einführung, dass ich bei Bekannten um Mitleid bettle, ist das doch der Fall?! Ich finde im Flugzeug ein Hustenbonbon zu verschlucken schon ziemlich realitätsgrenzwertig. Auch die Fruchtgummikur und das zweite Verschlucken.
Sicher. Aber für meinen abgedrehten Humor reicht das noch nicht. Ich erwarte absurde Situationen, die für Megalacher sorgen. Du hast ein großes Talent. Da kannst Du auch mal richtig auf die Kacke hauen.

 

Hallo SAN!

Aber für meinen abgedrehten Humor reicht das noch nicht.
Ach so. Ich glaube ich weiß, was du meinst. Manchmal steh ich auch auf die abgedrehte Schiene. Auf völlig Unnachvollziehbares, Groteskes, Abstruses. Das ist in dieser Geschichte nicht der Fall, das stimmt. Nur für meine Verhältnise isses schon abgedreht, deswegen meine Reaktion.

Du hast ein großes Talent. Da kannst Du auch mal richtig auf die Kacke hauen.
Danke fürs Talentbekunden erstmal. Ich hab mich bisher noch nicht getraut, meine Auf-die-Kacke-hau-Geschichten hier zu posten ;). Vielleicht ist das auch besser so... :shy:

Schönen Gruß. Kaktus.

 

@SAN

Aber für meinen abgedrehten Humor reicht das noch nicht. Ich erwarte absurde Situationen, die für Megalacher sorgen.
Herzlich Willkommen. Ich begrüße sie zur Sendung "Wünsch dir was". Wenn sie mit der Auswahl der KG´s nicht zufrieden sind, dann schreiben sie doch selber welche, die lustig genug sind!

@Kaktus
Deine Story ist absurd genug, jedenfalls kenne ich niemanden, habe nie davon gehört, geschweige denn gelesen, dass irgendwer, solch eine Situation, jemals erlebt hat. Amüsant ist sie allemal!

Gruss

P.S.: Und verpfusch Dein KG-Leben nicht mit Auf-die-Kacke-Hau-Geschichten, sondern nutze Dein

SAN schrieb:
großes Talent
.
Oh Mann.

 

@ flashbak
Schöne Grüsse: ich habe nur angemerkt, dass man aus dem Stoff meines Erachtens noch mehr machen kann. Es ist nur meine Meinung. Ich weiß, dass Kaktus meinen Humor treffen kann - und so weit ich mich erinnern kann - auch immer getroffen hat. Meine Kritik diente dazu, mein Interesse darzulegen.
Sorry, dass ich Deine Kritik hier etwas unangebracht finde...
SAN

 
Zuletzt bearbeitet:

[OFFTOPIC]
@SAN

SAN schrieb:
für meinen abgedrehten Humor reicht das noch nicht. Ich erwarte absurde Situationen, die für Megalacher sorgen
Sorry, aber das las sich, als ob Du in einer Jury sitzt und hier die Auswahl triffst. Es war ja auch in dem Sinne kein Verbesserungsvorschlag.[OFFTOPIC]
Mich würde aber interessieren, wie Du aus diesem Stoff mehr machst?

trotzdem Gruss

 

Meine Kritik diente dazu, mein Interesse darzulegen

Es ging nicht darum, die Geschichte selbst zu schreiben. Wie auch schon gesagt, hätte man MEINER MEINUNG nach mehr draus machen können. Die Story habe ich nicht so positiv sehen können wie andere, denke aber, dass mehr drin gewesen wäre. Es geht nicht darum, ob ich mehr aus dem Thema gemacht hätte...
Gruss
SAN

 

Hi Kaktus!

Im Großen und Ganzen hat es mir schon gefallen, auch wenn ich denke, dass das Potential dieser Geschichte nicht ausgereizt ist. Das kann man natürlich so sehen, muss man aber nicht. Die Vorschläge, die ich dir unten anbiete, sind Vorschläge, nichts weiter.

Jedenfalls: ganz lustig, amüsant geschrieben, flüssig.

Details:

Manchmal wähle ich auch x-beliebige Telefonnummern und setzte beispielsweise einen Chinesen davon in Kenntnis, dass meine Nase verstopft ist.
Der Gag vorher war sehr gelungen und dieses Satz demontiert ihn dann.

„Im Aspirin steckt der Tod!“
Sehr schön.

Die Krankheit quasi gewaltvoll aus dem Leib urinieren.
Sehr gut, aber: Punkt.
Das
Ich habe mir schon überlegt, irgendwann, wenn ich mal Lust dazu habe, den kompletten, weltweiten Teevorrat aufzukaufen und eine Teesintflut auszulösen. Da wären die Engländer aber zornig. Mensch, wären die zornig. Haha!
Kannst dzu dir komplett schenken, finde ich.

Das mach’ mir mal einer nach!
Solche Komentare finde ich immer höchst überflüssig. Geschmacksache? Ja...

las eine dieser unheimlich informativen Lufthansa-Heftchen,
Hier geht ein gag verloren... was hat er denn gelesen? Eine Absturzstatsitik? Überleben im Atlantik?

Die Passagiere begannen ganz wild auf mich einzudreschen
Finde ich zu berichtartig... warum bebschreibst du nicht einen Passagier näher, der eindrischt? Warum baust du nicht eine kreischende Frau ein "Wir werden alle sterben!"), ect. Das hätte in meinen Augen mehr Würze.

Den habe er so lieb. Er heulte fast.
An dieser Stelle wäre doch ein knackiger Dialog nicht schlecht. Nur so als Anregung.


In diesem Sinne
c

 

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