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Im Kohl

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24.09.2006
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Im Kohl

Ach Ernst, schau doch, ein Kaninchen in meinem Beet, rief Hilde vom Fenster her, durch das sie in den Garten blickte – schau doch, mein guter Kohl mit diesem kleinen Nager…!
Ernst, ihr Mann, der den halben Sonntagnachmittag damit verbracht hatte, auf dem Wohnzimmersofa liegend zu gähnen und dabei hin und wieder die Zeitung umblätterte und einen Seufzer hören ließ, sah nicht einmal auf.
Ernst! Ein Kaninchen, hörst du nicht? Da, in meinem Kohl – Er las weiter, entweder ignorierend oder in einen stillen Tagtraum vertieft.
Doch auch dieser wurde vom Klingeln des Telefons unterbrochen, genauso wie die Beobachtung und die Rufe der älteren Frau, die, kopfschüttelnd, sodass ihr graues, dünnes Haar sich heftig hin und her bewegte, mit für ihr Alter schnellen Schritten in Richtung Flur ging, um das Gespräch mit ihrer Schwester aufzunehmen.
Ernst blickte auf – seinem sonntäglichen Zeitungsnickerchen entrissen – und versuchte sich zu erinnern, was seine Frau soeben zu ihm gesagt haben könnte – mit leichtem Erfolg, am Fenster hatte sie schließlich gestanden und die Worte Kaninchen und Kohl hallten noch leise in seinem Ohr wieder. In langsamem Tempo gelang es ihm, von seiner Ruheposition unter leichten, doch stetigen Schmerzen aufzustehen, und mit einem weiteren Seufzen den Blick durch das Fenster zu leiten – und tatsächlich: da saß es, ein kleines Kaninchen mitten im Kohl und schien sich dort prächtig zu fühlen, da es eine Spur umgeknickter Blätter mit deutlichen Rissen und Löchern hinterlassen hatte.

Ach Gabi, wie schön es ist deine Stimme zu hören – Ja hier ist alles soweit in Ordnung – Nein keine Sorge, uns geht es wirklich gut – Ach bei euch zieht es sich auch so zu? – Ja bei uns genauso – ein Gewitter muss wohl wieder in der Luft liegen.

Ernst hatte seinen Weg vom Wohnzimmer auf die Terrasse hinter sich gebracht und sich dabei bemüht, nicht viel Lärm zu machen, damit der Störenfried nicht Gelegenheit bekam, einfach ungestraft zu verschwinden. Der grauhaarige Mann hatte immer noch den klagenden Unterton im Ohr, um sicher zu sein, was er zu tun hatte – zwar war er nicht sehr aufmerksam gewesen, das war ihm bewusst – aber es war doch eine Klage oder? Bestimmt, dachte er, es ging ja um ihren Kohl, das konnte also nur klagend gewesen sein… Am Telefon war sicher ihre Schwester, er würde also Zeit haben.

Ach Franz und du ihr wollt noch eine Reise machen? – Südtirol? Wie schön! – Ja natürlich würde ich gerne, doch du weißt ja, Ernst und sein Herz, das wäre keine gute Idee – Doch du hast Recht, es würde ihm gut tun, er wirkt schon wieder so kräftig…

Ernst war sehr entschlossen, als er das Luftgewehr aus dem Gartenhäuschen holte, dass dort, seit er das Häuschen auf der Terrasse platziert hatte, nun seit 30 Jahren schon neben der alten Hacke, den Besen und der Heckenschere hing – er hatte es selten gebraucht, aber es war trotzdem immer wichtig für ihn gewesen, um hin und wieder die Spatzen zu verscheuchen, die sich auf seinem Hofweg zur Tür niedergelassen hatten und dort eine Menge Dreck verursachten. Vorsichtig fühlte er über den grauen Schaft, auf dem sich eine kleine Schicht Staub abgesetzt hatte, und bemerkte sofort, als er die gesamte Waffe in der Hand hielt, dass er sie beim letzten Mal geladen zurückgehängt hatte, wohl aus Vorrausschauung auf eine baldige Wiederkehr der Spatzen.

Du, was ich eben fast vergaß, Gabi, ich habe vorhin im Garten ein Kaninchen gesehen – Ja genau im Kohl, was war das für ein süßes Geschöpf, richtig putzig saß es da und schien sich bei uns richtig wohl zu fühlen – Nein, was soll Ernst schon gesagt haben, er hat es doch nicht einmal mitbekommen, wie er da in seiner Zeitung vertieft war – Na ja, es wird wohl von alleine wieder gehen, ein wenig schade…. –

Der Alte war bereit. Er nahm das Gewehr auf – es war ein Anflug von Stolz in seiner Brust, es würde Hilde bestimmt freuen, dass er das Problem beseitigte und das Gemüse rettete, ohne dass sie das in einer einzigen Silbe hatte erwähnen müssen! Der Himmel färbte sich langsam tiefdunkel und eine große, dicke Front Wolken hatte sich vor ihm aufgetürmt, als er den Garten hinuntersah, und sein Gewehr anlegte.


Der Knall zerschnitt die dicke Gewitterluft dieses Sonntagnachmittags, so dass man ihn einige Siedlungen weiter nur noch als dumpfen Schlag eines beginnenden Unwetters wahrnahm.
Hilde kam schnell aus dem Flur zurück, durchschritt mit besorgtem und sehr erschrockenem Gesichtsausdruck das Esszimmer, mit einem einzigen Blick feststellend, dass Ernst nicht mehr auf dem Sofa lag, und betrat die Terrasse durch die offene Tür.
Da stand ihr Mann. Er hatte das Gewehr noch in der Hand, eine zufrieden schmunzelnde Miene auf seinem schweißglänzenden Gesicht, fast wie auf ein Lob von ihr wartend.
Ihr Blick fiel bald auf den Hintergrund, in dem sie sofort das tote Tier sah, mit einer Blutlache um sich herum im Kohlbeet liegend, welches sie doch gestern noch feinsäuberlich gehakt und gesäubert hatte. Nun glich es einem Kriegsschauplatz.
Sie spürte die Enttäuschung und die resignierende Wut in ihrer Seele, noch bevor die erste schwache Träne über ihre faltigen Wangen lief und Ernst sofort einen verstörten und verwunderten Gesichtsausdruck im vor Anstrengung und Scham geröteten Gesicht erscheinen ließ. Sie erstarrten beide und blickten sich einen Moment nur an.
Vor einem stahlgrauen, leise und dumpf donnernden Himmel ließ er die Waffe sinken und Hilde fiel zum ersten Mal wirklich auf, wie schrecklich alt ihr Mann doch geworden war.

 

Hallo Hyda.

Ja, gar nicht mal so übel. Deine Geschichte ist größtenteils fehlerfrei und ist gut auf das wesentliche reduziert. Die Routine und das Kommunikationsproblem ist ziemlich realitätsnah und gut nachvollziehbar. Du könntest einige der Sätze noch vereinfachen, es holpert manchmal durch zu viele Verschachtellungen. Also einfach ein zwei Punkte mehr machen. Der einzige logische Fehler, soweit ich das sehe, ist die Tatasche das, dass Luftgewehr einen Lärm macht als währe es ein Artillerie Geschütz ;)

Der Knall zerschnitt die dicke Gewitterluft dieses Sonntagnachmittags, so dass man ihn einige Siedlungen weiter nur noch als dumpfen Schlag eines beginnenden Unwetters wahrnahm.

Ein Luftgewehr hört man so gut wie gar nicht. Wenn es dir um das Bild zu schade ist, mach doch einfach eine Schrotflinte draus. Die ist ziemlich laut.
Auch finde ich einige Stellen ein bisschen zu heftig für den Kontext:

Ihr Blick fiel bald auf den Hintergrund, in dem sie sofort das tote Tier sah, mit einer Blutlache um sich herum im Kohlbeet liegend, welches sie doch gestern noch feinsäuberlich gehakt und gesäubert hatte. Nun glich es einem Kriegsschauplatz.
Zumindet „Kriegsschauplatz" wird der Sache nicht wirklich gerecht.

Was ich mich noch frage ist, warum Ernst das Kaninchen nicht einfach verjagt. Er macht mir nicht recht den Eindruck als würde er einfach auf alles schießen, was seinen Rasen betritt. Es ist zwar auch nicht unwahrscheinlich, aber ich persönlich fand seine Reaktion (besonders den Bestrafungsgedanken den er äußert) nicht ganz nachvollziehbar. Hier fehlt vielleicht im Vorhinein noch ein weiterer Aspekt in seinem Charakter, z.B. eine Frustration, welche sich in der Gewalt Luft macht.
Noch ein paar Kleinigkeiten:

In langsamem Tempo gelang ihm, von seiner Ruheposition unter leichten, doch stetigen Schmerzen aufzustehen,

Hier fehlt ein „es", würd ich sagen.

und tatsächlich: da saß es, ein kleines Kaninchen mitten im Kohl und schien sich prächtig zu fühlen dort,

Das „dort" ist finde ich überflüssig.

Er nahm das Gewehr auf – es war ein Anflug von Stolz in seiner Brust, es würde Hilde bestimmt freuen,

Wortwiederholung.

Gruß, Skalde

 

Hallo Skalde,

Danke für deine schnelle Antwort und deine Kritik zu meiner ersten veröffentlichten Geschichte. Ich hab mich auf jeden Fall gefreut, dass sich jemand mit der Geschichte in dem Maße beschäftigt hat.

Du hast absolut Recht, mein Erzählstil ist manchmal sehr verschachtelt, mal sehen ob ich das irgendwie beim nächsten Mal Schreiben etwas eindämmen kann :lol:

Mit dem Luft-Schrot-Flinten-Gewehr liegst du wohl ebenfalls richtig, muss ich mir nochmal überlegen, ob und wie ich das verändere, da ich dann ja noch klarmachen muss, dass die beiden nicht allzu nah am Stadtzentrum wohnen können, wenn einer so mirnichtsdirnichts mit einer Schrotflinte hantiert ;)

Kriegsschauplatz: ja stimmt, vielleicht überlege ich mir ein besseres Wort dafür... eventuell hast du da einen Tipp, oder ich schreibe es einfach ein wenig um, sollte nur die Drastik (gibt es das wort? hmm keine ahnung^^) dieses Anblicks darstellen....

Mit dem Schuss, ja, ich wollte einfach eine Handlung des Alten, die so abrupt und entgültig daherkommt, dass es der Athmosphäre gerecht wird, also nicht wundern, wenn der gute Mann eben in diesem Fall gerne mit der Waffe handelt, vielleicht ist das ein Ausgleich zum ehemals tristen Büroalltag - wer weiß...? ;)
Außerdem habe ich schon wirklich von älteren Herren gehört, die ihr kleines Luftgewehr wirklich zum Schießen von Spatzen benutzen, also dachte ich mir: bauste das eben mit ein...


Kleine Info: Die Geschichte soll im Stil von Gabriele Wohmanns Kgs sein, von denen ich durch die Schule schon einige (wenige) zu lesen bekam...
Im Deutschunterricht ist gerade das Thema Kommunikationsprobleme dran und da kam neulich das Beispiel eines Ehepaars mit Kaninchen und Kohlbeet usw - daraus habe ich dann die Geschichte gebastelt, war eher ein spontanes 20-Minuten-Ding... :read:

Also dann, danke für deinen Post, ich hoffe ich kann auf dich als Leser zählen, und würde mich über ne Antwort freuen, werde bald mal deine Geschichten näher "begucken" :)

Grüße, Hyda

 

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