"Im Park" - eine Pooka Geschichte
Die zwei alten Männer saßen auf der Parkbank. Warm brannten die Strahlen der Sonne auf ihrer faltigen Haut. Die Zeitung, die der eine von ihnen in den Händen hielt, flatterte leicht im Wind. Der andere hatte seine Hände auf seinen Spazierstock gelegt und atmete entspannt. Zu ihren Füßen, im Schatten unter der Bank, lag ein junger Hund. Er hatte die Vorderpfoten übereinander geschlagen und hielt die Augen geschlossen während seine Ohren aufmerksam jedem Geräusch folgten. Auf dem Weg vor der Parkbank stolzierte eine Taube, die die letzen runtergefallen Krümel aufpickte.
"Du glaubst nicht was mir gestern passiert ist", sagte Fred leise. Tom sah gespannt rüber. Und Fred fuhr fort: "Du kennst doch diese kleine Anhöhe, hinten im Park, dort wo die vielen Büsche sind, noch vor den Bäumen". Klar kannte Tom die Anhöhe, aber anstatt Fred zu antworten dachte er nur, "warum muss dieser Kerl auch immer so umständlich erzählen" und sah Fred fragend an. Doch der redete munter weiter. "Ich war gestern wieder da..." - er machte eine dramatisch lange Pause - "um Mitternacht!" Als von Tom keine Reaktion kam, sprach er weiter "Du weißt doch was das für eine besondere Nacht war, oder? Die Nacht von gestern auf heute, weißt schon, oder." Natürlich wusste er es - es war Walpurgisnacht gewesen. Aber Fred redet schon wieder "Die mystische Nacht vom 30. April auf den 1. Mai, wenn die Hexen in den Bergen feiern ..." - Pause - "und auf Hügeln".
Jetzt ist es also raus, dachte Tom und seine Neugier war erwacht. Fred flüsterte weiter: "Erst dachte ich da hätte sich nur ein Jogger verlaufen, aber dann als ich näher kam, sah ich, dass auf dem Hügel mehrere Personen standen. Ich schlich ich mich näher und versteckte mich hinter einem Baum. Von meinem Standort aus konnte ich die Personen dann genauer betrachten. Es waren 7 Frauen. Unterschiedlichen Alters. Die jüngste war so um die 20 vielleicht und die älteste 72."
Diesmal unterbrach Tom die Pause "72? Woher weißt du das so genau?" "Weil ich sie kenne! Und du auch! Es war die Alte, die die Tauben füttert. Die von drüben, aus dem 3. Stock." Tom staunte ungläubig. "Und alle wie sie da standen, hielten sich an den Händen und sangen irgendeine rhythmische Weise. Echt unheimlich ich sag dir das. Es kommt aber noch schlimmer." Tom erschauerte leicht und Fred erzählte weiter, "offensichtlich waren sie am Ende irgendeiner ominösen Zeremonie angelangt, denn kurz drauf verstummten der Gesang. Sie ließen ihre Hände los und verabschiedeten sich voneinander. Nachdem sie sich zum Abschied gegenseitig je sieben mal auf die Wangen geküsst hatten." - Kurze Pause - "Dann gingen sie in 7 verschiedene Richtungen auseinander. Eine von ihnen kam direkt an meinem Versteck vorbei..." - eine etwas längere Pause - "... aber sie bemerkte mich nicht. Als sie alle weg waren, ging ich rüber zu dem Platz. Ich weiß auch nicht was mich da geritten hat. Was soll ich dir sagen, sie hatten etwas vergessen. Du wirst nicht erraten was."
Tom rutschte aufgeregt hin und her "Nee, was denn? Was hatten sie vergessen?" "Nun, als ich auf dem Platz stand, konnte ich erkennen, dass sie irgendetwas in der Erde vergraben haben. Nur oberflächlich versteckt, doch gut genug damit es einem nicht gleich auffällt. Also, fange ich vorsichtig an mit meinen Händen das Erdreich beiseite zu schaufeln. Und dann ertasten meine Hände etwas hartes, längliches und ich zieh es raus. Ich halte es in das Mondlicht, um zu erkennen was es ist." - Pause -
"Was! Was ist es!" "Knochen! Es waren menschliche Knochen! Von einem Unterarm," sagte Fred. Tom atmete zischend aus, als erneut ein kalter Schauer über seinen Rücken lief. Fred setzte nach: "Knochen von dem Arm, auf den ich dich genommen habe."
Fred verzog seinen Schnabel zu einem Grinsen, breitete die Flügel aus und stieß sich ab. Tom sprang lachend auf die Pfoten und bellte vor Vergnügen.
Da erwachten die beiden Alten aus ihrem Schlummer. "Oh, schon so spät" stellte der eine von ihnen fest, als er auf seine Armbanduhr sah. "Wir müssen uns beeilen, sonst kommen wir zu spät. Hätten wir zwei doch glatt das Abendessen verschlafen." Die beiden Greise erhoben sich langsam von der Bank und schlenderten dem Altenheim entgegen.
[Nachtrag: Pooka sind Gestaltwandler und haben den Nachteil, daß sie in all dem was sie sagen, eine Lüge packen müssen]
[Beitrag editiert von: Ninchen am 30.01.2002 um 00:11]