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Im Rhein schwimmen und von Thailand träumen

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04.11.2006
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Im Rhein schwimmen und von Thailand träumen


Bevor seine Zeit als Messias gekommen war, hatte Eduard Sputski als Gabelstaplerfahrer gearbeitet. Der Weg zur Erleuchtung begann mit einem Betriebsunfall: Im Sog morgendlichen Restalkohols verwandelte er eine siebenlagige Europalette mit Biermischgetränken in Scherben. Da es nicht der erste Vorfall dieser Art war, ermöglichte ihm sein Arbeitgeber zum Monatsende die Verwirklichung eines lange gehegten Lebenstraums: zeitlich unbefristeter Puffurlaub in Thailand.
Eduards Ausflug nach Phuket endete – entgegen seinen Erwartungen – nicht mit der Sperrung aller Kreditkarten, sondern mit einem Wunder. Nach neunzehn Stunden synthetischen Schlafes erwachte er ohne jede Erinnerung im Hinterhof einer Imbissbude, nur mit einer goldbraun gemusterten Unterhose bekleidet und sämtlicher Dokumente und Magnetkarten beraubt.
Das Privileg, nicht mit durchgeschnittener Kehle in einem Müllcontainer geendet zu haben, bewegte ihn zu dem unumstößlichen Entschluss, sein Leben von Grund auf zu ändern, sobald die bestialischen Kopfschmerzen abgeklungen sein sollten. Von nun an war er der Messias.

Wie üblich, wurde Franka gegen Ende des Jahres alles zu viel. Die vermeintlich besinnliche Zeit vor Weihnachten bedeutete profane Hektik, als stünde nicht das Fest des Friedens, sondern ein apokalyptisches Ende allen Daseins bevor. Es waren einfach zu viele Termine: Freunde treffen, Ideen für Geschenke ausknobeln, stundenlange Laufereien durch überheizte Läden, um dann doch nicht das Gesuchte zu finden. Außerdem musste sie die Heimfahrt ins Elternhaus und das Familienfest mit ihren Geschwistern organisieren.
Während der Bürotage, die dunkel begannen und düster endeten, schien das Läuten des Telefons aggressiver und aufdringlicher zu sein, die Kunden genervter und übler gelaunt als sonst. Von allen Seiten kam Druck, eine Gefühlslage, die Franka nicht ausstehen konnte. Und zu allem Überfluss wollte nun auch noch ihr Chef ein lange versprochenes "Dann gehen wir mal nett essen" einlösen. Den letzten freien Abendtermin der Woche würde Franka also nicht in der warmen Badewanne verbringen, sondern mit Running Sushi.

Der Messias liebte den Advent. Es war die ideale Jahreszeit, um fischen zu gehen. In ihrer Getriebenheit sahen die Menschen aus, als würden sie sich nach einer guten Nachricht sehnen. Sie schienen williger zu sein, einem Ruf zu folgen, der sonst ungehört an ihnen vorbeigegangen wäre:
"Glaubt Ihr denn, dass es jenseits von Ficken, Fressen und Saufen nichts gibt?"
Er hatte sich auf die Treppe gestellt, in die menschliche Brandung geworfen, dort, wo steile Stufen in die Unterwelt der Großstadt führten. Die Masse war gezwungen, sich zu teilen und ihn zu umfließen. Ein zäher Strom unwilliger Gesichter, vom rechten Weg abgebracht durch ein menschliches Hindernis und aus ihrem Dämmerzustand von einer Botschaft gerissen, die sie nicht hören wollten:
"Das Ende wird so furchtbar sein, dass ihr euch wünschen werdet, man hätte euren Vorvätern die Eier abgeschnitten und ihr wärt nie geboren worden."
Die Zeit im Bauch der Großstadt verging langsam, verstrich nicht in Sekunden und Minuten, sondern in Menschen. Das Fortschreiten des Nachmittags konnte der Messias daran ablesen, dass sich die vereinzelten Individuen zu einer gesichtslosen Masse zusammenrotteten; einer murmelnden Schafherde, die dann, nach Überschreiten eines halbstündigen Höhepunktes wieder ausdünnte. Andere, müdere Gesichter kamen nun nach. Es waren die Verlierer unter ihnen, vertrieben von der Kälte des Abends, rotnasige Gesichter, mit Plastiktüten auf Beutezug, nach Pfandflaschen suchende, oftmals unbequeme Gesprächspartner, schwer zu überzeugen von der Liebe eines allbarmherzigen Herrn.
Manchmal aber huschte auch noch um diese Zeit eine vergessene Perle vorbei, in schwarzen Strümpfen, mit halbhohen, klappernden Stiefeln und durch den dunklen Wollmantel hindurch erahnbarer Oberweite. Es waren dies die Augenblicke, in denen ihn selige Erinnerungen lächeln ließen.

Thomas Weith war Weihnachten herzlich egal. In zarter Jugend konfirmiert und im Mannesalter überzeugt durch eine monatlich immerhin dreistellige Ersparnis aus der Kirche ausgetreten, entsprach das Jahresende lediglich einer Häufung von arbeitsfreien Tagen, die in seiner Firma alles durcheinander brachten.
Nüchterner Rechner, wie Weith war, sah er aber auch klar die Vorteile: Das Fest lieferte ihm einen Vorwand, seine Assistentin zum Essen einzuladen. Weith konnte sich einreden, mit dem Einsatz von etwas Kapital und Charme endlich bei ihr zum Ziel zu gelangen, eine Vorstellung, die deutlich erotischer war, als ihre Realisierungschancen Erfolg versprechend. Aber der Mensch lebte von seinen Träumen, nicht nur im Privatleben.
Das Prinzip Hoffnung entsprach barer Münze; die Gewissheit wieder länger werdender Tage, einer höher in den Himmel steigenden Sonne, ließen Weith in allen Gliedern ein wohliges Kribbeln künftiger Glückseligkeit erahnen. Er konnte es spüren, riechen, schmecken, klingeln hören: Profit, Rendite, Umsatzwachstum.
Ungeduldig wartete gehortetes Geld und drängte in den sonnigen Süden; Kapital, das kanalisiert, in Solarprojekte investiert und zu diesem Zweck auf Weiths Konten transferiert werden wollte. Ein Eldorado, nicht jenseits eines gefährlichen Wassers gelegen, sondern nah, greifbar ins allgemeine Bewusstsein gerückt, durch ein Zauberwort: Ressourcenknappheit. Wer jetzt nicht die Hand in den Strom der Spekulation ausstreckte, um zu greifen, was er fassen konnte, war geistig minderbemittelt.
Während seine Zukunftspläne strahlende Reflexe unverfehlbaren Reichtums vorausprojizierten, hatte Weith eine schattenbehaftete Realität eingeholt. Sein geliebter Oldtimer war aufgrund der vorweihnachtlichen Kälte in Generalstreik getreten und ließ sich nicht mehr starten. Mit boshafter Ironie des Schicksals bemerkte er diesen Umstand am Abend des geplanten Weihnachtsessens. Um nicht auch noch in ein Taxi investieren zu müssen, waren Weith und seine Assistentin mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Restaurant gefahren, ein seiner Sparsamkeit angemessenes Manöver.

Franka wusste nun, dass roher Fisch so schmeckte, wie er roch. Die Schuld für diese Ernüchterung suchte und fand sie bei sich selbst, hatte doch den Verlauf des Abends ein unbedarftes "Japanisch war ich noch nie essen" provoziert. Auch die Annahme, dass der provinzielle Geiz Weiths und teure Moderestaurants inkompatibel wären, erwies sich als Fehleinschätzung. Weiths Laune war ausgezeichnet gewesen. "Mein Goldstück, Running Sushi wäre doch eine Idee für unser Weihnachtsessen!"
Mit einem zuversichtlichen Lächeln und einer sanften Berührung ihrer Schulter hatte Weith bekräftigt, dass er es auch mit dem Abendprogramm weiterhin ernst meinte. So fand sich Franka bei Meister Koimatsu wieder, wo die Mission des Abends nun in seicht bedeutungsloser Kommunikation bestand.

"Zwei Wochen, und keine Menschenseele bekehrt. Es ist zum Kotzen", murmelte der Messias, als er nach getanem Tagewerk den Heimweg antrat. Er war die Treppen zum Bahnsteig hinuntergestiegen und hatte auf einer gelblich verspritzen, klebrigen Sitzkombination Platz genommen. Im Gleisbett flitzten kleine, graue Felltiere herum, die an Zigarettenstummeln zu knabbern schienen.
"So einen beschissenen Advent hatte ich schon lang nicht mehr. Die Leute regen sich nicht mal auf. Du kannst sie beschimpfen. Du kannst sie anmachen, anbrüllen. Und es passiert einfach nichts. Herr, Gott, was ist los mit deiner Welt?"

Weith konnte sich nicht an ihr sattsehen. Hier aus der frontalen Ansicht und durch die Katalyse einiger Sake und der halbschummerigen Beleuchtung offenbarte sich ihm, was er im Tagesgeschäft bisher erfolgreich verdrängt hatte: Er musste sie haben.
Gedanklich drang er unter Frankas rosafarbenes Oberteil vor. Sie hatte richtig ordentliche Titten. Nicht von der festen, knackigen Art eines Teenagers, sondern eher die massige Substanz einer ausgewachsenen Frau. Material, das im Takt wackeln würde, wenn … vielleicht über den Tisch gelehnt, von hinten, die Stiefel könnte sie ruhig anbehalten dabei … ach ja, wenn. Außer einem angebotenen und angenommenem "Du" konnte er noch keine Erfolge vermelden. Franka schien keinen Sake zu mögen, keinen Pflaumenwein und auch keine andere Form von Alkohol.
"Ich bin ja so froh, dass du dich auf die Anzeige gemeldet hast … Du ahnst ja nicht, wie schwierig es ist … ich meine eine Frau zu finden, mit Ausstrahlung, dem rechten Ton für die Kunden … freundliches Auftreten, zuvorkommend … ich habe dir das viel zu selten gesagt, aber heute … dass du auch noch superattraktiv bist, können sie ja durch das Telefon nicht sehen …"

Franka nahm einen weiteren, kleinen Schluck. Sie fühlte, wie eine Welle angenehmer Wärme sie überrollte, den Hals entlang nach unten lief und schließlich die Mitte ihres Körpers für einen Moment von innen glühen ließ. Ja, natürlich habe es ihr geschmeckt, sie sei nur etwas erkältet und nicht gewohnt, abends so viel zu essen.
Es gab Eigenschaften, die sie an Weith bewundernswert fand: ein perfekt zuvorkommendes Wesen und seine Fähigkeit, mit Menschen auch in kritischen Situationen umzugehen, das Vertrauen aufrecht zu erhalten und sein Talent, sich aus jedem Schlamassel wieder herauswursteln zu können.
Dass die angegrauten Schläfen sein Alter schwer schätzen ließen, er offensichtlich nicht zu Bauchansatz neigte, regelmäßig ins Fitnessstudio ging und sichtlich auf eine gesunde Gesichtsfarbe achtete, machte ihn interessant, ebenso wie sein Feuerwerk von Ideen, abgebrannt an den wenigen Tagen, die er im Büro war.
Meist jedoch war er abwesend, und Franka blieb die Aufgabe, alles am Laufen zu halten, sich je nach klingelndem Telefon mit dem richtigen Firmennamen zu melden und das, was einer Entscheidung bedurfte, freundlich in die Warteschleife zu schieben. "Sorry, Mr. Weith is not in office today … yes, of course … he will call back immediately."
Ob er ihre Arbeitsweise tatsächlich schätzte, blieb ihr unbegreiflich, auch über die drei Monate hinweg, die sie schon für ihn tätig war. Und der vergangene Abend, dass sie ihn nun Thomas nennen durfte, ein Küsschen auf die Backe erhalten hatte und anschließend umarmt worden war, änderte nichts an ihrer Unsicherheit. Sie wurde nicht schlau aus diesem Sunnyboy, dem Meister verheißungsvoller Ankündigungen, dem unberechenbaren, mitunter launischen Chef.

Immer nach einem durchdachten Plan arbeiten. Ein Leitprinzip, das auch noch funktionierte, wenn die Beine weich und die Sprache undeutlich geworden waren. Weith erkannte die Sinnlosigkeit jedes weiteren verbalen Vorspiels. Jeder nun bestellte Sake wäre eine Fehlinvestition. Dieser Frau war mit Reiswein nicht beizukommen, ebenso wenig mit der Art seiner Komplimente, nun waren Taten gefragt. Nun musste er eine Attacke auf den innersten Kern der Festung reiten. Er verlangte die Rechnung und schoss einen letzen Pfeil ab: "Es ist für eine Frau keine gute Zeit zum U-Bahn fahren. Darf ich dich noch nach Hause begleiten?"

Endlich kam der Zug. Der Messias erhob sich schwerfällig, machte zwei glatzköpfigen Jugendlichen Platz, die aus dem Waggon sprangen, stieg ein und ließ sich auf den nächstbesten, freien Sitzplatz fallen. Ihm gegenüber saß ein Herr im Anzug mit Ehering am Finger und eine blonde Frau um die Mitte Dreißig. Seine Schläfen zeigten erste Anflüge von Grau. Der Messias lächelte müde, zwei dezent geschminkte Augen in einem rundlichen Gesicht sahen ihn für einen Moment lang prüfend an. Mit einem Ausdruck des sich Erinnerns wandte sich die Frau wieder ihrem Begleiter zu, der eindringlich gestikulierend auf sie einredete: "Man lernt sich viel zu wenig kennen … den ganzen Tag nur Telefon, Faxe, Mails … der Mensch kommt da viel zu kurz … ich muss gestehen ich weiß gar nicht wer du bist … also wie du so lebst, deine Wohnung eingerichtet hast und so … echt schade ..."
Sie blieb ihm eine Antwort schuldig und sah stattdessen zu ihrem Gegenüber auf. Wie zufällig ihr Knie berührend, setzte der grau melierte Herr seinen Vortrag fort:
"Bestimmt ist alles super geschmackvoll eingerichtet. Die Vorhänge Ton in Ton mit der Sitzkombination, Blumen, die jeden Morgen liebevoll gegossen werden …"
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, während er weitersprach: "Und bestimmt gibt es auch so ein Regal mit kleinen Reiseandenken …"
Ein dumpfer Schlag aus dem vorderen Zugteil brachte ihn zum Verstummen, gleichzeitig fiel die Beleuchtung aus und der Zug kam quietschend zum Stehen. Die Frau hatte das unerwartete Ereignis mit einem kurzen Aufschrei quittiert und sich offenbar in der Dunkelheit an ihren Begleiter geklammert, der sie zu beruhigen versuchte: "Keine Panik Franka, bestimmt wieder nur so eine technische Störung. Oder ein Typ, der sich vor den Zug geworfen hat. Hat sich bestimmt gleich erledigt."
Es dauerte, bis sich die Augen des Messias an die Dunkelheit gewöhnt hatten, nur von vorne, vielleicht von der nächsten Station her, sickerte ein Hauch von Licht den Tunnel entlang, zu wenig, um Augen oder Gesichter zu erkennen. Der Messias ließ die Stille auf sich wirken, stellte sich vor, wie die Frau angstvoll den Oberarm ihres Begleiters umklammert hielt, während er seine Hand auf ihr Knie gelegt hatte, unter den Rock schob und sanft die schwarze Strumpfhose streichelte. Ein Bild, das ihm Brechreiz hochsteigen ließ.
"Wir kennen uns", sprach er schließlich in Richtung des grau melierten Herren.
"Wirklich? Und woher?"
"Bangkok. Beach Bunny Bar.“
„Das kann nicht sein, ich ...“
„Du warst mit diesem blutjungen Ding zu Gange."
Der Messias hörte sprachloses Schnaufen aus der Dunkelheit, dann eine gereizt klingende Antwort: "Sie verwechseln mich. Ich war noch nie in …"
"Doch. Warst du. Um das zu tun, was alle dort tun: Herumhuren."
"Das ist ja wohl … eine Unverschämtheit … was gibt Ihnen das Recht …"
"War die Kleine eigentlich schon zwölf? Schwer zu schätzen bei diesen Asiatinnen … echtes Frischfleisch, das ist es doch, weshalb man dorthin fährt, oder?"
Der Messias hörte etwas rascheln. Offenbar löste sich die Verbindung aus Angst und unverhoffter Zärtlichkeit auf, sein Gegenüber hatte die Hand von seiner Begleiterin genommen und ging in Angriffsstellung.
"Thomas, nein, bleib … lass ihn!"
"Das werden Sie mir … wenn es erst wieder hell ist … ich lasse mich doch nicht von einem Penner …"
"Nein. Du wirst es bereuen. Denn fürchterlich ist der Zorn des Herrn gegen die Ungerechten."

Mit einem Klacken sprang die Lüftung wieder an und die Neonleuchten überschütteten die drei Insassen des Waggons mit einer blendenden Lichtfülle. Der Anzugträger war aufgestanden, hatte wortlos eine Salve hasserfüllter Blicke in Richtung des Messias abgefeuert und war zur übernächsten Türe gegangen. Seine Begleitung folgte ihm untergehakt, sei es, um ihn zu halten oder gehalten zu werden. Der Zug rollte die verbleibenden Meter zum Bahnsteig vor, dann öffneten sich die Türen. Das ungleiche Paar stieg aus, ohne den Messias eines weiteren Blicks gewürdigt zu haben, nur als sich die Türen geschlossen hatten, drehte sich die Frau noch einmal um, zwei fragende Augen, die den Zug absuchten.

Nachdem Franka die Thermoskanne abgeliefert und den Raum verlassen hatte, schenkte Weith seinem Besucher eine Tasse Kaffee ein und lehnte sich entspannt zurück.
"Das ging ja fix! Und, was haben Sie herausgefunden?"
Der untersetzte Mann um die fünfzig griff in die Brusttasche seiner Lederjacke, zog einen Stapel mit Fotos hervor und schob sie langsam über den Schreibtisch zu Weith hinüber.
"Ist er das?", fragte er.
Weith warf einen kurzen Blick auf die oben liegende Aufnahme. Das Gesicht eines älteren Mannes mit grauem Bart und bekleidet mit einer bräunlichen Kutte war zu sehen. Weith nickte. Sein Gegenüber fuhr fort: "Der Schein trügt, er ist kein Obdachloser, allerdings stadtbekannt als irrer Wanderprediger. Spitzname: Messias. Im wirklichen Leben heißt er Eduard Sputski. Die Adresse seiner Sozialwohnung würde ich Ihnen aushändigen, wenn das Honorar vollständig beglichen ist."
Wieder nickte Weith, öffnete seinen Schreibtisch und holte ein Kuvert hervor. Er legte es auf dem Tisch ab, ohne seinen Gast aus den Augen zu lassen. Dieser nahm den Umschlag, warf einen kurzen Blick hinein und schob seinerseits einen Zettel über den Tisch. Weith nickte dankend.
"Sie kennen nicht zufällig jemanden, ich meine … etwas fester zupacken … einige Dinge klarstellen … Sie haben doch in ihrem Beruf … das kommt doch sicherlich öfter …"
Der Gast schüttelte energisch den Kopf:
"Es tut mir Leid, Herr Weith. Berufsethos. Sie haben die gewünschte Information erhalten und mich bezahlt. Hier trennen sich unsere Wege. Alles Weitere ist Ihre Angelegenheit."

„Thomas, wer war das?“
„Von dieser Beratungsfirma ... behauptet, wir könnten massenhaft Steuern einsparen ... die richtigen Graubereiche ausnutzen. Hatte interessante Ideen, muss mir da mal was durch den Kopf gehen lassen.“
Franka nickte. Mittlerweile kannte sie den Tonfall, die muntere Abfolge von zu glatt klingenden Phrasen, um zu wissen, dass Weith bewusst die Unwahrheit gesprochen hatte. Außerdem hatte sie zuvor in seinem Terminkalender geblättert, war über das Wort Privatdetektiv gestolpert, allerdings ohne die Zusammenhänge zu begreifen. Dass Weith nicht nur die Kunden, sondern auch sie belog, hatte eine andere Qualität, war etwas, das Anlass gab, sich Gedanken über die eigene Zukunft zu machen. In Kürze würde sie dieses Thema angehen, sobald Weihnachten vorbei sein würde oder zu Beginn des neuen Jahres. Es musste sich etwas in ihrem Leben ändern.

Schon während sie die Eingangstüre zur Firma aufsperrte, überfiel Franka ihr schlechtes Gewissen. Wie konnte sie nur vergessen, das Schilfgras ausreichend zu wässern? Sie entdeckte das bräunlich vertrocknete Zeugnis ihres Frevels auf der Fensterbank, noch in Mantel und Handschuhen. Franka ärgerte sich. Sicherlich war Weith über die Feiertage im Büro gewesen, aber auf die Idee, die Topfpflanzen zu gießen, war er natürlich nicht gekommen. Pflanzen, Tiere, Menschen, alles das waren Nebensächlichkeiten, die sich nicht in harte Währung umrechnen ließen. Ja, es wäre ihre Aufgabe gewesen, aber er hätte doch auch daran denken können, dass Pflanzen Wasser zum Leben brauchen.
Automatisch machte sie sich an die Arbeit. Die Post sortieren, abgefallene Blätter wegräumen, den Computer hochfahren, Kaffee kochen. Für wen eigentlich?
Das einsame Röcheln der Kaffeemaschine hallte durch das Büro, als Franka feststellte, dass kein handgeschriebenes Schmierblatt mit Anweisungen auf ihrem Platz lag. Keine supereiligen Aufträge, keine "danke, mein Goldstück" Grußzeile. Weiths, nein Thomas' Büro sah aus, wie er es vor Weihnachten verlassen hatte. Seltsam.

Bevor der Kaffee fertig war, läutete es an der Türe. Ein Zusteller? Der Hausmeister, um ein gutes neues Jahr zu wünschen? Franka hatte geöffnet und zwei Herren streckten ihr die Dienstausweise entgegen und erbaten Zutritt zu den Büroräumen. "Kriminalpolizei Köln. Sie arbeiten hier? Dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?"
Vollkommen überrascht bat Franka die unerwarteten Besucher herein. Zumindest würde sie ihren Kaffee nicht alleine trinken müssen.

Sie hatte das Büro abgesperrt und war gegangen. Immer, wenn sie innerlich aufgewühlt war, verspürte Franka den Drang, sich zu bewegen. Gehen bedeutete nachdenken, mit sich selbst ins Reine kommen. Den Schnellimbiss an der Ecke ließ sie links liegen, lief einfach weiter, ohne Ziel, nur mit der Absicht, vorwärts zu kommen. Ein Geldautomat am Wegrand schenkte ihr einen Kontoauszug, das Dezembergehalt war eingegangen. Ob der Dauerauftrag einfach weiterlaufen würde?

Normalerweise verschwanden die Fragezeichen nach einigen Kilometern, nicht so heute. Es waren zu viele Wenn und Aber, ein undurchdringlicher Sumpf von Eventualitäten. Auf jeden Fall hatte sich nun die Frage geklärt, wo sie in Zukunft ihr Geld verdienen würde. Woanders, für einen Chef, der sie nicht mehr anlügen würde, ihr nicht mehr oder weniger offensichtlich an die Wäsche wollte. Thomas war aus dem Rhein gezogen worden, fünfizig Kilometer stromabwärts. Sie würde sich eine Stelle suchen, ein nettes Büro mit Kollegen, auf jeden Fall keine Isolationszelle mit Telefonzentrale.
Indizien sprachen für einen Kampf. Von der Pistole in der Brusttasche seines Mantels wisse sie nichts. Eine Patrone fehlte. Nein, sie habe keine Erklärung. Feinde? Nicht dass sie wüsste, ja natürlich, da wären Geschäftspartner, manches sei nicht immer ganz reibungslos verlaufen, aber wegen Zahlungsverzögerungen jemanden umbringen? Es wäre doch nur um Geld gegangen, sie könnten sich gerne die Akten ansehen, aber für die Buchhaltung sei jemand anderer zuständig, ein freiberuflicher Steuerberater.
Was würde mit einer Firma passieren, deren Inhaber verstorben war? Wie auch immer die rechtliche Seite aussehen mochte, sie würde sich auf die Suche machen müssen. Ab wann können sie bei uns anfangen? Morgen schon. Referenzen? Bedauere, Tote schreiben keine Zeugnisse.
Nach unschätzbar langer Zeit begann sie die Kälte zu spüren, eisige Finger krochen unter ihren Wollmantel. Eigentlich konnte sie nun nach Hause fahren, in der Stadt gab es nichts mehr zu tun für sie. Und morgen? Ein Ausflug nach Luxemburg vielleicht? Eine Welt voller Optionen lag ihr zu Füßen.

In nachmittäglichem Automatismus nahm sie die Treppen zur U-Bahn hinunter. Aus der Tiefe hallte eine Stimme empor, die sie kannte. Wortfetzen, die sie zum ersten Mal bewusst wahrnahm. Am unteren Ende des Treppenaufgangs stand er: braune Kutte, zotteliger Bart, der fast bis zur Hüfte herunterhing.
"Und ich sage Euch, es wird Heulen und Zähneknirschen sein, denn Ihr habt euch versündigt an dem Propheten eures Herrn und Hand angelegt an ihn. Doch Gottes Rache wird fürchterlich sein!"
Franka beschleunigte ihre Schritte, während sie an ihm vorbeiging. Ob er sie erkannt hatte? Auf der Suche nach der Antwort in seinem Gesicht sah Franka das blaue Auge. Der linke Arm war bandagiert und wurde nur durch ein schwarzes Dreieckstuch in seiner Stellung fixiert.
"Halt, Mädel warte, ich muss mit dir reden … nicht weglaufen!"

Die Türen schlossen sich und tief atmend starrte Franka auf den Bahnsteig. Er war ihr nicht hinterhergekommen, hatte den Zug verpasst. Die Welt vor den Fenstern setzte sich in Bewegung. Das letzte was Franka erkannte, war das Werbeplakat eines Reisebüros: "2 Wochen Thailand, all inklusive: 730 Euro" Den morgigen Tag würde sie definitiv in Luxemburg verbringen, sich vielleicht in einer netten Pension einquartieren, jedenfalls nicht mit der U-Bahn ins Büro fahren.

 

@weltenläufer: wirklich?

Der Messias hörte etwas Rascheln. Offenbar löste sich die Verbindung aus Angst und unverhoffter Zärtlichkeit auf, sein Gegenüber hatte die Hand von seiner Begleiterin genommen und ging in Angriffsstellung.
"Thomas, nein, bleib …",

Oh, und AlterEgo: rascheln, klein

 

Hallo enigma, hallo weltenläufer.

Herzlichen Dank Euch beiden nochmals. Ihr habt mich endgültig überzeugt. Die Geschichte wird überarbeitet. An beiden von Euch angeführten Punkten. Mehr Charakter und mehr Handlung vor dem Ende.

@weltenläufer:

Die vorherigen Versionen kenne ich nicht.

Kannste auch nicht, ich meinte was passierte, bevor ich dieses Textstück gepostet habe.

Ganz herzlichen Gruß,

AE

 

Zitat Autor:Die Geschichte wird überarbeitet.

Gut, Alterchen, dann warte ich mit meinem Verriss, bis du den Schrott aufgepoliert hast. :D :D :D

 

Hallo AlterEgo,

deutlich besser.

Darf ich noch ein paar Kleinigkeiten anmerken?

Die Zeit in den Eingeweiden der Großstadt verging langsam, verstrich nicht in Sekunden und Minuten, sondern in Menschen. Das Fortschreiten des Nachmittags konnte der Messias daran ablesen, dass sich die vereinzelten Individuen zu einer gesichtslosen Masse zusammenrotteten; einer murmelnden Schafherde, die dann, nach Überschreiten eines halbstündigen Höhepunktes wieder ausdünnte. Andere, müdere Gesichter kamen nun nach. Es waren die Verlierer unter ihnen, vertrieben von der Kälte des Abends, rotnasige Gesichter, mit Plastiktüten auf Beutezug, nach Pfandflaschen suchende, oftmals unbequeme Gesprächspartner, schwer zu überzeugen von der Liebe eines allbarmherzigen Herrn.

Ein gut formulierter Abschnitt. Vielleicht könntest Du die "Eingeweide" noch durch etwas anderes ersetzen, denn es klingt in meinen Ohren klischeehaft. Du magst die Verlaufsform ;-), ich hingegen empfehle sie nicht und würde "nach Pfandflaschen suchende" ersetzen durch "die nach Pfandflaschen suchen".

eine Vorstellung Komma die deutlich

die Gewissheit wieder länger werdender Tage, einer höher in den Himmel steigenden Sonne, ließen Weith in allen Gliedern ein wohliges Kribbeln künftiger Glückseligkeit erahnen. Er konnte es spüren, riechen, schmecken, klingeln hören: Profit, Rendite, Umsatzwachstum.
gut dargestellt, die Verbindung von Geld mit Sex, auch der folgende Abschnitt gefällt mir.

Wie zufällig ihr Knie berührend (sic!), setzte der grau melierte Herr seinen Vortrag fort:

Ein Geldautomat am Wegrand schenkte ihr einen Kontoauszug
Ich weiß nicht, es klingt ein bissschen gewollt.

Er war ihr nicht hinterhergekommen und hatte den Zug verpasst.
Hier würde ich das "und" durch ein Komma ersetzen, weil es mich beim Lesen irritiert: im ersten Moment liest es sich so, als wollte er ihr nicht hinterherkommen, und ich muss mir erst bewusst machen, dass es ihm an Schnelligkeit mangelte.

Das letzte Komma was Franka erkannte

Soweit jetzt erstmal das, was mir spontan auffiel.

Liebe Grüße
enigma

 

Hallo enigma,

Du siehst aber genau hin ... danke nochmals fürs Drüberschauen. Deine erneuten Verbesserugsvorschläge habe ich gerne angenommen, allerdings bleibe ich bei der Verlaufsform hartnäckig. Ein meiner Meinung nach viel zu selten verwendeter, wunderschöner Baustein der deutschen Sprache.

Ansonsten bin ich mit den aktuellen Änderungen noch nicht zu 100% zufrieden, mich wundert dass der minimale Eingriff an Frankas Charakter Dich zu solchen Begeisterungsstürmen veranlasst ... aber es steht ja schon lakita in der Warteschlange, um mir eins überzubraten.

Lieben Gruß und herzlichen Dank,

AE

 

aber es steht ja schon lakita in der Warteschlange, um mir eins überzubraten.
stimmt...*feueranheiz*

Demnach, so verstehe ich deine kessen Worte, wagst dich mit diesem (un?)fertigen Werk so weit vor, dass du es als wohltuende Chance betrachtest, von mir in die Pfanne gehauen zu werden? Sowas nennt man in gewissen Kreisen Masochismus, nicht wahr?

Wenn ich Zeit hab, schau ich dieses WE drüber. Und keine Bange, ich tu dir nix, ich will doch nur spielen. :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Alter Ego,

zunächst ein bisschen Textarbeit vermischt mit Lob und und und... Wirklich warm anziehen musst du dich erst am Ende :D

DER TITEL ...seufz...hab lange nicht mehr was so Unpassendes gesehen. Was für eine Funktion hat ein Titel?

Wenn es für dich nur um die Unterscheidung deiner Geschichten geht, dann würden auch die Buchstaben a), b) etc. reichen. :D
Normalerweise soll ein Titel zunächst einmal dafür sorgen, dass der Leser die Geschichte lesen will.

Bei diesem Titel stell ich mir vor, dass jemand im Rhein schwimmt, was mir irgendwie schon dieses "Brrrrr"-Gefühl von kalt und strudelig und gefährlich vermittelt und dabei in den Himmel blinzelnd von Thailand träumt. 'Na und?' würde ich dann denken, 'soll er doch, was geht es mich an, was jemand träumt. Seine Träume soll er aber ruhig für sich behalten, ich habe selbst genug davon.'

Sodann gibt es auch Titel, die so interessant klingen, dass man dringend wissen will, was das Seltsames ist. Titel, die neugierig machen, meine ich. Davon kann man ehrlich nicht bei diesem Titel sprechen.

Und dann gibt es noch Titel, die bestimmte Erwartungen wecken und damit bestimmte Leserschichten ansprechen, das sind z.B. alle Titel, die erotische oder gar sexuelle Gelüste ansprechen. Ich möchte nur an die beiden Geschichten erinnern, die hier auf kg stehen und den Titel "Schlaf mit mir" :D haben. Auch so ein Titel wie z.B. "Blutige Ketten" oder "Des Henkers Bluthunde" könnten auf ein bestimmtes Genre deuten und somit (eventuell) etwas ankündigen, was die Leser aus dem Bereich Horror gerne wissen möchten.


Dann hab ich den Nachnamen deines Herrn Messias zu bemängeln. "Spanski" klingt wie ein verunglücktes Spaski, Spasti und erinnert an behindert und schon hab ich ein schiefes Bild im Kopf von deinem Protagonisten.

Wieso nennst du ihn nicht einfach Schmidt, Meyer, Müller, Lehmann, Krüger? Der Name ist doch nicht wichtig, er ist ja kein Datenträger im eigentlichen Sinne und er soll schon gar nicht so gewählt sein, dass er irgendwas besonders unterstreicht.


Achtung! Nun kommt Lob: dein Eingangssatz ist genial gut! Alles drin, um sofort Interesse zu wecken und in die Geschichte reingezogen zu werden.


sobald sie bestialischen
die


Das Privileg, nicht mit durchgeschnittener Kehle in einem Müllcontainer geendet zu haben, bewegte ihn zu dem unumstößlichen Entschluss, sein Leben von Grund auf zu ändern, sobald sie bestialischen Kopfschmerzen abgeklungen sein sollten.
Von nun an war er der Messias.
Das klingt umständlich formuliert.
Manchmal und das taucht ab und zu nochmals im Text auf, legt sich mir der Verdacht nahe, dass du allzu sehr satz-und wortverliebt bist und dann nicht mehr drauf achtest, ob der Leser nicht mit einer gradlinigeren Satz- und Wortführung glücklicher wäre.

Wenn du dich gerne an deinen eigenen Sätzen delektieren möchtest, was dir ja unbenommen ist, dann schreib doch mal nur eine Geschichte für dich. :D

Der obige Satz wirkt schlicht schwerfällig. Wenn du die Geschichte durchgängig in genau diesem schwerlastigen Satzstil geschrieben hättest, dann hätte ich es sogar noch akzeptieren können, weil es dann dein spezieller Schreibstil ist, aber so sind über die Geschichte ein paar von diesen Sätzen verteilt und dann wirken sie störend.

stille Zeit vor Weihnachten
still? da ist nix still vor Weihnachten. Wie wäre es mit dem schlichten Wort "besinnlich"?

Außerdem musste sie die Heimfahrt ins Elternhaus
klingt unbeholfen ..."Heimfahrt ins Elternhaus"

in menschliche Brandung
dieser Ausdruck passt nicht so recht an dieser Stelle...da kommt zu viel Dramatik rüber.

wo steile Stufen in die Unterwelt der Großstadt führten.
wunderbar beschrieben !!! Ja, ich kann auch loben... ;)

und aus ihrem Dämmerzustand gerissen von einer Botschaft, die sie nicht hören wollten:
wenn ichs nicht besser wüsste, würd ich sagen, du bist Jurist und diktierst täglich jede Menge Schriftsätze.
Genauso klingt diese Satzkonstruktion. Entweder "und aus ihrem Dämmerzustand von einer Botschaft gerissen,die sie nicht hören wollten" oder "von einer Botschaft, die sie nicht hören wollten, aus dem Dämmerzustand gerissen". Je nachdem, worauf du den Fokus legen willst.

eine Vorstellung die deutlich erotischer war,
vor "die" ein Komma oder täusche ich mich?

Kapital das kanalisiert, in Solarprojekte
vor "das" ein Komma und ich glaube nach "kanalisiert" dann aber nicht.

Wer jetzt nicht die Hand in den Strom der Spekulation ausstreckte,
in den Strom strecken oder stecken, aber nicht ausstrecken.


Auch die Annahme, dass der provinzielle Geiz Weiths und teure Moderestaurants inkompatibel wären, erwies sich als Fehleinschätzung.
Das ist so ein Satz, den musste ich zweimal lesen, um seine Bedeutung zu erhaschen. Fraukes Annahme war eine Fehleinschätzung, dass sich der Geiz und teure Moderestaurants nicht vertrugen? Ok...aber seit wann ist ein Sushiladen ausser, dass er in Mode ist, ein teures Restaurant? Habt ihr in Süddeutschland nur teure Sushi-Restaurants? Oder ist dein Text aus den 90er Jahren? Du siehst aber an dieser Bemerkung, dass es Sinn macht, gewisse Dinge eventuell weniger trendig zu schreiben, sondern zeitloser. Dir geht es doch gar nicht um Sushi, ob teuer oder preiswert, sondern dir geht es um Fraukes Einschätzung bezüglich Weith. Du könntest das ein wenig zeitloser formulieren.

Und auch der vergangene Abend, dass sie ihn nun Thomas nennen durfte, ein Küsschen auf die Backe erhalten hatte und anschließend umarmt worden war, änderte nichts an ihrer Unsicherheit.
Hier dachte ich ...oh...da hab ich also ein paar Stunden verpasst. Frauke ist schon wieder zu Hause und reflektiert den "vergangenen Abend". Genau dieser Begriff brachte mich auf diese Idee und was dann folgte, bestätigte es.

Tatsächlich bringt er sie erst nach Hause. Bei welcher Gelegenheit hat er es denn geschafft, ihr ein Küsschen zu geben? Meist sitzt man sich gegenüber. Ist er aufgestanden? Bist du sicher, dass er sowas riskiert hätte, in der Öffentlichkeit eines Lokals, wo jeder mitansehen kann, falls er sich eine abweisende Reaktion abholen sollte bei ihr? Da fehlt mir Leser mehr Input. Welch Mut... oder ist es der Blutstau unterhalb der Gürtellinie, die ihn... ?*grübel*

Ehering?
Ehering? Ist er verheiratet? Wo hab ich deinen Hinweis vorher übersehen? Sehr seltsam...ich dachte die ganze Zeit, er ist nicht verheiratet. Dann will er also fremdgehen?

Der Messias ließ die Stille auf sich wirken, stellte sich vor, wie die Frau angstvoll den Oberarm ihres Begleiters umklammert hielt, während er seine Hand auf ihr Knie gelegt hatte, unter den Rock schob und sanft die schwarze Strumpfhose streichelte.

Ein Bild der Harmonie, das ihm den Brechreiz hochsteigen ließ.

oh no...!!! Wie kommst du darauf, dass das ein Bild der Harmonie ist? Oder bist du an dieser Stelle ironisch? Wenn ja, dann weg damit, das passt dann nicht. Ich würde jetzt nicht mit Ironie rechnen.

Das Bild, dass der Messias vor sich sieht, ist nicht harmonisch. Sie umklammert angstvoll Weiths Arm, sucht Halt, Schutz, er sucht erotische Stimulation, Bestätigung. Klar, beide sind auf dem Egotrip (sie erwartet Schutz, er Sex), darin liegt eine gleichgerichtete Intention beider, ABER sie gehen es auf höchst unterschiedlichen Ebenen an. Harmonie wäre es nur, wenn beide die gleiche Ebene hätten.
Mit "Brechreiz" übertreibst du arg. Wenn jemand so schnell mit Brechreiz reagiert, dann hat er irgendwo selbst eine Leiche im Keller liegen, die die ganze Zeit drauf lauert, sich endlich zu outen. Dazu gibst du mir als Leser aber keine genügenden Anhaltspunkte. Jemand der sich etwas durchgeknallt benimmt und den Messias verkörpert, hat nun nicht am Ende jede Macke als Dreingabe.

Mit einem Klacken sprang die Lüftung wieder an und die Neonleuchten überschütteten die drei Insassen des Waggons mit einer blendenden Lichtfülle.
Ja, wasn schöner Satz. Show, show, show...du kannst es!

Zumindest würde sie ihren Kafee nicht alleine trinken müssen.
Bist du sicher? Sie ist doch nicht seit Stunden oder gar Tagen allein und einsam und benötigt mal endlich wieder jemanden zum Zuhören oder? Ausserdem kann man Kaffee sehr gut allein trinken. Wenn du damit sagen willst, dass Franka Kaffee immer nur im mindestens Zweierpack trinkt, dann fehlt diese Info hier. Könnte ja sein, dass sie selbst so eine Macke hat.
Btw: Kafee ´


Die Welt vor den Fenstern setzte sich in Bewegung.
gefiel mir sehr gut, diese Formulierung.

Zur Textkritik:

ich hab nicht gelesen, was dir die andren geschrieben haben, also nicht wundern, falls ich nix Neues bringe.

Dass du nicht richtig erklärst, wieso jemand sich zum Messias berufen fühlt, das verzeih ich dir. Damit kann ich leben, ich male es mir dann in meiner Phantasie selbst aus.
ABER dann stört mich natürlich, dass du mir mein Bild vom Messias in der U-Bahn zerstörst. Da sitzt ein griesgrämiger, zum streiten und ärgern aufgelegter Messias und stellt gegenüber einem Wildfremden eine ziemlich fiese Behauptung auf.
Gut, am Ende der Geschichte weiß man nicht, ob es wahr ist, was er behauptet oder nicht.

Aber unter einem Messias hab ich mir was anderes vorgestellt. Was genau liegt ihm jetzt quer in der U-Bahn? Der Typ, den er wiedererkennt, vermeintlich wieder erkennt? Seine Eifersucht auf die Frau, die an seiner Seite sitzt, und die der Messias gerne an seiner eigenen Seite hätte? So richtig klar wird mir das an dieser Stelle nicht, welche Motive ihn antreiben.

Wenn Weith wirklich verheiratet ist (Ehering), dann weiß ich eigentlich nicht so genau, was ihn antreibt?
Was genau will er dann von ihr? Natürlich Sex, aber wäre es dann nicht einfacher, er ginge zielstrebiger vor? Er wirkt auf mich unüblich verhalten.

Ein Chef, der sich bereits über ein Tabu hinweg setzt und aus erotischen Gründen mit seiner Sekretärin zusammen tut, der braucht jetzt ansich keine Skrupel mehr haben, er hat bereits die Schwelle zum Verbotenen übertreten.
Er hat in seinem Kopf schon kein Tabu mehr bezüglich Chef und Untergebener, bezüglich etwaiger Konsequenzen bei der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Wozu dies Zögern?

Wenn Weith allerdings andere Ambitionen hat und er nicht verheiratet ist, dann wiederum käme ich mit der Figur klar, weil es zu ihm passt, so umständlich zu sein. Geiz und Umständlichkeit passen ganz gut. Ein wenig ambivalent zu sein, einerseits dringend zu wollen, andererseits nichts riskieren zu wollen, das würde passen.

Die Figur Weith ist also etwas brüchig.


Erst recht komme ich mit Franka nicht klar. Was will sie eigentlich? Anfänglich wirkt es auf mich so, dass sie nicht nur lieber in der heimischen Badewanne liegen möchte, um sich entspannen zu können, sondern sowieso lieber kein Date mit ihrem Chef hätte. Aber dann stehen da solche Sätze, was sie alles an ihm bewundert und ich weiß nicht mehr weiter als Leser.

Was will sie denn nun? Weith? Oder nicht Weith? Das ist hier die Frage.

Dann lässt die Geschichte jede Menge Fragen offen, die im Grunde darauf hindeuten, dass du wohl eher einen Romananfang gepostet hast. Die Story hört genau da auf, wo manche gute Autoren beim Krimi den Cliffhanger setzen. :D
Man will jetzt dringend folgende Fragen beantwortet wissen:

Wer hat Weith umgebracht? Etwa Messias? Gar Franka? Wenn Wieso?

Klar, du möchtest den Leser fast mit der Nase drauf stoßen. Weith engagiert einen Detektiv, er sucht nach einem Schläger, der für ihn was erledigt und am Ende hat der Messias Lädierungen. Aber das passt dennoch nicht ganz zusammen, weil wegen so einer Bemerkung, wie sie in der U-Bahn erfolgte, ist man entweder so stabil es auszuhalten, dass man sich deswegen nicht zu einer körperlichen Auseinandersetzung hinreißen lässt, oder man hat wirklich irgendwo noch ein paar Problemchen, die man mit sich rumschleift, die dann eventuell explodieren. Sei es, dass Weith tatsächlich in Thailand etwas tat, was der Messias gesehen hat, sei es, dass Weith, ansich die Ruhe in Person, bei bestimmten Themen nicht mehr Herr seiner Sinne ist. Aber nach dem U-Bahn-Vorfall einen Detektiv engagieren und dann so hinterrücks loszulegen, das passt nicht so recht.
Da fehlt was...

Wozu will der Messias mit Franka reden? Eine Frage, die sich mir stellt.
Weswegen will Franka nicht mit dem Messias reden? Möchte man, wenn einem grad der Chef weggestorben ist, nicht alles über ihn erfahren? Und dieser Messias hatte was angedeutet, dass schon etwas strange war, nicht wahr?

Sie weicht also ab von der normalen Art auf gewisse Dinge zu reagieren.
Mir fehlt ihre Neugierde. Wenn sie dich nicht hat, dann müsstest du innerhalb der Geschichte erklären, von mir aus auch nur andeuten, wieso.

Am Ende deiner Geschichte habe ich mich gefragt, was genau du eigentlich darstellen wolltest.
Die Verwicklungen dreier Personen? Ok, aber wozu?
Was genau wolltest du damit aussagen?

Dich darf ich das fragen, weil ich weiß, dass du nie einfach, wie so manche, nur dahin schreiben würdest, um drauf los zu plappern. Ich würde gerne die tiefere Bedeutung deiner Geschichte erfassen, um dir Tipps geben zu können, wo du noch mehr ausfeilen müsstest, um dieser Bedeutung auch zum Glanze zu verhelfen.

Mir erschließt sich aber leider deine Intention nicht recht.

Wenn Weith nicht verheiratet ist, dann hast du ihn eigentlich am ausgereiftesten geschildert von den Dreien, wenn auch etwas brüchig. Bei den andren stellen sich mir zuviele Fragen.

Deiner Geschichte fehlt es an Spannungsaufbau und an einem guten Plot.

Diese drei Leute hätten ganz andere Dinge miteinander tun können, die sie dann fatal mit einander verstrickt hätten.
Da hätte mehr Stoff drin sein können.

Z.B. wie wäre es gewesen, wenn Weith wirklich in Thailand...und auch noch fortgesetzt in Deutschland mit seinen sexuellen Vorlieben weiter gemacht hätte. Franka erscheint ihm für kurze Zeit nicht nur wie eine Abwechslung, sondern eine Art Erlösung, wie der Versuch, aus einem Teufelskreis heraus zu gelangen.
Er sieht sie als Chance.
Sie ist vielleicht anfänglich ablehnend, will nichts mit einem Chef zu tun haben, der ihr eigentlich unsympathisch vorkommt. Aber dann gewinnt er ihre Zuneigung und genau in dem Moment, in dem es eigentlich hätte gut laufen können (und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute), gerät das feine Gespinst der aufkeimenden Zuneigungen und der heranwachsenden Vertrautheit in die Schieflage. Der anfänglich in der U-Bahn ansich nicht ernst genommene Messias, hat ebenfalls den Keim des Zweifels, der Unsicherheit bei Franka gesät. Sie entdeckt durch Zufall, weitere Hinweise bei Weith, dass dieser sich nur zu gern mit sehr sehr jungen Mädchen vergnügt und sie gerät in den Strudel sich widersprechender Gefühle. Sie möchte das einmal gewonnene Glück nicht hergeben, aber auch wiederum nicht die Augen verschließen vor einer menschlich abartigen Dimension, die ihr Angst macht.
Was wäre, wenn sie sich mit dem Messias treffen möchte, und zu dem Zeitpunkt, zu welchem auch Weith auftaucht, um den Messias zur Rede zu stellen, mundtot zu machen, was auch immer, vielleicht sogar zu beseitigen, erlebt sie also live, was zwischen den Männern passiert. Erlebt in der Deckung befindlich und unerkannt, den Mord, den Totschlag, die Notwehrsituation, was auch immer. Dann wäre übrigens die Schlussszene passend. Der Messias möchte sie dringend sprechen, sie will aber nicht.

Und nun sage nicht, dir selbst stolz auf die Brust klopfend: "siehste mal, lakita, was so eine tolle Geschichte alles in dir an Phantasie hervorruft und genau das bezweckte ich" :D

Alterchen, du musst noch was tun...!

Lieben Gruß
lakita

 

Wow lakita,

was für eine Kritik! Ogottogott. *schamrot und bleich werd* Wie habe ich nur sowas verdient, das ist ja länger als meine Geschichte?

Du hast das Ding echt gelesen und auch noch durchgearbeitet und ich glaube, ich stehe tief in Deiner Schuld.

Zu den zahlreich vorhanden Fragen, in nicht chronologischer Reihenfolge und mit Unterstützung eines Glases Rotweins:

Mein Held Eduard kommt aus dem Ruhrgebiet und hat polnische Vorfahren. Spanski ist inzwischen auf mehrfachen Wunsch abgeändert, die Assoziation mit Spasti wurde mehrfach erwähnt. Wahrscheinlich findest Du seinen neuen Nachnamen vergleichbar grauenhaft. Aber etwas nicht griffiges, nicht normales (deshalb eben nicht Meyer, Müller etc.) liegt mir hier am Herzen.

Ebenso war die "Brüchigkeit" in seiner Person beabsichtigt. Er ist der Mann der Widersprüche, wobei Du interessanterweise die sexuelle Komponente seines Wesens fein erfasst hast, ein Punkt zu dem wir später noch plaudern werden.

Den Hauptwiderspruch, nämlich die Diskrepanz zwischen Sein und Schein, zwischen Anspruch und eigenem Wesen, zwischen nach außen verkündeten und eigenem Verhalten hat seltsamerweise trotz der erfreulich hohen Anzahl von Rückmeldungen noch niemand angemerkt.

Dein Ansatz, die gesamte Geschichte aus hauptsächlich erotischem Blickwinkel zu sehen ist daher hochinteressant und im Vergleich zu den Vorkritiken tatsächlich neu.

Dass Du mit Weiths Doppelrolle als verheirateter Mann und Herzensbrecher nicht mir so einfach abnimmst, erstaunt mich. Ich dachte, ich hätte ihn als egoistisch, materialistisch und latent menschenverachtend geschildert. In dieser Eigenschaft, kann er natürlich den Rahmen der Legalität überziehen, mit seiner (jungen) Sekretärin vögeln wollen und gleichzeitig eine "Alte" daheim sitzen haben, der er erzählt hat, er sei wieder mal auf einer seiner zahlreichen Geschäftsreisen.

Weith steht für mich in der Geschichte für Impetus, Antrieb, Trieb. Und für ein Verhalten ohne Rücksicht auf Verluste.

Zu Franka, die du in Frauke umgetauft hast: Eigentlich hätte ich erwartet, nun eins übergebraten zu bekommen wegen eines chauvinistischen Frauenbildes, ihrer Passivität und Blässe, die sie nichts wollen lässt ... danke, dass du in diesem Punkt nicht mit voller Kraft zugehauen hast.

Sie ist für mich in der Geschichte irgendwo der Gefühlsmensch, das hin und her getrieben Wesen, das sich einem schlechten Plot gemäß am Ende wie im richtigen Leben entscheiden muss, wie es nun weitermachen will. Nicht weniger und auch nicht mehr. Offensichtlich zu wenig (dramatisch) für den Geschmack meiner gestrengen Kritikerin.

Dein Vorwurf, die drei Stränge vermischten sich nicht ordentlich, führten nur zu seichter Dramatik machst du mir gemeinsam mit einigern Kollegen. Ich kann ihn an dieser Stelle nicht entkräften, nicht mit der vorliegenden Version.

Deine angerissenen Vorschläge, den Plot abzuändern - mit Hilfe eines pikant erotischen Grundmusters - habe ich mit großem Interesse und sichtlicher Erheiterung zur Kenntnis genommen. Ich beneide Dich aufrichtig um Deine Fantasie in diesem Punkte, wenngleich ein Aufnehmen des Gedankes einer Totaloperation gleichkäme.

Etwas das man nicht in übermüdetem Zustand, mal schnell Abends angeht. Ich muss das erst mal senken lassen. Bis dahin vorab ganz herzlichen Dank für Deine Mühe.

Die Textanmerkungen sind zur ersten Hälfte übernommen. Ganz lieben Gruß,

AE

 

hallo alter ego,
ich stieß leider erst vor einigen tagen auf deine geschichte - und kenne nur die letzte fassung. die kritiken der anderen leser habe ich nicht berücksichtigt - so also meine ungeschminkte meinung zu deinem werk:

es ist ein toller krimi; spannend von A-Z, mit einem kräftigen schuss wortwitz gewürzt.

kurz gesagt: hat mir prima gefallen.
vor allem, weil sie für mich ein gutes beispiel dafür ist, wie man informationen nur wohl dosiert in die handlung einfliessen lässt (ein punkt, den du bei meinen geschichten mit recht kritisierst).

noch etwas text-kram:

verwandelte er eine siebenlagige Europalette mit Biermischgetränken in Scherben.
- wie kann man aus Paletten SCHERBEN machen? die sind doch aus holz, oder kunststoff. aber du meintest natürlich die FLASCHEN.

Während der Bürotage, die dunkel begannen und düster endeten, schien das Läuten des Telefons aggressiv und aufdringlich zu sein, die Kunden genervter und übel gelaunter als sonst.
der erste satzteil ist große klasse. aber danach: ich würde AGGRESSIVER sagen. und ÜBLER GELAUNT.

Von allen Seiten kam Druck, eine Gefühlslage, die Franka nicht ausstehen konnte.
ist DRUCK eine GEFÜHLSLAGE? (wie wäre es mit: "eine Situation, die Franka nicht ausstehen konnte"?)

In ihrer Getriebenheit sahen die Menschen offenherziger aus.
- ich kann keinen zusammenhang zwischen GETRIEBENHEIT und OFFENHERZIG sehen. warum lässt du sie nicht einfach in der vorweihnachtszeit empfänglicher für "guten nachrichten" sein?

Die Masse war gezwungen, sich zu teilen und ihn zu umfließen. Ein zäher Stau unwilliger Gesichter,
- STAU ist stillstand, es kann also nichts umFLIEßEN.

Die Zeit im Bauch der Großstadt verging langsam, verstrich nicht in Sekunden und Minuten, sondern in Menschen.
- klasse!

und im Rahmen einer monatlich dreistelligen Ersparnis aus der Kirche ausgetreten,
- wie wäre es mit: "...vor dem Hintergrund einer dreistelligen...."?

[quoteOb er ihre Arbeitsweise tatsächlich schätzte, blieb unerkenntlich,][/quote] - gibt es dieses wort?

Sonnyboy
Sunnyboy

"Es ist eine ungute Zeit zum U-Bahn fahren.
- für eine frau eine ungute zeit um allein U-Bahn zu fahren.

"Keine Panik Franka, bestimmt wieder nur so eine technische Störung. Oder ein Typ, der sich vor den Zug geworfen hat. Hat sich bestimmt gleich erledigt."
beschreibt toll den charakter von Weith

hassvoller
besser: hasserfüllter blicke

Seine Begleitung folgte ihm untergehakt, sei es ihn zu halten oder gehalten zu werden.
- sei es UM ihn zu halten, oder UM selbst gehalten zu werden

Er legte es auf dem Tisch ab
- er legte es auf den tisch.

[um zu wissen, dass Weith wissentlich die Unwahrheit gesprochen hatte. /QUOTE] - wortwiederholung

Schon während sie die Türe aufsperrte,
- hier fehlt mir der bezug. die türe zur wohnung? zum büro?

ihr nicht mehr oder weniger offensichtlich an die Wäsche wollen würde.
- das hört sich fürchterlich holprig an.

"2 Wochen Thailand, all inklusive: 730 Euro"
- sehr gut gewählter schluss. du schaffst damit wieder die verbindung zum anfang deines textes.


beste grüße
ernst

 

Hallo AlterEgo!

Nach meinen anfänglichen Problemen, weil ich unter dem Titel nicht die erwartete Sozialkritik mit dem armen Schlucker, der im Rhein schwimmt, weil er sich Thailand nicht leisten kann, gefunden habe, hab ich mir die Geschichte sozusagen stufenweise erarbeitet, und das Ergebnis davon ist, daß sie mir jetzt richtig gut gefällt, und ich finde, daß da eine Menge Psychologie drin steckt, also die Charaktere sind Dir ausgesprochen gut gelungen. :)

"Glaubt ihr denn, dass es jenseits von Ficken, Fressen und Saufen nichts gibt?"
Interessant finde ich Deine Aussage, Franka sei die eigentliche Hauptprotagonistin. Insofern, daß sich genaugenommen alles um sie dreht, stimmt das auch. Aber der Hauptagierende ist in meinen Augen Eduard, und der Blick in die Psyche geht bei ihm auch am tiefsten oder ist zumindest der Interessanteste. Deshalb gehört die Einleitung auch unbedingt dazu: Er projiziert nämlich seinen eigenen früheren Dämmerzustand auf die Leute in der U-Bahn-Station, schreibt ihnen die Schlechtigkeit zu, die er für sein eigenes Tun empfindet, und es war sein eigenes schreckliches Erwachen, vor dem die Menschen zu retten er sich nun berufen fühlt – oder auch dazu, es ihnen zu bereiten.

Manchmal aber huschte auch noch um diese Zeit eine vergessene Perle vorbei, in schwarzen Strümpfen, mit halbhohen, klappernden Stiefeln und durch den dunklen Wollmantel hindurch erahnbarer Oberweite. Es waren dies die Augenblicke, in denen ein seliges Lächeln der Erinnerung über sein Gesicht lief.
Möglicherweise hat er bereits hier ein Auge auf Franka geworfen, vielleicht sind es aber auch allgemein Frauen in ihrem Stil, die seine Erinnerung in ihm wecken (irgendwas war da noch, wonach er sich sehnte …).

Als er nun Weith und Franka in der U-Bahn sieht, den Altersunterschied und seinen Ehering mißbilligend wahrnimmt und dann, mit Auftauen der Erinnerung, auch noch Weith (und in ihm sein eigenes Spiegelbild) wiedererkennt, hat er meiner Meinung nach bereits einen Plan gefaßt:

"Nein. Du wirst es bereuen. Denn, fürchterlich ist der Zorn des Herrn gegen die Ungerechten."
Das Böse muß vernichtet werden, sein Spiegelbild, das Franka benutzt, wie er selbst Frauen benutzt hat, und außerdem will er ja eigentlich selbst gern unter ihrem Rock die schwarze Strumpfhose streicheln. Also …
In ihrer Getriebenheit sahen die Menschen aus, als würden sie sich nach einer guten Nachricht sehnen.
… soll sie von der Polizei die »gute Nachricht« erhalten, daß sie von Weith erlöst ist. Dabei fühlt sich Eduard nicht nur als Wohltäter, er tötet Weith stellvertretend für den Teufel in sich selbst.

Damit, daß Weith inzwischen selbst aktiv wurde und den Detektiv engagiert hat, hat Eduard möglicherweise gerechnet, denn er hat ihn ja bewußt provoziert. Jedenfalls scheint es zu stimmen, was er Weith auf den Kopf zugesagt hat, sonst würde Weith den Worten eines »Penners« (wie er zumindest zu glauben vorgibt) nicht so viel Gewicht geben. Wenn es stimmt, was Eduard sagt, muß Weith Angst haben, daß er ihn erpreßt, nur deshalb ist ihm die Sache auch das Geld für den Detektiv wert. Warum sollte es ihm, noch dazu bei seinem Geiz, das Geld wert sein, wenn nichts hinter den Anschuldigungen stecken würde und er ihn wirklich für einen Penner hielt?
Wie die beiden dann aneinandergeraten sind, beschreibst Du nicht, aber nachdem beide in die selbe Richtung arbeiten, ist das meiner Meinung nach auch egal, Kampfszenen mag ich ohnehin nicht, mir reicht das Ergebnis, das teils die Kriminalbeamten erzählen, teils an Eduard zu sehen ist.

Weiths Gedanken wurden ja schon in den Vorkritiken unter die Lupe genommen, dem möchte ich nur noch eins hinzufügen:

lakita schrieb:
Z.B. wie wäre es gewesen, wenn Weith wirklich in Thailand...und auch noch fortgesetzt in Deutschland mit seinen sexuellen Vorlieben weiter gemacht hätte. Franka erscheint ihm für kurze Zeit nicht nur wie eine Abwechslung, sondern eine Art Erlösung, wie der Versuch, aus einem Teufelskreis heraus zu gelangen.
Franka ist erst seit drei Monaten bei ihm, das könnte für einen hohen Verschleiß an Sekretärinnen sprechen. Jedenfalls klingt das …
"Ich bin ja so froh, dass Du dich auf die Anzeige gemeldet hast … Du ahnst ja nicht, wie schwierig es ist … ich meine eine Frau zu finden, mit Ausstrahlung, dem rechten Ton für die Kunden … freundliches Auftreten, zuvorkommend … ich habe dir das viel zu selten gesagt, aber heute …dass du auch noch superattraktiv bist, können sie ja durch das Telefon nicht sehen …"
… meiner Ansicht nach nicht, wie vom Herzen heraus, sondern eher sehr aufgesetzt und auf jede Sekretärin passend, bei der er es gerade versucht. Er nimmt halt, was er bekommt, bis er in die erfolgversprechenden Solarprojekte im Süden investieren kann.

Mein Held Eduard kommt aus dem Ruhrgebiet und hat polnische Vorfahren.
Ich hab die Geschichte ja noch mit Spanski gelesen und fand den Namen eigentlich passend. Auf die Idee, dabei an Spasti zu denken, bin ich nicht gekommen. Jedenfalls gefällt mir Spanski besser als Sputski. Ausgehend von Spanski hätte ich vielleicht auf Spanovski geändert, wobei ich nicht sicher weiß, ob dieses -ovski in Polen vorkommt.

Was mir nicht ganz stimmig erschien, sind Eduards Reichtum und Frankas Bewegungsdrang:

Die Kreditkarten nehm ich dem Eduard als Gabelstaplerfahrer nicht ab, schon gar nicht mehrere. Deshalb hab ich die Geschichte anfangs auch so gelesen, daß Eduard gar nicht in Thailand war, sondern sich das alles nur im Suff zusammengeträumt hat. Erst bei der Szene in der U-Bahn wurde dann klar, daß es nicht geträumt war. Allerdings hat er eine Sozialwohnung, und um die zu bekommen, darf man glaub ich in keiner Stadt reich sein. Ich würde also »aller Kreditkarten« durch »seines Bankkontos« oder »seiner Bankomatkarte« ersetzen, dann klingt es realistisch. :)

Immer, wenn sie innerlich aufgewühlt war, verspürte Franka den Drang, sich zu bewegen. Gehen bedeutete nachdenken, mit sich selbst ins Reine kommen.
Ich kenne das auch. Aber ob es wirklich zu Franka paßt? Ich würde sie eher Auslagen anschauen lassen, das paßt auch besser zu ihren Gedanken rund ums Geld und der Geldautomat müßte nicht »am Wegrand« stehen.
Warum? Weil ich bei ihr den Eindruck habe, daß alles an ihr vorbeigeht: den Ehering bemerkt sie nicht oder denkt sich nichts dabei; als der Messias die Sache in Thailand erwähnt, macht sie sich keine Gedanken über Weith; die Eintragung im Kalender kombiniert sie nicht mit dem Vorfall, selbst als Weith dann tot ist, erinnert sie sich nicht an Eduards Drohung oder mißt ihr keine Wichtigkeit bei (»Nein, sie habe keine Erklärung. Feinde? Nicht dass sie wüsste«), stattdessen denkt sie nur mehr daran, was sie danach machen wird. Nur, daß Weith sie anlügt, bemerkt sie. Und am Schluß, als sie die Verletzungen des Messias sieht, fragt sie sich nur, ob er sie wiedererkannt hat (wobei ich mir nicht sicher bin, ob da nicht doch eine Ahnung in ihr aufkeimt, aber es ist trotzdem reichlich spät). – So viel scheint sie also wirklich nicht nachzudenken, daß sie dafür extra gehen müßte. ;)

Franka ist das fühlende Element. (Ich schreibe nun absichtlich nicht weiblich!). Dass sie damit als passiv, bei Kasimir als "einfach/normal" rüberkommt, ist interessant.
Hm, also für mich ist ihre Haupteigenschaft, daß sie alles hinnimmt, wie es kommt, ohne selbst groß ins Geschehen einzugreifen oder darüber nachzudenken (siehe oben) oder auch nur zu sagen, was sie möchte oder nicht will, etwa bei der Restaurantwahl. Und auch an Weith findet sie ja eigentlich erst Gefallen, als er sich an sie heranmacht, sie nimmt also sein Näherkommen hin und arrangiert sich damit, wie sie auch ihre Pflichten immer brav erfüllt.
Interessant auch, daß sie am Schluß nicht die zwei Wochen Thailand bucht, sondern – bescheiden – an eine Pension in Luxemburg denkt, und wo sie demnächst arbeiten wird. Keine Höhenflüge und nicht weit vom asphaltierten Weg abkommen, scheint ihre Devise zu sein. Oder besser: mit dem Strom zu schwimmen. Sie entspricht damit dem Bild Eduards, das er sich von den Menschen in der U-Bahn-Station macht. Und wie in der U-Bahn-Station stellt er sich dem Strom in den Weg, er verändert Frankas Leben. Und durch ihre Überlegungen bezüglich der neuen Arbeitsstelle (mit Kollegen statt einsam usw.) wirkt sie schließlich doch noch ein bisschen so, als hätten die Ereignisse sie tatsächlich aufgeweckt.

Mit wundert es in diesem Zusammenhang auch, dass noch niemand etwas zu der jeweiligen Sprache bemerkt hat, die Ihnen zugeordnet ist ...
Also gefühlsmäßig war da schon ein Unterschied, ich fand sie jeweils passend und den jeweiligen Charakter unterstützend, aber womit Du das sprachlich erreicht hast, kann ich jetzt nicht sagen.

Was mir aber aufgefallen ist, sind sich (auf unterschiedliche Art) wiederholende Bilder. Etwa das schon genannte Sich-in-den-Strom-Stellen Eduards in der U-Bahn-Station wie im Leben von Franka, und dazu das Bild von Weith, der erst die Hand in den Strom der Spekulation ausstrecken will und dann selbst im Strom schwimmt, wenngleich auch in einem anderen …
Und dann ähneln sich auch noch die Bilder, wie Eduard durch seinen alkoholbedingten Betriebsunfall Veränderungen durchmacht, und wie sich Franka am Schluß durch Weiths »Betriebsunfall« verändert. So, wie sich Eduard und Franka aber in ihren Ansichten über Weihnachten unterscheiden, sind auch ihre Wege andere. :)

Dann hab ich da noch ein paar Reste …

Oder ein Typ, der sich vor den Zug geworfen hat. Hat sich bestimmt gleich erledigt.
Vollkommen überrascht bat Franka die unerwarteten Besucher herein. Zumindest würde sie ihren Kaffee nicht alleine trinken müssen.
Eigentlich wären sie ja ein richtiges Traumpaar gewesen! :D

während er seine Hand auf ihr Knie gelegt hatte, unter den Rock schob und sanft die schwarze Strumpfhose streichelte.
Tolles Bild, das gleich dieses eklige Kunststoffstrumpfhosengefühl auf den Fingern erzeugt.

nur als sich die Türen geschlossen hatten, drehte sich die Frau noch einmal um, zwei fragende Augen, die den Zug absuchten.
Da bin ich mir nicht ganz sicher: Willst Du damit sagen, daß der Messias nicht mehr drin war?


…und eine Liste mit Änderungsvorschlägen:

»Bevor die Zeit als Messias gekommen war, hatte Eduard Sputski als Gabelstaplerfahrer gearbeitet.«
– würde schreiben »seine Zeit als Messias«

»die Verwirklichung eines lange gehegten Lebenstraums: Zeitlich unbefristeter Puffurlaub in Thailand.«
– kein vollständiger Satz nach dem Doppelpunkt: klein weiter

»sobald die bestialischen Kopfschmerzen abgeklungen sein sollten.«
– abgeklungen sind.

»Und zu allem Überfluss wollte nun auch noch ihr Chef ein lange versprochenes "dann gehen wir mal nett essen" einlösen.«
– ein lange versprochenes „Dann gehen wir …“

»Den letzten freien Abendtermin der Woche würde Franka also nicht in der warmen Badewanne, sondern mit Running Sushi verbringen.«
– Als Gegensatz zu »Running Sushi« fände ich »würde Franka also nicht gemütlich in der Badewanne « stärker. Und wenn Du »verbringen« gleich hinter die Badewanne stellst, gefiele mir der Satz noch besser: würde Franka also nicht gemütlich in der Badewanne verbringen, sondern mit Running Sushi.

»einem Ruf zu folgen, der sonst ungehört an ihnen vorbei gegangen wäre:
"Glaubt ihr denn, …«
– zusammen: vorbeigegangen
– Glaubt Ihr

»und aus ihrem Dämmerzustand von einer Botschaft gerissen, die sie nicht hören wollten:«
– würde ich umdrehen: und von einer Botschaft aus ihrem Dämmerzustand gerissen, die …

»Das Ende wird so furchtbar sein, dass ihr euch wünschen werdet, man hätte euren Vorvätern die Eier abgeschnitten und ihr wärt nie geboren worden.«
– dass Ihr Euch wünschen werdet, man hätte Euren Vorvätern die Eier abgeschnitten und Ihr wärt …

»Es waren dies die Augenblicke, in denen ein seliges Lächeln der Erinnerung über sein Gesicht lief.«
– Vorschlag: Dies waren die Augenblicke
– laufendes Lächeln würde ich zu »über sein Gesicht huschte« ändern

»In zarter Jugend konfirmiert und überzeugt durch einer monatlich immerhin dreistellige Ersparnis aus der Kirche ausgetreten,«
– durch eine … Ersparnis
– So heißt der Satz aber, daß er in zarter Jugend nicht nur konfirmiert wurde, sondern da auch schon ausgetreten ist, da müßte also irgendein Zeitpunkt oder einfach »später« hinein: In zarter Jugend konfirmiert, später überzeugt …

»Weith konnte sich einreden, mit dem Einsatz von etwas Kapital und Charme endlich bei ihr zum Ziel zu gelangen, eine Vorstellung, die deutlich erotischer war, als ihre Realisierungschancen Erfolg versprechend.«
– würde nach »gelangen« einen Punkt machen.

»die Gewissheit wieder länger werdender Tage, einer höher in den Himmel steigenden Sonne,«
– damit sagst Du zweimal dasselbe, würde mich also für eins der beiden entscheiden

»ein unbedarftes "japanisch war ich noch nie essen" provoziert.«
– ein unbedarftes „Japanisch war …

»"Zwei Wochen, und keine Menschenseele bekehrt. Es ist zum kotzen"«
– zum Kotzen

»als er nach getanem Tagewerk den Heimweg antrat.«
– von einem Münchner hätte ich mir eher ein »Tagwerk« erwartet ;)

»Er war die Treppen zum Bahnsteig hinunter gestiegen«
– zusammen: hinuntergestiegen

»Im Gleisbett flitzen kleine, graue Felltiere herum,«
– flitzten

»Weith konnte sich nicht an ihr satt sehen.«
– zusammen: sattsehen

»Außer einem angebotenen und angenommenem "Du" konnte er noch keine Erfolge vermelden.«
– einem angebotenen und angenommenen „Du“

»"Ich bin ja so froh, dass Du dich auf die Anzeige gemeldet hast … Du ahnst ja nicht, wie schwierig es ist … ich meine eine Frau zu finden, mit Ausstrahlung, dem rechten Ton für die Kunden … freundliches Auftreten, zuvorkommend … ich habe dir das viel zu selten gesagt, aber heute …dass du auch noch superattraktiv bist,«
– »du« klein
– ich meine, eine … (mit) freundlichem Auftreten – würde das aber umstellen: ich meine, eine Frau mit Ausstrahlung zu finden, dem rechten Ton …
– vor dem letzten »dass« fehlt eine Leertaste

»Es gab Eigenschaften, die sie an Weith bewundernswert fand: Ein perfekt zuvorkommendes Wesen und seine Fähigkeit, mit Menschen auch in kritischen Situationen umzugehen, das Vertrauen aufrecht zu erhalten und sein Talent, sich aus jedem Schlamassel wieder herauswursteln zu können.«
– da das nach dem Doppelpunkt kein vollständiger Satz ist, sondern eine Aufzählung: klein weiter

»ebenso wie sein Feuerwerk von Ideen, abgebrannt an den wenigen Tagen,«
– »abgebrannt« finde ich irgendwie zu negativ für den Zusammenhang; wie gefällt Dir z. B. »versprüht«?

»und Franka blieb die Aufgabe, alles am laufen zu halten,«
– am Laufen

»Ob er ihre Arbeitsweise tatsächlich schätzte, blieb unbegreiflich,«
– öhm, in meinem Ausdruck stand da noch »unerkenntlich«, wollte Dir »war nicht erkennbar/zu erkennen« vorschlagen; »unbegreiflich« finde ich gar nicht passend, vielleicht »unergründlich«?

»auch über die drei Monate hinweg, die sie schon für ihn tätig war. Und auch der vergangene Abend, dass sie ihn nun Thomas nennen durfte, … änderte nichts an ihrer Unsicherheit.«
– Wiederholung von »auch«, Vorschlag: Nicht einmal der vergangene Abend, dass sie … änderte etwas an ihrer Unsicherheit.

»Er verlangte die Rechnung und schoss einen letzen Pfeil ab:
"Es ist für eine Frau keine gute Zeit zum U-Bahn fahren.«
– keinen Zeilenwechsel nach dem Doppelpunkt
– zum U-Bahn-Fahren

»Ihm gegenüber saß ein Herr im Anzug mit Ehering am Finger und eine blonde Frau um die Mitte Dreißig.«
– »um die« würde nur passen, wenn danach z. B. »dreißig« käme, also eine genaue Zahl. Da aber »Mitte dreißig« bereits ungenau ist, brauchst Du kein »um die«.

»Seine Schläfen zeigten erste Anflüge von grau.«
– von Grau

»Mit einem Ausdruck des sich Erinnerns wandte sich die Frau wieder ihrem Begleiter zu, der eindringlich gestikulierend auf sie einredete:«
– das »sich« vor »Erinnerns« könntest Du streichen
– keinen Zeilenwechsel nach dem Doppelpunkt (Begleitsatz zur direkten Rede)

»ich muss gestehen ich weiß gar nicht wer du bist«
– gestehen, ich

»echt schade ... "«
– Leertaste zuviel zwischen den drei Punkten und dem Anführungszeichen

»"Und bestimmt gibt es auch so ein Regal mit kleinen Reiseandenken …"«
– Wenn er sich schon alles so ordentlich und Ton in Ton vorstellt, denkt er doch sicher eher an eine Vitrine mit Glastüren als an ein Regal. ;-)

»der sie zu beruhigen versuchte:
"Keine Panik Franka,«
– ohne Zeilenwechsel
– Panik, Franka

»nur von vorne, vielleicht von der nächsten Station her, sickerte der Hauch von Licht den Tunnel entlang, zu wenig um Augen oder Gesichter zu erkennen.«
– besser: sickerte ein Hauch
– zu wenig, um

»Ein Bild, das ihm den Brechreiz hochsteigen ließ.«
– das »den« paßt nicht so recht, da es ja kein bestimmter Brechreiz ist, sondern einfach nur Brechreiz. Ich würde aber eher schreiben, daß es Brechreiz in ihm erzeugte.

»„Das kann nicht sein, ich ...“«
– meistens verwendest Du ja die … aus dem Word, aber manchmal, so wie hier und oben bei »echt schade« hast Du drei einzelne Punkte.

»Der Messias hört sprachloses Schnaufen aus der Dunkelheit, dann eine gereizt klingende Antwort:«
– hörte
– keinen Zeilenwechsel

»Denn, fürchterlich ist der Zorn des Herrn gegen die Ungerechten."«
– ohne Beistrich

»Seine Begleitung folgte ihm untergehakt, sei es um ihn zu halten oder gehalten zu werden.«
– sei es, um

»Der Zug rollte die wenigen verbleibenden Meter zum Bahnsteig vor, dann öffneten sich die Türen.«
– da könntest Du noch kürzen, z. B. »wenigen« streichen, »die Türen öffneten sich« (ohne dann)

»Das ungleiche Paar stieg aus, ohne den Messias eines weiteren Blicks gewürdigt zu haben«
– ohne den Messias mit einem weiteren Blick gewürdigt zu haben

»schenkte Weith seinem Besucher eine Tasse Kaffee ein und lehnte sich entspannt zurück:
"Das ging ja fix!«
– keinen Doppelpunkt, da es kein Begleitsatz ist (das Zurücklehnen erzeugt keine Rede)

»Sein Gegenüber fuhr fort:
"Der Schein trügt, er ist kein Obdachloser,«
– keinen Zeilenwechsel

»Weith nickte dankend:
"Sie kennen nicht zufällig jemanden, ich meine … etwas fester zupacken … einige Dinge klarstellen … sie haben doch in ihrem Beruf … das kommt doch sicherlich öfter …"«
– wenn er im Morsealphabet nickt, dann keinen Zeilenwechsel, ansonsten keinen Doppelpunkt. ;-)
Sie haben doch in Ihrem Beruf

»Außerdem hatte sie zuvor in seinem Terminkalender geblättert, war über das Wort Privatdetektiv gestolpert, allerdings ohne die Zusammenhänge zu begreifen.«
– Hier könntest Du evtl. um die Wörter »Außerdem« und »allerdings« wegformulieren, oder eins davon, und nach »geblättert« würde ich den Beistrich durch ein »und« ersetzen.

»In Kürze würde sie dieses Thema angehen, sobald Weihnachten vorbei sein würde«
– »vorbei sein würde« klingt nicht sehr schön und wäre leicht zu vermeiden: gleich nach Weihnachten

»aber auf die Idee die Topfpflanzen zu gießen,«
– die Idee, die

»die sie sich nicht in harte Währung umrechnen ließen.«
– das »sie« gehört da nicht hin

»keine "danke, mein Goldstück" Grußzeile.«
– keine „Danke mein Goldstück“-Grußzeile

»Franka hatte geöffnet und zwei Herren streckten ihr die Dienstausweise entgegen und erbaten Zutritt zu den Büroräumen. "Kriminalpolizei Köln. Sie arbeiten hier? Dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?"«
– eins der beiden »und« im ersten Satz würde ich rausnehmen
– Also noch einmal der Reihe nach: Sie strecken ihr die Dienstausweise entgegen, erbitten Zutritt zu den Büroräumen, und stellen sich erst danach vor? ;-)

»Es waren zu viele wenn und aber,«
– zu viele Wenn und Aber

»Thomas war aus dem Rhein gezogen worden, 50 Kilometer stromabwärts.«
– Zahlen in Geschichten besser ausschreiben, solange sie so kurz sind: fünfzig

»Sie würde sich eine Stelle suchen, ein nettes Büro mit Kollegen, auf jeden Fall keine Isolationszelle mit Telefonzentrale.«
– »auf jeden Fall« könntest Du streichen: ein nettes Büro mit Kollegen, keine Isolationszelle …

»Eigentlich konnte sie nun nach Hause fahren, in er Stadt gab es nichts mehr zu tun für sie.«
– in der Stadt

»Und Morgen?«
morgen

»Am unteren Ende des Treppenaufgangs stand er dann: Braune Kutte, zotteliger Bart, der fast bis zur Hüfte herunterhing.«
– »dann« kannst Du streichen
– Aufzählung, daher klein: braune …
hinunterhing

»denn ihr habt euch versündigt an dem Propheten eures Herrn«
Ihr habt … Eures Herrn

»Ob er sie wiedererkannt hatte?«
– eigentlich reicht: Ob er sie erkannt hatte?

»tief atmend starrte Franka nach draußen auf den Bahnsteig.«
– auch »nach draußen« könntest Du streichen oder durch »hinaus« ersetzen

»Das letzte was Franka erkannte,«
– Das Letzte, was

»Den morgigen Tag würde sie definitiv in Luxemburg verbringen, sich vielleicht in einer netten Pension einquartieren, jedenfalls definitiv nicht mit der U-Bahn ins Büro fahren.«
– bin mir nicht sicher, ob das doppelte »definitiv« Absicht ist, wenn nicht, könntest Du eins durch »sicher« ersetzen.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

das ist eine derartig umfangreiche Kritik, dass bei mir erst einmal vor Ehrfurcht erstarren angesagt ist. Und eine ordentliche Überraschung dazu, denn der Text wurde schon vor einer Weile gepostet. Und was das Schlimme ist, schon mehrfach überarbeitet und korrigiert.

Ich fange mal mit dem Einfacheren an: Deine Textänderungsvorschläge sind größtenteils umgesetzt. Nun zu Deiner Analyse:

Nehmen wir mal mit dem Titel: Dass ich Dich auf die sozialkritische Spur gelockt habe, ist eine Nebenwirkung. Die eigentliche Intention des Textes ist nur am Rande Sozialkritik zu üben, denn mir geht es (wie immer) mehr um die Menschen, also die Bestandteile der Gesellschaft. Und im Rhein schwimmt am Ende nur einer, nämlich die Leiche Weiths, ob er in diesem Zustand noch träumen kann und gar von Thailand träumen will, sei der Phantasie des Lesers überlassen.

Tja, dann das schwierige Thema Hauptperson, Du findest also Eduard am interessantesten. Mir war es wichtig, ihn in aller seiner Widersprüchlichkeit auf die Bühne zu bringen. Du deutest das an und kommst auf die Idee, er wolle den aktiven Kampf gegen das Böse antreten, das Böse, das auch in ihm schlummernde Böse, das er schließlich in Weith entdeckt ... Das ist gut, was mich allerdings wundert ist, dass noch niemand entdeckt hat, dass er in seiner (neuen) Rolle eigentlich ein Versager und Stümper ist. Die "Bibelzitate" die er den Menschen an den Kopf wirft, sind allesamt unecht und wie Du erkannt hast, schlummert da im Inneren natürliche noch die alte, eigene Triebhaftigkeit, so dass nur der Anblick eines hübschen Mädels reicht, um zu ...

Und dann die schwierige Frage, was wirklich in Thailand passiert ist. Zunächst einmal steht Weith für eine Prototyp von Mensch. Das betrifft sein Äußeres sowie sein Verhalten. Der Messias hat ein feines Gespür für Menschen. Er verbringt seine ganze Zeit nur damit, sie zu beobachten. Natürlich ist er in Thailand Weiths Prototyp begegnet. Ob auch dem konkreten Exemplar selbst, wollte ich offen lassen.

Das schwieirgste Kapitel, der (nicht dargestellte) Kampf. Aus der kritischen Rückschau auch nach mehreren kleinen Änderungen weiterhin der wunde Punkt der Geschichte. Ausgegangen ist die Begegnung der beiden jedenfalls von Weith, weil nur dieser den anderen aufgespürt hatte. Das konkrete Ereignis stelle ich mir als eine Eskalation vor, als Hahnenkamof der (ohne Anwesenheit Frankas) nun ohne Bandagen ausgefochten wird.

Eduards "Reichtum" beruht auf der Tatsache, dass es verdammt leicht ist, mehrere Kreditkartenverträge parallel abzuschließen. Vor einer Reise nach Thailand traue ich auch einem zum Alkohol beigenden Staplerfahrer zu, sich mit geeigneten Zahlungsmöglichkeiten auszurüsten.

Schwieriger ist der Punkt mit Franks Bewegungsdrang ... witzigerweise kommt das Thema wieder bei der Geschichte an der ich gerade schreibe ... da hast du mich irgendwo ertappt. Im Aktuellen Fall war es aber nicht als Bewegungsdrang gedacht, sondern als das Bedürfnis einfach von allem wegzulaufen. Ob da das Anschauen der Auslagen ein adequater Ersatz ist, muss ich überdenken.


Keine Höhenflüge und nicht weit vom asphaltierten Weg abkommen, scheint ihre Devise zu sein. Oder besser: mit dem Strom zu schwimmen. Sie entspricht damit dem Bild Eduards, das er sich von den Menschen in der U-Bahn-Station macht. Und wie in der U-Bahn-Station stellt er sich dem Strom in den Weg, er verändert Frankas Leben.

:thumbsup: Das ist eine Erkenntnis, die mir so richtig Freude bereitet.

Lieben Gruß und nochmals herzlichen Dank für die unglaubliche Mühe,

AE

 

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