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Im Sommer
Was für ein schöner Sommer es gewesen wäre. Doch noch im August steckte man uns in Uniformen, brachte uns bei, zu schießen und fuhr uns hinaus in die Hügel. Den ersten Tag verbrachten wir damit, Gräben auszuheben und unsere Nervosität zu überspielen, und am Vormittag des zweiten Tages gab es plötzlich viel Bewegung am Waldrand vor uns, Gestalten huschten von Baum zu Baum, auf die Entfernung klein wie Puppen, und als sie die freie Fläche zwischen uns überwinden wollten, waren überall Schüsse, es knallte bei uns, blitzte zwischen den Pinien hervor, deren Duft über allem lag, und auch ich nahm mein Gewehr, visierte über Kimme und Korn, wie sie es mir beigebracht hatten, und hielt viel zu weit vor, dachte aber nicht daran, es zu ändern.
Immer mehr Gestalten blieben vor uns liegen, aber sie gaben nicht auf. Neben mir, hinter mir, überall hörte ich die Schreie der Verwundeten, und kleine Dreckfontänen, wie winzige Wasserspiele, tanzten um mich herum, bis ich einfach den Kopf einzog und in den Schutz des Grabens abtauchte. Dort blieb ich, bis mein Zugführer kam, ein Karrenfahrer, dessen Frau ihn betrog, das wusste jeder, und schrie und mir ins Gesicht schlug, ich stand wieder auf und schoss, nasse Augen, die Sonne, die Sonne, und diesmal zielte ich genau und traf auf zweihundert Meter. Sie fielen wie Gliederpuppen, schrieen Verwünschungen, die sich brachen im Geknalle, und links und rechts von mir sackten sie zusammen, aus den Augenwinkeln sah ich Augusto sterben, Augusto, den Mann meiner Cousine, eine Kugel durchschlug seinen Helm, warf seinen Kopf zurück wie ein Faustschlag und ließ ihn einfach liegen, ich rüttelte und schrie, aber er bemerkte mich nicht mehr. Da nahm ich seine Munition, zielte, schoss, repetierte, zielte, schoss, repetierte, und es wäre wohl ewig so gegangen, doch irgendwann trafen die máquinas ein, ließen die Erde zwischen den Pinien tanzen und vertrieben die Faschisten.
Ich schoss immer noch, als mein Zugführer kam, er war früher camionero gewesen, ja, jeder im Ort wusste das mit seiner Frau, sie trank und war nicht wählerisch, er schrie mich an und schlug mir das Gewehr aus den Händen, und wir sammelten uns, wir, die übrig geblieben waren, und er teilte meinen Freund Gonzales und mich ein, herauszufinden, ob sich die Faschisten wirklich zurückgezogen hätten.
Ich hätte kotzen können, so schlecht war mir, als ich den Graben verließ, alles an mir war nass, schließlich war Sommer, und an all den grünen Puppen, die überall herumlagen, vorbei überquerten wir die Wiese und schließlich, im Wald, wurde mir besser im Schatten der Pinien. Einige Puppen schrieen, jammerten und flehten, Gonzales winkte zu unseren Stellungen, und ein paar Minuten nachdem wir den Wald verlassen hatten hörten wir vereinzelt Gewehrschüsse hinter uns.
Wir arbeiteten uns vorsichtig voran, passierten ein Weizenfeld, an dem die Ernte verdarb und fanden schließlich an ein nahes Holzhäuschen gelehnt einen verwundeten Legionär.
Er war unbewaffnet; als wir uns ihm näherten, versuchte er zu lächeln. Sein Oberschenkel blutete stark; er presste sein Uniformhemd darauf, aber es war bereits völlig durchnässt.
„Wen haben wir denn da?“, sagte Gonzales laut, als wir auf ein paar Schritte herangekommen waren. „Fernando Rodrigues, wie zur Hölle kommst du zu den Legionären?“
„Sie sind nicht mehr so wählerisch, Gonzales“, antwortete der Verwundete, und Schweiß tropfte ihm vom Gesicht.
„Du hast es noch weit geschafft, mit der Verletzung. Möchtest du einen Schluck Wasser?“
Gonzales schulterte den Karabiner und reichte ihm seine Feldflasche.
Ich stand daneben, sah zu, wie er lange, tiefe Schlücke nahm, in meinen Ohren hallten Schüsse nach und alles war zu weit entfernt, als dass ich gefragt hätte, woher die beiden sich kannten.
„Danke“, sagte der Verwundete und gab Gonzales die Flasche zurück, der sie sorgsam verstaute und daraufhin seinen Revolver zog.
„Was soll das, Gonzales?“ Seine Stimme zitterte.
„Du glaubst doch nicht, dass wir dich bis zu unseren Stellungen zurückschleppen, oder?“, lächelte Gonzales und spannte die Waffe.
Fernandos Augen weiteten sich, stachen weiß aus dem Schatten des Häuschens hervor. Er starrte mich an, doch ich schwieg, dann sah er Gonzales ins Gesicht, rückte sich gerade hin, schien einen Augenblick zu überlegen und sagte dann erstaunlich gelassen:
„Es ist eine gottlose Sache, einen verwundeten Gefangenen zu erschießen.“
„Es ist eine gottlose Sache, Faschist zu sein“, antwortete Gonzales ebenso ruhig und schoss ihm in zweimal ins Gesicht. Einen Moment lang blieb er dort sitzen, Fernando mit dem roten Kopf, dann sackte er langsam zur Seite. Wir ließen ihn dort, im Sommer, liegen, und sprachen den Rückweg nur einmal, als ich fragte, woher sie sich gekannt hätten.
„Waren Messdiener“, antwortete er, und ich schwieg, schwieg und dachte nach über meinen Freund Gonzales.