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Immer wieder Dienstag

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22.11.2005
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Immer wieder Dienstag

Bihun–Suppe. Heute sollte es Bihun–Suppe mit Paprika und einem Schuss Rotwein bei Hui-Xie geben.
Sie spürte die Blicke sehr wohl, während sie durch den Discounter schlenderte und Paprika in den Korb packte. Es war ja nicht so, dass ihr diese Blicke fremd waren. An manchen Tagen genoss sie es sogar, aber das waren schlechte Tage und meistens stimmten sie die Blicke nur unsicher, unglücklich und unzufrieden mit ihrem ganzen Dasein. Wenn sie zurückschaute, drehten sich die Leute weg, widmeten sich wieder ihrer Arbeit, taten beschäftigt; taten etwas, was sie sonst nicht taten. So wie gerade der junge Verkäufer, der seinen Blick wieder hurtig auf seine Ware richtete, als hätte er ihn nie woanders gehabt.
Am Ende des Ganges blieb ein Mann stehen und schaute ihr hinterher. Auch das spürt man, und das war ja auch das Schlimmste daran: Dass sie dachten, sie würde es nicht merken.
Hier kannte jeder jeden, und das war das Problem an diesem Nest. Viele Leute erzählten ihr von Berlin, von der großen Stadt, oder von Hamburg, wo es so leicht sei ein Doppelleben zu führen oder sich eine Existenz aufzubauen, um es vielleicht eines Tages schaffen zu können.
Vor den Dosensuppen standen zwei tratschende Frauen mit Dosensuppen in der Hand und versperrten ihr den Weg zum Regal. Als stünden sie absichtlich dort. Sie hielten inne, warfen sich wissende Blicke zu, starrten Hui-Xie an und wichen nicht zur Seite. Nur ein wenig Abstand wäre freundlich gewesen, wäre höflich gewesen.
„Verzeihung? Darf ich mal bitte?“, sagte sie mit ihrem Dialekt, aber gut verständlich und deutlich.
Keine Antwort, nur intensive Augen.
Und sie stand genau zwischen diesen Augen, die belustigt schienen, während hinter ihnen Holger Hinkelkin mit Familie vorbeischritt, kurz zum Gruße nickte, an Hui-Xie herunterschaute und seiner Frau um die Hüfte griff. Am Dienstag wird Hui-Xie ihn sehen. Er wird seiner Frau erzählen, es sei beim Kegeln etwas später geworden. Wie jeden Dienstag.
Während sie ihren Lieblingsrotwein suchte, sah sie ihn und ein paar der Anderen beim Schnapsregal stehen. Sie schauten abwechselnd zu ihr, klopften sich auf die Schultern und einer von ihnen deutete in Luftgitarrenmanier eine Stellung an. Die anderen lachten, lehnten sich ins Kreuz und strichen sich über ihre stolzen Bierbäuche.
An der Kasse standen sie dicht hinter ihr. Ganz dicht! Ihre Frauen waren mit den Kindern „schon mal vorausgegangen“. Vater wolle mit den Kollegen noch auf den Sportplatz.
Einer von ihnen griff ihr fest an den Arsch. Die Kassiererin verdrehte die Augen, kassierte das Geld für die Bihun-Suppe, den Rotwein, die Paprika und schämte sich ihres Akne zerstörten, fettigen Gesichtes. Hui-Xie ignorierte beides, ging raus, ging schnell. Die Männer folgten ihr, lachten und öffneten den Schnaps, den sie gekauft hatten. Jeder eine Flasche, verschiedene Sorten, die sie untereinander tauschten. Es musste anscheinend schnell gehen.
Es war schon dunkel und die Straßenlaternen waren noch nicht angesprungen, als Hui-Xie zu rennen begann.
„Heute wird nicht bezahlt!“, riefen sie immer wieder. „Weißt du eigentlich, wie lange ich für dich schuften muss?!“, schrie Günter, den sie an der Stimme erkannte, und schien tatsächlich eine Antwort zu erwarten. Deswegen wiederholte er seine Frage in regelmäßigen Abständen.
Sie hatten ihre Flaschen geleert, worauf sie sehr stolz waren, und warfen damit nach ihr. Hui-Xie zog ihre Schuhe aus und rannte so schnell sie konnte, den Tränen nahe. Sie schaute sich nicht um, verlor ihre Weinflasche, die an der Bordsteinkante zerplatzte, ihre Bihun-Suppe, ihre Paprika. Doch es half nicht: Mehrere Hände rissen an ihr. Sie fiel und wollte schreien, doch eine Hand wurde ihr auf den Mund gedrückt. Sie hörte Reißverschlüsse und wurde ins Gebüsch gezerrt. Der Ort war perfekt. Perfekt für die Täter. Als hätten sie nur gewartet, bis ihr Opfer an dieser Stelle der Straße angelangt war, um zuzuschlagen. Dann wurde ihr die Hose runtergerissen. Die Stimmen der Männer vermischten sich zu einem Brei aus perversen Lauten. Sie kniff die Augen so fest zu, wie sie konnte und dachte an ihre Familie in der Heimat, an ihre Mutter, an ihren Freund, den sie mal hatte.
Dann wachte sie schweißgebadet auf. Es war nicht das erste Mal, dass sie von diesem fürchterlichen Tag geträumt hatte. Sicher war sie zur Polizei gegangen, aber es wäre auf Aussage gegen Aussage hinausgelaufen. Und wer glaubt schon einer Nutte! Spermaspuren hätten sie gefunden. Sicherlich. Aber eine Vergewaltigung hätte sie damit noch lange nicht nachweisen können. Sie hätte diese Wichser höchstens bloßstellen können; vor ihren Frauen und in der Öffentlichkeit. Aber was hätte sie davon gehabt? Kein Geld mehr zum Leben! Und so klopfte auch heute Holger Hinkelkin an ihre Tür, lachte und sagte: "Es ist Dienstag!" Es war nicht das erste, und auch bestimmt nicht das letzte Mal.

 

Hallo zusammen

Ich wusste nicht so recht, wohin mit dieser KG. Ich beschreibe das beengende Leben in Kleinstädten (obwohl so viel Platz da ist) und eine eskalierende Situation. Wo das "sich-kennen" bedrohlich wird, ausatet und grausam endet.

 

Hallo Aris,

um es vorweg zu sagen, diese Geschichte von dir gefällt mir bisher am besten.
Trotzdem sehe ich auch Probleme. Zum einen finde ich es schade, dass du die Eskalation zum Schluss als Traum auflöst, dadurch verliert sie an Realismus, auch wenn du diesen versuchst mit der Andeutung von Zuhältern wieder zu steigern.
Zum anderen macht genau diese Andeutung die ganze "Supermarktfantasie" unglaubwürdig, denn wenn Hui-Xie illegal irgendwo eingesperrt und zur Prostitution gezwungen wird, dürfte es ihr kaum möglich sein, überhaupt frei in einen Supermarkt zu gehen.
Nun gut, man könnte den Traum dann als Scham über das, was sie zu tun gewzungen ist, interpretieren, dass ihr auch die Blicke nur im Kopf spucken. Das wäre möglich, nimmt aber der von dir intendierten Kleinstadtatmosphäre die Schärfe. Denn die ist gut getroffen.
Details:

Sie spürte die Blicke sehr wohl, während sie durch den Discounter schlenderte, und packte Paprika in den Korb
in der Satzstruktur ungeschickt, da man das Gefühl hat, "packte" müsste am Satzende stehen. Das ist der Nachteil einer "effizienten" Form bei der man möglichst viele Informationen in kurze Sätze packen will. Ich würde dir hier zu einer dritten Tätigkeit raten.
Sie spürte die Blicke sehr wohl, während sie durch den Supermarkt schlenderte, packte Paprika in den Korb und schaute sich um.
Es war nicht so ...

An manchen Tagen genoss sie es sogar, aber das waren schlechte Tage und meistens wurde sie nur verunsichert, unglücklich und schämte sich ihrer selbst.
Der Satz scheint mir im Informationsgehalt unklar. An den schlechten Tagen also genießt sie die Blicke, an den guten wird sie verunsichert, unglücklich und schämt sich ihrer selbst?
sie dann zurückschaute, drehten sich die Leute weg
unnötiges Bedingungswort. Die Satzmelodie wird trister und passender, wenn du es weglässt.
So wie gerade der junge Verkäufer, der sich wieder hurtig mit seinen Waren und seiner Etikettiermaschine beschäftigte
muss ja schon fast eine ältere Geschichte sein, jedenfalls denke ich bei Etikettiermaschinen nicht an die heute üblichen Barcodes. Allgemein finde ich den Satz unglücklich, weil er mit so vielen unnötigen oder verharmlosenden Wörter gespickt ist: So wie der junge Verkäufer, der seinen Blick so konzentriert auf seine Waren richtet, als hätte er ihn nie woanders gehabt.
Selten wurde Ignoranz und Neugierde so verschleiert wie in diesen Blicken.
Selten wurden - Die Satzaussage (das Prädikat) muss im Plural sein, wenn der Satzgegenstand (das Subjekt) aus mehreren Teilen besteht. Also hier "wurden verschleiert" (Prädikat), da "Ignoranz und Neugierde" (Subjekt).
Auch das spürt man, und das war ja auch das Schlimmste daran: Dass sie dachten, man merkt es nicht.
Hier solltest du persönlich bleiben und "man" durch "sie" ersetzen, selbst wenn man allgemein spürt, wenn Blicke auf einem liegen.
Viele Leute erzählten ihr von Berlin, von der großen Stadt, oder von Hamburg, wo es so leicht sei, wo man ein Doppelleben führen konnte, wo man sich eine Existenz aufbauen konnte und es vielleicht irgendwie schaffen konnte.
Diese "wo" Formulierung finde ich persönlich immer etwas umgangssprachlich. Vielleicht stört mich hier auch nur dir Häufung. Vorschlag: Viele Leute erzählten ihr von Berlin, von der großen Stadt, oder von Hamburg, wo es leichter sei, wo man ein Doppelleben führen, konnte, wo man sich eine Existenz aufbauen konnte und es vielleicht irgendwie schaffen könnte.
Nichts gegen das Stilmittel der Wiederholung aber in diesem Falle nimmt es dir den Zug und die Eindringlichkeit der Erzählung anstatt sie zu unterstützen.
Bei den Dosensuppen standen zwei Frauen, zwischen ihnen im Regal ihre Bihun-Suppe
So stehen die Frauen im, nicht vor dem Regal
"Darf ich mal?" Sagte sie mit ihrem Dialekt, aber gut verständlich und deutlich.
Hier passt die Form der Aussage mE nicht zu deiner Schilderung der Protagonistin. Sie sollte wenigstens "Darf ich bitte mal" sagen, vielleicht sogar noch "Verzeihen Sie" voran.
während hinter ihnen Holger Hinkelkin und Familie vorbeischritt
wieder die Sache mit der Mehrzahl im Satzgegenstand und in der Satzaussage. Also entweder "Hoger Hinkekin mit Familie vorbeischritt" oder "und Familie vorbeischritten" Würde, da der Satz weitergeht und weitere Prädikate folgen, die "mit" Variante bevorzugen, dann musst du weniger umstellen.
Er wird seiner Frau erzählen, es sei beim Kegeln etwas länger geworden.
es sei etwas später geworden - oder - es habe etwas länger gedauert.
Während sie ihren Lieblingsrotwein suchte, sah sie ihn und ein par der Anderen beim Snapsregal stehen
- ein paar der Anderen
- Schnapsregal
"schon mal vorgegangen"
schon mal vorausgegangen
Einer von ihnen Griff ihr fest an den Arsch.
griff
kassierte die Bihun-Suppe
warum? Hat Hui-Xie nicht genug Geld, sie zu bezahlen?
lachten und öffneten den Snaps, den sie gekauft hatten
Schnaps
"Heute wird nicht bezahlt!" riefen sie immer wieder
bezahlt!", riefen
"Weißt du eigentlich, wie lange ich für dich schuften muss?!" Schrie Günter
muss?!", schrie
verlor ihren Wein, der an der Bordsteinkante zerplatzte
nein, die Weinflasche zerplatzte daran
Sie kniff die Augen so feste zu wie sie konnte und dachte an ihre Familie in der Heimat
so feste zu, wie
"Es ist Dienstag!" Erklang eine Stimme hinter der Tür
Dienstag!", erklang

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo sim

Danke für deine Verbesserungen. Werde ich bearbeiten. Das sind auch genau die Sätze, bei denen ich auch noch nicht zufrieden war. Danke.
Aber was hast du dagegen, dass die Kassiererin kassiert? Da versteh ich nicht, was du meinst!
Und das Traumende hab ich auch noch hinzugefügt, kurz bevor ich gepostet hab. ich wollt am Ende noch eine Überraschung einbauen. MAch ich doch so gerne!
Zum Ende würde ich gerne noch mehr Meinungen hören. Ich bin mir da so unschlüssig!
Aber das die Prota zur Prostitution gezwungen wird, steht nirgens, und soll auch nicht so sein. Wie kommst du darauf?
Der Text ist ganz neu. Durch die Ettiketiermaschine wollte ich nur zeigen, wie bäuerlich die Stadt noch ist. Aber es ist überflüssig. Hast du schon recht. Den Holger Hinkelkin gibts ja auch schon einmal unter "Satire". Da geht er auch zum Kegeln. Aber die KG hat dir ja nicht zugesagt.

Gruß
Aris

 

Aber was hast du dagegen, dass die Kassiererin kassiert?
Ich habe gar nichts dagegen, dass die Kassiererin kassiert, das ist schließlich ihr Job. Sie kassiert aber Geld für die Suppe, den Rotwein, die Paprika. In deiner Formulierung kassiert sie nicht für die Dinge, die die Prota einkauft, sondern die Dinge selber.
Aber das die Prota zur Prostitution gezwungen wird, steht nirgens, und soll auch nicht so sein. Wie kommst du darauf
Durch die Bemerkung
„Es ist Dienstag!“, erklang eine Stimme hinter der Tür und dann Lachen.
entsteht dieser Eindruck. Natürlich kann das auch unschuldiger sein, dann aber ist die Auflösung als Traum erst recht nicht nachzuvollziehen, denn damit entreißt du ja die ganze beklemmende Schilderung der Realtität in eine Welt aus Märchen und Träumen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Aris,

deine Geschichte hat mir gefallen. Gerade der Einblick in das Innenleben deiner Prot. ist dir sehr gut gelungen, wie ich finde.

Etwas übertrieben fand ich die Geschichte vielleicht an manchen Stellen - dass sie so angeglotzt wird. Natürlich, das hängt davon ab, wie groß der Ort ist in dem sie lebt. Deine Geschichte hört sich für mich jetzt eher nach einem Dorf an.

Besonders stark fand ich übrigens auch den Schlussatz!

Eine Kleinigkeit:

Sie hatten ihre Flaschen gelehrt, worauf sie sehr stolz waren, und warfen damit nach ihr.

geleert

LG
Bella

 

Hallo Aris,

ich bin etwas zwiespältig. Einerseits hat mir das Thema deiner Geschichte (Beengtheit eines Dorfes) gut gefallen, die Gefühle der Frau sind teilweise schön verdeutlicht.

Nicht gefallen hat auch mir das Ende. Dafür gibt es einfach schon viel zu viele Geschichten, die ihre Handlung nach dem Schema "Ätsch, nur geträumt" auflösen.

Stellenweise hast du mir die gaffenden Menschen viel zu deutlich beschrieben, ein Satz wie

Selten wurden Ignoranz und Neugierde so verschleiert wie in diesen Blicken.
ist mir persönlich zu direkt.

Und auch ich habe die Geschichte so gelesen, dass die Protagonisten sich nicht freiwillig mit all diesen Männern einlässt. Ich hatte das Gefühl, dass da mehr dahinter steckt als die Not des Geldverdienens.

Eins noch:

Sie spürte die Blicke sehr wohl, während sie durch den Discounter schlenderte und Paprika in den Korb pakte.
Hier hat sich ein Fehler bei "packte" eingeschlichen.

Liebe Grüße,
Juschi

 

Hallo Leute

Und vielen Dank für die Hinweise.
Ich bin mir immer noch nicht sicher. Denn auch ich würde den Schlußsatz gerne stehen lassen. Bin aber auch der Meinung, dass das Ende abschwacht. Mal sehen.
Danke soweit.

Gruß

 

Hallo Aris,

deine Geschichte (es ist eine, da achte ich bei solchen Themen besonders drauf) gefällt mir recht gut, die dörfliche Enge, das Verhalten der Männer ist glaubhaft dargestellt. Die `Traumauflösung´ erscheint mir weniger gelungen (ähnlich Selbstmord) wirkt das oft wie eine Verlegenheitslösung.

Noch einige Kleinigkeiten:

„Wenn Hui-Xie an öffentlichen Orten war, wurden für sie die Sekunden zu Minuten, die Minuten zu Stunden und sie fühlte sich wie im Rampenlicht; als wäre ständig ein Scheinwerfer auf sie gerichtet und würde jede Bewegung verfolgen.“

Diese Zeitbeschreibungen wirken so stereotyp, man hat das schon zu oft gehört. Eigentlich ist der ganze Absatz überflüssig, man hat doch schon lange gemerkt, dass es um´s Gaffen geht.

„Vor den Dosensuppen standen zwei Frauen, hinter ihnen im Regal ihre Bihun-Suppe, hielten eingemachte Champions in der Hand und tratschten, wie an den Gestiken eindeutig zu erkennen war“

Vor den Dosensuppen standen zwei Frauen, sie hielten eingemachte Champions in der Hand und tratschten. Sie versperrten ihr den Weg zu dem Regal mit der Bihun-Suppe.

(So in der Art).


„Keine Antwort, nur intensive Augen.“

Intensiv starrende Augen.

L G,

tschüß… Woltochinon

 

Hallo.

Ich finde die Geschichte sehr interessant. Zum Sprachstil und zur Grammatik kann ich nichts sagen. Da habe ich selber die größten Schwierigkeiten.
Teilweise hätte ich allerdings andere Redewendungen benutzt. Hätte vielleicht auch die Männer etwas überheblicher und brutaler dargestellt.
Und mit dem Ende bin ich so gar nicht einverstanden. Mir erscheint es ein sehr schnelles Ende - eher ein Verlegenheitsende - zu sein.
Aber ansonsten bin ich schon recht angetan von der Geschichte. Provokant vom Thema, ohne Umschweife in der Handlung. Gut.

Liebe Grüße

Lücki

 

hallo

hast Recht: Der Absatz ist überflüssig.
Ich hab das Ende noch mal umgeschrieben. Es ist jetzt eine Mischung aus Traum und Realität. Sie hat es jetzt wirklich erlebt, und träumt die Szenerie nach. Der Satz "sie wachte schweißgebadet auf" stört mich noch.

Gruß

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Aris,

Gelungen. Besonders der "Anfang" im Supermarkt gefällt mir. Erst dachte ich da kauft ein Steinzeitmensch ein, der draußen nichts mehr für die Suppe finden konnte.

Selten wurden Ignoranz und Neugierde so verschleiert wie in diesen Blicken. Und zwar durch Begierde und Mitleid.
Neugierde mit Begierde verschleiern?

Daß alles nur ein Traum ist, spricht zwar menschlich für dich, nimmt der Geschichte aber einfach zuviel vom lieben Schauder und Schrecken.

 

OK, ich merke gerade, daß ich mich am Ende verlesen habe. Anscheinend ist alles einmal passiert und sie träumt wieder davon. Es ist mir so trotzdem etwas zu glatt abgeschliffen.

 

Hallo TWP

Da warst du wohl noch bei "Jäger und Sammler".
Mit dem zweiten posting hast du Recht. Es ist wirklich passiert, und einer ihrer Vergewaltiger kommt, genau wie vor der Tat, jeden Dienstag zu ihr. So als wäre nichts gewesen. Ich dachte, dass steigert die Tatsache noch ein Wenig, dass die Leute mit ihr machen können was sie wollen. Ungestraft.

Das mit dem Verschleiern sollte ich streichen, es wurde auch schon einmal kritisiert. Die Blicke beschreibe ich ja auch ausführlich genug.

Danke für die Kritik

 

Gern geschehn. Womöglich könntest du den Schluß wirkungsvoller gestalten, wenn das hinübergleiten in die Realität gemächlicher geschieht. So könntest du zum Beispiel aus dem "Brei aus perversen Lauten" (hübsch) die Stimme von Hinkelkin hervortreten lassen, die zu ihr spricht; der in Wirklichkeit jedoch schon wieder als Kunde vor ihrer Tür steht und rein will.

 

Ja das klingt gut! Vielen Dank. Ich werds versuchen, auch wenn das schwer wird umzusetzen. Diese Realitätsumschwünge sind nicht einfach. Bei "grüne Kastanien" in Sonstige hab ich da auch Schwierigkeiten gehabt. Aber ich setz mich mal ran.

 

Hi Nachtschatten

Danke fürs lesen und kommentieren.
Deine Ausführungen sind soweit richtig. Ich wollte hauptsächlich die Stimmung einer Kleinstadt wiedergeben, wo die leute sich gegen alles neue verbünden.Und es gibt für die Prot auch keinen Ausweg, da sie immer die selben Kunden hat. Die wiederlich gewöhnlichen Lebensmittel sind natürlich Absicht. Die KG hieß auch erst "Bihunsuppe, Paprika und Wein."

Gruß

 

Ich finde es immer wieder unglaublich wieviele gute Kurzgeschichten ich hier in dieser kurzen Zeit in der ich hier bin sehe. Deine ist wirklich eine der wirklich sehr gelungenen (in diesem Zusammenhang ist es schwierig das Wort "schön" zu benutzen)

Ja in der Kleinstadt weiß schon jeder alles von jedem oder versucht alles zu wissen, muss ich aus Erfahrung sagen.
Und ich kann mich sonst nur dem Meinungen meiner VOrgänger anschließen, es ist verdammt gut geschrieben.
Ich finde des weiteres gut, dass es einmal diese Situation, diesen Fall beschreibt und uns das Problem nahe legen will und ich es gleichzeitig auf viele andere Sachen übertragen kann.
Allerdings muss ich sagen, dass in unserer Stadt es anders laufen würde, bei uns würden alle ganz freundlich mit ihr reden und dann danach wieder darüber tuscheln. Aber andere Städte andere Sitten.

 

Zusammenfassung aus meiner Sicht:

Hui-Xie (warum mit Bindestrich?) ist asiatischer Abstammung und arbeitet scheinbar als Prostituierte in einer Kleinstadt, wo jeder jeden kennt.
Beim Einkaufen im Supermarkt erlebt man aus ihrer Sicht, wie sie ausgrenzt wird und man so tut, als wäre sie Luft.
Dann entwickelt sich eine Hetze durch die Straßen der Stadt, die in einer Vergewaltigung endet.
Der Leser erfährt, dass diese Tat nicht bestraft wurde und schlimmer, die Täter sind sogar „Kunden“ von ihr.

Stark fand ich die geschilderte Kälte, das Fremdsein in dem Supermarkt. Die Frauen, die sie nicht beachten und man kann nix machen. Man kann nicht schreien, man kann nicht bitten. Man ist Luft.

Verwirrend war für mich, die Zeiten auseinanderzuhalten. Evtl. soll es ein Traum sein bis zu dem Moment, wo sie aufwacht und wo in Kürze ihr Freier vor der Tür steht, den sie gerade erst im Traum gesehen hat.
Das ist darum so kompliziert, weil Du in den Traum zeitbezogene und allgemeine Sachen einbaust.
„Heute ist dies und das“
„Hier kannte jeder jeden….“
Und sogar die Zukunft verwendest „am Dienstag wird sie Holger“
Das alles lässt den Leser glauben, er ist direkt dabei und das macht es intensiver und wenn die Auflösung mit dem Traum kommt, fällt man erstmal in ein Loch und fühlt sich etwas veralbert. Und aus diesem Loch kommt man dann auch nicht mehr ganz raus, auch wenn man erfährt, dass es eine Erinnerung ist und Holger wieder vor der Tür steht.

Außerdem willst Du, aus meiner Sicht, zu viel mit dieser Geschichte.
Einerseits willst Du darstellen, dass jeder jeden kennt und das Beengtsein schildern. Aber am Ende wird das nur kurz angerissen und angedeutet, dass die Leute sich scheinbar kennen, aber das war´s dann auch.
Ich denke in einer Kleinstadt könnten die Männer nicht auf offener Straße eine Frau verfolgen, sie mit Flaschen bewerfen und dann in ein Gebüsch zerren, weil es einfach jeder hinter den Fenstern sehen kann.
Das zweite ist, dass Du das Fremdsein überhöhst, in dem Du eine Asiatin als Protagonistin nimmst, die nicht nur als Fremde in eine eingechworene Gemeinschaft einer Stadt ist, sondern auch als solche sofort zu erkennen. Dadurch kommt eher der ausländerfeindliche Aspekt durch, als der Abgrenzungseffekt von Neuzugängen in Kleinstädten.
Das dritte ist die Prostituierte, die auch sozial eine Außenseiterin ist.
Alles zusammen wirkt auf mich etwas viel und passt nicht ganz zusammen.

Darum mein Vorschlag:
Verwende nur bestimmte Sachen und konzentriere Dich darauf. Aus meiner Sicht, ist der derzeit der Kleinstadtaspekt konstruiert, weil er nur kurz angedeutet wird. Wenn sie als Prostituierte arbeitet, warum nicht in der Großstadt, wo sie mehr Kunden hätte, evtl. sogar eine eigene Gemeinschaft finden könnte?
Es gibt in Stadtbezirken genauso die Situation, dass jeder jeden kennt und man als „Neuzugang“ Integrationsprobleme hat.
Oder du nimmst eine ausländische Frau, die versucht, in einer Kleinstadt Fuß zu fassen und dabei von den ansässigen Frauen als Konkurrentin und den Männern als Sexobjekt betrachtet wird. Ich denke, die birgt genügend Potential. Auch reicht eine Hetzjagd durch die Stadt ohne Vergewaltigung, weil es subtiler ist, wenn eigentlich nix passiert, außer dass Männer ihr grölend folgen und am nächsten Tag alles so ist, als wäre nichts passiert.
Mir gefällt der Gedanke, dass sie z.B. im einzigen Restaurant der Kleinstadt bedient, wohin Männer ihre Frauen regelmäßig ausführen und wo man sich an die Etikette hält und höflich ist und im zivilen Leben hat sie diese ganzen Probleme.
Insofern könnte sie z.B. genau für dieses Restaurant einkaufen und dabei wird sie übersehen, an der Kasse wird geschummelt, die Männer rücken ihr auf den Leib etc. und abends kommen alle, als wäre nichts passiert ins Restaurant und lassen sich bedienen.
Dadurch lugt das Ungehörige immer irgendwie hervor, aber kommt nie zum Vorschein. So dass auch die Frau denken könnte:" Es muß halt so sein."
Und das ist etwas, was den Leser dann auch richtig berührt, weil er das Leben dieser Frau mit einigem Abstand sieht und sich fragt, wie sie das denn aushält da in dieser Stadt. Und warum sie nichts dagegen macht und dann kommt man evtl. zu dem Punkt, daß man da nicht viel machen kann.

Aus meiner Sicht solltest Du auch die anderen Charaktere ernst nehmen und sie nicht allzustark überzeichnen oder als Erzähler bewerten.
z.B. „tratschende Frauen“, „schämte sich ihres Akne zerstörten, fettigen Gesichtes“, „stolze Bierbäuche“
Evtl. nimmst Du einige Sachen etwas zurück. Ich denke, die Menschen sollten sich durch das, was sie tun charakterisieren und nicht, wie sie aussehen.

Bin gespannt, ob Du Dich noch mal ranwagst

gruß
mac

 

hi haposai

Danke für die lobenden Worte. Die Stadt ist natürlich Fiktiv. Obwohl:
Die Geschichte ist in Münster Wolbeck entstanden. ca 8000 Einwohner und ich musste dort arbeiten und hab drei Wochen dort in einem Hotelzimmer gewohnt. Und eines Abends, als ich vom Einkauf zurückkam, hatte ich diese Stimmung im Kopf, die ich in der KG versucht habe wiederzugeben und habe sie dann nachts nach 2 Flaschen Wein auf einem kleinen Notizblock und einem Bleistift notiert. weiß ich noch wie heute.
Aber auch auf meine Heimatstadt würde diese Szenerie zutreffen. Die Situation in der KG eskaliert dann natürlich.

 

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