Was ist neu

In der Tiefe der Nacht

Mitglied
Beitritt
16.08.2004
Beiträge
72
Zuletzt bearbeitet:

In der Tiefe der Nacht

Es ist Nacht und wo ich stehe, wirft kein Mond seine Schatten.
Es ist tiefe Nacht.

Du sagst, du warst dabei, als ich geboren wurde - in jener Nacht, jener ersten aller Nächte überhaupt.
Du sagst, ich bin aus dir, um zu dir zu werden.
Du sagst, du gebarst den Tag.
Warst du auch dabei, als er geboren wurde?

Als ich ihn das erste Mal in mir spürte, wußte ich noch nicht, wer er war und was er wollte.
Ich gebar etwas mir Unbekanntes und ich wußte nicht, wie ich mit ihm umgehen sollte.
Er begegnete mir immer wieder. Meistens habe ich ihn erst sehr spät erkannt.
Allem widersprach er. Alles wollte er an sich reißen. Er war schrecklich präsent.

Du sagst, du kennst den Schmerz und die Tiefe der Nacht – wie kein anderer.
Du sagst, du bist bei uns, bis zur Vervollkommnung der Tage.
Du sagst, er existiere nicht, er sei Illusion, er sei nicht wahr - ein Geschöpf der Nacht.
Er könne in uns nur mächtig werden, wenn wir ihm den Raum geben.
Du sagst, er könne keinen einzigen Tag gebären.

Durch viele Abgründe begleitete er mich auf meinen Wanderungen.
Ich verwehrte mich ihm. Er widersprach mir. Ich aber, gab ihm keinen Raum mehr in mir, und als es hell wurde, ging er.
Voller Freude, wandte ich mich dem Leben zu.

Aber gerade eben kam er wieder. Ich wollte, ich wäre ihm heute Nacht nicht begegnet.
Ich dachte ich würde ihn kennen. Ich irrte sehr.
Er hat mich zutiefst erschreckt. Gleißendes Licht. Greller Schein. Er verdunkelte einen Teil der Welt.
Sein Lachen klang bestialisch und seine Fratze erschien mir eindrücklich und lustvoll, wie selten zuvor.
Er sagte, er wolle Ewigkeit.

Es ist tiefe Nacht. Es ist kalt. Und ich sehe niemanden hier außer mir.
Ich spüre seine Nähe. Ich spüre sie in mir. Er widerspricht mir zutiefst.
Ich weiß um meine Schwäche in der tiefen Nacht, wenn sich die Dunkelheit der Dinge bemächtigt, und ich den Weg nicht mehr erkennen kann.

Du sagst, ich solle weitergehen und nicht zurückschauen.
Ich solle keine Angst haben vor dem Abgrund.
Es sei nur meine Angst vor dem nächsten Schritt, die ihm die Macht gebe, einen Teil der Welt zu verdunkeln.
Du sagst, es gebe keinen Grund Angst davor zu haben, daß sich die Tiefe öffne.

Du sagst, Du seist das Leben und die Vollkommenheit der Tage und der einzige der Ewigkeiten gebären kann.

Ich mache den nächsten Schritt.
Kein Boden mehr unter den Füßen.
Die Tiefe umschließt mich.
Irgendwann nehme ich das Gefühl des Fallens nicht mehr wahr.

Ich wache auf.
Die Sonne scheint.
Und ich hoffe, ihm nicht mehr so oft begegnen zu müssen.

 

Hi rock,

Du baust hier schöne Bilder auf. Die Sprache gefällt mir.
Dennoch bleibt mir der wahre Sinn verborgen. :confused:
Noch, hoffe ich, denn ich lese mir das bestimmt noch einmal durch. Heute Abend. Vielleicht verstehe ich es dann. :)
Liebe Grüße und bis später, Susie

 

Im Namen der anderen Leser bitte ich um eine Erläuterung der metaphorischen Bedeutung Deiner Geschichte.

 
Zuletzt bearbeitet:

'Metaphorik'

Hallo Kürbiselfe, UweP und MM

Danke fürs Lesen und die Kommentare.
Nunja ...was die Interpretation angeht, liegt >MM< gar nicht so falsch.
Ich glaube auch, daß die Geschichte/der Text gar nicht so kryptisch ist. Auch wenn er mit Sicherheit viel anspielt/ Spielraum gibt. Und zum Nachdenken anregen möchte ich durchaus.


Nun zu denjenigen, die hier eine Erklärung/ Auslegung lesen möchten (die anderen brauchen ab hier ja nicht weiterlesen):


...

Jedenfalls wollte ich zwei zentrale Dinge hier verarbeiten. Das ist zum einen ein fundamentaler Widerspruch zum ( eigenen ) Leben bzw. zu

Gott /das Göttliche / das göttliche Leben
- ein Geist der radikal widerspricht ( e r ). Aus diesem Grund dachte ich, als ich die Idee zu diesem Text hatte, zunächst an den Titel 'Widerspruch'.
Mein zweites zentrales Anliegen war die Beschreibung eines Zustandes, wo man allein in der Dunkelheit am Abgrund steht , bzw. damit rechnen muß - so man weitergeht - den Boden zu verlieren, daß aber die Situation durchaus "fordern" kann weiterzugehen ( um z.B. einem Geist, der dem "Tag" widerspricht/ der in die Dunkelheit/ins Nichts führen will, Macht zu nehmen, einen Teil der Welt verdunkeln zu können ).

Ach ja - was den Anfang ( und das Ende angeht...)

Das erzählende Ich befindet sich allein in der Tiefe der Nacht. In einer Nacht, wo Nichts Schatten wirft, kein Mond und auch kein Stern.
Wir haben also z. B. nicht Mittag, wo die Sonne so hoch steht, daß die Dinge keinen Schatten werfen.
Das Individuum wagt den Weg in der Nacht und schließlich auch den Schritt in die Tiefe.
Danach wacht es auf und die Sonne scheint ...

Nun ... soweit erstma ...

Schönen Gruß
rockz

PS: Hey MM, Star Wars gefällt mir übrigens auch ziemlich gut...

 

Hallo MM

Das bezog sich auf meine Auslegung...

Gruß
rockz

 

Hallo rockz,

meine Auslegung ist der von Marius Manis nicht unähnlich (oder auf gut deutsch: die selbe).
Mir gefallen die Bilder, die du hervorrufst, die Sprache, die sehr ans lyrische erinnert, und die vielen Möglichkeiten der Interpretation, die der Text offen lässt. Obwohl ich selbst nach deinen Teilerläuterungen nicht wirklich weiß, wie damit umzugehen ist, gefällts mir.

lg Anea

 

Hi rockz,
habe mir Deine Geschichte noch ein Mal durchgelesen und mit Deiner Erklärung in Einklang bringen können. Ich muß gestehen ohne Deine Erläuterung wäre ich nicht drauf gekommen. Gefällt mir aber immer noch. Schon wegen des Stils und der Sprache. :)

Liebe Grüße, Susie

 

Hallo rockz,

aus meiner Sicht ein Text, der gar nicht so kryptisch ist, der aber natürlich Raum für Interpretationen lässt. Meine ging auch in Richtung der beiden Pole gut und böse und ich bin froh, deine Interpretation nicht vorher gelesen zu haben, die braucht es nämlich aus meiner Sicht nicht. Schöner Gedanke, dass das Böse nur so mächtig ist, wie wir ihm Macht zugestehen, so verstehe ich deine Geschichte zumindest. Interessant auch die dargestellten Wechsel und der Aspekt, dass dieser Konflikt zwar überwunden werden kann, aber immer wieder auftauchen wird.
Zu Beginn hat mich irritiert, dass jemand mit "Du" angesprochen wird und dann noch ein "er" auftaucht, aber daran gewöhnt man sich schnell.
Ich bin auch jemand, die mit solchen Bildern besser umgehen kann, wenn mir die Aussage des Textes auch noch durch die Realität verdeutlicht wird - durch eine konkrete Situation, in der dein Erzähler genau in den Zwiespalt kommt, was für ihn der Abgrund darstellt usw. Das würde sich ja mit seinen Gedanken verbinden lassen. Ich sehe allerdings ein, dass das eine andere GEschichte wäre und deiner Geschichte damit das Metaphorische und der Interpretationsraum genommen werden würde. Und gefallen hat´s mir auch so.

Liebe Grüße
Juschi

 

Hallo Anea, Elfe und Juschi

Esrtmal freue ich mich, daß euch Text/ Sprache/ Bilder gefallen hat und ihr ihn interessant fandet. :shy:

Freue mich auch, daß über die Unterstützung meiner Idee, manche Dinge/ Räume offen zu formulieren.
Wie ich bereits in anderen Kommentaren ( z.B. zu 'Monolog allein am Tisch' von cbrucher ) geschrieben habe, glaube ich nicht, daß sich 'Wirklichkeit' immer so punktgenau fassen lässt. Sie liegt manchmal zwischen den Dingen und braucht gewiße Räume.

@ Juschi:

aus meiner Sicht ein Text, der gar nicht so kryptisch ist, der aber natürlich Raum für Interpretationen lässt. Meine ging auch in Richtung der beiden Pole gut und böse und ich bin froh, deine Interpretation nicht vorher gelesen zu haben, die braucht es nämlich aus meiner Sicht nicht.
;)
- Danke. Habe sie aber trotzdem gerne geschrieben. Wenn ich etwas von dem wiedergebe, was ich zum Ausdruck bringen wollte, dann ist dies einmal ein Angebot und es dient groben Mißverständnisen vorzubeugen.

Ich freue mich allerdings, wenn die anderen interpretieren...
... und ich dann auch sehen kann, das etwas von dem rübergekommen ist, was ich zum Ausdruck oder zur Diskussion bringen wollte...

Schönen Gruß
rockz

 

hi rockz,
viel bleibt nicht mehr hinzuzufügen.
mir gefällt deine sprache auch sehr gut, da ich sowieso fan dieser art von schreibweise bin. und mir gefällt auch der ansatz dem leser spielraum zu geben, was die interpretation angeht. wichtig ist es jedoch, dass man diesen raum nicht zu groß lässt (kafka winkt an dieser stelle mal ganz heftig).
mir hat dein text gefallen, obwohl er nicht ganz die bezeichnung "geschichte" verdient, aber wen störts ;)

grüße...
morti

 

morti schrieb:
aber wen störts
Mich. rockz, ich kann damit nichts anfangen. Ja, die Sprache ist rund, es erweckt den Anschein, daß da etwas ist. Aber es macht mir nicht wirklich Lust, danach zu suchen. Ich weiß, daß wir hier, wie in vielen anderen Dingen im RL verschiedener Ansicht sind, ich hoffe, Du weißt, wie Du damit umzugehen hast.

Und meinen Standpunkt bezüglich Abstraktion kennst Du auch. Dennoch hier: weshalb die Gedanken nicht in eine Geschichte einbinden? Den Leser die Abstraktion besorgen lassen. Für mich ist das ein Text im luftleeren Raum. Und da geht mir die Luft aus.

 

Hallo Morti, hallo cbrucher

Da es bei mir zeitlich leider mal wieder net so gut ausschaut, nun meine Antwort mit etwas Verspätung ...

@ Morti
Freut mich natürlich, daß es Dir der Text gefallen hat :shy:
und, daß Dir die Sprache gefällt ...

@ cb
Freut mich natürlich nicht, daß Du nichts damit anfangen kannst :(
Nun ...in diesem Text ging es mir gerade um eine gewiße Abstraktion (aber keine Angst: d. h. ja nicht, daß ich vorhabe nur noch derart vom off her zu schreiben ). Ich denke mal, daß dieser Text bleibt da eher ne Ausnahme...
Und, daß wir, was die Religionslehre ;) betrifft, oft anderer Meinung sind, ist mir auch klar und ich glaube ich weiß, wie ich damit umzugehen habe.
Jedenfalls sehe ich darin kein größeres Problem ...

Schönen Gruß
rockz

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom