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Ins Helle
Er wusste nicht wie lange er jetzt schon auf dieser Landstraße fuhr. Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor. Der Sturm war so heftig, dass die Regentropfen wie Pistolenkugeln gegen die Windschutzscheibe schlugen. Es war mitten in der Nacht, durch das Unwetter kein Stern am Himmel zu sehen, stürmisch und ungemütlich, aber er empfand die Dunkelheit und Kälte nicht als Bedrohung, sondern spürte eher eine gewisse Neugier anstatt Angst. Er schaute in den Rückspiegel. Weit und breit kein Auto auf der Straße. „Kein Wunder, wer ist bei einem solchen Wetter auch freiwillig noch unterwegs?“ Mit zittrigen Händen schaltete das Autoradio an. Klassik. Müsste Mozart sein. Früher hatte er Leute, die klassische Musik hören, immer für Spießer gehalten. Und nun musste er tag für tag erkennen, dass er selbst zu einem geworden war. Er hasste das zu sein, was er nie sein wollte.
Er schaltete das Radio wieder aus.
Allmählich wurde der Regen stärker. Während die Landschaft an ihm vorbeischoss, gingen ihm tausend Dinge durch den Kopf. Hatte er die richtige Entscheidung getroffen? Er dachte an den Brief, wie sie reagieren wird, wenn sie ihn lesen wird. „Sie wird mich dafür hassen , dass ich gegangen bin, sie einfach allein gelassen habe. Sie wird es nicht verstehen, aber sie wird damit leben müssen. Es geht nicht anders." Er zündete sich eine Zigarette an, blies den Rauch genüsslich gegen die Scheibe und beschloss sich nicht zu viele Gedanken darüber zu machen. In der Ferne näherten sich die ersten Lichter der Stadt. Im Regen wirkten sie verschwommen, waren nur noch als Flecken auszumachen. Zügig fuhr er ihnen entgegen. Er wollte so schnell wie möglich das ganze Dunkel hinter sich lassen, wollte ins Helle. Es hatte plötzlich aufgehört zu regnen. Im Auto herrschte eine Totenstille, während am Himmel klar und deutlich der Mond und sogar einige Sterne zu sehen waren. „es ist soweit“, saget er sich, „der nächste Baum ist meiner.“