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Invictis victi victuri
„Dudum, dudum, dudum, dudum.“
Das Pochen meines kleinen Herzens dröhnte wie gewaltige Paukenschläge in meinen Ohren. Es war so laut, dass ich fürchtete, die anderen würden es hören. Nur mit Mühe konnte ich das Zittern meiner Hände unterdrücken. Kalter Schweiß hatte sich auf meiner Stirn gebildet. Nervös glitt mein Finger über den Abzug des MGs. Frucht vernebelte den rationalen Ablauf meiner Gedanken.
„Achtung! Auf drei gehen wir rein“, quäkte Edgar, unser Kommandeur, über Funk.
„Eins...zwei...drei.“
Lautlos glitt das riesige Stahltor auf und wir marschierten durch die erste Schleuse hindurch.
„Gebiet Alpha gesichert. Geigerzähler meldet nichts. Luftkonzentration normal, keine schädlichen Stoffe vorhanden. Das is ’n besseres Gemisch als draußen!“, kommentierte Bob, der Mann für Analysen.
„Erstes Schleusentor wieder schließen, zweites öffnen“, befahl Edgar mechanisch.
„Gebiet Beta eins gesichert. Alle Werte im grünen Bereich.“, meldete Bob sich wieder, nachdem sie die zweite Barriere geöffnet hatten.
Mit einem Gefühl zwischen Horror und Faszination starrte ich in den schwarzen Schlund, der sich vor uns aufgetan hatte. Die Lampen an unseren MGs durchschnitten die Dunkelheit und ließen die Umrissen einer gigantische Halle erkennen.
„Merkwürdig. Da hat jemand die gesamte Anlage abgeschaltet.“, brummte Bob.
„Gut beobachtet. Wir werden uns als erstes in Sektion Beta 3 begeben. Das liegt zwanzig Stockwerke unter uns. Dort befinden sich die Stromgeneratoren. Unsere Aufgabe besteht darin, sie wieder in Betrieb zu nehmen, damit der Hauptrechner hochgefahren werden kann. Also etwas Beeilung, wenn ich bitten darf. Es wird ein langer Abstieg. “, erwiderte Edgar.
Während wir durch die Halle marschierten, hielten wir aufmerksam nach dem Auslöser des mysteriösen Vorfalls aus Ausschau. Der Klang unserer Stiefel auf dem steinernen Boden ließ einen dumpfen Geräuschpegel anschwellen. Der Schall durchdrang die Totenstille und wurde an den entfernten Wänden reflektiert.
„Wo sind die Leute hin? Ich dachte, hier arbeiten an die zweitausend Menschen?“, fragte Thomas und ich konnte seiner Stimme entnehmen, dass er ebenso nervös wie ich war.
„Wenn du bei der Besprechung zugehört hättest, wüsstest du, dass es Sicherheitskammern gibt, in die sich das Personal im Falle einer Unregelmäßigkeit begibt.“, antwortete Edgar genervt.
„Immerhin legt das die Antwort nahe, dass etwas Unangenehmes passiert sein muss. Irgendwie muss aber genügend Zeit vorhanden gewesen sein um die Sicherheitsräume zu erreichen. Passt allerdings nicht damit zusammen, dass das Sicherheitsbüro hier unten die Hauptstelle nicht benachrichtigt hat. Ja, nicht einmal der Computer selbst hat es uns gemeldet... und überhaupt, müsste der Hauptcomputer keine Notstromversorgung haben?“, dachte ich laut nach.
„Hat der Laden eigentlich keine Kameras? Wir könnten ansonsten mal überprüfen, was die aufgenommen haben. Würde sicherlich weiterhelfen“, unterbrach mich Bob dabei.
„Keine Zeit. Unsere Aufgabe ist es, die Anlage wieder hochzufahren. Ob der Hauptcomputer ein Notstromaggregat besitzt oder warum es nicht funktioniert, können wir herausfinden, sobald die Aggregate wieder ihre Energie ins Netz speisen. Jede Stunde, nein, jede Sekunde, welche diese Anlange nicht in Betrieb ist, kostet unser Unternehmen Unsummen an Geld. Falls du es vergessen hast, wir werden auch danach bezahlt, wie schnell wir sind. Und jetzt hört mal mit dem Kaffeeklatsch auf. Ist ja schlimmer als bei meiner Frau zu Hause!“
„Super, ich habe aber keinen Bock, in irgendeine Katastrophe reinzulaufen! An was wird denn hier unten überhaupt geforscht?“, bemerkte Bob trotzig.
„Ich bin hier der Kommandant. Solange du unter meinem Kommando stehst, machen wir, was ich sage. Noch eine weitere Bemerkung dieser Art und ich werde es später in meinem Bericht vermerken. Haben wir uns verstanden?“
„Natürlich, Kommandant.“, erwiderte Bob, wobei der sarkastische Unterton nicht zu überhören war. Doch Edgar schien intelligent genug, um nicht darauf einzugehen.
Stumm marschierten wir durch die dunkle Halle in Richtung der Aufzugschächte. Der Abstieg erwies sich als einfaches Unterfangen. Von der Abstiegsstelle waren es nur noch wenige Meter und wir würden den Energieversorgungsraum erreichen.
„Sagt mal, habt ihr auch Geräusche gehört, als ihr an der siebten Etage vorbeigekommen seid?“, fragte Thomas leise. Nun war er nicht mehr nur nervös, sondern das Zittern in seiner Stimme verriet, dass er Angst hatte.
„Wenn wir wieder draußen sind, solltest du dich von meinem Nervenarzt untersuchen lassen. Vielleicht kann der was gegen deine Geräusche unternehmen.“, versuchte ich zu witzeln, um ihn ein bisschen aufzuheitern.
„Ich hab auch was gehört.“, murmelte Bob.
„Hört ihr immer noch was?“, fragte Edgar.
„Nein.“, schüttelte Thomas den Kopf.
„Sehr gut. Dann lasst uns jetzt weitergehen. Wahrscheinlich Personal, das es nicht rechtzeitig in die Sicherheitsräume geschafft hat. Jetzt versucht es, irgendwie auf sich aufmerksam zu machen. Hätten ja auch einfach mal in jeder Etage welche installieren können“, erklärte Edgar gereizt.
„Sollten wir nicht nachschauen, ob es denen gut geht?“, fragte ich vorsichtig.
„Nein. Wie vorhin schon einmal erwähnt, lautet unser Auftrag, die Generatoren wieder anzuschalten und den Computer hochzufahren. Solange dieser nicht erfüllt ist, werden wir uns weder Videoaufnahmen anschauen, noch um das Personal kümmern. Sollte hier irgendetwas bedrohliches passiert sein, werden wir das schon früh genug bemerken. Verstanden?!“, bellte Edgar.
„Wenn sie Glück haben, dann sind sie bald da raus, ich meine, wir sind ja gleich beim Generator...“, während Bob noch weiterredete, waren wir schon an unserem Ziel angekommen. Nur noch eine einzige Tür trennte uns von der Energiequelle.
Edgar hatte seine Chipkarte schon halb herausgezogen, musste dann wohl gemerkt haben, dass sie zur Zeit nicht funktionierte und machte sich daran, in einen Kasten neben der Tür, einen Code einzugeben.
„Zum Glück gibt es hier wenigstens ein mechanisches Schloss! Wenn man sich den Code nur mal einfach merken könnte“, brummte unser Kommandant und trommelte nervös auf den Kasten ein.
„Pff, sonst hätten wir sie eben aufgesprengt.“, erwiderte Bob schulterzuckend.
Keiner antwortete darauf. Das einzige Geräusch, das noch ertönte, war das Tippen auf der Tastatur. Plötzlich durchbrach ein fernes Poltern die Stille.
„Habt ihr es dieses Mal gehört?“, flüsterte Bob.
„Jap. Aber egal, lasst uns jetzt reingehen.“, erklärte Edgar und gab die letzte Zahl ein.
Die Tür schwang knarrend auf und wir schlüpften eilig hindurch. Danach schloss Edgar die Tür wieder.
„Thomas, kümmerst du dich um die Elektronik?“
Keine Antwort.
„Thomas?“
Keine Antwort.
„Was zur Hölle... wo ist der hin?“, fragte Edgar nervös.
„Der, der war doch gerade noch da.“, rief Bob erstaunt.
„Versuch es doch mal übers Interkom.“, schlug ich vor. Das Zittern meiner Hände war stärker geworden.
„Hatt’ ich gerade schon an.“
„Okay, das ist wirklich... merkwürdig!“, kommentierte ich, wobei der Geistesblitz nicht unbedingt zur Lösung der Situation beitragen würde.
„Hätten uns doch bloß schon mal die Videoaufnahmen angeschaut. Jetzt können wir nicht mal mehr den Strom anstellen, weil unser Mann für die Technik mal einfach so verloren gegangen ist!“, moserte Bob aufgebracht.
„Das reicht mir jetzt. Du wirst definitiv einen Vermerk bekommen, sobald wir diese Mission hinter uns gebracht haben.“, erwiderte Edgar nicht weniger gereizt.
„Na, danke schön. Wenn wir bis dahin überhaupt noch leben. Vielleicht sollte ich auch vermerken, dass wir durch deine Fehlentscheidung möglicherweise soeben ein Teammitglied verloren haben.“
Unser Kommandant sah so aus, als würde er Bob jede Sekunde eine scheuern. Doch nichts geschah. Mit einer Stimme, die Stahl wie Butter hätte schneiden können, erwiderte er: „Das wird ein Nachspiel haben. Darauf kannst du dich verlassen.“
„Ja, darauf kannst du dich verlassen.“, erwiderte Bob kalt.
Ohne ihn zur Kenntnis zu nehmen, sagte Edgar zu allen: „Wir gehen gesammelt wieder raus, damit nicht noch einer verloren geht, und suchen Thomas. Weit kann er ja nicht sein.“
So standen wir nach kurze Zeit wieder auf der anderen Seite der Tür und marschierten langsam in die Richtung, aus der das Poltern gekommen war.
„Thomas? Thomas, kannst du uns hören?“, rief Edgar vergeblich durchs Interkom.
Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Unsere Lampen konnten zwar zu einem gewissen Grad die Dunkelheit um uns herum vertreiben. Von dem, was dahinter kommen würde, doch malte sich meine Fantasie düstere Bilder aus.
Als wir eine halbe Stunde ohne ein Anzeichen auf Thomas die Gänge und anliegenden Räume um den Generatorraum abgesucht hatten, erklärte unser Kommandant entschlossen: „Hiermit breche ich die Mission ab. Wir gehen zurück an die Oberfläche und melden den Verlust unseres Technikers. Mit einem neuen Mann gehen wir dann so schnell wie möglich wieder runter und schalten die Generatoren an. Die Suche führt zu nichts!“
„Wie, und Thomas willst du hier verrecken lassen? Wer weiß, was dem zugestoßen ist!“, kommentierte Bob ärgerlich.
„Wenn keine Einwände sind, dann können wir ja gehen!“, sagte Edgar.
Wiederwillig setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung.
Hinter zwei meiner Waffenbrüder betrat ich den Schacht und griff nach den Sprossen, um den Weg nach oben anzutreten. Der Rückweg würde um einiges stärker an den Kräften zehren als der Hinweg. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, per Aufzug wieder zurück in die oberste Etage der Anlage zu gelangen.
Plötzlich ertönte ein schrilles Quietschen, dann ein Knall. Erschreckt rutschte ich die wenigen Stufen, die ich schon nach oben geklettert war, wieder zurück und sprang in die zwanzigste Etage zurück. Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, wie die beiden Soldaten vor mir von einem dunklen Etwas erfasst und mit in die Tiefe gerissen.
Kurzatmig und mit rasendem Herzen lag ich auf dem sicheren Boden und rang in mir mit der Panik, die mich zu überwältigen drohte. Bob und Edgar hatten es zum Glück auch geschafft.
„Scheiße, was war das? Was ist mit den anderen beiden passiert?“, fragte Bob mit zittriger Stimme. Bis zu diesem Ereignis, hatte er sich zwar ein bisschen geängstigt, wirkliche Frucht hatte man ihm allerdings nicht anmerken können. Doch nun war auch bei ihm der Damm gebrochen.
„Die, die sind vom Aufzug erfasst worden und mit in die Tiefe gerissen worden.“, antworteten meine Lippen, ohne das mein Herz deren Inhalt verstand.
„Dann, dann sind wir jetzt nur noch zu dritt?“, fragte Bob ungläubig, obwohl er die Antwort kannte.
„Jap.“, erwiderte ich.
„Gib’s hier noch einen anderen Weg nach oben? Mich bekommt niemand mehr in den Schacht hinein.“, erklärte Bob entschlossen.
„Nein. Das ist der einzige.“, erwiderte Edgar leise.
„Scheiße. Was machen wir dann? Erst verschwindet Thomas und dann werden die anderen von einem Aufzug getötet. Das ist ja wohl kein Zufall!“
„Im Schacht gibt es nur einen Aufzug. Das bedeutet, ein zweiter wird uns wohl kaum erwischen.“, erklärte Edgar pragmatisch.
„Nein, nein, nein. Mich bekommst du da sicher nicht mehr hoch. Wer auch immer den Aufzug in Bewegung gesetzt hat, wird andere Möglichkeiten finden, uns daran zu hindern, wieder nach oben zu kommen!“
„Es hat niemand den Aufzug in Bewegung gesetzt, sondern die Seile sind gerissen. Hast du das nicht gehört?“, verbesserte ihn Edgar.
„Das ist ja noch besser. Ich gehe da nicht mehr hoch! Lasst uns doch einfach warten, bis die oben einen zweiten Trupp nach uns schicken!“
„Die schicken niemanden nach uns, wenn wir aus der Einrichtung nicht rauskommen.“, erklärte unser Kommandant tonlos. „Sollten wir innerhalb der vorgesehenen Zeit die Mission nicht beenden, wird der Zugang verplombt und die Anlage dekonterminiert.“
„Wie bitte? Das soll ja wohl ein Scherz sein? Warum wurde das nicht in der Missionsbesprechung erwähnt?“, brach es aus Bob heraus. Wütend sprang er auf und lief unruhig wie ein eingesperrter Tiger durch den Raum.
„Tja, darüber kannst du dich bei unserem Oberbefehlshaber gerne beschweren, sobald wir wieder draußen sind, angenommen du kommst mit nach oben. Ich werde mich jetzt jedenfalls aus diesem Grund an den Aufstieg machen.“
Unser Kommandant sah sich zu mir um und befahl: „Also los!“
„Edgar“, begann ich meinen Satz vorsichtig, „ehrlich gesagt möchte ich auch nicht gerne da raufsteigen. Stahlseile reißen nicht ohne Grund.“
„Habe verstanden. Sobald ich wieder an der Oberfläche bin, schicke ich einen frischen Trupp zu euch hinunter. Aber eines könnt ihr euch sicher sein, euren Job seid ihr los. Ab demnächst könnt ihr im Supermarkt Kisten schleppen!“
Mit diesen Worten trat er an die Leiter im Schacht und erklomm die ersten Stufen. Hastig lief ich hinter her und rief beschwichtigend: „Wir können dir ja wenigstens Feuerschutz im Schacht geben.“
Die Worte verhallten im Schacht, ohne dass eine Antwort erwidert wurde. Bob war neben mich getreten und die Lampen an unseren MGs erhellten Edgar in einem gespenstischem Licht. Lange Schatten wurden die Wände hinaufgeworfen und verwandelten den Aufgang in ein Gruselkabinett. Während unser Kommandant immer weiter nach oben kletterte, sprachen wir kein Wort. Angstvoll wartete ich darauf, dass irgendetwas passieren würde.
Bald kletterte Edgar aus dem Schein unserer Lampen heraus und wir konnten nur noch einen kleinen hellen Punkt weit über uns erkennen. Dann verschwand die Lichtquelle. Hat er das Ziel wohlbehalten erreicht, fragte ich mich nervös. Ich blickte mich zu Bob um, der nur mit den Schultern zuckte. Auf einmal ertönte ein gedämpfter Laut. Verwirrt sah ich mich um, doch Bob nickte nur. Trotzdem fragte ich noch einmal nach: „Du, du hast das gerade auch gehört?“
„Klar und deutlich.“, antwortete Bob und trat in die zwanzigste Etage zurück.
„Vielleicht wollte er uns auch nur etwas zurufen.“, mutmaßte ich, während ich ihm folgte. „Vielleicht hat er es geschafft.“
„Kannst ja hinterher klettern, wenn du an Märchen glaubst. Ich werde hier bleiben und versuchen, den Generator wieder anzuschmeißen. Ich werd’ das auch ohne Thomas schaffen, irgendwie. So schwierig kann es doch auch nicht sein, die Generatoren neu zu konfigurieren!“
Stumm liefen wir zu dem Kontrollraum zurück. Glücklicherweise hatte Edgar die Tür nicht wieder verschlossen, so dass wir das Monstrum aus Stahl ungehindert passieren konnten. Sorgsam verriegelten wir sie hinter uns und vergewisserten uns, dass wir die einzigen Lebewesen in diesem Raum waren. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätten wir dafür gesorgt.
Kurze Zeit später lachte Bob hysterisch auf: „Für was brauchen wir Thomas? Hier, siehst du diesen Schalter?“ Ich nickte. „Darüber steht geschrieben: Notstromargegrat F. Zur Zeit steht der Schalter in der Off-Position. Ich werde ihn einfach mal auf „On“ stellen. Schlimmer kann es ja nicht mehr werden.“
Bevor ich auch nur irgendetwas dagegen einwenden konnte, hatte er den simplen Handgriff auch schon ausgeführt. Gespannt hielt ich die Luft an. Wenige Momente später flackerten Neonröhren auf und tauchten den Raum in ein dämmriges Licht.
„Haha!“, rief Bob erfreut aus. „Jetzt müssen wir nur noch die Hauptanlage wieder hochfahren und wir haben die Mission erfüllt! Mal sehen, wer da gefeuert wird!“
Neben uns starteten zwei Computer ihre Betriebssysteme. Bob setzte sich auf einen der Sessel vor ihnen und atmete erleichtert auf. Allmählich schöpfte auch ich wieder Hoffnung.
„Bin drin.“, brummte Bob nach kurzer Zeit zufrieden. Ich nickte erleichtert und sah mir neugierig die bunten Lichter an, die überall auf Anzeigetafeln zu blinken begannen. Erschreckt fuhr ich zusammen, als auf einmal erbete die stählerne Tür zu unserem Raum unter einem gewaltigen Aufprall. Sofort wich ich ein paar Schritte zurück und brachte meine MG in Stellung.
„Mach schneller. Da draußen ist irgendwer.“, bat ich Bob in panischer Angst. Der letzte Teil des Satzes wurde allerdings von einem weiteren, donnernden Aufprall verschluckt.
„Kann ich nicht!“, rief Bob verzweifelt über den Lärm hinweg. „Der Computer nimmt meine Autorisationscodes nicht an. Ich kann die weitere Energiezufuhr nicht aktivieren. Ich versuche sie zu umgehen, das kann aber ein bisschen dauern.“
Ohne etwas zu erwidern, konzentrierte ich mich wieder auf die Tür. Ein weiteres Mal prallte Thors Hammer von ihr hab. Mittlerweile hatte sie sich schon leicht verformt.
Mein Herz raste, als wenn ich jeden Moment einen Infarkt bekommen würde. Selbst wenn wir die Anlage wieder in Betrieb nehmen könnten, wartete der Tod außerhalb dieser sicheren Bastion auf uns. Auch diese Sicherheit würde nicht mehr lange geben sein. Durch das Mauerwerk um die Tür zogen sich feine Risse. Selbst wenn die Tür der Gewalt standhalten würde, die Kapitulation der Mauer stand kurz bevor.
„Ich schaffe es nicht. Wir brauchen Thomas.“, erklärte Bob niedergeschmettert, ohne jegliche Spur von Hoffnung in der Stimme. Er drehte seinen Sessel lustlos zu mir um. Seine Hände krallten sich so fest um das MG, dass weiße Ränder entstanden. Verzweifelt warteten wir darauf, dass der Feind die stählerne Barriere niederreißen würde.
Unerwartet kehrte nach einiger Zeit Ruhe ein. Doch anstatt uns darüber zu freuen, wurden wir nervöser.
„Wir müssen hier wieder raus.“, durchbrach Bobs Stimme unsicher die Stille. „Es hat keinen Zweck. Du öffnest die Tür und ich werf’ eine Gasgranate.“
Gesagt, getan. Ich riss die Tür auf, Bob schmiss die Granate hinaus, ich schloss die Tür augenblicklich wieder, dann warteten wir zwei Minuten. Darauf folgte eine Blendgranate und einen Augenblick später wir selbst.
Das flackernde Licht der Notbeleuchtung erhellte den Gang notdürftig. Aber immerhin so weit, dass wir diesen vollkommen überblicken konnten. Unser Feind war verschwunden. Hilflos sah ich mich zu Bob um. Was war nun unser Plan? Darüber hatten wir noch gar nicht nachgedacht. Als Antwort schrie Bob jäh auf, machte einen Satz und sprintete, wie vom Teufel verfolgt, davon. Aus den Augenwinkeln sah ich etwas Riesiges, Dunkles heranrasen. Ohne einen Befehl von meinem Gehirn bekommen zu haben, setzen sich meine Beine in Bewegung. Erst, als ich bei den Aufzugschächten angekommen war, blieben sie stehen. Ich blickte mich um, aber Bob war nicht mehr zu sehen - mein Feind auch nicht. Auf keinen von beiden konnte und durfte ich warten. Hastig stieg ich in den rabenschwarzen Schlund hinab. Es gab nur noch einen Weg. Über und hinter mir warteten die kalten Schwingen des Todes, nur in der Tiefe glomm noch ein kleiner Funke des Leben.
Der Abgrund sah aus wie das Tor zum Pfuhl der Verdammnis. Immer tiefer drang ich in ihn vor - in den verzweigten Bienenstock menschlicher Perversion von Bautechnik und Forschung. Um das süße Leben wieder zu erlangen, musste ich erst durch die tiefsten Abgründe der verfaulten Hölle durchqueren. Doch noch füllten sich meine Lungen stetig mit Luft, noch setzte ich standhaft einen Schritt vor den anderen, noch drängten sich in meinen Magazinen heimtückische Projektile und mein MG war bereit dem Tod selbst ein Henker zu werden. Bis ich gefallen seid werde wird es heißen:„Invictis victi victuri!“