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Jäger und Beute/Beute und Jäger
“Lachst du?”, fragte Michelle ihren Ehemann mürrisch.
“Nein”, sagte Tom und verkniff sich das Lachen.
“Weinst du?”, fragte Michelle ihren Ehemann überrascht.
“Nein”, sagte Tom und verdrückte die Tränen.
“Schreist du?”, fragte Michelle ihren Ehemann geschockt.
“Nein”, sagte Tom und verstummte
“Lebst du?”, fragte Michelle ihren Ehemann zitternd.
Und sie bekam keine Antwort.
Michelle Neuberg öffnete die Augen hastig. Es war ein Traum, natürlich war es ein Traum.
So einer dieser Träume, bei denen man einen Schalter drücken möchte und dann soll es vorbei sein.
Die 36jährige setzte sich aufrecht hin, ihre Hände fühlten das feuchte Leintuch.
Du scheinst ja ordentlich geschwitzt zu haben, dachte sie sich spöttisch.
Durch das große Schlafzimmerfenster drang nur wenig Licht, sie war von Anfang an nicht damit einverstanden, dass sie und ihr Mann hier einziehen. Das Licht wurde von dem viel größeren Haus nebenan verschluckt. Michelle mochte die Dunkelheit nicht, seit sie denken konnte, mochte sie das Strahlen der Sonne. Denn während sie in die große Leuchtscheibe blickte, verschwanden die Sorgen der Welt für einen Moment aus ihrem Denken.
Michelle ertrug die Dunkelheit des Zimmers nicht länger und schaltete das Licht an. Als ihre Finger den Schalter berührten, dachte sie sich, das man für Träume genau diesen Schalter bräuchte.
Einen Traumschalter
In dem nun hellen Raum saß die inzwischen seit zwei Jahren verheiratete Michelle und wartete auf ihren Mann, der mal wieder länger arbeiten musste.
Ein Arzt schön und gut, aber die ganze Nacht nicht zuhause sein?
Sie zweifelte immer öfter an der Treue ihres Gatten.
Tom raste mit seinem Mazda MX-5 die leere, verregnete Straße entlang, er hatte es eilig.
Nicht etwa um zu seiner Frau zu kommen, er flüchtete.
Während die Reifen unzählige Regenpfützen aufwirbelten, schnaufte Tom hastig.
Er hatte Angst.
Er war die Beute.
Michelle wunderte sich über ihr verschwitztes Nachthemd, selbst bei einem Alptraum verlor sie doch nicht derart viel Schweiß.
Sie beschloss zu duschen, sich danach möglicherweise auch noch die Nägel neu zu lackieren.
Trotz ihres eingeschlafenen Sexlebens wollte Michelle auf ihren Mann eine gute Figur machen.
Weswegen, wusste sie selbst nicht genau.
Um ihm zu zeigen, was er da verschmähte?
Einfach die Eitelkeit?
In der Dusche bemerkte sie, wie feucht ihre Haare waren, dabei war das Wasser noch gar nicht aufgedreht.
Egal, sie wusch sich die langen, braunen Haare. Es war ihr das Liebste an ihrem Körper.
Schon oft bekam sie Komplimente für ihr glattes, glänzendes Haar.
Der Mazda stand in der Auffahrt. Die Motorhaube war kalt.
Der Wagen war schon seit einigen Stunden nicht mehr gefahren worden.
Wo war die Beute?
Versteckte sie sich?
Der Jäger beobachtete.
Er beobachtet die Beute.
Michelle roch an ihrer Haut. Sie erkannte diesen frischen Shampoogeruch.
Es war Pfirsichduft, sie liebte diesen Pfirsichduft.
Doch plötzlich verwandelte sich dieser, ihr so bekannte Geruch in etwas anderes.
In etwas widerliches, es roch modrig, alt und verschimmelt.
Michelle erschrak, sie fing an zu schnaufen, ihre Augen schienen nach dem Ausgang zu suchen und sie rannte aus dem Bad, nackt.
Dieser schimmelige Geruch ging nicht weg, egal wie schnell sie rannte, er haftete in ihrer Nase.
Sie stürzte.
Sie fiel ins Wasser, die Luft verschwand und sie hielt den Atem an.
Egal wie weit sie die Augen öffnete, sie konnte nichts sehen.
Ich bin blind, rief sie in Gedanken.
Nun verstand sie, wieso sie die Dunkelheit hasste.
Die Dunkelheit bedeutete Tod.
Ende das Eva wählte:
Michelle hatte ihren Tom ermordet.
Es regnete draußen, ihr Nachthemd und ihre Haare wurden von dem nieselnden Regen
durchnässt, denn sie erwartete ihn bereits in der Auffahrt.
Ihr Mann stieg aus dem Wagen, sie war wütend.
Er hatte sie betrogen und machte sich über Michelle lustig, er versicherte ihr dass er sie nicht betrog.
Doch Michelle wusste es besser.
Sie wollte ihn verlassen, er fing an zu betteln, fiel auf die Knie und weinte.
Die Wut überkam sie, er betrog sie erst und wollte nun eine zweite Chance.
Ungeahnte Kraft kam in der zierlichen Frau zum Vorschein.
Sie würgte ihn, bis sein Atem verstummte.
Er lebte nicht mehr.
Ende das Adam wählte:
Michelle war ihm ein Dorn im Auge.
Seine Geliebte drängte, Tom müsse seine Frau loswerden.
Er wartete in der Auffahrt seit Stunden, überlegte, anfangs fehlte ihm der Mut.
Dann sah er, wie im Bad das Licht anging.
Er machte sich Mut und schlich sich endlich ins Bad.
Tom griff nach seiner Frau, er schlug sie bewusstlos, es wurde dunkel.
Es blieb dunkel, denn er ließ sie nicht aufwachen.
Er hielt bei einer Brücke, so dunkel und nass, niemand war auf den Straßen.
Tom warf seine Frau in den Fluss mit dem modrigen Wasser.
Doch es gab Zeugen, er war zu unvorsichtig.
Schnell stieg er ins Auto.
Dann drückte er das Gaspedal nach unten und fuhr davon.
Das Sprichwort "Der Jäger wird zum Gejagten" gilt, sobald man sich täuschen lässt.
Denn der Jäger sollte alles in Betracht ziehen, selbst das größte Chaos sollte er durchschauen können und der Beute nicht die Chance geben, den Spieß umzudrehen.