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Jakimo Fi Na Hay
Jakimo Fi Na Hay oder Mighty Queen of Mop
Gestern hab ich Liz Taylor tanzen sehen.
Was mir auffiel: Sie war schlank wie eine Tanne. Gleich dem auferstandenen Fred Asatire steppte sie hin & her zwischen jungen Burschen, warf sich ihnen in die Arme, wurde hochgestemmt und nach einer Pirouette einem andern zugeworfen. Wie ich näher auf das Ensemble schaue, glaub ich, Michael Jackson in Gestalt der Elizabeth Taylor zu erkennen. Aber der war schlank wie eine Tonne.
Wann haben Sie zuletzt Jacko so lebendig gesehen? Sie können sich nicht erinnern? Kann auch gar nicht! Denn ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie sich Liz Taylor und Michael Jackson zuletzt ähnlich sahen? Das begann, als Jacko gerade vierzig wurde und der Lack zu bröckeln anfing, die Wechseljahre - pardon, wir sprechen heute von der midlifecrisis - ihn einholten. Gemeinhin wird gesagt, Herr und Hund passten sich einander an, würden einander ähnlich. Wer wäre da Frau- oder Herrchen? Wer übernähme die Rolle des Hundes?
Doch beginnen wir von vorne!
Der moderne Zappelphilipp ist nicht jener Mensch, der vor modernen Multimediageräten zappt und sozial verkümmert, sondern ein Produkt der Kulturindustrie, nannte sich einmal Michael Jackson und wurde liebevoll Jacko gerufen. Gleichgültig, wo der Superstar auftrat, ausflippende Menschenmassen - und nicht nur Teenies - galten ihm als sicheres Publikum. Mit genital arrangierten Schlagern tanzte er sich atemraubend in die Herzen der Fans, wurde zum King of Pop. Seine Karriere hatte als Sängerknabe bei den Jackson Five begonnen. Doch die Zeit mit seinen Sangesbrüdern währte ein gutes Jahrzehnt, dann begann eine noch erfolgreichere Solokarriere, zu der es sich gut fügte, dass Jacko in die Familie des King of Rock'n'Roll einheiraten konnte. Das Glück währte aber nicht lange. Die Beziehung war misspresleyed.
Zuletzt steppte Jacko durch virtuelle Welten in das Herz seiner mütterlichen Freundin. Mit wachsendem Erfolg entwickelte sich Jacko zu einem Mythos, dem durch zahlreiche kosmetische Eingriffe Hautfarbe und Gesicht verändert wurden - bis er aussah wie seine reife Freundin Liz.
Das war gestern. Doch was wird morgen? Gestern morgen rief einer
"Hallo Wien!"
Die Erste Geige begrüßte das Publikum, verneigte sich beethöflich und zündete umständlich eine Havanna (Partido Popular) an, um genüsslich daran zu ziehen und Rauchsignale in die Welt zu senden. Die taktische Verzögerung steigerte die Spannung im Publikum. Dem war, als bildeten sich Cumulonimbuswolken über ihm. Zwischen den Leuten knistert' und vibrierte es. Als die Voltzahl ins unermessliche anwuchs, gab die Erste Geige den Takt vor. Das Publikum raste, die Spannung entlud sich mit der Einleitung zur Marseillaise. Die Erde bebte - was von Lisboa bis Beijing bemerkt wurde. Alle Welt war begeistert. Eine solch konzertante Sinfonie in Blut und Moll hatte die Welt noch nicht erlebt. Manchem verging darüber hören und sehen. Andere vergaßen zu atmen.
Nach nicht einmal vier Minuten kehrte absolute Ruhe ein. Totenstille zerriss manches Trommelfell. Der Kongress tanzte nicht mehr, stattdessen Staub im Licht. Fürst Metternich wurde neben anderen Flaschen geköpft. Die Übertragung via Satellit ging zu Ende.
Als die Müllwagen heranklapperten, die Leichenberge zu entsorgen, packten die Sinfoniker ihre Instrumente zusammen und zerstreuten sich in alle Richtungen. Das Tagewerk war vollbracht, ein Kassensturz vollzogen, in einer Form, die weder irgendein Analysterner noch sonst ein Prophet gerochen hatte, obwohl es schon eine Weile zum Himmel stank, herrschende Eliten in den wohlverdienten Ruhestand zu versetzen. Die Müllwerker entsorgten die Eliten in dem Fluss und nun traten die ihren Siegeszug gen Osten an, da ihnen alle Schleusen offen standen.
Die alte Parole vom Krieg den Palästen und Friede den Hütten war für den ersten Teil erfüllt.
Ein Quartett junger Musikanten blieb beisammen. Man hatte Durst und wollte den Erfolg mit einem kleinen Tross von Frauen feiern. Außer dem "Boliviano" fand das verdoppelte Quartett - das der Laie irrtümlich als Oktett bezeichnen könnte - alle Geschäfte, vor allem aber Restaurationen verbarrikadiert.
Das Personal des Bolivianos bibberte, als der Trupp den Supermarkt betrat. Blickbass - Liebling aller Mädchen und Frauen - beruhigte mit mozärtlichem Charme das Personal: "Keine Bange, Leute, wir hab'n Feierabend, vor allem aber Durst ...", man wolle sich ein bisschen vergnügen und eben nur spielen. Gigagig - der Boss der Band - versicherte mit offenbachscher Ironie, dass auch alles in gültiger Währung beglichen werde.
Als der Einkaufswagen mit Branntwein jeglicher Art vollgepackt war, legte Blick - ganz Gentleman und Genussmensch - eine Flasche Port obendrauf. Sticktac aber - barbarischer Schlagwerker der Truppe - fand noch eine Flasche Strohrum. "Tanzen soll's Zäpfchen und sich austoben!", eröffnete er der Flasche und nahm einen Schluck. Das Gesicht verzog sich vor Schmerz. Stick röchelte. "Der is' abba jut!" Einen weiteren Schluck versenkte er mit dem haydnischen Kehrreim "Wat tut dat jut! Wat dat jut tut", und grummelte mit seinem Stimmchen einstweilen "Hey Jude, dumme Nudel, geh mit auf meine Bude, trinken wir'n Sprudel ..."
An der Kasse saß die Frau ohne Unterleib und umso mächtigeren sichtbaren Teilen, bekleidet mit einem knallroten T-Shirt. Die Brust zierte ein Portrait, dem Aureole oder Nimbus zum Heiligen fehlte. Gig murmelte vor sich hin "Da is' ja wer aus Mösien, da zerrt's mich gleich bösi hin ..." Blick grummelte etwas wie "Böser, böser Junge", und warnte die junge Frau. "Das is' Bälzebub - also: aufgepasst Jungfer!", und stellte sich im übrigen dumm - was ihm bei seinem schauspielerischen Talent nicht schwerfallen konnte - und fragte die Kassiererin, wer auf ihrem hübschen Busen abgebildet sei.
Die Kassiererin wusste es nicht.
"Is' das'n Quiz hier?", entfuhr es Gig. "Mann, hab ich'n Durst! -
Weiß doch jedes Kind, dass das Jesse is' aus I'as Stall und vom Turiner Leichentuch 'ne Raubkopie in modisch aktuellen Farben."
Hatte die Frau bisher Spaß an der Karawane gehabt, erstarrte sie nun.
"Warum willste das überhaupt wissen?", fragte Gig Blick und bellte weiter: "Stell dich ma' nich' so doof. Bis' doch sonst'n helles Köppken."
Kickstring - Jüngster und zugleich Solist der Truppe - schüttelte nur den Kopf: "Glaub'n S'e dem kein Wort, schöne Frau. Der schwindelt grundsätzlich. Der kommt von Kreta. -
Wir kennen die Reliquien aller Heiligen persönlich, stehn bei denen auf Du und Du. Der da kann gar nich' gekreuzigt worden sein. -
Woll'n S'e ma' sehn, wie der heute aussieht?"
Die Kassiererin schüttelte sprachlos den Kopf.
"Ich sag Ihnen, das Bild zeigt Johnny be good", meinte Gig. "Gleicht nicht mein Bild dem dort auf Ihrem Busen?", und tänzelte grinsend zwischen den Kassen hin und her wie ein Pfau.
Die Frau nickte heftig. Ja, das werde so sein, da gebe es nichts zu zweifeln.
Stick lachte. Der Rum hatte ihn fest im Griff.
Plötzlich kehrte Gig den Boss hervor, war wieder Gigagig. "Hey Leute, wir tauschen die Reliquien gegen den Schnaps. So wär der Ballast doch noch für was gut", und zu allen "Lasst den Stoff im Wagen!" und laut ins Schlaraffenland des kleinen Mannes "Mit Ihrem Einverständnis - selbstredend!" und zu seiner Frau gewandt "Kind des Meeres, zeig doch mal deine Reliquie ..."
Meereskind holte aus seinem Rucksack zwei nackte Beine, die sorgfältig aufs Band gelegt wurden.
"Nun zeig du, liebes Terrässchen, deine Reliquie ..."
Blicks Frau bellte zurück:"Du sollst mich nicht immer verniedlichen. Ich heiß Theresa!", schrie sie ihn an und erwartete eine Korrektur, die dann auch still erfolgte: "Verzeih mir bitte, Mutter Theresa. Bin halt'n tumber kleiner Wiederholungstäter aus den Straßen von Mumpitz", murmelte Gig, was der Frau aber genügte.
Sie legte zwei Arme aufs Fließband.
Sticks Frau nahm ohne Aufforderung ihren Rucksack und zwängte ihm einen kopflosen Torso ohne Extremitäten hinaus aufs Laufband.
"Hey Jude, nun kommst du noch", grinste Stick, und Judith zog aus ihrem Sack an langen schwarzen Haaren den Kopf eines Mannes hervor und stellte ihn aufs Band, dass die Kassiererin aufschrie, als sie das Gesicht erkannte: "Hilft mir denn keiner?"
Kick fragte, ob je eine Frau den Kopf eines Mannes verschmähen könnte, den sie trage.
Gig aber fuhr fort: "Ihnen wird aufgefallen sein, Lady, dass Händ'l und Füße dem Freundchen hier fehlen. Die sind'm schon von seinen Schlächtern genommen worden, weil s'e Angst hatten, der Tote könnt ihnen was klauen oder gar noch weglaufen. -
Aber was erzähl ich Ihnen denn übers abergläubische Volk, wo S'e doch selber die Ikone tragen", so schloss Gig, als der Kopf auf dem Laufband die Augen öffnete, die Kassiererin anstarrte und schließlich grinste: "Hey, Lizzy, lang nich' gesehn! Arbeiteste immer noch für Larven, die euch Gras zu fressen geben und das letzte Brot wegnehmen, um sich aufzublähen und saure Milch euch dafür geben?"
Stick murmelte: "OhGott, ich muss aufhörn zu saufn!"
"Der da spricht ja deutlicher als du", wunderte sich Kick.
"Wenner auch noch singen kann, mach'mer'n Quintett auf", murmelte Gigagig.
"Die Windharfe kanner allemal blasen, wenn auch nicht mehr jede Monika", meinte Blickbass.
Bevor die Reliquien eingesammelt wurden, meinte der Kopf: "Grüß deine alte Dame von mir!"
Gestern morgen hab ich Liz Taylor gesehen. Zumindest hab ich's geglaubt. Sie ging zwischen zwei schweren Jungs und wurde von denen gestützt. Aber was mir auffiel: sie hätt' auch Jacko heißen können.
Glauben kann ich nicht so recht, dass Liz pädophil sein soll.