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Jeanette, 20, Kettenkauerin

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10.09.2004
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Jeanette, 20, Kettenkauerin

Jeanette, 20, Kettenkauerin


Jeanette hat eigentlich kein Problem außer ihrer Kaugummisucht. Es fing irgendwann mit zwölf oder dreizehn Jahren an, damals aß sie immer ein Kaugummi nach den Mahlzeiten. Sie hatte gehört, das sei gut für die Zähne.
Als sie dann umzogen, musste sie die Dosis um mehrere Streifen erhöhen. Schließlich verlor sie über die Jahre fast gänzlich die Kontrolle über ihren Konsum. Heute, mit zwanzig, benötigt sie mindestens fünf Päckchen am Tag um sich wohl zu fühlen, ein teures Vergnügen, nebenbei bemerkt. Niemals würde sie ohne einen gewissen Vorrat das Haus verlassen. Meistens folgt auf ein ausgespucktes Kaugummi sofort ein frisches.
Wenn sie nervös oder ärgerlich ist, dann können es auch schon mal siebzig Kaugummis an einem Tag werden. In solchen Zeiten verschwindet in Sekundenschnelle das Frischegefühl aus ihrem Mund.
Die Ursachen für diese seltsame Sucht kennt sie nicht. Es interessiert sie auch nicht, schließlich führt sie davon abgesehen ein ganz normales Leben. Sie ist zufrieden mit ihrem Beruf als Kinderkrankenschwester. Geht am Wochenende aus, tanzt gerne. Nach der Arbeit sieht sie fern, am liebsten amerikanische Soaps, sie mag ihre Leichtigkeit.
Eine Beziehung hatte Jeanette noch nicht- aber warum auch, sie ist gerne solo, genießt die Freiheit. Männer interessieren sie nicht besonders.
Und ja, natürlich, tieferen Freundschaften geht sie lieber aus dem Weg, was ja wohl ihre eigene Entscheidung ist. Menschen nerven sie schnell. Sie wollen immer so viel, sie fragen und reden und reden, drängen sich auf.
Aber einsam ist Jeanette wirklich nicht, sie hat viele Bekannte und ihren Beruf, der sie ausfüllt.
Ab und zu fühlt Jeanette sich ein bisschen leer. Doch das ist wohl ganz normal in ihrem Alter.
Ihre Kindheit? Die kommt ihr ziemlich weit weg vor. Sie wühlt nicht gerne in der Vergangenheit, wozu auch?!
Ob sie als Kind etwas Schlimmes erlebt hat? Naja, es war nicht alles schön und gut, aber es läuft schließlich in keiner Familie nur rosig.
Manchmal hat ihre Mutter sie geschlagen, aber sie war auch ein schwieriges Kind, sehr laut und ungezogen, kaum zu bändigen. Das erzählt ihre Mutter heute noch oft.
Sonst war ihre Mutter sehr lieb. Sie hat sich viele Sorgen gemacht. Abends hat sie immer geweint. Worüber, das hat Jeanette nie verstanden.
Sie war Einzelkind, oft hat sie sich einen großen Bruder gewünscht.
Ihr Vater? Über den redet sie eigentlich nicht so gerne.
Er hat nichts falsch gemacht. Sie war so ein unartiges, kleines Mädchen, sie hat ihn praktisch dazu provoziert. Es war ihre Schuld, keine Frage. Das hat er auch gesagt.
Sein Sperma schmeckt sie heute noch häufig auf ihrer Zunge. Nichts vertreibt dieses schale Gefühl aus ihrem Mund.

Vielleicht stimmt es, sie kaut Kaugummi, um den schlechten Geschmack ihrer Kindheit zu vertreiben.
Aber das glaubt sie nicht. Denn eigentlich ist ja alles in Ordnung mit ihr.

 

Hallo Zilla,

ich denke dir ist eine gute Geschichte gelungen. Besonders vom Aufbau her hat sie mir sehr gefallen - mit dem "Umweg" über die Kaugummisucht hast du den Leser geschickt auf eine falsche Fährte gelockt, ihn eine komödiantische Geschichte vermuten lassen, um ihn dann mit der schlimmen Wahrheit zu konfrontieren. Insgesamt eine wirklich schön geschriebene - wenn auch traurige - Charakterisierung dieser Jeanette.

Liebe Grüsse,

Kpt. Ahab

 

Hallo Zilla,

erstmal herzlich Willkommen.

von der Umsetzung her ist die Geschichte okay und fehlerfrei. Technisch also nicht schlecht. Gestört hat mich die Vorraussehbarkeit des Plots - das Prinzip wird ziemlich schnell klar, und dann wird es immer schlimmer und schlimmer und schlimmer, was die Prot erlebt hat. Und der Leser wird müder und müder und müder...
Gelungen fand ich den letzten Übergang zum Kaugummikauen. Aber insgesamt fand ich den Text leider nicht berauschend. Vielleicht beim nächsten Mal.

lieben Gruß,
Anea

 

Hallo:-)

Finde deine Überschrift supi!! Dein Stil ist gut. Die Story so lala. Eigentlich nicht schlecht, nur eben vorhersehbar. Man denkt sich schon, dass das mit dem Vater kommen würde. Ich denke, eigentlich müsstest du nur die letzten paar Zeilen umändern! Mir fällt auch nicht gerade ein wie. Aber wenn du den Übergang zum Vater und seinen Part irgendwie anders darstellst, dann ist die Geschichte echt gut. Der letzte Absatz ist ja nämlich mal wieder echt ordentlich! Vielleicht solltest du das mit dem Sperma irgendwie schon am Anfang oder so verwenden. Einfach, bevor man schon daran denkt. Oder bau es unauffällig ein. Nur mein Problem ist gerade auch, dass ich nicht weiß, wie:-(.

 

Guten Morgen Kpt.Ahab, Anea und Tommy,

vielen Dank, dass ihr meine Geschichte gelesen habt und vorallem Danke für die Kritik. Es stimmt tatsächlich, dass es vorhersehbar ist, worauf der Mittelteil abzielt.. werd darüber nachdenken, wie ich es verbessern kann. Vielleicht ist das Ganze abgesehen vom "Kaugummirahmen" einfach zu Klischee-mäßig??!!

Liebe Grüße,
Zilla

 

Vielleicht ist das Ganze abgesehen vom "Kaugummirahmen" einfach zu Klischee-mäßig??!!

Dieses Wort hab' ich mich nicht getraut zu verwenden (soviel zur "Schonkritik der Neumitglieder"...)

Ja, es ist Klischee. Und ich bin sehr froh, dass du als Autorin das selbst erkennen konntest. Kompliment an deine kritische Einstellung zum eigenen Text, die geht auch vielen älteren Mitgliedern hier oft noch ab.

 

hi zilla,

ich fand die geschichte eindrucksvoll. auch wenn ich sehr früh das ende geahnt hatte, denke ich nicht, dass das vielen leserInnen so geht. kompliment für die idee und die umsetzung, hat mir gefallen.

hilde

 

hallo hilde,
freut mich, dass dir die geschichte gefallen hat. es hängt wohl wirklich vom leser ab, ob das ende absehbar ist.

vielen dank und liebe grüße
Zilla

 

Moin.
Schade war am ehesten, dass es dir nicht gelang, über die relative Kürze des Textes den bissigen, leichtfüssigen Stil des Anfangs durchzuhalten.
Dann wäre es eine gelungene Glosse gewesen, aber durch das Abgleiten am Schluss verlor das ganze entgültig.
OK, ist schwer, gerade bei diesem Thema und allem was mit "sucht" und "Suchtauslösern" zu tun hat.
Vielleicht lässt du dir beim nächsten Mal mehr Raum, wählst den Stil anders, und vielleicht gelingt dir dann, was hier noch aussteht:
Eine spannend zu lesende, strukturierte, interessante und nicht oberflächliche Geschichte.
Lord

 

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