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Jeden gottverdammten Tag
Montag, 2.April 2007
Mike lag schnarchend im Bett und träumte. Seine Augen rollten hin und her unter seinen Lidern. Seine Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab. Zwischen seinen Beinen befand sich eine Beule in der Bettdecke. Er musste etwas Erregendes träumen.
Die Sonne strahlte durch das Fenster und beleuchtete den Raum. Bilder von verschiedenen Menschen hingen an den Wänden. Für Mike unbekannte, fremde Gesichter, obwohl er die Portraits selbst aufgehängt hatte, nur eines kannte er immer noch gut. Sehr gut.
Mike erwachte aus seinem Traum. Er schniefte und öffnete die Augen. Das Licht blendete ihn, und ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Kopf. Sein Bett quietschte beim Aufstehen. Mikes Knochen fühlten sich weich an, als wären sie nicht stark genug, um das Gewicht zu tragen. Er hatte das Gefühl, als könnten seine Beine jeden Moment durchbrechen.
Er ging zu dem Foto einer brünetten Frau. Hinter ihm zog ein Flugzeug den Himmel draußen entlang und hinterließ eine weiße Spur hinter sich. Er beugte sich ein wenig vor und gab der Frau darauf einen Kuss. Sie hatte langes, braunes Haar, azurblaue Augen, rote Lippen und wirkte wie ungefähr dreißig. Ein schwaches, liebevolles Lächeln umspielte seinen Mund, während er mit sehnsüchtigem Blick das Foto betrachtete.
„Bald komme ich zu dir“, flüsterte er und eine Träne rollte seine Wange hinunter. Ein leichter, eigenartiger Grauton auf der Haut seines Gesichts machte es schwer, sein Alter zu schätzen, aber er wirkte wie fünfundvierzig, mochte aber durchaus jünger sein.
Mike begab sich in die Küche, man erkante deutlich die Schwäche in ihm, an der Art seines schwerfälligen, schwachen Ganges, aber immerhin konnte er noch gehen. Er öffnete den Kühlschrank, nahm die Packung Milch heraus und schraubte den Deckel auf. Seine Lippen berührten die Öffnung und kalte Milch benetzte seine Zunge und seinen Gaumen. Die kalte Flüssigkeit glitt seine Speiseröhre hinunter und ein angenehmes Gefühl breitete sich in ihm aus. Er bemerkte den sauren Geruch und Geschmack nicht, er liebte es, morgens Milch zu trinken, es half ihm wach zu werden.
Langsam schritt er ins Wohnzimmer, drehte den Ohrensessel zum Fenster und ließ sich in ihn fallen. Die Leute kamen und gingen, wie immer, nichts Neues.
„Heute sehe ich mir Spiel mir das Lied vom Tod an“, murmelte er und stand langsam auf. Er drehte den Sessel in die andere Richtung und schaltete den Fernseher an. Ein Talkshowmoderator unterhielt sich mit seinen Gästen. „Verdammt, die müssen immer das Programm ändern.“
Mike stand auf, schaltete den Flimmerkasten wieder aus und rückte den Sessel in Richtung Fenster, um auf die Straße hinauszuschauen. „Ich hole mir gleich noch eine Packung Milch“, sagte er. „Gleich.“ Aber er saß nur da, den ganzen gottverdammten Tag, und starrte auf die Straße hinaus.
Es war dunkel geworden und er konnte nur noch die Stellen unter den Straßenlaternen erkennen. Seine Augenlider fühlten sich schwer an und er legte sich schlafen.
„Träumen ist schön“, flüsterte er. „Träumen lässt einen alles andere vergessen.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen driftete er in den Schlaf. „Das hast du selbst gesagt, Schatz.“
Dienstag, 3.April 2007
Schnarchend lag er im Bett und seine Augäpfel rollten hin und her unter seinen Lidern. Er erwachte, schniefte und öffnete langsam die Augen. Warmes Sonnenlicht strömte durch das Fenster in den Raum herein. Er war müde, stand aber trotzdem auf.
Wieder starrte er das Foto, das die wunderschöne Frau abbildete, an. Sie lächelte, wie jeden gottverdammten Tag, mit ihren roten Lippen. Er stellte sich davor und küsste das kalte Glas. Hinter ihm schimmerte der blaue, leere Himmel auf die Welt hinunter.
„Bald komme ich zu dir“, flüsterte er und wieder rollte eine einzige Träne seine Wange hinunter und tropfte auf den Teppich. An der Stelle, an der sie trocknete, war ein großer dunkler Fleck.
Wieder fühlten sich seine Knochen weich an, als er sich in Bewegung setzte, um in die Küche zu gehen.
Er öffnete den Kühlschrank und nahm die kalte Milchpackung heraus. Mit zitternden Fingern öffnete er den Schraubverschluss und umschloss mit seinen Lippen die Öffnung. Er spürte die Schwäche in sich und wollte sich hinsetzen. Schnell nahm er einen Schluck und stellte die Packung, ohne sie wieder zu verschließen in den Kühlschrank.
So schnell er konnte begab er sich ins Wohnzimmer zu seinem zum Fenster gedrehten Ohrensessel. Er ließ sich hineinfallen und starrte zur Straße hinaus.
„Heute sehe ich mir Spiel mir das Lied vom Tod an“, hauchte er, aber Mike war zu schwach, um aufzustehen und den Sessel zu drehen. Er blieb still sitzen und starrte auf die Straße hinaus. Die Menschen kamen und gingen, aber nichts passierte. Autos fuhren vorbei und Vögel, die in den Bäumen und Büschen saßen, deren Zwitschern wohltuend in seinen Ohren klang, verrichteten ihre tägliche Arbeit. Er bemerkte nicht den strengen Geruch in seiner Zweizimmerwohnung. „Ich hole mir gleich noch eine Packung Milch“, flüsterte er, blieb aber wieder sitzen. „Gleich.“
Es war Dunkel geworden und er saß immer noch da. Müdigkeit hatte von ihm Besitz ergriffen.
Er stand langsam auf und lief gebeugt, mit der Hand ins Kreuz gestemmt, ins Schlafzimmer, um sich ins Bett zu legen.
Mike schloss die Augen. „Träumen ist schön“, murmelte er im Halbschlaf. „Träumen lässt einen alles andere vergessen.“ Er lächelte schwach. „Das hast du selbst gesagt, Schatz.“
Mittwoch, 4.April 2007
Er schnarchte, lag im Bett. Seine Haare waren verstrubbelt, zeigten in alle Himmelsrichtungen, wie die Blitze in einer Glaskugel.
Seine Augen rollten hin und her. Er träumte vom Himmel. Die Frau mit dem braunen Haar und den azurblauen Augen war auch dort. Sie umarmten und küssten sich. Sie liebten sich.
Er erwachte aus seinem schönen Traum, schniefte und öffnete langsam die Augen. Licht, warm und hell, drang durch das Fenster in sein Leben.
Der klare Himmel sah wundervoll aus. Mike fühlte sich elend und schwach, seine Knochen machten auf ihn den Eindruck, als wollten sie jeden Augenblick durchbrechen.
Er ging hinüber zu dem Foto, das die Frau mit den roten Lippen zeigte. Wieder gab er ihr einen Kuss und lächelte. Eine einzige Träne kullerte seine Wange hinunter und landete in der Mitte des dunklen Flecks auf dem Teppich.
„Bald komme ich zu dir“, flüsterte er.
Er schleppte sich geschwächt in die Küche, öffnete mit Mühe den Kühlschrank und erblickte die Milchpackung.
„Scheiße“, flüsterte er. „Wer hat die Milch offen gelassen? Sie verdirbt doch viel schneller, wenn man den Deckel nicht zudreht.“
Aber die Milch war schon verdorben und er nahm trotzdem einen Schluck davon, wie jeden Morgen und stellte die Packung geöffnet wieder zurück.
Mühevoll trottete er ins Wohnzimmer und ließ sich in den Ohrensessel fallen. Er sah auf die Straße hinaus und wartete darauf, dass die Frau auf dem Foto wiederkommen würde, aber sie kam nicht, nichts Neues. Leute kamen, Leute gingen.
„Heute sehe ich mir Spiel mir das Lied vom Tod an“, murmelte er leise. „Ich hole mir gleich noch eine Packung Milch.“ Er sah auf die Straße hinaus. „Gleich.“
Mike saß in seinem Sessel, fühlte sich schwach, war traurig und schloss die Augen. „Träumen ist schön.“ Er kratzte sich hinter dem Ohr. „Träumen lässt einen alles andere vergessen.“ Er lächelte schwächer als sonst. „Das hast du selbst gesagt, Schatz.“
Sein Bewusstsein driftete davon. Er überschritt die Schwelle des ewigen Schlafs.