Jetzt
Bedacht betritt er den Raum. Für einen kurzen Moment sieht er nichts. Nichts, abgesehen von dieser erdrückenden Finsternis. Nach wenigen Augenblicken haben sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt.
Schemenhaft tauchen ein paar Möbel aus den Schatten auf. Ein Schrank. Ein Regal – gleich daneben. Bücher, die sich wie kleine Soldaten darauf reihen. Ein kleiner Tisch und ein Stuhl. Umgeworfen. Genau wie die Tischdecke liegt er am Boden.
Und nun kann er sie sehen. Ihren Körper. Die Arme leicht von sich gestreckt. Geschlossene Augen. Langes zersaustes Haar. Wie eine Schlafende. Süß träumend. Bis sie jemand weckt.
Er geht zwei Schritte auf sie zu. Schaut sich kurz um. Kniet sich langsam neben Sie.
Wenn er es nicht besser wüsste, könnte man meinen sie lächle im Schlaf. Er streckt seine Hand aus. Zieht sie jedoch ruckartig wieder zurück.
Ein dünner roter Faden in den Mundwinkeln bis zur linken Wange. Auch ihr linkes Handgelenk schmückt ein rotes Fädchen – leicht verwischt.
Sie sieht so friedlich auch.
So süß.
So jung.
So wunderschön.
Sanft berührt er mit dem Zeigefinger ihre Lippen.
Wie schön sie doch ist.
Wie schön sie jetzt doch ist.
Ein Geräusch lässt ihn hochschrecken. Sein Rücken straft sich. Seine Augen leicht zusammengekniffen. Ein teilnahmsloser Blick. Auf sie hinab.
„Was haben wir?“ Die Frage halt in seinem Kopf wieder. Er dreht sich zur Tür und geht langsam auf sein Gegenüber zu. Wie schön sie jetzt auch sein mag, er wird sie nie wieder so sehen.
Als er neben dem Mann an der Tür steht, blickt er kurz zurück. Er macht eine kurze Kopfbewegung in ihre Richtung. Seine Hände gleiten in seine Manteltaschen. Ohne eine Regung in Stimme oder Gesicht: „Das ist jetzt Ihr Job. Sie ist tot. Sichern sie alle Spuren.“