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Josephine

Seniors
Beitritt
12.10.2005
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Josephine

Maybe you get what you wanted
Maybe you stumbled upon it
Everything you ever wanted
In a permanent state

(Coldplay – White Shadows)

Mein Leben schien sich an jenem Morgen, an dem ich Josephine das erste mal sah, in jeden noch so kleinen Bestandteil aufzulösen, als wäre es ein auf den Boden geworfenes Puzzle. Träume, hatte mir die Nacht ins Ohr geflüstert. Die Realität hatte ich wie einen verwundeten Kameraden auf dem Schlachtfeld zurück gelassen, mich dafür dem Schein des Traumes ausgeliefert. Es war dunkel, Sterne am Himmel, vereinzelt Lichter in den Häusern, eine Katze, die in einem Hauseingang lauerte. Ewige Schatten in den Gassen. Alles war am Ende zeitlos, nur die Nacht war lang. Bis vier Uhr zog ich mit ein paar Freunden von Kneipe zu Kneipe. Im Caveau bestellte ich zwei Aventinus, trank sie viel zu hastig und beschwerte mich, als sie mir kein drittes geben wollten. Die meisten Gäste waren gegangen, nur wir vier Jurastudenten hielten die Stellung, gegen einen Feind, den wir uns selbst ausgedacht hatten oder den nur ich glaubte zu kennen. Als ich anfing, die Bedienung zu belästigen und ihr irgendeinen Scheiß zu zurufen, warf der Wirt uns raus. Wir zogen weiter, ich habe keine Ahnung mehr, wohin genau. Ich sah Gesichter vor mir, bekannte neben fremden, ich hörte hinfallende Flaschen und lachende Leute, als ich auf dem Marktplatz zusammenbrach.
Irgendwann muss ich die anderen verloren haben und alleine durch die Oberstadt gezogen sein. Im Reits setzte ich mich an die Theke, machte einen auf einsam und bestellte müde ein Bier. Ich fühlte mich in dem großen dunklen Raum unwohl und wirklich alleine neben den zur Musik tanzenden Menschenmassen. Nachdem ich fertig getrunken hatte wollte ich gehen, nach Hause oder in die nächste Bar, vielleicht auch meine Freunde suchen. Ein braun-haariges Mädchen fragte mich, ob ich mit ihr tanzen wolle, ich aber schreckte zusammen, sah kurz in ihre schönen grünen Augen, ließ mich von ihr verführerisch anlächeln und schickte sie fort.
„Dann eben nicht“, meinte sie und lachte mich aus, als ich vom Stuhl fiel, um die Bar wieder zu verlassen.
Ich lief stürzend durch die Oberstadt. Freiheit. In den Schatten der Häuser erahnte ich Menschen, hörte Schritte, dann sah ich wieder nur Dunkelheit. Die Straßenlaternen blendeten mich. Eine Hand, die mir gegen die Wange schlug. Kratzen im Rücken, vielleicht vom Pflasterstein. Minuten später wachte ich wieder auf. Oder waren es Stunden?
Mit blinzelnden Augen sah ich auf meine Armbanduhr, die mir im Schlaf mein Handgelenk aufgerieben hatte und merkte, dass es gerade einmal neun Uhr war. Der Morgen eines Tages, den ich nie begreifen sollte, auch jetzt nicht, da ich mich zwinge, an ihn zu denken. Es war der Tag mit ihr, Josephine, die mir die Nacht gebracht hatte, um weiter zu träumen, von irgendetwas, vielleicht nur von Hoffnung. Die Tauben auf dem Dach gurrten, flatterten durch die Gegend und setzten sich dort hin, wo auf meinem Fensterbrett die Abwehrvorrichtungen fehlten, während die Sonne mein Zimmer mit Licht flutete.
Im Badezimmer prasselte das kalte Wasser auf meinen verschwitzten und nach Bier stinkenden Körper, floss an ihm hinab in den Abfluss. Ich füllte meine Hände und trank es, immer wieder aufs neue. Ich wünschte mir, die letzte Nacht daheim geblieben zu sein, wie einer dieser Versager, die eines Tages in ihrem Schaukelstuhl sitzen werden und es bereuen, nicht gelebt zu haben. Aber der Moment zählte und in diesem, da fühlte ich mich elend, wie ein Stück platt getretener Dreck. Ich drehte das Wasser ab und setzte mich in das Becken der Badewanne, legte den Kopf auf die Knie und atmete langsam ein und aus. Ich winkelte meine Beine an, als hätte ich Angst von jemandem angestarrt zu werden. Ich stank immer noch nach Zigarettenqualm, das Waschen hatte nicht viel geholfen. Plötzlich merkte ich, dass ich weinte, doch weder aus Schmerz noch aus Kummer, sondern einfach nur, weil mir danach war. Tränen, die meine Wange hinab liefen und von denen ich nicht wusste, wie ich sie stoppen sollte. Ich sah ihnen nach, wie sie sich mit dem Restwasser vermischten und im Abfluss verschwanden.
Das Semester war wieder einmal dabei, sich seinem Ende zu nähern. Es erschien mir unglaublich, bereits im vierten zu sein. Mit meinen Kommilitonen durchzechte ich die Nächte, und lernte an den Tagen zwischen tausenden von Büchern und mit der Gewissheit, nie im Leben alles über Recht und Gerechtigkeit zu wissen. Ich kam mir vor wie in einem Kreis gefangen, so sehr glichen sich die Tage, die Nächte und meine Träume davon, aus allem heraus zu brechen. Ich plante Reisen, die ich wieder verwarf, wenn ich abends betrunken nach Hause kam und die ich schon lange wieder vergessen hatte, wenn ich morgens aufwachte und mich nicht einmal mehr traute, in den Spiegel zu sehen. Ich erlaubte mir nicht, mich nach irgendetwas zu sehnen und dennoch war die Sehnsucht mir in jedem klaren Moment so nahe, als würde sie darauf warten, dass ich sie festhielt. Ich wollte träumen, im Geheimen doch nur weg von hier, mich der Ferne oder Heimat hingeben.
Nachdem ich geduscht hatte, legte ich mich bis zwölf Uhr ins Bett und döste. Ich hatte mir schon seit langem abgewöhnt, an den Vorlesungen teilzunehmen und dieses Semester aus Angst vor Schuldgefühlen nicht einmal einen Stundenplan erstellt. Erst für den Mittag war ich mit meinen Leuten verabredet. Wie jedes Semester mussten wir eine Seminararbeit schreiben. Als mein Wecker schließlich klingelte, raffte ich mich auf und verließ das Haus.
Vor meiner Haustür ging eine steile Treppe hoch. Ich hörte erst Josephines leises Schluchzen, bevor ich sie sah. Sie saß auf der untersten Stufe und hielt sich die Hände vor die Augen, als wollte sie die Welt nicht sehen.
„Hey, alles klar da unten?“, sagte ich müde und registrierte, dass es die ersten Worte waren, die ich an diesem Tag von mir gab. Das Mädchen sah unsicher zu mir hoch. Sie war blond mit ins Graue abdriftenden blauen Augen. Ich schätzte sie wegen den Sommersprossen im Gesicht vorsichtig auf achtzehn.
„Nein, eigentlich nicht“, sagte sie leise. Am Liebsten wäre ich in diesem Moment einfach weiter gegangen. Probleme anderer Menschen haben mich nie wirklich gekümmert, meistens brachten sie mich eher zum Lachen, als dass ich Mitgefühl entwickelt hätte.
„Magst du dich nicht kurz zu mir setzen?“
Ich kratzte mich am Rücken, spürte das Gewicht meiner Bücher, tat so als würde ich überlegen, bis ich mich schließlich zu ihr auf die Treppenstufe setzte.
„Wie heißt du denn?“
„Josephine. Mit e am ende, also deutsch ausgesprochen. Nicht wie es die Franzosen tun.“
Ich nickte. Von hinten kam ein Junge die Treppe herunter gelaufen, sah uns für Sekunden an und ging weiter.
„Schon seltsam, ne? Ich kann mich einfach nicht entscheiden“, fuhr sie fort. „Mal will ich das Eine, dann wieder was vollkommen Verschiedenes.“
„Hm, was meinst du damit?“
„Ich glaube, ich kann mich einfach nicht verlieben. Ich weiß nicht wie das funktioniert.“
„Tja Mädchen, davon hab ich allerdings auch keine Ahnung. Das ist so eine Sache die einfach passiert oder auch nicht.“
Sie lachte und sah mich von der Seite an. Ich überlegte, ob ich ihren Blick erwidern sollte, genoss diesen kurzen Moment aber und ließ es bleiben.
„Ja, so ist das nun mal. Mach es dir leicht und liebe nichts. Ich komme damit gut durchs Leben“, sagte ich und stand auf, fühlte die herrliche Selbstlüge in der Luft schweben. „Ich muss zur Uni. Halt die Ohren steif.“
„Danke“, rief sie mir nach. Die Treppen ging ich möglichst langsam herab. Erst am Ende drehte ich mich noch einmal kurz um, weil ich sie hübsch fand und noch einmal ihr Gesicht sehen wollte. Sie war nicht mehr da.

Es war ein Mittag wie so viele zuvor in meinem Leben als Jurastudent. Ich traf mich vor dem Fakultätsgebäude mit ein paar Freunden, sah ihnen beim Rauchen zu, hörte, wie sie mir von gestern und meinen Aktionen erzählten und machte mich schließlich mit ihnen zusammen ins juristische Seminar. Die Zeit zwischen Büchern und einem Stift in der Hand verging meistens langsam und zog sich dahin, als wollte sie einen dazu bringen, die Uhr vorzustellen. Lange hielt ich es nicht aus, mit meiner Seminararbeit kam ich an diesem Tag nicht weiter. Am liebsten hätte ich meinen Schreibblock und die Lehrbücher einfach auf dem Tisch zurückgelassen, wäre aufgestanden, aus der Fakultät gegangen, zum nächsten Zug geeilt und hätte die Stadt verlassen. Und dann wäre ich so weit fortgegangen, dass ich keine Gelegenheit mehr hätte, zurückzukommen. und es mich wie Ketten an die Ferne binden würde. Ich stand dort mitten in der Bibliothek und sah auf meine Kommilitonen herunter, die in ihren Büchern nach den richtigen Stellen suchten, Textzeilen abschrieben, zum Kopierer hetzten und Definitionen lernten. Mein Banknachbar zischte mich an, dass ich mich wieder setzen sollte. Ich sah auf ihn herab, er schrieb am gleichem Sachverhalt. Auf seinem Tisch türmten sich Bücher, juristische Zeitschriften und beschriebene Blätter. Er könne so nicht arbeiten, sagte er mir, wenn dauernd jemand in seinem Rücken steht. Wortlos hörte ich seinem Flüstern zu, bis ich mich setzte und weiter in den Raum starrte, als suchte ich nach dem Ausgang.

Die Glocke der nahen Kirche schlug zur neunten Stunde. Ich war um halb sieben vor dem Fernseher eingeschlafen. Er lief noch. Ich strich mir durch die zerzausten Haare, lehnte mich an die Wand meines Zimmers und spürte die Kälte, die meinen Rücken durchdrang. Eben hatte mich ein Freund angerufen und gefragt, ob ich mit auf eine kleine Kneipentour mitkommen wolle. Durch den Anruf war ich wach geworden. Ich hatte die Wahl zwischen einem Champions-League-Spiel im Caveau, wo sie sich sicher noch an mich erinnern würden oder daheim zu bleiben. Am Ende wählte ich den Mittelweg, wie so oft in meinem Leben, wenn ich nicht genau wusste, was ich mit mir anfangen sollte.
Die Stadt bestand aus vielen kleinen Gassen, bei denen man häufig nicht wusste, wo sie enden würden. Manche sah man auch erst beim dritten hinsehen. Die Fachwerkhäuser, viele älter als dreihundert Jahre, waren schief, verloren ihre Bausubstanz und manchmal so verschachtelt, als hätte sie ein kleines Kind gemalt. Ich ließ mich treiben, ohne direkt zu wissen, wohin ich gehe. Aus offenen Fenster hörte ich Menschen, wie sie stritten, lachten und das Fußballspiel verfolgten. Auf dem Marktplatz sah ich den Berg hoch, auf dem die Stadt gegründet worden ist. Auf dem Gipfel des Berges thronte das alte Landgrafenschloss. Es wurde bis Null Uhr von starken Scheinwerfern erhellt, dann verschwand es in der Dunkelheit. Der Aufstieg führte über enge Treppen, dann ein weiter, stetig ansteigender Weg. Ich stellte mir die Menschen im Mittelalter vor, die diese Pflasterstraße hochgehen mussten und mühsam ihre Tiere hinter sich her schleppten.
Durch ein Steintor gelangte man auf einen Platz. Ich sah zum Schlosspark hinüber. Die wehenden Bäumen und weiten Rasenflächen sahen gespenstisch im fahlen Licht aus. Der Weg zum Schlosseingang wurde an der Seite zur Stadt hin von einer niedrigen Mauer abgegrenzt, auf der in den Abendstunden meistens viele Menschen saßen, gemütlich Wein tranken, die Aussicht genossen und sich unterhielten. Aber an diesem Abend war nur Josephine da. Sie saß in der Nähe eines aufgestellten Fernrohres und blickte verträumt in den Himmel.
„Hey“, sagte ich und stieg zu ihr hoch. „Erinnerst du dich noch an mich?“
„Ah, du bist es. Klar doch“, antwortete sie.
„Bist du öfters hier?“
„Nein, aber es ist echt schön.“
Ich nickte, setzte mich und winkelte die Beine so weit an, dass ich mein Kinn auf sie legen konnte. Sie sah geheimnisvoll aus im trügerischen Licht der Scheinwerfer. Ich fing eine Unterhaltung an, während wir unsere Beine die Mauer hinunter baumeln ließen. Wir redeten nicht viel, ich versuchte einfach nur zuzuhören. Die Autobahn, welche die Stadt in zwei Hälften teilte, war leicht auszumachen und sah aus wie eine Lichterschlange. Leichter Wind wehte um uns herum, die Kirchenuhr schlug elf Mal. Ich zählte jeden Glockenschlag.
„Lust was spazieren zu gehen?“
Ich nickte und sprang von der Mauer. Sie drehte sich langsam zu mir um. Es war so hoch, dass wir auf einer Augenhöhe waren.
„Ist was?“, sagte ich.
„Nein.“
Sie stützte sich mit beiden Händen auf und hüpfte hinab. Josephine schien den Weg zu meiner Wohnung zu kennen. Sie ging voraus und ich immer einen halben Schritt hinter ihr. Ich erzählte ihr davon, dass ich nicht gedacht hätte, sie wiederzusehen und sie lachte.
„Es gibt ein immer zweites Mal. Immer die Gelegenheit etwas zu wiederholen. Glaub mir.“
Der Abstieg ging schnell. Nach nicht einmal zehn Minuten standen wir bereits vor der Tür meines Hauses. Ich war in solchen Situationen noch nie geschickt, aber wollte auf keinen Fall den Abend hier und jetzt beenden. Da musste mehr sein, dachte ich und fragte sie, ob sie mitkommen wollte, um noch ein wenig zu reden.

„Ich hol mal eben was zu trinken. Kannst dich ja solange umsehen.“
Wir standen in meinem Zimmer. Ohne Worte war sie mir gefolgt, hatte ihre Sommerjacke auf mein Bett geworfen. Sie ging zu meinen Fenstern und öffnete das linke. Von da aus konnte man genau auf das erleuchtete Schloss sehen. Ich stand immer noch in der Tür.
„In einer Minute ist es zwölf. Dann werden die Scheinwerfer ausgehen. Ist immer ein gespenstischer Augenblick.“
„Ich bin gespannt.“
Sie drehte sich wieder um und ich erinnerte mich daran, dass ich etwas zu trinken holen wollte, ging in die kleine Küche und wühlte im Kühlschrank. Nach kurzem Zögern entschied ich mich für zwei gekühlte Licher. Eigentlich gibt es doch nichts romantischeres als einen Abend mit Bier und einem schönen Mädchen.
„Ja, war echt komisch, als das Licht ganz plötzlich ausging, als wäre das Schloss plötzlich verschwunden“, sagte sie, als ich wieder zurück kam. Sie nahm ihre Flasche entgegen und wir stießen an. Das kalte Getränk war köstlich und erfrischend.
„Ich liebe den Ausblick. Manchmal sitze ich hier einfach am Fenster und beobachte die vorbeigehenden Menschen.“
„Du bist echt zu beneiden“, sagte sie grinsend.
„Schmeckt das Bier?“
„Sicher.“
Ich setzte mich auf das Fensterbrett und sah sie an, wie sie inmitten meines Zimmers stand. So verloren. Ich wusste weder, aus welchem Stadtteil sie kam, noch wer sie eigentlich war. Josephine kam auf mich zu. Wir stießen wieder unsere Bierflaschen gegeneinander.
„Ein schöner Abend.“
„Ja, so schön wie lange keiner mehr“, sagte ich unsicher und wich ihr aus.
Aus den vier Boxen in meinem Zimmer kam leise Musik. Unten hörte ich ein Auto vorbeifahren.
Wir sahen uns in die Augen. Sie war verdammt schön. Dann ein kurzer Moment, der langsam verstrich. Und ich küsste sie. Josephine schmeckte süß und nach Bier. Ich spürte ihren Atem auf meiner Wange. Meine Hand fühlte über ihren Nacken, ihre Haare kitzelten über meine Nase, während ich auf ihre geschlossenen Augen starrte und meine ebenfalls schloss.

Am nächsten Morgen erwachte ich wieder durch die Tauben. Eine saß für Sekunden auf dem Fensterbrett und sah mit ihren schwarzen Punktaugen in meine Richtung. Dann flatterte sie weg. Josephine lag nicht mehr neben mir. Ich reckte mich und rief ihren Namen. Keine Antwort. Nachdem ich das Fenster geschlossen hatte, zog ich mich hastig an. Ihre Jacke lag nicht mehr auf dem Boden. Wieder rief ich ihren Namen. Wie als Antwort hörte ich die Haustür zuschlagen. Ohne mir Schuhe anzuziehen eilte ich nach unten und machte die Tür auf. Sie stand auf der Treppenstufe, auf der ich sie genau vor einem Tag das erste Mal gesehen hatte.
„Gehst du?“
„Ja.“
„Danke für den Traum“, brachte ich nur heraus.
„Du solltest das vielleicht auch mal versuchen.“
„Was versuchen?“
„Zu gehen, wenn es dafür an der Zeit ist.“
Sie zwinkerte mir noch einmal zu, drehte sich um und lief davon. Ich weiß nicht, aber hin und wieder habe ich das Gefühl, dass ich das einzige lebende Wesen auf der Erde bin und in einer Apparatur stecke und mir die ganze Welt mitsamt den Menschen erschaffen habe, vielleicht aus Langeweile oder weil ich einsam war. Ich konnte in diesem Moment nicht anders und wollte sie nicht gehen lassen, lief die Treppe hoch, bog um die Ecke. Aber sie war nicht mehr da. Vielleicht hat es sie nie gegeben.

Marburg, 29.6.2006

 

Hi mein Prinz,
die Kussszene ist schrecklich, aber der Rest ist kraftvoll und leidenschaftlich erzählt (die Verlorenheit des Prots im Suff), und es klingt sehr authentisch. Nicht so weichgespült wie manche anderen Geschichten.

Es sind noch einige Fehler drin: denk an "herüber" - das ist nur einmal korrekt gebraucht worden, sonst müsste es "hinüber" heißen.

Vllt gebe ich dir morgen noch eine genaue Fehlerliste.

Gruß, Elisha

 

Aloha Elisha,

danke für die Rückmeldung. Über die Scene mit dem Geküsse seh ich nochmal drüber. Aber mir gefällt sie eigentlich schon.

Über eine Fehlerliste würd ich mich natrülich sehr freuen! :)

Eike

 

Hello Sternensegler,

mir ist die gut erzählte Geschichte etwas zu länglich, aber möglicherweise bin ich für Poesie auch ein zu kerniger Kerl. Vielleicht solltest Du weniger mit 'war' oder 'waren'arbeiten, das würde die Erzählung saftvoller erscheinen lassen. Beispiel:

'...Meine Beine waren angewinkelt, als hätte ich Angst von jemandem angestarrt zu werden. Die Haare waren nass und nach Zigaretten stinkend, obwohl ich es gewaschen hatte. Plötzlich merkte ich, dass ich weinte, doch weder aus Schmerz noch aus Kummer, sondern einfach nur, weil mir danach war....'

Ähnliches gilt für 'hatte' und 'hätte'.

Kann etwas 'gespenstisch locken'?

'Zur Linken machte sich ein herrlicher Ausblick auf das gesamte Tal auf.' - solche Formulierungen sind doch arg urlaubskatalogmäßig inhaltsleer. Lebendiger wäre, den Ausblick zu zeigen, damit ich die Herrlichkeit des Ausblicks selbst erkenne.

Viele Grüße vom gox

 

Hey gox,

mir ist die gut erzählte Geschichte etwas zu länglich, aber möglicherweise bin ich für Poesie auch ein zu kerniger Kerl.
Ja, das wird am kernigen Kerl liegen.^^ Aber danke für das "gut erzählte Geschichte"

Vielleicht solltest Du weniger mit 'war' oder 'waren'arbeiten
Stimmt. Sogar die Scene ist mir mal aufgefallen, hab aber versäumt sie daraufhin zu überarbeiten. Ist ein großes Problem, das ich häufig etwas passiv ausdrücke. Wird bereinigt.

Kann etwas 'gespenstisch locken'?
Keine Ahnung...

Eike

 

Warum schreibst Du es dann? ;-)

'Ich sah zum Schlosspark herüber, der gespenstisch mit seinen Bäumen und weiten Rasenflächen lockte'

 
Zuletzt bearbeitet:

Achso, ich bin manchmal auch zu verpeilt :) Habs geändert, bzw. zwei Sätze draus gemacht.

edit: das Ding ist mal was überarbeitet.

 

Hi Eike,

okay, die Überarbeitung hast du gemacht, während ich gerade 2 Stunden an der Korrektur saß. Es kann sich also einiges in der Zwischenzeit erledigt haben.
Stilistisch hast du dir leider einen absolut falschen Umgang mit den Vokabeln "wie" und "wo" angewöhnt, der das sprachliche Niveau deiner Geschichten ziemlich in den Keller zieht.
Ähnlich wie das "was" in deiner Antwort auf gox. ;)

Ich bin ja nun weder kerniger Kerl noch Standesbeamter, also auch nicht so romantikentwöhnt, wie gox. Aber mir wiederhole sich die Stimmungsbeschreibung deines Prot in dieser Geschichte auch zu oft. Dadurch zog sich die Geschichte in die Länge und was Atmosphäre bringen sollte, empfand ich ehrlich gesagt in dieser Geschichte oft nur langweilig.
Die Verwischung der Ebenen hat mir gefallen, mit den Tempi machst du es die meines Erachtens zu kompliziert und neigst dadurch zu Fehlern, die ich in der Korrektur oft nicht bedacht habe, weil dieses Wirrwarr an Tempi mich selbst ganz wirr gemacht hat und ich nicht mehr wusste, welche Zeitform nehmen wir denn da?
Ich hoffe, du verträgst, dass mir diese Geschichte bis auf das Ende nicht so sehr gefallen hat.
Details

Lieben Gruß, sim

 

Hey sim, mein treuester Leser und Lektor.

Bin das Word-Dokument durchgegangen. Das Deppen-Du ist ja wirklich geradezu peinlich. Keine Ahnung, ich glaube ich wollte ein wenig möchtegern-gut-schreiben. Ich denke dass lass ich in Zukunft lieber und kehre zurück zu einem "einfacheren" (und bitte auch richtigen) Schreibstil.

Wenigstens gefällt dir das Ende. :) Ist ja meistens auch das wichtigste, weil das am ehesten im Kopf bleibt.

Eike

 

Hey du Sternensegler;)

Ich fand deine Geschichte ganz große Klasse! Die Atmospähre wird sehr anschaulich g eschildert. Obwohl ausführlichere Beschreibungen einen ja manchmal ziemlich anöden können, ist das hier durch die schöne Wortwahl überhaupt nicht der Fall.
Vieleviele Sätze haben mir sehr gut gefallen (ich bin der Typ Mensch der in seinen Büchern die Sätze unterstreicht die er besonders toll findet x)).

"Ich erlaubte mir nicht, mich nach irgendetwas zu sehnen und dennoch war die Sehnsucht mir in jedem klaren Moment so nahe, als würde sie darauf warten, dass ich sie festhielt."

nur als beispiel^^ gefällt mir guuut

Eine Frage:
"Ich lief stürzend durch die Oberstadt"
Wie läuft man stürzend?:P


"Probleme anderer Menschen haben mich nie wirklich gekümmert, meistens brachten sie mich eher zum Lachen, als dass ich Mitgefühl entwickelt hätte."

Interessant, ne schöne Sache mal von einem Prot zu lesen, der nich das Klischee des perfekten Helden (je nach Rolle unterschiedlich^^) erfüllt, sondern auch Eigenschaften besitzt, die herrlich menschlich sind:)
(ma von dem ganzen Gesaufe abgesehn*g*)

„Lust was spazieren zu gehen?“

Was wolln wa denn spazieren gehn?:P

"Josephine schmeckte süß und nach Bier."

Vlt ist "...und trotzdem nach Bier." besser?^^
(aber ich hab mich hier n bisschen umgeschaut und meine mitbekommen zu haben dass du nich so auf derartige Änderungsvorschläge stehst(: )

„Zu gehen, wenn es dafür an der Zeit ist.“
Sehr an der Grenze zum zu Altklugen xD...aber halt an der Grenze, und deshalb auch guuut:)

Glg

Smilla

 

Hey Smilla;

Ich fand deine Geschichte ganz große Klasse!
Danke :) Besonders auch für dein Lob für den Protagonisten.

Eine Frage:
"Ich lief stürzend durch die Oberstadt"
Wie läuft man stürzend?:P
Indem man immer an der Schwelle dazu ist, hinzufallen. Sich überall versucht festzuhalten und wenn man mal ins Leere greift, wirklich hinfällt.

„Lust was spazieren zu gehen?“

Was wolln wa denn spazieren gehn?:P

Hm, was meinst du denn damit? Hab ich da was falsch oder wie?

"Josephine schmeckte süß und nach Bier."

Vlt ist "...und trotzdem nach Bier." besser?^^

Also ich find den Satz einfach gut.

Eike

 

Nochma hey x)

Mit dem stürzend stand ich wohl gewaltig aufm Schlauch:Pfeif: verzeih das is die Hitze:P

Und ich kenn den Ausdruck "was spazieren gehen" einfach nur nicht^^
...und der Biersatz, nun, wenn du den einfach schön so findest:schiel: is ja jut

mfg

ich wieder

 

Hallo Sternensegler,

du schreibst gut, aber was mir auffiel: Es sind zu viele Infinitivsätze in Deiner Geschichte. Das könnte man in einer anderen Form besser schreiben.

Das Semester war wieder einmal dabei, sich seinem Ende zu nähern. Es erschien mir unglaublich, bereits im vierten zu sein. Mit meinen Kommilitonen durchzechte ich die Nächte, und lernte an den Tagen zwischen tausenden von Büchern und mit der Gewissheit, nie im Leben alles über Recht und Gerechtigkeit zu wissen. Ich kam mir vor wie in einem Kreis gefangen, so sehr glichen sich die Tage, die Nächte und meine Träume davon, aus allem heraus zu brechen. Ich plante Reisen, die ich wieder verwarf, wenn ich abends betrunken nach Hause kam und die ich schon lange wieder vergessen hatte, wenn ich morgens aufwachte und mich nicht einmal mehr traute, in den Spiegel zu sehen. Ich erlaubte mir nicht, mich nach irgendetwas zu sehnen...
Hier reiht sich ein Infinitivsatz an den anderen (zu zu zu).
Z.B. beim ersten Satz fände ich besser: "Ein weiteres Semester näherte sich seinem Ende". Überhaupt ist das Infinitiv wohl meistens die schlechteste Lösung.
Gruß
Stefan

 

Hey Stefan,
ja... recht hast du. Ist ja unglaublich. Das mit den Infintivsätzen ist mir so noch nie aufgefallen. :)

Werde die Geschichte daraufhin nochmal überarbeiten müssen, aber vermutlich fast alle von mir. Am besten gewöhn ich mir das ab jetzt vollkommen ab.

Eike

 

Hi Sternensegler


Als erstes muss ich dir zu Gute halten, dass du mittlerweile schon haarscharf am Kitsch vorbeischlitterst - und das ist gut so. :D
So, im Ernst, diese Geschichte ist erwachsener als letzten Romantik-Storys, die ich von dir gelesen habe. Sie ist zwar viel zu offen für meinen Geschmack, auf jeden Fall offener und deutlicher als ich sein würde.

Was mir nicht so gefallen hat, sind die langen erzählenden Teile des Prots. In denen eigentlich nichts geschieht, sondern er nur von der Langeweile in seinem Leben berichtet. Unweigerlich lesen die sich für den Leser auch nicht viel interessanter als der Prot sie erlebt. ;)

Ansonsten hat es mir gut gefallen. Eine wirklich schöne Geschichte.

Liebe Grüße
Tamira


Überreste:

Mein Leben schien sich an jenem Morgen, an dem ich Josephine das erste mal sah, in jeden noch so kleinen Bestandteil aufzulösen, als wäre es ein auf den Boden geworfenes Puzzle.
Der Satz gefällt mir nicht. Er ist unförmig und gestelzt.
... erste Mal sah, wie ein fallen gelassenes Puzzle in jedes kleine Bestandteil aufzulösen.

Träume, hatte mir die Nacht ins Ohr geflüstert.
Kein Komma

Alles war am Ende zeitlos, nur die Nacht war lang.
Dieser Vergleich zieht nicht, da zeitlos ja auch lang ist. Nur eben unendlich lang.

Ich fühlte mich in dem großen dunklen Raum unwohl und wirklich alleine neben den zur Musik tanzenden Menschenmassen.
allein

Ich lief stürzend durch die Oberstadt.
Ich weiß, was du meinst, aber der Satz funktioniert nicht, da stürzen ja das Hinfallen selbst beschreibt.
Er läuft und fällt gleichzeitig hin?
Reicht schwankend nicht aus?

„Wie heißt du denn?“
„Josephine. Mit e am ende, also deutsch ausgesprochen. Nicht wie es die Franzosen tun.“
So ausführlich sagt ein Mädchen das nicht, während es weint.

„Lust was spazieren zu gehen?“
Und du regst dich auf über mein umgangssprachliches "Weiß nicht." :D

 

Hey Tamira,

Sie ist zwar viel zu offen für meinen Geschmack, auf jeden Fall offener und deutlicher als ich sein würde.
Hm, ist es nicht ein widerspruch, zu behaupten, die Geschichte wäre offen und gleichzeitig deutlich? Ich glaube eher du meinst, die Aussage der Geschichte ist viel zu eindeutig?! Offen würde ja heißen, dass man sich da selber was überlegen muss, und da hast du recht, das hab ich dem leser mal netterweise abgenommen.

Was mir nicht so gefallen hat, sind die langen erzählenden Teile des Prots.
Hab da schon was gekürzt, vielleicht nehm ich noch was raus. Mal schaun.

Ansonsten hat es mir gut gefallen. Eine wirklich schöne Geschichte.
Danke danke. :)

Eike

 

Hi Sternensegler,

das freut mich aber, dass ich Dich da auf was bringen konnte. Auch wenn ich Dir jetzt Arbeit aufgehalst hab :Pfeif:

Das Gute an der Sache: So eine Satz-Form kann man sich wirklich einfach abgewöhnen. Ist also kein chronisches Problem, und das ist die Hauptsache! :thumbsup:

Stefan

 

Hallo Sternensegler,

bevor du auf den Punkt kommst, und damit zu deiner Titelfigur, saugst du dich ersteinmal genüßlich atmospäherisch voll, ganz versonnen in die Betrachtung der Existenz des ICH-Prots, mit literarisch gut verpackter zweifelnder Zerissenheit. Ich glaube, dass du besonders in den ersten Absätzen viele "Darlings" platziert hast, bei denen es dich sehr schmerzen würde, sie evtl. killen zu müssen, um der Story etwas mehr Grunddynamik zu verpassen.

Dabei ist es nicht uninteressant geschrieben, aber es sind solche allgemeingültige Dinge, die könntest du notfalls auch noch in einer anderen Story verbraten. Ich kenne die Verlockung solcher Anfänge, habe das selbst gern praktiziert, und wenn man das erst einmal vor Augen hat, dann ist es ein Selbstgänger, der sich ohne viel Aufwand schreiben lässt.

Für den Anlauf bis zur ersten Begegnung mit Josephine, so finde ich, ist dieser lange Einstieg aber nicht zwingend notwendig. Ich glaube sogar, dass eine konzentrierte Verdichtung zu einem aufregenderen Ergebnis führen könnte. JEDER Satz müsste hinterfragt und in ein fließendes Zusammenspiel mit dem nächsten gebracht werden, der Leser müsste fühlen, dass du ihn zu der geheimnisvollen Josephine tragen willst, wie gleich anfangs versprochen, ohne zuvor auch nur eine Sekunde mit unnötiger Selbstbetrachtung zu verplempern - das müsste funktionieren.

Wohl gemerkt, die Beschreibungen sind gut, könnten aber einer anderen Geschichte dienlicher sein - sie sollten vielleicht in der Schublade auf die nächste Chance lauern.

Die Begegnung mit einem geheimnisvollen Menschen ist dann eine Situation, die wohl jeder schon mal literarisch einfangen wollte oder sogar schon eingefangen hat, weil es eine geradezu klassische romantische Vorstellung ist. Da wird es eine sehr gefährliche Gratwanderung, nicht ins Kitschige abzugleiten. Das gelingt dir, und der Text bleibt angenehm zu lesen.

Nun denn, der Schluss lässt mich als Leser ein wenig spekulieren, wie es sich für eine Romatikstory gehört, ob nun ... oder vielleicht auch nicht ... oder doch? Ist so ein wenig ein schriftstellerischer Taschenspielertrick.

Insgesamt ist die Geschichte stilsicher geschrieben und unterhaltsam, wobei ich immer noch darauf warte, dass speziell das Thema einer geheimnisvollen Begegnung mal aufwühlender und packender rübergebracht wird. Du bist es mehr lakonisch angegangen, vielleicht auch aus Furcht, sonst in den Kitsch zu schliddern. So hat es jedenfalls geklappt.

Grüße von Rick

 

Hey Rick,

ich danke fürs aufmerksame Lesen meiner Geschichte. Wobei ich mir jetzt vorzukomme, wie ein Kind, dass beim Süßigkeitenstehlen überrascht wird.
Deine Analyse, wie ich an das Schreiben dieser Geschichte herangegangen bin, ist peinlich (für mich) richtig, zwischendurch brachte mich deine Kritik fast dazu, hier lang und breit Selbstkritik zu üben, was ich dann aber wieder gestrichen habe. Aber der Reihe mal:

Ich glaube, dass du besonders in den ersten Absätzen viele "Darlings" platziert hast, bei denen es dich sehr schmerzen würde, sie evtl. killen zu müssen, um der Story etwas mehr Grunddynamik zu verpassen.
Ja, komplett richtig. Ich finde des Anfang einfach toll, habe ihn immer wieder gelesen, sicher an die zwanzig Mal, bevor ich allerdings wußte, was das im Ganzen für eine Geschichte werden sollte. Ein Anfang ohne Ende sozusagen, ein loser Faden, den ich mir irgendwann mal vornahm, zu einem Ende zu bringen.

Ich kenne die Verlockung solcher Anfänge, habe das selbst gern praktiziert, und wenn man das erst einmal vor Augen hat, dann ist es ein Selbstgänger, der sich ohne viel Aufwand schreiben lässt.
Stimmt auch. Der Rest ließ sich danach schnell schreiben, viel schneller, als ich gedacht hätte. Oftmals ist es beim schreiben eben so: man muß erst einmal das Grundgerüst legen, ohne zu wissen, was für ein Bauwerk man da eigentlich errichtet.

JEDER Satz müsste hinterfragt und in ein fließendes Zusammenspiel mit dem nächsten gebracht werden, der Leser müsste fühlen, dass du ihn zu der geheimnisvollen Josephine tragen willst, wie gleich anfangs versprochen, ohne zuvor auch nur eine Sekunde mit unnötiger Selbstbetrachtung zu verplempern - das müsste funktionieren.
ja, stimmt auch. Das habe ich mir auch gedacht. In meinem Worddokument liegen fast zwei Seiten zwischen dem Anfang und dem ersten AUftauchen von Josephine. Das habe ich auch bemerkt, aber wie gesagt mag ich den Anfang so. Ich finde es herrlich, den namenlosen Protagonisten besoffen durch die Stadt laufen zu lassen, ihn durch die Straßen meines Lebens stolpen zu hören. Deinen Kritikpunkt habe ich dadurch versucht auszumerzen, indem ich Josephine bereits am Anfang und einmal kurz zwischendurch zu erwähnen. Natürlich den Titel nicht zu vergessen. Aber das es wohl nicht reicht, da hast du recht. Dennoch gehöre ich keineswegs zu den Menschen, die ihre Lieblinge töten, so wäre ich momentan auch nicht fähig, Josephine zu vergessen.

Da wird es eine sehr gefährliche Gratwanderung, nicht ins Kitschige abzugleiten. Das gelingt dir, und der Text bleibt angenehm zu lesen.
Das ist gut zu hören und als es Tamira (die darauf fast allergisch reagiert) schon anmerkte, was ich beruhigt, weil es einer meiner Ziele war: einen einigermaßen nichtkitschigen Romantiktext zu schreiben.

Ist so ein wenig ein schriftstellerischer Taschenspielertrick.
Ertappt. :)

Du bist es mehr lakonisch angegangen, vielleicht auch aus Furcht, sonst in den Kitsch zu schliddern.
Lakonie ist mMn recht leicht zu beschreiben, nur die richtige Musik anmachen und den Gedanken ihren Lauf lassen. Es funktioniert immer wieder. Und den Kitsch aus meinen Texten zu verbannen ist mein nächstes schriftstellerisches Ziel.

Eike

 

Hi Eike,

die Überschrift verspricht mir eine Geschichte über ein Mädchen / eine Frau. Aber was bekomme ich zu lesen? Das Lotterleben eines Jurastudenten wird in schönen Worten erzählt und zwischendurch wird einem zweimal kurz am Rande Josephine vorgestellt. Nur leider habe ich auch dadurch gar keine Vorstellung von ihr - sie ist mir so fremd wie dem Prot die Vorlesungen des aktuellen Semesters.

Wieso, frage ich mich, kommt sie überhaupt in der Geschichte vor? Mir hätte besser gefallen, wenn es nur um den Prot gegangen wäre. Sehnsüchte kann man auch auf andere Dinge als nur Frauen übertragen. Du hast eine lakonische Geschichte angefangen und Josephine dann eingebaut. Sollte es um Josephine gehen, ist mir das alles -so schön es teilweise ist - zu langatmig, denn ich lese doch seit dem ersten Satz der Begegnung entgegen!

Was mir auch prinzipiell nicht gefällt sind fremdsprachige Zitate, die man voranstellt.

Detaisl zum Text:


Mein Leben schien sich an jenem Morgen, an dem ich Josephine das erste mal sah, in jeden noch so kleinen Bestandteil aufzulösen, als wäre es ein auf den Boden geworfenes Puzzle.
Mir gefällt das Bild mit dem Puzzle im Zusammenhang mit jeden noch so kleinen Bestandteil nicht besonders, denn da denke ich schon in Mikrogrößen.

Träume, hatte mir die Nacht ins Ohr geflüstert.
Wie soll ich diesen Satz verstehen? Hatte die Nacht "Träume" geflüstert oder sollte eigentlich das Komma weg und es ist eine Beschreibung? So jedenfalls stimmt es nicht, egal wie es gemeint ist.


Als ich anfing, die Bedienung zu belästigen und ihr irgendeinen Scheiß zu zurufen, warf der Wirt uns raus.
Dieser Ausdruck gefällt mir in dem Zusammenhang nicht.

Ich sah Gesichter vor mir, bekannte neben fremden, ich hörte hinfallende Flaschen und lachende Leute, als ich auf dem Marktplatz zusammenbrach.
das ist ja konstruiert... wie wäre es mit: Flaschen fielen scheppernd zu Boden


Nachdem ich fertig getrunken hatte wollte ich gehen, nach Hause oder in die nächste Bar, vielleicht auch meine Freunde suchen.
...ausgetrunken hatte...

Ein braun-haariges Mädchen fragte mich, ob ich mit ihr tanzen wolle, ich aber schreckte zusammen, sah kurz in ihre schönen grünen Augen, ließ mich von ihr verführerisch anlächeln und schickte sie fort.

braunhaarig

„Dann eben nicht“, meinte sie und lachte mich aus, als ich vom Stuhl fiel, um die Bar wieder zu verlassen.
Das liest sich, als würde er absichtlich fallen, um dann weiterzugehen. Wäre es nicht sinnvoller, zu schreiben: ...als ich beim Versuch, die Bar zu verlassen, vom Stuhl fiel...?


Aber der Moment zählte und in diesem, da fühlte ich mich elend, wie ein Stück platt getretener Dreck.
Lehmigen Boden kann ich mir plattgetreten vorstellen - aber Dreck kann sovieles sein, dass ich mir kein Bild davon machen kann


Ich drehte das Wasser ab und setzte mich in das Becken der Badewanne, legte den Kopf auf die Knie und atmete langsam ein und aus. Ich winkelte meine Beine an, als hätte ich Angst von jemandem angestarrt zu werden. Ich stank immer noch nach Zigarettenqualm, das Waschen hatte nicht viel geholfen. Plötzlich merkte ich, dass ich weinte, doch weder aus Schmerz noch aus Kummer, sondern einfach nur, weil mir danach war. Tränen, die meine Wange hinab liefen und von denen ich nicht wusste, wie ich sie stoppen sollte. Ich sah ihnen nach, wie sie sich mit dem Restwasser vermischten und im Abfluss verschwanden.
Das Semester war wieder einmal dabei, sich seinem Ende zu nähern. Es erschien mir unglaublich, bereits im vierten zu sein. Mit meinen Kommilitonen durchzechte ich die Nächte, und lernte an den Tagen zwischen tausenden von Büchern und mit der Gewissheit, nie im Leben alles über Recht und Gerechtigkeit zu wissen. Ich kam mir vor wie in einem Kreis gefangen, so sehr glichen sich die Tage, die Nächte und meine Träume davon, aus allem heraus zu brechen. Ich plante Reisen, die ich wieder verwarf, wenn ich abends betrunken nach Hause kam und die ich schon lange wieder vergessen hatte, wenn ich morgens aufwachte und mich nicht einmal mehr traute, in den Spiegel zu sehen. Ich erlaubte mir nicht, mich nach irgendetwas zu sehnen und dennoch war die Sehnsucht mir in jedem klaren Moment so nahe, als würde sie darauf warten, dass ich sie festhielt. Ich wollte träumen, im Geheimen doch nur weg von hier, mich der Ferne oder Heimat hingeben.
Zwar schöne Sätze, aber es zieht die Geschichte...

„Nein, eigentlich nicht“, sagte sie leise. Am Liebsten wäre ich in diesem Moment einfach weiter gegangen.
am liebsten
Ich kratzte mich am Rücken, spürte das Gewicht meiner Bücher, tat so als würde ich überlegen, bis ich mich schließlich zu ihr auf die Treppenstufe setzte.
...tat so, als...


Die Stadt bestand aus vielen kleinen Gassen, bei denen man häufig nicht wusste, wo sie enden würden. Manche sah man auch erst beim dritten hinsehen.
Hinsehen


Ich nickte, setzte mich und winkelte die Beine so weit an, dass ich mein Kinn auf sie legen konnte. Sie sah geheimnisvoll aus im trügerischen Licht der Scheinwerfer. Ich fing eine Unterhaltung an, während wir unsere Beine die Mauer hinunter baumeln ließen.
Eine Stellung der Beine würde ich streichen.

„Lust was spazieren zu gehen?“
Und wenn Hunderttausende das so umgangssprachlich sagen, troztdem: AUA!


Ich nickte und sprang von der Mauer. Sie drehte sich langsam zu mir um. Es war so hoch, dass wir auf einer Augenhöhe waren.
Was war so hoch?

Mir wird zuviel über das Licher gesprochen ;) und zuwenig über alles andere.

Sag, was hat Josephine außer einem schönen Namen und süße Sommersprossen und scheinbar das richtige Timing zu gehen? Wie soll ich die Melancholie des Prot verstehen, wenn ich sowenig über diesen Engel weiß?

Beim ersten Lesen nahm mich die Stimmung deiner Schreibe gefangen, wenn ich nun aber am Zerpflücken bin, merke ich, dass mir einfach zu wenig handfeste Eckpunkte da sind - das hört sich jetzt sehr negativ an: Die Geschichte ist für mich aber trotzdem sehr lesenswert, weil eben die Stimmung trägt.


Liebe Grüße
bernadette

 

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