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Karnevalsumtrunk
16:09 Uhr: Anlässlich des alljährlichen Karnevalsumtrunks lädt Hausfrau Anna R. während des Kaffeklatsches mit ihren Freundinnen Ulla A. und Verena F. die gesamte Nachbarschaft zu einem geselligen Beisammensein am selben Abend ein.
16.10 Uhr: Die Nachricht des abendlichen Karnevalsumtrunks macht sehr schnell die Runde. Nahezu reflexartig ordert Berufsalkoholiker Werner F. ein Faß Bier für ihn und seine „Männer“ am örtlichen Getränkefachhandel.
16.12 Uhr: Schüler Friedrich M., der sich selbst im entfernsten Kreise zur Nachbarschaft der Hausfrau Anna R. zählen darf, gibt die Einladung an einige seiner besten und trinkfestesten Freunde weiter.
16.29 Uhr: Der nach einem harten Arbeitstag nach Hause kommende Wolfgang R., Ehemann von Anna R., droht eines Herzinfarktes zu sterben als er von der ausgesprochenen Einladung seitens seiner Frau hört. Nur dem beherzten Eingreifen von Ulla A. hat Wolfgang R. sein Leben zu verdanken, da sie den Bewusstlosen unbewusst durch eine brutale Herzmassage am Leben hielt.
17.45 Uhr: Obwohl die Einladung eigentlich für 20.00 Uhr ausgesprochen war, treffen die ersten Gäste ein. Berufsalkoholiker Werner F. trifft mit seinen Saufkumpanen und einem leeren Kasten Bier ein und verlangt umgehend Nachschub. Wolf- gang R. fasst sich an den Kopf, entscheidet sich aber beim Anblick von Ulla A. kein zweites Mal einen Herzinfarkt zu simulieren.
18.17 Uhr: Werner F. wird von einem Krankenwagen abgeholt, nachdem er die Wette gewonnen hatte, als erster fünfzehn Flaschen Bier auf „Ex“ aufzutrinken. Die
Kotze wegwischende Hausfrau Anne R. fängt sich einen bitterbösen Blick von ihrem Ehemann ein, der das wertvolle Porzellan versucht im Keller zu verstecken aus Angst, es zu Bruch gehen zu sehen, da Werner F.’s Saufkumpanen angefangen haben zu randalieren.
19.55 Uhr: Fünf Minuten vor dem offiziellen Beginn des Karnevalsumtrunks ist die Nachbarschaft vollzählig vorhanden. Viele sind – ohne Aufforderung – sogar verkleidet erschienen und sorgen mit ihren außergewöhnlichen Kostümen für einige Lacher. Schüler Friedrich M., als Guido Westerwelle verkleidet, schlägt über das Ziel hinaus und muss das Anwesen nach Aufforderung der Gastgeberin verlassen, da „Homosexuelle“ in ihrem Haus nicht willkommen seien. Mit diesem Vorurteil steht Anna R. nicht alleine da und wird laut gröhlend von den Saufkumpanen des Alkoholikers Werner F. unterstützt. Priester S., der aufgrund der vielleicht etwas harten Entscheidung der resoluten Gastgeberin einige moralische Aspekte aufführt, wird mit dem Kopf zuerst in der Erdbeerbowle versenkt. Nach sechs Klaren hat Anna R. den Vorfall wieder vergessen.
20.03 Uhr: Vollkommen unmotiviert entschließen sich Friedrich M. und sechs seiner Freunde die von Silvester übriggebliebende Rakete „Starlight“ im Vorgarten der Familie R. zu zünden. Wenige Sekunden später fängt das Holzhaus Feuer, da sich die Rakete im Schornstein verfangen und Funken sprühend ihre Tätigkeit beendet hatte.
20.05 Uhr: Der Dienst habende Wachmann der städtischen Feuerwehr konnte den eingehenden Notruf aus der Winkelsgasse nicht beantworten, da er beim Fernseh gucken eingeschlafen ist.
20.07 Uhr: Unter dem Gebrülle „Feurio! Feurio!’’ findet der gesellige Umtrunk ein schnelles Ende. Verängstigt laufen die Menschen auf die Straße. Wolfgang R. teilt seiner Frau seine feste Absicht mit, am nächsten Tag die Scheidung einzu- reichen. Am Horizont glauben einige Trinkfeste, die Gestalt des Alkoholikers Werner F. wahr zu nehmen, der wohl nach erfolgreichem Magenauspumpen wieder zum Saufgelage stoßen will.
20.09 Uhr: Mit einem riesigen Lärm stürzt das Haus der Familie R. ein. Durch die Straßen irren Menschen, wie du und ich, die den Vorsatz gefasst hatten, den Höhepunkt der Karnevalszeit mit einem leckeren Umtrunk zu begrüßen.