Keine Liebe im Land der Liebe
Tag 1 – Bienvenue à l'hôtel.
Der Tag beginnt um sieben Uhr, man packt sich ein, Punkt neun startet der Motor Richtung Westen. Die Fahrt – innerdeutsch – verläuft ohne nennenswerte Probleme, der Corsa folgt freudig dem Gasbefehl, auch wenn man ab und an meinen könnte, er freue sich schon auf das 130er-Tempolimit jenseits der Grenze. In Belgien muss man nicht nur langsamer fahren, die Autobahn ist auch gleich viel leerer. Außerdem komplett illuminiert, bekanntlich. Ein kleines Land, kaum der Rede wert. Trotzdem macht man halt, tankt den Wagen im französischsprachigen voisinage von Brüssel. Die Kassiererin der Gaststätte entpuppt sich als äußerst schöne Frau, ist somit erster Höhepunkt der Reise. Dann Frankreich. Hier werden gleich mehrere Stopps eingelegt, einer davon unfreiwillig: Ich umfahre Paris. Nördlich, ganz nördlich. Amiens, dann Rouen soll es heißen. Amiens klappt vorzüglich, Rouen aber gibt seine Ausfahrt nicht gleich preis. Ich wende. Eine station de péage nach der nächsten... „Pardon Monsieur. C'était six soixante.“
Rouen letztendlich zu erreichen ist auch keine wirkliche Freude. Eine verwirrende Stadt ohne Weg weisende, weg weisende Strassenschilder. Ich folge meinem Instinkt und einer Strasse au banlieue du centre: Volltreffer, denn auf einmal taucht die autoroute Richtung Paris auf, vor Paris liegt Evreux und vor Evreux: Val de Reuil! In Val de Reuil ist dann Louviers ausgeschildert und in Louviers sogar L'Étape – meine Herberge.
Nur, in der Herberge ist niemand Offizielles: „Bureau fermé exceptionallement jusqu'au 22 heures.“
Ich stammele einem Bewohner, der aussieht wie der klein und schmächtig gewordene Hauptdarsteller aus American History X, französische Fetzen entgegen; er kann mir auch nicht helfen. Also beschliesse ich niedergeschlagen, bis zehn Uhr die Zeit totzuschlagen und die Stadt zu erkunden. Es hat eine wunderschöne Kirche, die wohl leider verfällt, und Unmengen noch schönerer Häuser, ach was: Villen! Hohe Zäune, fiese Schilder. Trotzdem macht die Gegend keinen besonders wohlhabenden Eindruck. Provinz! Dann weckt noch der „Place des Anciens Combattants d'Indochine“ mein Interesse, nach Lektüre der Stadtkarte verspreche ich mir viel... und werde leider enttäuscht. Der Platz entpuppt sich als nichtssagen Örtlichkeit. Zuletzt gibt es noch einen Bahnhof, von dem ich allerdings noch nicht weiß, ob er überhaupt in Betrieb ist.
Zurück zur Herberge, zum Foyer. Ich bin todmüde, auch und gerade jetzt. Dort erwartet mich schon der Patron; mir scheint, mein Telefonat hat gewirkt? (Ja, ich habe noch telefoniert wegen der Herberge.) Er ist dem Portier aus einem mir bekannten Horrorfilm nicht unähnlich, ebensowenig wie das Zimmer einem solchen entsprungen scheint! Nur eines noch: Rosé. Mehr dazu morgen, ich brauche Schlaf. Das Bett ist gemeinst gefedert, außerdem werde ich noch meine Bettwäsche aus dem Auto holen müssen, kein Kissen hier, nur eine Wolldecke. So müde. Bonne Nuit! (21.15 Uhr)
Tag 2 – Au soleil... à midi...
Zwölf Uhr vierzig, es ist zu heiß. Den Vormittag habe ich damit verbracht, einen Supermarkt zu suchen, bin dann mit dem LIDL fündig geworden, LIDL France, Hauptsitz Strasbourg. Zwölf Liter Limonade durch die Hitze geschleppt, außerdem Brot, Bananen und Camembert. Sogar zum Essen ist es hier zu heiß, warme Mahlzeiten lege ich in die Abendstunden. Ich spiele mit dem Gedanken, dreimal am Tag zu duschen. Die Dusche ist eine Weltraumkabine inmitten meiner Weltraumparzelle, deren Wände aus blassrosaner Baumwolle gestickt sind. Wann kann ich hier wieder raus? Meine französischen Floskeln sind übrigens so perfekt, dass meine Tarnung so gut wie nicht mehr auffliegt. Bonjour madame. J'en prends deux. Merci. Au revoir. Ein Liter Limonade hört sich im Mund an wie das Meer. Par sucre: Danach geht es besser. Der Camembert ist grün und riecht nach Fisch. Ich esse ihn besser schnell. Die Hitze tut dem Guten bös. Morgen. Muss. Ich. Ans. Meer. Achja: Das C. sich nicht meldet tut noch weh. Habe aber auch einfach zu viel Zeit. Freue mich aufs Bureau!
Fünfzehn Uhr zwanzig. Ausgeruht, gegessen, Karte studiert. Ich habe versucht, die Conditions Generales des Hauses zu verstehen. Ging nur mit Wörterbuch – Hilfe! Schätze, man kann sich mittlerweile wieder draußen aufhalten, also suche ich mal für Montag meinen Arbeitsplatz. Hors de... la maison.
Le soir. Ich bin durch die Hölle gegangen. Zuvor jedoch habe ich meinen Arbeitsplatz gefunden, sehr schön gelegen! Danach – jetzt zu Fuss – in die Berge, oder was auch immer diese Hügel hier darstellen. Jedenfalls. Augenblick! Das ist unglaublich: Ich habe die Fenster auf und nebenan ist dermassen laute Musik und ein Mädchen singt mit. Nur leider nicht besonders gut, eher aufdringlich. Ob ich da mal klopfe und mich beschwere? Erst einmal duschen. Hatte vorhin ein anstrengendes Gespräch mit den Leuten vom Service. Ich verstehe nur jedes zweite Wort, besonders der Mann nuschelt so gerne. Auf jeden Fall ist die Küche die Ferien über geschlossen. Zwo, eins, Risiko jetzt? Fermé.-
So, geduscht und die Musik drüben ist aus. Trotzdem scheinen um mich herum Gangster zu wohnen. Sexy Gangster. Warum bin ich so müde? Nur müde. Es ist gerade einmal viertel vor acht. Und so hell! Je n'ai rien à faire qu'apprendre le vocabulaire. Aber selbst das ist mir jetzt zuviel. Ich denke, ich werde Narziß und Goldmund lesen. Hesse mag zwar wirklich überschätzt sein, aber die deutsche Sprache wird mir gut tun. So gut.
Einundzwanzig Uhr Fünfzig. Hermann Hesse hat nicht geholfen. Zu müde zum Lernen und zu aufmerksam zum Schlafen. Habe die Vorhänge zugezogen und das wohl wiederlichste Deckenlicht Westeuropas angemacht. Alternative wäre die schummrige Funzel vom Waschbeckenspiegel, aber die taugt gerade einmal zum Knutschen. Alors, jemand mit unbekannter Nummer hat mich angerufen, nur fürs Protokoll! Wahrscheinlich unspektakulär, habe kein Wort verstanden, schlechte Verbindung, nach zehn Sekunden gekappt. So überlege ich, mich am Telefon vorsichtshalber nur noch französisch zu melden. -Was ist das für ein Gefühl? Erschöpfung gepaart mit der Unfähigkeit, zu schlafen. Ah, ich weiß: Ich getraue mich nicht, den Tag zu beenden ohne produktiverweise Unmengen an Vokabeln gelernt zu haben. Das schlechte Gewissen. Das schlechte Gewissen. Oder ist da mehr? Und sonst? Cry for everything bad that's ever happened. Dieser ewige Anglizismus. Ich sollte damit aufhören. Wir sind hier schliesslich in Frankreich. Noch und nöcher (sic!) unterwerfe ich mich – Allem!
Tag 3 – Yeah Yeah! Look out for spiderman!
Punkt neun Uhr. Jetzt bin ich wach! Wollte mir gerade die Hände waschen, da kommt mir eine überdimensionierte Spinne aus dem Waschbecken entgegen. Solche Tiere sollten verboten werden! Verspüre ein leichtes Kratzen im Hals. Habe ich mir eine Erkältung von der Klimaanlage eingefangen, oder verschlucke ich nachts Unmengen an Insekten? Man stelle sich nur vor, ich schluckte diese riesige Spinne... ! Besser nicht. Frühstück: Weißbrot und Zucker.
Et dreizehn Uhr sechs. Ich habe Le Havre mal Le Havre sein lassen, bewege mich kein Stück. Kein Meer. Lazy sunday afternoon... ach, ich sollte davon wegkommen, bin so zu popinfiziert. Aber irgendetwas muss man ja der Franzosenmusik, die durchs Fenster schallt, entgegensetzen. Das Lied, das läuft, heißt offensichtlich „Maria Magdalena, Maria Magdalehehenah...“ und das Bassgestampfe ist kein Spass; die anderen Lieder der mir unbekannten Künstlerin sind aber nicht schlecht. Bald kann ich sie auswendig. Muss Vokabeln lernen. Und das Haus verlasse ich nicht vor sechzehn Uhr, einen angenehmen Platz hier um die Ecke zu finden ist sowieso utopisch. Alles Schöne ist utopisch weit weg. Oh, alles Schöne ist unendlich weit weg! Je quitte ma vie.
Tard après-midi. Ach, so ein bisschen frische Luft, Essen und Herumgefahre kann einen doch aufmuntern. Wenigstens stehe ich dem morgigen Tag recht positiv gegenüber. Leider ist das Wetter nur drücken und ich habe mich wohl tatsächlich erkältet. Positiv: Ich kenne den Weg nach Orléans, den Weg zu ihr! Negativ: Dito. Bestandsaufnahme: Ich kann nicht mehr rausgehen, denn da war ich schon. Zu Fuss finde ich heute nicht mehr die Einsamkeit, die ich suche. Mit dem Auto ist es gleich. Alles würde zuviel Zeit für den Rest des Tages in Anspruch nehmen. Außerdem hätte ich wohl ein schlechtes Gewissen. Vokabeln zu lernen ist mir zu mühselig, ich werde noch verrückt. Ich wusste bisher nicht, wie nervtötend es ist, wenn man am Tag nur ein bis zwei Gespräche führen kann. Denn auch in der Herberge ist niemand zum anbandeln. Alles läuft auf Sparflamme, scheint's, und ich eben auch. Die Konzentration fehlt mir und die Zerstreuung ebenso. Denn Zerstreuung würde also bedeuten: Lesen. Hesse oder Haute Fidelité. Fein, da kann ich ja gleich eine Hausarbeit schreiben. Achja, schreiben: das bleibt (mir). Schreiben über Dinge, die man nicht tut – war ja schon immer sehr beliebt. Noch etwas: Ich hasse das Gefühl, wenn ich auf den Hof fahre und durchweg von dem Portier beobachtet werde. Aber: Er ist wirklich nett, Bonjour! Apropos hassen: Ich hasse ebenso den Augenblick, in dem Leute bemerken, dass ich kein Franzose bin. Und da ist noch etwas, das ich hasse. Genug. Mon enterrement méchant.
Tag 4 – On n'est pas en vacances!
So, nun ist es sieben Uhr dreissig du soir und mein erster Arbeitstag ist beendet. Alors, ich bin geschafft, aber zufrieden. Ich muss mich durchgehend unglaublich konzentrieren, um die Leute zu verstehen. Achja, die Leute: Alle sind très sympathique! Nett und vieles mehr, fühle mich wohl. Und freue mich auf morgen. Schätze mal, ich werde etwa eine Woche brauchen, um mich ans Französische zu gewöhnen. Natürlich gab es auch einige peinliche Augenblicke, klar „wenn man mal nichts blickt“. Meine Aufgabe ist, eine PowerPointPräsentation zu erstellen! Und Germanistik – Kommilitonen wissen, was ich davon halte. Nichts. Apropos Germanistik; als ich erzählte, was ich studiere, wurde das einfach mal übergangen: „Ah, les sciences économiques et politiques!“ Französische Tastaturen sind – gewöhnungsbedürftig. PowerPoint règne. Ich sollte mal ordentlicher schreiben. Und: Es regnet! Il pleut! I can't believe my eyes I can't see so clear a big dark cloud is hanging all above me suffocating me suffocating me invasion from the outside works its way inwards... window shop for love... want it so much... look but don't touch! Ähm. Stichwort Deutsche Romantik. Nichts hilft Dir, verdammtes Herz. Verdammte autoroute mit deinen verdammten Schildern. Verdammte Nähe! Schmeckt nach Heimweh, ist es aber nicht. Im Gegenteil viel schlimmer. Quoi faire?- Travaillez! Arbeitszeiten: Montag bis Donnerstag acht Uhr dreissig bis siebzehn Uhr dreissig, Freitag acht Uhr dreissig bis sechzehn Uhr dreissig. Habe ich erwähnt, dass ich ernsthaft erkältet bin? Dass ich mich mit der Wolldecke angefreundet habe? Mit den Wollwänden? Dass ich Auto fahre wie ein Franzose? Dass ich Kreisverkehre, die es hier en masse hat, als Beschleunigungsspur und enge Gassen als Herausforderung nehme? Dass...? -Ach ja, wir wollen nicht darauf herumreiten. Darauf herumtrameln, auf dem Herzen.
Gerade die Aufzeichnungen durchgesehen. Zitat: „So müde.“ So traurig. Kurze Notiz: Hesse gefällt wieder! Zur Lektüre.-
Einundzwanzig Uhr fünfzehn. Damals, als wir Chancen hatten... Oh, manches freut mich sehr, manches bekümmert mich zutiefst. Ich schwitze, als wäre ich fiebrig. Von der Limonade bekomme ich wohl einst einen Zuckerschock. Vorwärts immer, rückwärts nimmer! Verstehe jetzt, warum mich der eine in der Firma gefragt hat, ob ich abends in der cuisine des Foyers esse. Er isst auch hier; oder wohnt er sogar hier? Nett ist er auf jeden Fall. Leider war ich nicht in der cuisine, man sagte mir ja, sie sei geschlossen momentan, das hatte ich heute mittag leider vergessen. Schande! ...es dämmert. Licht oder Luft, jetzt musst du dich entscheiden!
Einundzwanzig Uhr Fünfzehn. Fieber. Die Spinne war wieder da. Leitmotiv! Pardon. Lesen dann schlafen. Den ganzen Tag französisch arbeiten macht müde. Du machst mich müde! À tout à l'heure!
Tag 5 – Ähm.
So, es ist mal wieder abend. Schwierig, alles zu verstehen, aber wenigstens die Arbeit geht mir recht leicht von der Hand. War dann einkaufen, auch Aspirin. Irgendetwas stimmt nicht mit mir. Das Aspirin habe ich noch nicht genommen, erst vor dem Schlafengehen. Gerade geduscht und schon wieder dieser seltsame, kalte Schweiss. Je me suis un peu matte. Hm, halb acht, ich sollte runter gehen, gucken, ob es etwas zu essen gibt.
Zwanzig Uhr vierzig. Ah, super. Das mit dem Essen ist geregelt. Schlechtes Gewissen, die Franzosen hier sind viel zu gastfreundlich. Gut, ich bezahle natürlich auch dafür. Der Ingenieur aus der Firma ist wirklich nett. Habe eine erste und eine zweite inhaltliche Unterhaltung gehabt, also über Politik, die Gesellschaft und das Leben. Auf geringem Niveau natürlich. Leider habe ich den Ingenieur dann noch gefragt, ob er auch ein Praktikum macht. Er arbeitet seit sieben Jahren bei der groupe. Fettnäpfchen. Super. Gleich gibt es eine Aspirin. Drogen, baby. Franzosen kennen Berlin, München, Aachen, nicht Köln. Franzosen machen wahrscheinlich keinen Unterschied zwischen Schlössern und Burgen. Ach: Habe zwei relativ hübsche Mädels gesichtet, aber hey... ! Außerdem traue ich mir sowieso nicht zu, eine anzusprechen. Wäre aber sicher lustig: Bonjour. Äh. Bonjour. -Habe ich schon erwähnt: Mich zerreisst's! Immer abends. Mais B., ce sont seulement cinq jours maintenant. Elle va appeller. Attends! Oublie! Wenn ich noch etwas mehr Smiths hören könnte, dann... -
Ich sage Bo Nui, die Franzosen sagen Bonne Nuitö! And if you ever wanna try and force my hand to suicide just go and reach for the sky. Hell. Yeah. Baby. C'est sûr, ca! C'est dûr, ca.
Noch einige Gedanken, während ich die Aspirin nehme. Laut Ingenieur wohnen auf meinem Flur einige hübsche Mädchen, und wenn der Ingenieur das sagt, ist was dran, denn der scheint recht wählerisch zu sein. Oder er steht nur auf grosse Brüste, was nun nicht unbedingt mein Fall wäre-. Ist aber auch alles egal, keine Ahnung, warum ich darüber nachdenke. Achso: Evian ist viel. Viel. Mächtiger als diese Zuckerlimonade. Und ob sich der Brie bis morgen hält? Draußen schellt – naja, heult – ein Alarm. Gut jetzt. Il ne pleut jamais au sud de Californie. Oh--
Heute wieder wunderbares Sonnenwetter. Ich trinke mal noch ein Evian. Drücke mir die Daumen, dass ich morgen vollkommen gesundet bin. Narziss; entschuldigung: Narß; oh mein Gott, also Narziß und Goldmund ist ein Buch literarisch erster Güte. Freue mich darauf, diese Feststellung nächstes Semester verteidigen zu dürfen. Trotzdem möchte ich nicht mit einem Hessewort schliessen, sondern: „...und ob es etwas gibt, für das es sich zu sterben lohnt? Du weißt, wir sind jung. Und leichtsinnig.“
Oh, kurz noch: Habe mir von Le Havre abraten lassen! Die Küste ist anderswo schöner. Jawohl, schöner! Und überhaupt der Norden! Und überhaupt: On n'entend rien de Toi!-
Tag 6 – Eine kleine Sozialstudie.
Le Foyer des Jeunes Travailleurs. Wo ich wohne. Die Menschen, mit denen ich hier direkt zu tun habe, sind sehr nett und sorgsam, rücksichtsvoll sogar. Zuvorkommend, zum Teil übertrieben höflich; aber nicht etwa falsch. Le patron qui porte la barbe zum Beispiel hat sich direkt meinen Namen gemerkt und grüsst immer freundlich und persönlich. Und so weiter und so fort --- Okay, ich hatte keine Zeit mehr.
Jetzt ist es zweiundzwanzig Uhr fünfzehn und, gute Güte, bin ich erschöpft! Vorhin war ich wieder essen, sehr anstrengend. Vor allem aber nervt es, wie blöd dazusitzen, wenn alle schnell und durcheinander reden. Also der Meister der Konversation war ich beim Abendessen jedenfalls nicht. Okay, danach hatte ich aber eine nette Unterhaltung mit dem Ingenieur – dessen Namen ich nicht mehr weiß! - und einem arbeitslosen Guard de Chasse. Es ging halt zunächst um die Jagd, dann schnell zur Politik. Mit Hilfe von zwei Semestern Politologie und meinen bescheidenen Französischkenntnissen konnte ich dennoch das deutsche politische System eloquent darstellen und mit dem französischen vergleichen. Und bin etwas stolz auf mich. Am Wochenende packen wir vielleicht noch ein paar Mädels ein und fahren ans Meer. Also, ich fahre auf jeden Fall. Honfleur, oder Trouville/Deauville. Habe eine weitere Aspirin genommen. Ich frage mich außerdem, was abends wohl am sinnvollsten ist – in meiner momentanen Verfassung: Schlafen? Französische Konversation? Vokabeln? Lesen, deutsch? Lesen, französisch? Man wird sehen. Erstaunlicherweise lernt man auch beim Rumstammeln und Zuhören einiges an Worten. En plus: une jolie fille. Ich sage: Bonne nuite! (Aber nur ganz vielleicht.)
„Ach komm!“
„Na was?“
„Stell Dich nicht so an...“
„Hm.“
Tag 8 – Vendredi; or is life sick and cruel instead? Yes!
Puh, gestern habe ich ja schon wieder nichts geschrieben, und ich glaube, es gibt eine Menge zu erzählen. Mais comme je suis paresseux... Na, es ist erst sechzehn Uhr fünfzehn, was fange ich mit dem Tag noch an? Problem ist, ich muss heute abend um halb acht wieder hier sein. Hm. Schauen. Protokoll: Ich glaube, so langsam bekomme ich es hin. Derer Notizen: Später mehr.
Zwei Minuten, dann ist es Punkt achtzehn Uhr. „Denk ich an Deutschland in der Nacht...“ So, aus reiner Freude – und Langeweile – habe ich das Zimmer aufgeräumt (j'ai rangé mes affaires) und sogar gefegt. Ah! Ein Apfel! Grandios. Morgen geht es wohl nach Honfleur. Mit Leuten, die ich nicht kenne. Ach, hätte ich doch nicht zugesagt! Viel lieber würde ich alleine fahren! Sicher, das hört sich komisch an, aber ich bräuchte wirklich mal meine Ruhe. Schade ist auch hier, dass es keinen schönen Ort gibt, an den man sich zurückziehen kann. Die Landschaft ist zwar wunderschön, aber zu Fuss ist nichts zu machen – nicht wirklich wenigstens. Außerdem regnet es gerade wieder, wie ich sehe. -Und jetzt schon nicht mehr. Was passiert? Naja, hin oder her, alles eitel Sonnenschein. Wenn ich nicht den Adapter für mein Laptop vergessen hätte, könnte ich mir jetzt wunderbar die Zeit vertreiben. Auf der anderen Seite sitze ich auch so schon acht Stunden am Tag vor dem Bildschirm, was wirklich anstrengend ist. Gut, freitags darf ich früher gehen. Tatsache ist, dass ich jetzt schon weiß, was ich später nicht machen möchte. Überhaupt: Später! Man gerät ja glatt ins Philosophieren darüber! Diese Stadt, diese Umgebung kann mir nicht geben, wonach mein Herz verlangt. Sobald ich mich unter Leute begebe, muss ich mich wieder unglaublich konzentrieren, und da ich schon den ganzen Tag lang unter Leuten bin, brauche ich diese Phasen für mich, schätze ich. Leider hat man gerade in diesen Zeiten viel zu viel Gelegenheit, nachzudenken. Über alles, was sich so ständig aufdrängt. Am liebsten würde ich morgen mit dem Zug nach Paris fahren! Zu spät. Außerdem, am liebsten freilich ist übertrieben, aber es rangiert weit oben auf der Liste. Ich habe: Kein System, die Vokabeln zu lernen. Oh, etwas; ich habe auch Narziß und Goldmund ausgelesen. Wunderbares Buch! Das Ende hat mich wirklich gerührt! Goldmund also liegt im Sterbebett und ich merke an, man hat sein ganzes Leben erzählt bekommen, und ich verspreche, man hat sein ganzes Leben mitgelitten. Da liegt er also und sagt seinem lebenslangen Freund Narziß – denn es ist auch, oder überhaupt? Ein Buch über die Freundschaft – mit letzten Worten: „Aber wie willst denn Du einmal sterben, Narziß, wenn Du doch keine Mutter hast? Ohne Mutter kann man nicht lieben. Ohne Mutter kann man nicht sterben.“ Und da fällt einem auf, dass Narziß keine Mutter hat. Auch Goldmund ist nur auf der Suche nach der Seinigen. Aber das erfüllt. Von Narziß ist überhaupt kaum die Rede. Vielleicht auch macht gerade das ihn so wichtig? Ach, ich spekuliere viel zu wild und ziellos. Immer bin ich verwirrt. Immer warte ich nur. Alles scheint zu stagnieren, obwohl ich so produktiv bin wie selten. Input und Output. Obwohl ich so viel zu tun habe. Aber so war es geplant: Eine Auszeit nehmen, mal etwas komplett anderes tun. Und das läuft auch superb! Wenn ich nur nicht so viel Zeit zum Reflechieren hätte! Immer noch kann ich ja nur an das Eine denken, an die Eine, zugegeben steigere ich mich auch hinein. Aber es geht eben aufs Wochenende zu... Wie nennt man das, wenn man in die grünen Baumkronen starrt und vor den Augen Regen fällt? Also, es regnet nicht wirklich. (Wenn ich nur Drogen hätte, könnte ich der Musik unten lauschen und den Blick schweifen lassen und wäre wohl zufrieden.)
Zweiundzwanzig Uhr vierzig. Achja, gegessen also. Danach die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele gesehen, wusste garnicht mehr, dass diese heute beginnen. Wie es aussieht, werde ich morgen alleine reisen, was mich ernsthaft freut. Ich habe ja auf Anraten des Ingenieurs dessen Freundin eine eMail geschrieben, ob sie und ihr petit ami denn nun mitwollen, wenn, dann solle sie sich doch bitte melden und so fort – aber niemand hat angerufen. Wahrscheinlich hat sie die Nachricht noch garnicht gelesen. L'ingenieur m'a proposé sie selbst anzurufen, was ich glücklicherweise ablehnen konnte. Und morgen vormittag schalte ich einfach mein Handy aus. Going antisocial! Ach, aber ich wäre wirklich lieber allein. Beziehungsweise: Ich bin es ja. Man ist zwar seinen Gedanken ausgeliefert, aber die Freiheit sollte das aufwiegen. Wie Goldmund in seinem letzten Ausreißen bin ich eben noch durch den späten Abend spaziert. Wundervoll die Kirche, die Atmosphäre. Aber nicht zum Sterben schön. Letztendlich habe ich noch das Kriegerdenkmal gesehen – doch noch! Bewegen war's, das muss ich zugeben. So persönlich, mit den Namen der Gefallenen aus Louviers und Umgebung. Zu mittlerweile diversen Kriegen. Oublier... jamais!
Life tends to come and go. That's okay as long as you know.
Warum ist das aber bitte in Ordnung? Nichts ist in Ordnung – jamais!
Ich brauche immer noch ein System, um Vokabeln zu lernen. Am besten mache ich das Telefon jetzt schon aus. Enfin, il y a un seul appel que j'attends. Aus. Wer hat denn auch behauptet, das Leben wäre schön? Alles hier ist schön, nur was nicht hier ist, das macht es unschön. D'accord? D'accord ok.
...from the one you left behind
Tag 10 – Honfleur betrachten.
Neun Uhr. Es ist Sonntag, gestern habe ich nicht geschrieben, heute schreibe ich so früh, weil ich gestern schon um acht Uhr vor Erschöpfung eingeschlafen bin. Der Tag in Honfleur war anstrengend , aber erfolgreich. So gegen halb zehn bin ich losgefahren, habe noch einiges eingekauft und dann ab Richtung Norden. Die Fahrt dauert etwa eine Stunde, man muss allerdings die Mautstationen und die Geschwindigkeitsbegrenzung miteinbeziehen. Apropos Mautstationen. Wenn dort viel Verkehr und Andrang herrscht, ist es eine wahre Freude, sich einmal nach rechts und links umzuschauen, nachdem man durch die Schranke gelassen wurde. Überall starten Autos durch und man kommt sich vor wie bei einem riesigen Rennen. Ha! Gut, dann Honfleur. Eine wunderschöne Stadt, ich konnte kein hässliches Gebäude entdecken. Den Mittag – ach, bis sechzehn Uhr! - habe ich am Strand verbracht und mich wirklich fürchterlich verbrannt. Tut jetzt noch weh, Mutter. Danach habe ich mir noch die Stadt selbst angesehen. (Die erste mitten in Restauration, die zweite grösser, schöner. Besser besucht ebenfalls. Fast ganz aus Holz gebaut mit edlen Schnitzereien. Drinnen wurde gerade – etwas befremdlich – irgendein Papstbesuch irgendwo auf einer Leinwand mit Beamer und allem drum und dran gezeigt. Als ich das Gotteshaus dann verlassen wollte, um noch einen Blick auf die Punks vor dem Eingang zu werfen,) da kam mir aus dem Schein des Sonnenlichts wahrhaftig die Maria entgegen! Und wir blickten uns kurz an, und dann noch einmal lang und im Vorbeigehen drehten wir uns und... da war ich auch schon draußen. Aber es war ein Schlag, der mich ins Grübeln brachte. Wenn seichtes Verlieben so schnell geht, wie lange braucht dann die Liebe? Und wie besonders ist sie eigentlich wirklich?
Tag 11 - „Tu fûme?“
Ha, also so langsam gewöhne ich mich an die Sprache und alles. Vorhin und gerade wieder mit einem netten, farbigen Mädchen unterhalten. Komisch eine Welt, in der man auf so etwas hinweist. Auf jeden Fall ist es gerade zehn Uhr du soir und ich bin eben zurückgekehrt, nachdem sie micht zum Rauchen eingeladen hat und ich fettnäpfchentretenderweise mit „Nicotin? Non...“ abgelehnt habe. Also, schon dûr. Wenigstens hat sie noch gelacht. Nette Leute hat's. Achtung, jetzt zerstöre ich meine Illusionen; diese Nummer hat mich angerufen: 0173/...... - One final look at the past. And we're out!
Wo war ich stehen geblieben? Ah oui, bien sûr. Le francais. Quoi faire quand on va à Paris? C'est difficile, le système du métro. Non, ca marche pas. Prends l'autobus. C'est meilleur de toute facon! Allons enfants! Ich komme über meinen faux pas nicht hinweg. Auf der anderen Seite wäre es einfach dumm gewesen, jetzt etwas zu rauchen, si possible. Mein Leben: Sieben Uhr aufstehen, Frühstück, une douche, halb neun arbeiten bis halb sechs. Einkaufen (quelquefois), essen, lernen, lesen, schlafen, sieben Uhr aufstehen, petit-déjeuner, eine Dusche, halb neun travailler jusqu'à cinq heures et demi (du soir – c'est claire, ca!), manger, apprendre, lire, dormir – encore une fois! Also, mein Müll fängt an, zu stinken.
„Qu'est-ce que tu préfère pour te suicider?“
„L'amour.“
Où sont les oreilles? Je dois écouter! Ma vie, c'est dependante de la musique! C'est dependante de la musique? Amène aussi tes disques.
...p.s.: Lese gerade den Bericht von gestern; „Habe mir gerade die Stadt angeschaut.“ Folgend geht es um Kirchen.
Tag 12 – Prosa geht vor.
Excuse, es ist schon zu spät zum aufschreiben, außerdem bin ich müde und so fort. Nur ein paar Stichworte; vielleicht für morgen: Paar bei Champion, Brochuren, WE-Plan, Julie, Erschöpfung, Pelle, Wasser-Desaster morgens, freudige Wende abends, Carol mit Anhang beim Einkaufen und Anhang surprise!, übliches Unglück, en fait, c'est pas d'alliteration – malheureusement. Eins noch: Bizarrerweise faszinieren mich Namen mehr als Personen, und dann wieder schöne Personen mit schönen Namen... parfait!
Müll rausgebracht. Es schneit. Es geht Dich nichts an. Es spricht der Führer. Es ist mir egal. Es wird getanzt. Es lebe das Neutrum.
Tag 13 - ... .
Le soir. Ach Gottchen, ich schreibe doch jetzt nichts mehr zu den Sachen von gestern! Heute: Zu spüren bekommen, wie langweilig es ist, wenn man seine Arbeit frühzeitig beendet. Magalie, die Responsable du Marketing kommt erst nächste Woche wieder, wenn ich nicht irre. Marketing ist übrigens eine feine Sache, mal sehen was es dann noch so an Aufgaben gibt. Ansonsten... bin ich erstaunt, wie leicht mir das Lesen von Haute Fidelité fällt... freue mich auf eine Dusche... sollte ich mich mal um eine zugverbindung nach Paris kümmern. Muss nämlich erst mit dem Auto nach Val-de-Reuil fahren, von da mit dem Zug. Achja, ich muss. Habe mir ein Emballage Digest Magazin mitgenommen. Interessanter als man denkt. Außerdem heute viel Multimediakrams und Brochuren und sowas gesichtet. Bonne qualité! Leider war ich nicht beim Essen heute abend, hoffentlich ist Marciel, der Patron, nicht zu beleidigt. Immerhin wird einigermassen der Stil gewahrt hier, mit Baguette und Cidre. Das Rot ist braun geworden, Pelle mich fast nicht mehr. Meine Kollegin Marie zieht im September nach Paris. Et voilà!
Tag 14 – Hundert Jahre Deutsch-Französische Freundschaft
Meine heutigen Top Zwei Geschehnisse deutsch-französischer Relation:
Zunächst bei der Arbeit. Es gibt ja nicht mehr viel zu tun momentan, daher perfektioniere ich meine Werke bis ins letzte Detail. Also genau genommen sitze ich vorm Computer, spiele an den Grafiken und Effekten herum und mache den Eindruck, beschäftigt zu sein. Dazu gehörte heute eben, das Adressenverzeichnis mit den jeweiligen Landesfahnen auszugestalten; und eben diese drapeaux mussten nun gemalt werden. Mit Paint. Also: Was hat wohl der durchschnittliche Passant gedacht, als er mich am Computer eine riesige – in Paint achtfachvergrösserte – Deutschlandfahne hat zeichnen sehen? Gut, es folgten noch andere Länder, aber der Moment in Schwarz-Rot-Gold! Vielleicht lässt es sich auch schwer erzählen. „Man muss dabei gewesen sein.“
Am Abend dann die Diskussion zur D-Day-Feier. Mehr muss man ja nicht hinzufügen. Wurden die Deutschen nun das erste Mal eingeladen, oder sind sie das erste Mal gekommen? Die Ansichten differieren gewohnt. Noch etwas, hier schallt von Zeit zu Zeit übelste Schwermusik durchs Haus, ich rege mich darüber auf. Vorhin habe ich mich jedoch mit dem vermeintlichen Übeltäter unterhalten. Er will mir demnächst mal ein paar französische Rockbands zeigen. Bien sûr, eh, pourqoui pas? Und dann noch plagten mich den ganzen Nachmittag über trist-romantische Gefühle. Aber so durch und durch aufrichtig. Ich war wieder erschrocken. Denn, ich meine, hier laufen Mädchen rum! Zum Beispiel beim Essen... aber nein: Hey Supergirl! (Tu es très sûr haute couture...) Mais cette nuit pas question de bonne éducation!
„Encore une fois: Qu'est-ce que tu préfères...?“
Tag 15 – Kurze Notiz, später mehr.
Siebzehn Uhr etwas. Jemand hört den Adam Freeland Mix von 7 Nation Army. Letztendlich bin ich unter Menschen!
Zweiundzwanzig Uhr fünfzig. (Morgen Paris.) Aber das nur am Rande. Fakten:
Erstens. Das Schicksal wird nicht vom Snake-Spiel auf dem Handy entschieden.
Zweitens. Il faut y arriver.
Drittens. Wenn man geboren wird, ist man allein.
Denn all die üblichen Geburtshelfer zerstören die notwendige Zweisamkeit, setzen die Intimität der gnadenlosen Öffentlichkeit aus. Erst später ergibt sich die Gelegenheit zur unbedingten Symbiose. Man erinnert sich jedoch in keinem Fall daran, später... später. Vielleicht sehnt man sich nur unbewusst lebenslang nach diesem Zustand, der uns wiederum führt zu:
Viertens. Il faut y arriver!
Fünftens. Die Entscheidung zur Geburt obliegt den Eltern, nicht dem Kind. Folglich liegt auch die Entscheidung zum Leben des Kindes bei seinem Vormund. Das Kind hat nie entschieden leben! (Dr. Pathos meint: Zu lieben, zu leiden.)
Sechstens. Auf Unwissenheit folgt Erkenntnis folgt Resignation.
Siebtens. Es ist zum Aus-der-Haut-fahren. Auch wörtlich. Mein Arm juckt.
Achtens. Ich denke nicht. Denn ich denke viel zu viel nach.
Neuntens. Ach, sehne ich mich nach dem Tag, an dem ich all diese Aufzeichnungen verbrenne, Glück.
Zehntens. Il faut y arriver.
Tag 17 – Paris Revisited.
Fast Mittag. Gestern also Paris. Gross. Um halb neun bin ich in St.Lazare angekommen, gleich mit der Metro zum Eiffelturm. Bisschen kalt war es, und geregnet hat es auch. Aber das war egal. Habe mich dann weiter aufgemacht und so ziemlich alles noch einmal gesehen. Shopping auf den Champs Elysées inklusive. Leider alles ohne Photoapparat. Nachmittags wurde das Wetter Eins A. Da hat es mich noch einmal zum Tour gezogen. Wunderbar auch die Alexandre Eiffel Büste. Man zieht den Hut. Den Rest des Tages ahbe ich dann bei Sacre Coeur in einem kleinen Gärtchen mit Blick über ganz Paris verbracht. Ach, soviel gibt es eigentlich nicht zu erzählen, wenn man einfach das Touri-Programm abfährt. Nächstes Wochenende werde ich wohl nochmal hinfahren. Aber jetzt bin ich gerade eher am übererlegen, was mit dem Rest des Tages anzufangen ist. Sonne verspricht einiges, aber ich bin unsicher, wo ich hin will. Ach naja, Lustiges in Paris:
Die streitenden Maler bei Sacre Coeur, die sich beinahe geprügelt hätten.
Deutsche Sprachfetzen.
Sächsische Sprachfetzen.
Russen, die sich ohne ein Wort Französisch Kaffee bestellen müssen, später aber im dominanten Rudel auftreten.
Der Begriff Rudel-Russen.
Die Familie, die ich aus Versehen ausgelacht habe, als ich das Photo von ihnen schoss.
Doom 3 beim Virgin Mega Store.
Japaner, die westlichen Stil kopieren.
Fünf Japaner, die alle mit Photoapparat bewaffnet unterm Eiffelturm stehen und sich gegenseitig mit Alec himself photographieren.
Tag 21 - ... .
Acht Uhr. Kurz bevor es losgeht. Habe ein paar Tage nichts geschrieben. Öhm. Eben gerade auf ein Haltbarkeitsdatum geschaut (04/2006) und gedacht: Hm, 2006. Wird wohl noch haltbar sein, wir haben höchstens 2005.
Dankbar geschmunzelt, habe meine Alltagsverwirrtheit trotz Disziplin und Konzentration nicht verloren. Nein ehrlich, ich mache mir Sorgen.
Achtzehn Uhr zwanzig. Ich höre gerade Neon Golden auf dem Laptop, also nicht sehr laut oder basslastig oder so. Jetzt also Pilots, da dreht nebenan das Gör ihre Ace of Base Beschallung auf. Die hat irgendsoeinen üblen Ghettoblaster, und singt eben auch noch mit. Dagegen kommen The Notwist in Miniqualität natürlich nicht an. Aber komischerweise passt das genialst zur Musik. So hoffnungslos... aber weiter. Vorwärts immer! -Eben hat mich einer auf den Parkplatz fahren sehen und gefragt, woher ich komme? Deutschland. Dann, ob ich das mag, aus Deutschland zu kommen? Bizarre. Ich habe gesagt: Ich weiß nicht, warum nicht? Was sagt man da auch?
Tag 22 – Freitag.
Abend. Ich bin der Bewahrer des Stils. Meine Einkaufsliste: Baguette, Camembert und ein feinster roter Wein. Dazu habe ich mir eine Evianflasche mit dem Messer aufgeschnitten und ein Glas gebastelt, da mir eben aufgefallen ist, dass ich so etwas nicht habe. Auf geht's, wenn das Schlückchen mundet wird es nach Deutschland importiert.
Wenn nicht, dann halt der nächste, oder eben nicht.
Morgen schaue ich mir den Louvre an, oder übermorgen, oder garnicht mehr.