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- 11.03.2004
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Kill the fu***** Murmeltier!
7 Uhr 30. Der Wecker klingelt. Ich muß das Licht gar nicht erst anmachen. Ich weiß auch im Dunkeln, daß es da ist. Weil es jeden morgen da ist. Und genau an dieser Stelle sitzt. Noch bevor ich den Wecker aushaue, grüßt es schon.
Das hässliche, fette Murmeltier schaut mir zu, wie ich mich viel zu früh aus dem Bett quälen muß. Es sitzt auf dem Badewannenrand und beobachtet mich beim Zähne putzen, mit der widerlich schmeckenden Zahnpasta. Beim Frühstück liegt es direkt neben meiner Müsli-Schale. So dicht, daß ich das Gefühl habe, ich könnte jederzeit seine Haare in der Schüssel schwimmend finden. Wenn ich die Haustür abschließe, wartet es schon auf der obersten Stufe der abgewetzten Treppe. Darauf, daß wir gemeinsam an Frau Kasulke vorbeigehen, die wie jeden morgen an den Briefkästen steht, um zu schauen, wann wer von den Nachbarn das Haus verlässt. Das Murmeltier und ich laufen die viel zu befahrene Straße entlang. Auf dem Weg zur U-Bahn geht es immer ein Stückchen vor mir – klar, es kennt ja den Weg. Und egal ob ich renne oder ob ich schlendere, es lässt sich nicht abschütteln.
In der proppenvollen Bahn lümmelt es sich gemütlich auf den Sitz neben mir, um Kraft zu tanken für die Show im Büro. Schließlich müssen wir gemeinsam nett sein, zu den idiotischen Kollegen. Zur richtigen Zeit „Guten Morgen“, „Mahlzeit“ und „Schönen Feierabend“ sagen und dabei immer lächeln. Und zwischendrin immer die gleichen Anrufe erledigen, die gleichen Briefe schreiben und die gleichen Gespräche führen. Das Murmeltier ist immer dabei. Nach Dienstschluß nehmen wir den selben Weg nach Hause und treffen uns wie jeden Abend mit den selben langweiligen Bekannten in der miesen Kneipe am Eck. Dort trinken wir Bier, bis die Wirtin „Jungs und Mädels, Feierabend“ brüllt. Dann wanken das Murmeltier und ich gemeinsam nach Hause. Ich falle ins Bett und noch während ich am wegdämmern bin, höre ich, wie es langsam meine Wohnung verlässt.
Heute, stehe ich noch mal auf, als das Murmeltier weg ist. Ich nehme eine Holzlatte aus dem Bettrost und lehne sie neben dem Kopfende meines Bettes an die Wand.
7 Uhr 30. Der Wecker klingelt. Ich muß das Licht gar nicht erst anmachen. Ich weiß auch im Dunkeln, daß es da ist. Weil es jeden morgen da ist. Und genau an dieser Stelle sitzt. Ohne Licht an zu machen taste ich nach der Holzlatte. Ich schlage mit voller Wucht zu. Das Murmeltier stöhnt noch einmal auf, bevor es stirbt. Ich mache das Licht an, nehme den Koffer, den ich schon vor Monaten gepackt habe und verlasse die Wohnung.