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Killerroboter im Discofieber
»Ist es gefährlich Doktor?«
»Nun ja, es ist sogar ziemlich tödlich.«
»Okay.«
Ich wollte mir gerade die Nase kratzen. Leider wurde ich durch die Handgelenkfesseln, an denen der Doktor und ich an der Wand aufgehängt waren, daran gehindert. »Mist.«
Wir saßen ganz schön in der Tinte. Na ja, um genau zu sein, saßen wir richtig tief in der Scheiße.
»Und der Laser...?«
»Ja, der Laser...«, träumte der Doktor vor sich hin. Ich hätte wetten können, dass ihn in diesem Moment die Nase juckte. »...der Laser wird uns erst einmal den Unterleib abtrennen. Ganz sauber aber.«
»Kacke.«
»...nein, warte...«
»Wo sollte ich schon hin jetzt?«
»Zuerst wird er uns die Genitalien rösten. Danach kommt das mit dem Unterleib dran. Ganz präzise wird das.«
»Vergessen hm?«
»Ja, total.«
Ich versuchte meine Nase, soweit es meine Halswirbel zuließen, an meinen rechten Oberarm zu reiben. Der Geruch, der sich von der Achsel in meine Nüstern bahnte, ließ mich dieses Manöver beenden.
»Warum die Genitalien?«, wollte ich dann doch wissen.
»Keine Ahnung, das war Bruce’s Idee«, seufzte er und baumelte etwas mit seinen Beinen umher.
»Ja, Bruce ist schon ein großer Geist.«
»Kreativ ist er, das muss man ihm lassen. Aber ich hätte nicht gedacht, dass er sich meiner entledigen wollte.«
»Tja, wer hätte das wohl gedacht?«
»Dabei könnte ich ihm noch viel größere Killerroboter bauen. Mit Kettensägen meinetwegen. Mit Raketenabschussrampen oder sowas in der Art. Wäre auch alles drin gewesen, jaja.«
»Bruce ist eben sehr bescheiden.«
»Ob ihm die zehn Roboter reichen werden? Ich hätte ihm besser noch zwei gebaut. Zur Sicherheit. Da hätte er sich bestimmt gefreut. Und bei Bedarf hätte er dann noch welche in petto.«
»In petto, klar. Kann ich ihnen mal ne grundlegende Frage stellen Doktor?«
»Niemals! Oh nee warte... klar, schieß los.«
»Wieso haben Sie sich auf Bruce Benkman eingelassen und für ihn die Killerroboter entwickelt?«
»Was ist das denn für eine Aushorche?! Bist du vielleicht’n Cop oder so was?«
»Nein! Ich meine, ja! Nein! Neehee, niemals wär’ ich ein Bulle oder so was.«
»Gut gut, ich dachte schon. Man kann nie wissen heutzutage. Soll ja schon wieder zugenommen haben, diese Kriminalität. Aber um deine Frage zu beantworten: ich wollte Zeit meines Lebens Roboter bauen und Benkman hatte das nötige Kapital. Die Sache mit dem Killen war nurn Zusatz. Ist doch verständlich oder?«
»Na klar. Aber ist das alles?«
»Wieso, sollte noch was? Reicher Irrer, schlauer Wissenschaftler – ne bessere Kombination gibt’s doch gar nicht.«
»Scheiße.«
»Was isn jetzt?«
»Mich juckt die Nase.«
So hingen wir also im Labor vor dem neuesten Modell von Stromgards Killerrobotern, warteten auf unsere Laserkastration und den Unterleibsabschnitt. Den wohl neuesten und wahrscheinlich letzten Abschnitt in meinem Leben.
Schnell ließ ich noch mal mein bisheriges Leben Revue passieren und dachte so bei mir: ‚Wow, war bisher nicht so dolle. Aber falls ich das überleben sollte, werde ich in meinem Bericht viel früher anfangen.’
Drei Monate früher – Bundeskriminalbehörde
»MacKenzie! Sarah wo ist MacKenzie?« Der Chief stopfte sich ein Plunderteilchen in den Mund und wischte sich die fettigen Finger am Hemd ab. Der gewaltige Bauch ragte durch den Türrahmen hindurch und zuckte bei jedweder Artikulation. »Peter, in mein Büro!«
Auf dem Revier gab es eine einfache Regel. Wenn der Chief schrie, hatte man dem Ruf zu folgen. »Und bringen Sie die Pacelli mit!« Und mitbringen sollte man auch immer etwas. »Sarah, Kaffee!«
Luisa Pacelli war übrigens meine Partnerin. Manchmal auch privat. Aber sie rauchte mir zuviel. An eine längerfristige Beziehung war meinerseits nicht zu denken. Ich meine, seien wir doch mal ehrlich, Sex kann doch nicht die Grundlage einer Ehe sein. Oder etwa doch?
Aber Luisa war ja auch verheiratet. Was letztlich der Hauptgrund für eine rein sexuelle Affäre darstellte.
Ich ging in die Cafeteria, ihr Lieblingsaufenthaltsort wenn sie nichts zu tun hatte. Und so oft wie sie dort rumhing, hatte sie eigentlich nie was zu tun. ‚Verdammt!’, dachte ich. »Mache ich hier etwa die ganze Arbeit?«, nuschelte ich vor mich hin und betrat den Raum.
»Luisa, wir müssen zum Chief. Komm.« Ich zog mir ein dreieckiges Käsesandwich aus einem Automaten. Einsfünfzig. Ging im Grunde - preislich.
»Hey, was isn? Komm schon.«
»Gna gna!« Sie versuchte gerade Erbsensuppe durch einen Strohhalm zu saugen.
»Ist dein Kiefer immer noch verdrahtet?« Unser letzter Auftrag - zweifacher Kieferbruch. Wir jagten einen Drogendealer über das Flughafenterminal. Viele automatische Türen. Eine hatte sehr schnelle Fehlfunktionen.
»Gna!« Sie schlürfte den Teller leer. Am Menü stand: ‚Erbsensuppe – Hausmacherart, mit extra großen Stücken’. Mhmm!
»Mug njngna schgnd?«
»Ja, ich schätze schon.«
»Kaffee?«
»Ja, bitte.«
»Gnee.«
»Sie will Tee?«
»Sie sagte: ’Nein danke Sir.’«
Wenn ich ehrlich bin, hatte ich Luisa in diesem Moment überhaupt nicht verstanden.
»Aha.« der Chief reichte mir einen Pott heißen Kaffee auf dem ‚Was geht Chief?’ stand. »Kuchen?« Luisa und ich verneinten.
Allerdings schaute sie recht fressgierig auf die Quarktasche oder das Puddingteilchen.
»Ihr habt nen neuen Auftrag.«
»Gibt’s keine alten mehr?«
»Wie?«
»Nüscht.«
Luisa versuchte einige Drähte in ihrem Mund auseinanderzubiegen.
»Peter, Sie werden sich morgen um die Assistentenstelle bei Doktor Stromgard bewerben.« Er reichte mir diverse Unterlagen mit Lebenslauf und einigen Fotos von Stromgard.
»Mann, der sieht ja aus wie...«
»Wie Einstein, ja.« Er pustete auf seinen Kaffee und schlürfte einige Schlucke stoßweise hinunter. »Luisa, Sie werden sich an Bruce Benkman ranmachen.« Auch sie erhielt einige Dokumente und ein Foto.
»Gmah fnguh ehrd ngnehr.«
»Häh?«
»Der Benkman sieht wohl aus wie Robert Wagner.«
»Wer ist das denn?«
Ich fasste es nicht. Der Chief kannte Jonathan Hart nicht.
»Na das ist der Mann von Jennifer Hart.«
»Jennifer?«
»Hart-Industries?«
»Nee...«
»Max?«
Der Chief schüttelte den Kopf.
»Friedward?«
»Nee, tut mir leid.«
Ich gab resigniert auf. Luisa bog noch immer in ihrem Mund herum. Der Chief wandte sich an sie.
»Wie auch immer. Luisa, tun Sie ein bisschen was an ihren Haaren!«
»Mpf?«
»Was hat sie ge...?«
»’Was?’.«
»Ja, was?«
»Na ‚was?’.«
»Ach so.« Der Chief trank einen weiteren Schluck wobei er Luisas verbogene Drähte argwöhnisch musterte. »Sie brauchen sich nur ein wenig auftakeln. Haare, Fingernägel, Rouge, Eyeliner, was weiß ich noch alles. Frauenzeugs eben.«
Indes fragte ich mich, ob ein Stück Kuchen denn so falsch gewesen wäre?
»Gmnhp namhg chng. Mnhmn ngm manmgh.«
»Wa...?«
»Sie sagte, dass ihre Haare und Fingernägel vollkommen in Ordnung und Sie ein – mit Verlaub - Arschloch sind... Sir.«
Angefressen schnappte sich Luisa das Puddingteilchen und versuchte es durch die einzelnen, aufgebogenen Drahtöffnungen zu stopfen. Fast so bezaubernd wie bei der Erbsensuppensache.
»Na egal, Benkman soll auf Luisa ab fah ren«, er malte Gänsefüßchen in die Luft. »...wenn ihr versteht was ich meine... Also sexuell. Ist doch klar oder?«
Der Chief erklärte uns die weitere Vorgehensweise und gab uns unsere persönlichen Anweisungen sowie die nötigen Papiere. Obendrein fragte er mich ständig, was Luisa durch ihren Mundzaun nuschelte. Aber ich verstand sie auch nicht mehr, da sie neben dem Kuchen auch noch einen Zigarette zwischen die Maschen gesteckt hatte.
Bevor wir uns an die Arbeit machten, hatte er noch ein paar wesentliche Tipps.
»Ach Peter, Sie sollten sich mit der speziellen Robot-Mechanik und Positronengehirnen vertraut machen.« Langsam lehnte er sich in seinen abgewetzten Sessel zurück und starrte an die styroporvertäfelte Decke. »Ähm, Positronengehirne, gibt’s die überhaupt schon?«
»Keine Ahnung Sir«, war die einzige mir mögliche Antwort.
»Na ja, wohl genau so unwahrscheinlich wie Killerroboter was? Hehe.« Ich war leicht irritiert. Nicht nur wegen der absurden Vorstellung, dass Killerroboter jemals über den Erdball wandeln könnten sondern auch von der wabbelnden Fettmasse, die der Chief mit seinem Lachen in Bewegung versetzte.
»Nhng ing mnghmnb dbmnhdghi knhgdmnbhe umnbhgnhebahmnghu?«
»Nein Luisa, Sie brauchen sich nicht um Robot-Mechanik zu kümmern. Kaufen Sie sich ein paar ordentliche Abendkleider – so Sexfummel. Und lassen Sie das Metallgedöns aus ihrem Mund entfernen! Und den Pudding!«
Luisa wischte sich die Vanilleschlabberreste aus den Drähten. »Gnogay.«
»Was hat sie gesagt?«
»Erzählen Sie mir nicht, dass Sie das nicht verstanden haben?«
»War’s denn wichtig?« Der Chief linste in seine Tasse und anschließend in die Kuchenschachtel. »Sarah, ich brauch Kaffee! Und Kuchen wär’ auch nicht schlecht!«
Am nächsten Tag
Nachdem sich Luisa hat entdrahten lassen und auf dem Weg zu einem “Geschäftsessen“ mit Bruce Benkman war, stand ich vor einer riesigen Lagerhalle am Hafen, vor der milchglasverkleideten Labortür von Doktor Stromgard. Ich wollte gerade klingeln, da öffnete sich der Eingang und ich stand Albert Einstein gegenüber.
»Ey Mann, Sie sehen genauso aus wie Albert Einstein!«, platzte ich hervor.
»Ich weiß.«
»Na hey, das ist doch mal echt cool, oder?«, erwiderte ich.
»So?«
»Könnten Sie mal die Zunge rausstrecken?«
»Wieso? Seh’ ich etwa aus wie Einstein?«
»Wie Sau!«, bestätigte ich.
»Was willst du?«
»Ich komme wegen der Assistentenstelle.«
»Alle...«
»Alle?«
»Lass mich doch einfach ausreden Junge.«
»’tschuldigung, aber sie sehen wirklich aus wie...«
»Klappe!«
»Schon gut.«
»Also, wie schon erwähnt: alle«, hob er hervor, »kommen wegen der Stellenausschreibung und dauernd klingelt es an der... Ach, egal... Hast du Referenzen?«
»Öh...«
»Kennste Einstein?«
»Klar.«
»Schön, bist engagiert. Komm rein!«
Ich wusste dass ich gut aussah. Aber auch noch intelligent?
Ich war so gut.
»Und Sie sind sich sicher, dass Sie keinen Champagner wollen?« Benkman war aufdringlicher als Luisa es erwartet hätte. Seine rechte Hand ruhte schon auf einem ihrer Oberschenkel. Die linke Hand steuerte sein Champagnerglas auf ihres zu. »Sie wurden doch bestimmt nicht ohne Grund vom Begleitservice gegen Sophia ersetzt oder?«
Er beugte sich langsam über den Tisch und sah ihr tief in die Augen. »Oder?« Noch ein ‚Oder’ und sie wäre handgreiflich geworden.
»Bier!«
»Bier?«
»Ja, ich will Bier. Jetzt. Und nix alkoholfreies.«
»Hui, Sie sind etwas anders als die üblichen Begleitungen.«
‚Arschloch!’, dachte sie und schnickte auf Benkmans Schenkelhand.
Benkman lehnte sich zurück und stellte das Champagnerglas auf den Tisch. Er schnippte den Kellner herbei und bestellte zwei...
»Was möchten Sie denn gerne für Bier?«
»“Faxe“!«, platzte es aus ihr heraus.
»Gut. Kellner, zwei äh... “Faxe“...«
»Nee, oder doch lieber “Elephant Beer“!«, intervenierte sie.
Der Kellner wich einen Schritt zurück, beugte sich aber sogleich zu Benkman herunter und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Dieses Bier haben sie hier leider nicht, kann es denn auch etwas ande...«
»Elefantenbier oder ich gehe!«
Ein paar Minuten später hievte die Bedienung zwei riesige Büchsen “Elephant Beer“ auf den Tisch. Unzählige Dosen und alberne Sätze des Smalltalks später, erreichte Luisa endlich ihr Ziel und traf Benkman am entscheidenden Punkt. Sie vertrug Bier in furchterregenden Mengen.
»Und Sie wollen die Killerroboter wofür einsetzen?«
»Fü...ür Raub...ühberfä...hälle.«
»Kann ich Sie Robert oder Jonathan nennen?«
»Ey Puppe, mein Name ist Bru...Bruhu...Bruhuiuiui...«
»Und, was willst du denn ausrauben Brucilein?« Luisa legte ungeheuerlich viel Sex in ihre Stimme, als sie den Namen ihres absolut weggeschossenen Gegenübers aushauchte.
»Du kannst mich ruich Robbatt nenn...«
Sie kippte ihm das Glas mit dem Dickhäuterbier bis oben hin voll und schob es langsam und mit aufforderndem Augenspiel vor die Nase.
»Aahh, endlich wieda wassu tringn...«, nuschelte er und griff viermal neben das Glas.
Als er das Gefäß endlich im Griff hatte, führte er sich den Humpen an die Lippen. Mehr als die Hälfte des Gerstensaftes integrierte sich nun in Hemd und Krawatte. Ein weiterer Großteil sabberte ihm beim Trinken aus den Mundwinkeln heraus und trat den Weg unter den Kragen an.
»Banken. Ich brauch noch me...he...er Geld. Vastehste?«
»Geld? Wofür?«
»Welthähr... Weltherrscha... haftszeiten.«
»Ich geh mich mal frisch machen. Bin gleich wieder da.«
»Brfstgt.«
»Und das ist der Pressluftkoordinationsmesser mit integriertem Luftschleusenpneumatikregulator. All das ist über die Koordinationselektronik«, der Doktor machte mit seiner Hand eine ausschweifende Geste über die ganze Produktionshalle, »mit meinem IBM-kompatiblen PC-System verbunden.«
»Ah-hm. Interessant«, log ich. »Und das, das brauchen Sie auch?« Ich deutete auf ein externes Diskettenlaufwerk.
»Natürlich. Aber hier«, er verwies auf den Midi-Tower und tätschelte das Gehäuse, »vier MB RAM! Internet hab ich auch! Modem! Sechsundfünfzig K!«
»Hui«, staunte ich.
Der riesige Arm des noch nicht ganz fertig gestellten Roboters fing an zu schwingen. Stromgard streifte sich eine mit Kabeln und blinkenden Lämpchen überzogene Manschette auf den rechten Unterarm. Nachdem er sich fünf chromblitzende Metallkappen, welche alle mit der Manschette mittels bunter Leitungen verbunden waren, über die Finger gestülpt hatte, hob er seinen Arm. Der Roboter tat es ihm gleich.
»Hier guck mal. Ich winke.« Stromgard stand fuchtelnd vor seinem elektronischen Freund und grinste breit. Hätte Robby schon ein Gesicht besessen, hätte er womöglich auch so dämlich gegrient.
»Wow«, skandierte ich belustigt, »hat der ein Positronengehirn?«
»Ach, die sind doch fürn Arsch! Ich benutze nur die Fifty Inch CeePeeJu mit doppelwandiger Hypothalamus-Kleinhirn-Siliziumverkleidung. Das ist geiles Zeug sag ich dir.«
»Ach?«
Stromgard ließ sichtlich vergnügt den Arm sinken. Der Roboter zerschmetterte dabei ein 19-Zoll-Rack voller wichtig herumpiepsenden und umherblinkenden Geräten. Er drehte sich erschrocken um und Robby fegte einen Schreibtisch leer. »Scheiße verfluchte!«
Ich war froh, dass in diesem Moment mein Pieper piepte. Der Doktor schreckte schon wieder auf und wirbelte zu mir herum. Der Roboterarm verfehlte nur knapp seinen Kopf. »Huch. Du hast nen Pieper?«
»Ja.«
»Wer hat denn heute noch Pieper? Hast du kein Handy oder was?«
»Ich mag die Dinger nicht.«
»Ich hab fünf.«
»Toll. Wo finde ich denn hier das Telefon?«
»Oben im Büro, neben der Kaffeemaschine. Aber sag bescheid wenn du fertig bist, ich muss noch ins Internet.«
»Klaro.«
»Und mach mal Kaffee.« Sagte es und schraubte am Roboterarm herum.
Den ganzen Tag hat mich Stromgard zugesülzt. Ich hatte ja keinen blassen Schimmer wie Roboter zu funktionieren hatten. Jetzt wusste ich alles.
Wäre ich nicht so uninteressiert, was das Thema anbetraf, hätte ich mit Sicherheit auch alles behalten.
Als ich die Stufen zum Büro hinaufstapfte und dabei versuchte die Nummer auf dem Pieper zu entziffern, staunte ich nicht schlecht als ich feststellte, dass es schon neun Uhr abends war. ‚Fenster würden hier echt was bringen.’, dachte ich so bei mir.
Im Büro durchsuchte ich jede Verstaumöglichkeit nach Kaffee und Filtertüten, musste jedoch feststellen, dass es noch nicht mal die besagte Kaffeemaschine gab. Das Telefon hing übrigens an der Wand. Ich klemmte mir den Hörer zwischen Ohr und Schulter und wählte die Nummer auf dem Pieper.
Luisa massierte sich den Unterkiefer und es knackte verdächtig. Sie saß an der Bar in der Lobby des Restaurants, beäugte lüstern den Barmann, wartete auf den Anruf und trank währenddessen bereits den zweiten Martini.
»Hey Schätzchen«, schleuderte sie linguistisch gekonnt zum Barkeeper hinüber. »Mach mir mal noch einen.« Sie wippte ihr leeres Glas in der Luft herum. Jimmy, so hieß der Mixer, brachte ihr das Telefon und stellte es neben die Serviette auf den Tresen. »Ma’am, ein Anruf für...«
»Ja ja, sülz nicht rum. Gib her!.« Luisa riss ihm den Hörer aus der Hand. »Und denk an meinen Drink Süßer.«
»Hi Peter.«
»Was gibt’s?«
»Ich weiß jetzt was Beckman mit den Killerrobotern vorhat.«
»Ach echt?«
»Ja, cool was?«
»Was sind Killerroboter?«
»Die Dinger die Stromgard entwickelt.«
»Aha.«
»Wusstest du das nicht?«
»Der Wortbestandteil Killer irritiert mich ein wenig...«
»Oh. Na jedenfalls will er wohl einige Banküberfälle ausüben und dann die Welt erobern.«
»Na wenn’s sonst nichts ist.«
»Und was hast du bisher rausgefunden?«
»Ja im Grunde genau dasselbe wie du. Haargenau sogar.« Hatte ich doch, ne? Na jedenfalls nahm ich mir meine eigene Lüge ab.
»Aha. Ich muss wieder zu Benkman.«
»Viel Vergnügen.«
Mich beschlich das dumme aber auch überaus erleichternde Gefühl, dass Luisa mehr herausgefunden hatte als ich. Und das in derselben Zeit. ‚Weiber!’, dachte ich brummig und legte auf. »Kaffee wär’ jetzt nicht schlecht.«
Die nächsten Tage und Wochen beschränkten sich bei mir aufs Einarbeiten und Roboter zusammenschrauben. Luisa kam auch sehr gut voran und war mittlerweile mit Benkman intim. Sie meinte zu mir, dass dies zu ihrem Job gehöre. Natürlich gehörte das zum Job eines Undercover-Polizisten. Ich wäre auch ohne zu Zögern mit Einstein relativ intim geworden.
Luisa wollte von mir wissen ob ich eifersüchtig sei. Natürlich nicht. Ein Mann kann gar nicht eifersüchtig werden. Geht doch gar nicht. Außerdem rauchte sie mir zu viel.
Wozu also aufregen? Blöde Schlampe blöde.
Alles in allem war die Sache recht verzwickt. Zum einen kam Benkman laufend am Hafen vorbei, um sich bei Stromgard über die, wie er es nannte “Tötungsrobotersache“, zu erkundigen. Zum anderen war auch noch ungeduldig. Fickte schon die ganze Zeit mit Luisa und kann es dann noch nicht mal mehr abwarten. Potenzarsch.
Nicht lange und der Doktor bat mich, Bruce anzurufen um ihm eine erfreuliche Mitteilung zu machen.
»Ey Peter, ruf mal Benkman an. Du kannst ihm eine erfreuliche Mitteilung machen. Die Roboter sind fertig.«
»Schon?«
Eine Stunde später tauchte Benkman mit Luisa und einem ganzen Tross an Helfershelfern in der Lagerhalle auf. Stromgard und ich wurden von “Fuzzi“, dem mit Abstand fettesten Bodyguard des Trupps, bewusstlos geschlagen und an die Wand gekettet. Oder hatte mich der beißende Schweißgeruch ausgeknockt?
Nach zwei Stunden kam ich wieder zu mir und hing tierisch durch. Sämtliche Roboter waren aus der Halle geschafft worden. Nur einer, ohne richtiges Gesicht, stand mir und dem Doktor gegenüber und richtete seine Laserwumme auf unsere Unterleibe. Oben im verglasten Büro standen Benkman und Luisa. Über eine Gegensprechanlage nahm er Kontakt zu uns auf. Seine doch recht penetrante Stimme gellte durch die Halle und bohrte sich unaufhaltsam in meinen benommenen Geisteszustand. Ohren konnte ich mir ja nicht zuhalten.
»Danke für die Roboter Doktor.«
»Ja, bitte.«
»Sie werden in exakt drei Stunden durch ihr eigenes Werk sterben.«
»Kurios.«
»Ich habe den Roboter auf Automatik gestellt. Sie brauchen sich also nur entspannt auf die Röstung freuen.«
»Klasse.«
»Allerdings. Wollen Sie oder ihr unterbelichteter Assistent...«
»Hey, ich bin nicht unterbelichtet!«
»Klar doch Kumpel. Wie auch immer. Will noch jemand was loswerden, bevor sich der Laser durch das Fleisch bohrt?«
»Ja, ich«, rief ich aufgeregt. Ich schnippte mit den Fingern und strengte mich an bemerkt zu werden. »Ich will nicht sterben!«
»Aha«, erwiderte Benkman. »Na denn, sterbt schön.«
Luisa und der größenwahnsinnige Irre verließen das Büro. Wahrscheinlich hatten sie es noch miteinander getrieben. ‚Ärsche’, geisterte mir durch den Kopf.
Ich konnte nicht glauben, dass Luisa nichts unternahm. Hatte sie vielleicht einen Plan? Bestimmt Verstärkung rufen oder so. Mich juckte plötzlich die Nase wie verrückt.
Knapp drei Stunden später – kurz vor Mitternacht
Nicht nur dass mir die Nase juckte, jetzt musste ich auch noch schiffen wie ein Ackergaul. Meine Konzentration konnte ich in die Tonne treten. Es schien mir unmöglich, mit eigener Kraft aus dieser prekären Situation herauszukommen.
Stromgard hatte sich vollends hängen lassen. Es war unfassbar, dass der Typ aussah wie Einstein.
»...nein Mami, lass mich noch ein bisschen schlafen...«
Es war unfassbar, dass der Typ jetzt pennen konnte. Der verschläft noch seine Kastration.
»Hey Doc! Wachen Sie auf!«
»Häh?« Ein langer, vom Mundwinkel herabhängender Sabberfaden schwang sich mit seinem Kopf zu mir herum.
»Mann, das ist ja ekelhaft!«
»Wa... was?« Der Sabberfaden riss und eine kleine Spuckepfütze zierte nun den Boden.
Stromgard sah mich mit Clint-Eastwood-Gedächtnis-Augen an und brubbelte wahrscheinlich ‚Make my day Gringo’. Aber da war ich mir nicht sicher, da die Spuckebläschen an seinem Mund zu viel von seiner Aussprachedeutlichkeit raubten. Das war mit Abstand der blödeste Auftrag meiner Bullenlaufbahn.
»Ich dachte mir, Sie sollten bei ihrer Beschneidung wach sein...«, gab ich von mir.
Stromgard sah mich verwirrt an: »Äh, Massel Tov?«
»Wie?«
»Du hast Schiss was? Keine Angst, der tut nix.« Der Doktor fing an “Always look on the bright side of life“ zu pfeifen und wippte mit dem Kopf hin und her. Ich war mehr als verwirrt.
Ein Klicken und Surren im Innern des Roboters, erstickte die in mir aufkeimende Frage: ‚Wie, tut nix? Häh?’.
Der Roboter richtete sich auf und feuerte einen anhaltenden, tiefroten Laserstrahl aus seiner Knifte. Der Strahl wanderte, reichlich Putz aus der Mauer sprengend, zwischen Stromgard und mir auf Hüfthöhe und stoppte abrupt.
Nase juckte, Blase drückte und nun ging mir auch noch gehörig der Kackstift. Der Doktor pfeifte vergnügt weiter und wippte zusätzlich mit den Füßen.
Der Laser wanderte weiter nach oben und einen kurzen Moment später führte der Roboter einen total abgefahrenen Travolta-Disco-Move aus. Jeder normale Mensch wäre bei diesem Anblick meschugge geworden.
Daher war ich in solchen Momenten froh, eine knallharte Undercover-Ausbildung genossen zu haben. So fiel es mir nicht schwer meinen Messerscharfen Verstand aufs Äußerste zu konzentrieren und Ruhe zu bewahren. Kurze Zeit später wurde ich ohnmächtig.
Nachdem ich mir die Nase gekratzt hatte und vom Klo zurück war, dämmerte mein Bewusstsein in die Realität zurück. Der Doktor erklärte mir, dass DiscoBot die Fesseln durchgelasert habe. »DiscoBot, soso.« Wenn das mal nicht abgefahren war – Baby.
Stromgard faselte irgendwas von ‚selbstgeschriebener Virus’, ‚Discofieber’ und dass ‚Positronengehirne scheiße sind’. Das alles war mir herzlich egal und ich wollte nur noch zu Luisa um diesen Wahnsinnigen aufzuhalten.
»Ich hab den Virus bereits aktiviert«, bemerkte der Doktor beiläufig und fütterte den Travoltabot mit zerkrümelten Platinen. Mann, hatte ich Hunger.
»Also wird Bruce Benkman scheitern?«
»Natürlich wird er das. Ich lass mich doch nicht verarschen.« Er reichte mir ein paar Elektronikkekse. »Auch was?«
In den Nachrichten hieß es, dass es in der hiesigen Kreissparkasse ein Maschinenmensch-Disco-Massaker gegeben hatte. Ein brutaler Banküberfall wurde durch Roboter, welche die räuberischen Gauner selbst mitgebracht hatten, mit abgefahrenen Saturday-Night-Fever-Moves vereitelt. Laut Augenzeugenberichten war die Lasershow nicht von schlechten Eltern.
Der Drahtzieher dieser verbrecherischen Aktion, Bruce Benkman – ein verrückter Irrer, wurde festgenommen. Mit Hilfe von Luisa Pacelli, einer Undercover-Polizistin, die sich erfolgreich als Benkmans Geliebte ausgegeben hatte, konnten auch die restlichen Gangster verhaftet werden. Sie musste verletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden. Das mit Abstand fetteste Mitglied dieser Ganoventruppe hatte ihr eine verpasst. Pacelli erlitt einen doppelten Kieferbruch.
Stromgard wurde Straffreiheit zugesichert, falls er sich den Behörden stellen würde. Er hatte sich mit seinem Elektro-Travolta abgesetzt. Ich war ja der Meinung, dass er mit ihm durchgebrannt war. Aber mir glaubte zu dieser Zeit eh keiner. Die Therapie half mir die Frage zu bewältigen, was ich unterm Strich eigentlich zur Lösung dieses Falles beigetragen hatte. Pacelli schlürfte wieder Eintopf durch einen Strohhalm und ich versuchte dem Chief beizubringen, dass “Hart aber Herzlich“ keine Belehrungsmaßnahme für schwererziehbare Kinder ist.