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Kirschblütentraum
Fast genau ein Jahr lang waren Kika und ihr Mann glücklich miteinander verheiratet, bis zu dem Tage, als ein schrecklicher Autounfall sie aus allen Träumen riss.
Ihre gemeinsame Zukunft, Kinder, ein Haus, Urlaub – all die schönen Visionen platzten wie eine Seifenblase.
Nie zuvor war Kika trauriger gewesen als an diesen Tagen.
Tränen kullerten aus ihren mandelförmigen Augen die samtweiche Haut ihrer Wangen herunter.
Tagaus, tagein lief sie nun durch die Gegend und dachte über die schöne Zeit nach, die sie miteinander verbracht hatten.
Über den Tagm, als sie sich das erste Mal trafen, damals beim Joggen im Park, über ihre intimsten Stunden, über die Spaziergänge im Mondenschein.
All das machte ihn zu dem, was er für sie immer war – ihr absoluter Traummann.
Sie war sich sicher, dass so jemand nie mehr in ihr Leben treten könnte, niemals würde sie einem anderen Mann solche Gefühle entgegenbringen können.
Ein süßlicher Duft ließ sie für kurze Zeit aus ihrem Tagtraum erwachen. Sie stand vor einem wunderschönen Kirschbaum.
Dieser war verhüllt in einem Schleier aus weißen und zartrosa Blüten. Die unvergleichliche Schönheit der Blüten, spiegelte sich in ihren tränenfeuchten Augen wider.
Sie vergaß für einen Moment alles um sich herum, nahm auf einer Bank unter dem Baum Platz und vertiefte sich wieder in Gedanken.
Kika war so abwesend, dass sie es nicht bemerkte, als ein alter Mann sich neben sie setzte und sie ansprach.
Erst als er wieder gehen wollte, nahm sie seine Gegenwart wahr.
Kaum hatte er sie gefragt, ob sie Hilfe benötigte, fing sie wieder an hemmungslos zu weinen.
Der alte Mann versuchte sie zu beruhigen und erfuhr den Grund für diesen Gefühlsausbruch.
Sie erzählte ihm die Geschichte von ihrem Mann, und von dem Autounfall.
Ein Reifen sei geplatzt, woraufhin er die Kontrolle über den Wagen verloren hatte. Dann waren sie von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geschleudert worden. Sie fing immer wieder an zu weinen.
Um Kika zu helfen, erzählte der alte Mann ihr eine Geschichte, über ein kleines Geheimnis das die Kirschblüte beherbergte.
Dass sie die schönsten Träume und Wünsche erfüllen könne.
Kika hielt den alten Mann für einen Spinner und sagte ihm, dass er sie in Ruhe lassen solle.
Bevor er das tat, erinnerte er sie nochmals an seine Worte, dann stand er auf und ging davon. Kika fing wieder an zu weinen.
Durch eine kleine Windböe löste sich eine Kirschblüte vom Baum und schwebte sanft in ihre Hände.
Sie sah sie sich an und merkte, wie sie immer müder wurde, bis die Augenlider schließlich den ausweglosen Kampf verloren hatten.Sie schlief ein.
Ein Lächeln auf den Lippen spiegelte ihren Traum wider.
Einen Traum über sie und ihren verstorbenen Mann.
Es war der intensivste, den sie je gehabt hatte, als wäre alles Wirklichkeit und ihr Mann lebte noch.
Sie erlebte die schönsten Momente mit ihm.
Es war so, als könnte sie ihn berühren, als würde er vor ihr stehen. Er nahm ihre Hand und zog sie zu sich.
Seine Finger fingen an zärtlich über ihren Körper zu streicheln. Als ihre Lippen sich berührten, durchfuhr sie ein seltsames, aber wunderschönes Gefühl.
Sie standen auf einer saftig grünen Sommerwiese, schön wie ein Gemälde. Überall waren Blumen, in den schillerndsten Farben, Schmetterlinge flogen an ihnen vorbei, Vögel zwitscherten die schönsten Lieder.
Ein kleiner Fluss bahnte sich seinen Weg durch das satte Grün.
So etwas Zauberhaftes hatte sie noch nie gesehen.
Unter einem Baum liegend war es, als seien ihre Körper miteinander verschmolzen, so innig liebten sie sich.
Zwei weiße Tauben, die miteinander turtelten, ließ Kika für einen kurzen Augenblick nach oben schauen.
Es war ein wunderschöner Kirschbaum, unter dem sie lagen.
Sie war so benommen, das sie nicht mehr wusste, ob es Traum oder Wirklichkeit war.
Aber eigentlich war es ihr egal, sie genoss jede Sekunde, jede Minute die es anhielt, denn es war das Schönste was sie jemals erlebt hatte.
Es war am frühen Morgen des nächsten Tages, als ein Anruf bei der Notrufzentrale einging.
Eine nach einem älteren Mann klingende Stimme meinte, dass eine junge Frau leblos auf einer Parkbank saß.
Als der Sanitäter dort ankam, war von dem Mann nichts zu sehen, nur Kika lag ohnmächtig auf der Bank – mit einem Lächeln auf den Lippen.
Eine Untersuchung vor Ort brachte keine Klarheit, so das sich die Sanitäter dazu entschlossen, sie ins Krankenhaus zu bringen.
Als sie Kika auf die Trage legen wollten, öffnete diese die Augen.
Für die Ärzte war es ein Rätsel ohne Lösung.
Kika wurde von Kopf bis Fuß untersucht und nur ein Ergebnis kam dabei heraus und das überraschte Kika nicht wirklich.
Neun Monate, nachdem sie sich auf eine Bank unter dem Kirschbaum setzte und in einer Traumwelt versank, brachte sie einen gesunden Jungen zur Welt.
Seit dieser Zeit ging Kika, fast regelmäßig zu diesem Baum, pflückte sich eine Blüte und versank in einer Welt, die immer mehr zu ihrer Realität wurde.
Und irgendwann, wenn ihr Sohn alt genug war, um alles das zu verstehen, wollte sie ihn mitnehmen, auf eine Reise zu seinem Vater....