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Klaus

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13.07.2015
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Klaus

Klaus​
Das „Klaus“ war eine kleine Kaffeebar im Norden Kentuckys in der Großstadt Louisville. Wie für Großstädte typisch, war das Leben hier sehr hektisch. Zwischen Staus, zum Bus eilenden Menschen und Obdachlosen, die sich im Park um die besten Plätze stritten, gab es nicht sehr viel.
Bis auf das „Klaus“ selbst. Es war eine Art Ruhepol im so oft zitierten Großstadtmeer. Eine kleine und bescheidene Bar mitten im Gewimmel aus Menschen und Fahrzeugen jeglicher Art.
War draußen noch Lärm, waren die einzigen Geräusche, die man hörte, sobald man eingetreten war, der sanfte Klang eines Pianos und das leise Gemurmel der wenigen Gäste, die hier Platz fanden. 15 Menschen insgesamt. Jeweils zwei an fünf kleinen Tischen an der Fensterfront des „Klaus“. Fünf weitere konnten sich an die Bar setzen und ein Schwätzchen mit dem Barkeeper oder miteinander halten. Je nach Bedarf.
Ganz abgesehen von der Ruhe waren auch die Preise im „Klaus“ absolut annehmbar, das neben allen nur erdenklichen Kaffeesorten auch Kuchen und Kekse verkaufte, ebenso wie Kakao, als Getränk für die Jüngeren.
Das „Klaus“ war ein Traum von einer Bar und für viele ein Ruheort.
Bis das gute Image des „Klaus“ sich verbreitete.
So ist es nun einmal: Gibt es etwas Gutes, spricht sich das herum. Gibt es etwas sehr Gutes, spricht sich das umso schneller herum. Und geht es um etwas wie das „Klaus“ weiß in nicht allzu langer Zeit jeder davon, den es interessiert. So stieg der Besucherandrang auf ebenjene Bar immer weiter an. Bald sah sich der Besitzer des „Klaus“ gezwungen an jeden der fünf Zweiertische einen dritten Stuhl zu stellen, um die erhöhte Besucherzahl irgendwie auffangen zu können. Denn es entstanden bereits meterlange Schlangen vor der Bar. Zudem musste er einen weiteren Kellner einstellen, denn sein Personal kam mit der Situation nicht mehr zurecht.
Bald darauf kam ein Geschäftsmann in das „Klaus“.
„Hören Sie“, sagte er zum Besitzer. „Ich bin alt und habe viel Geld und eine Frau, die vierzig Jahre jünger ist als ich. Doch ich will noch mehr Geld und eine neue Ehefrau. Ich werde Ihre Bar kaufen und eine Kette in deren Stil eröffnen.“
Doch der Besitzer des „Klaus“ wollte nicht verkaufen. Er mochte das „Klaus“. Die kleine bescheidene Bar mitten im Großstadtsumpf und das ebenso bescheidene Leben, das er hier durch sie finanzieren und führen konnte.
„Nein“, sagte er also.
So ging das Leben weiter. Bis die Überlastung des „Klaus“ wieder zu groß wurde.
Der Besitzer schob also die Barhocker zusammen und stellte noch drei hinzu, sodass acht Leute an der Bar Platz hatten, und schob zudem die Tische ein Stück von den Fenstern weg, sodass er an der vierten Seite der kleinen Tische ebenfalls noch einen Stuhl platzieren konnte. Das Fassungsvermögen der Bar stieg nun auf 28 Personen. Ein weiterer Kellner musste her.
Doch es dauerte nicht lange, da zeigte sich, dass auch das nicht genug war. Die Schlangen vor der Bar wurden länger und länger.
Doch der Platz in der Bar konnte nicht vergrößert werden.
So dachte sich der Besitzer ein kompliziertes Reservierungssystem aus.
Das nicht funktionierte.
Anschließend probierte er es mit einem unkomplizierten Reservierungssystem.
Doch auch das fruchtete nicht.
Zu diesem Zeitpunkt waren die früheren Stammgäste längst verschwunden. Keine der Personen, die die frühere Ruhe dieser Bar so sehr geliebt hatten, wollte den weiteren Verlauf, den das Schicksal des „Klaus“ nahm, miterleben, denn auch wenn es im Innern immer noch ruhig war, war es nicht mehr so wie früher. Es war nicht mehr so geräumig und die Kellner bedienten hektisch und verloren kaum mal ein freundliches Wort. Denn sie mussten die Schlange vor der Bar kurz halten.
Und es kam der Zeitpunkt, da empfahl ein Bekannter des Besitzers ihm: „Vergrößere deine Bar! Ich habe gehört, dass die Chefin des Friseursalons nebenan bald zu einer mickrigen Rente in Pension geht und den Salon verkauft, um ihren Kindern nicht nur Schulden hinterlassen zu müssen. Das ist die Chance für dich. Ich sage dir: Vergrößere deine Bar! Die Schlange verschwindet und du verdienst mehr.“
Doch der Besitzer des „Klaus“ wollte nicht vergrößern. Das „Klaus“ sollte bleiben, was es war. Die kleine Bar in der Großstadtwüste.
Der Besitzer hatte nicht erkannt, dass es schon längst nicht mehr so wie früher war. Er sah nur die dreizehn Besucher, die jetzt zusätzlich Platz fanden. Er hatte nicht gemerkt, dass die bekannten Gesichter verschwunden waren. Hatte nicht registriert, dass immer weniger Gäste englisch sprachen. Hatte nicht beachtet, dass gegenüber ein kleiner Souvenirshop geöffnet hatte, der „Klaus“-Tassen verkaufte. Ihm war zu keinem Zeitpunkt aufgefallen, dass die Zahl der Tischgespräche abgenommen hatte.
Das einzige, was der Besitzer mitbekam, war die Ruhe, die hier noch immer vorherrschte und die sanften Klänge des Pianos. Und das gefiel ihm.
Dabei hatte die Großstadttundra schon seit langem Einzug erhalten.
In die kleine Kaffeebar mitten in Louisville.

 

Mir gefällt diese Erzählung. Nur mit dem letzten Absatz hab ich Probleme: wenn der Besitzer das alles schon verpennt, gibt es dafür einen GRUND? Ist er blind, alt, depressiv, irgendwie geschädigt? Oder wird seine Aufmerksamkeit von etwas anderem beansprucht? So eine große Lücke direkt vor meinen Augen: das kann man beim Lesen nicht schließen, meine ich.
Für mich persönlich ist der sprachliche Stil etwas zu nah an einem Geschäftsbrief. Wenn sich in der Sprache das Ambiente des "Klaus" wiederspiegeln würde, wäre es noch schöner...
Alles Gute damit!
paula

 

Hallo
Mir gefällt deine Geschichte... Sie zeichnet möglicherweise ab, was passiert, wenn ein Barbesitzer alt wird. Wenn andere Dinge wichtig werden und man/frau wenig Lust hat es für die Anderen zu tun. Vielleicht hat er Lust sein Lebensabend mit Ruhe und Klängen des Pianos zu beenden.

Am Anfang finde ich, dass du zu oft Klaus verwendet hast, andere Wörter für Bar und Klaus, wären mir lieber. In den Sinn gekommen ist mir, dass es witzig wäre, das ganze Geschehen vom "Klaus" her zu betrachten.
Danke für die Geschichte
silea

 

Hallo.

zu Paula2001: Die Begründung für die Nichtbeachtung all dieser Dinge wäre eine Art Blindheit. Er will einfach nicht über einen gewissen Horizont hinausschauen. Ebenso interessiert der Besitzer sich nicht für all diese Dinge. Ihm reicht letztlich die Ruhe. Mal schauen wie ich das noch in die Geschichte einarbeiten kann. Bei deinem zweiten Vorschlag ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar, was du dir darunter vorstellen würdest, bzw. wie man das umsetzen würde.

zu silea: Danke für den Hinweis auf die übermäßigen Wortwiederholungen. Werde ich sobald möglich ändern.

Gruß
5xL

 

Hallo LLLLL,

Ähnlich wie meine Vorredner hatte ich mit dem Text so meine Problemchen.

Tatsächlich ist der Text sehr berichtend und beschreibend, wirkliche Spannung kommt nie auf. Das liegt wohl daran, dass du kaum Dialoge hast, und die Bar im Wandel der Zeit beschreibst, anstatt es beispielsweise aus Sicht des Besitzers zu schildern. So hat der Leser natürlich keine Bezugsperson, mit der er sich identifizieren kann, mit der er mitfiebern kann, die ihn durch die Geschichte trägt.

„Hören Sie“, sagte er zum Besitzer. „Ich bin alt und habe viel Geld und eine Frau, die vierzig Jahre jünger ist als ich. Doch ich will noch mehr Geld und eine neue Ehefrau. Ich werde Ihre Bar kaufen und eine Kette in deren Stil eröffnen.“
Doch der Besitzer des „Klaus“ wollte nicht verkaufen. Er mochte das „Klaus“. Die kleine bescheidene Bar mitten im Großstadtsumpf und das ebenso bescheidene Leben, das er hier durch sie finanzieren und führen konnte.
„Nein“, sagte er also.

Und es kam der Zeitpunkt, da empfahl ein Bekannter des Besitzers ihm: „Vergrößere deine Bar! Ich habe gehört, dass die Chefin des Friseursalons nebenan bald zu einer mickrigen Rente in Pension geht und den Salon verkauft, um ihren Kindern nicht nur Schulden hinterlassen zu müssen. Das ist die Chance für dich. Ich sage dir: Vergrößere deine Bar! Die Schlange verschwindet und du verdienst mehr.“
Doch der Besitzer des „Klaus“ wollte nicht vergrößern. Das „Klaus“ sollte bleiben, was es war. Die kleine Bar in der Großstadtwüste.

Das sind die einzigen Stellen im Text, bei denen "Kurzgeschichtenfeeling" aufkommt, alles andere ist zu sehr Bericht. Hier könntest du ansetzen. Warum mochte er das bescheidene Leben, hatte er vielleicht doch kurz überlegt, die Bar zu verkaufen und sich dann anders entschieden? Warum will er die Bar nicht vergrößern? Hier könnten Konflikte entstehen, die den Leser mitnehmen könnten.

Der Besitzer schob also die Barhocker zusammen und stellte noch drei hinzu, sodass acht Leute an der Bar Platz hatten, und schob zudem die Tische ein Stück von den Fenstern weg, sodass er an der vierten Seite der kleinen Tische ebenfalls noch einen Stuhl platzieren konnte. Das Fassungsvermögen der Bar stieg nun auf 28 Personen.

Sowas ... also sowas braucht es doch nicht. Wen interessiert schon, wie viele Leute jetzt genau da reinpassen und wie und wo die sitzen? Das Fassungsvermögen der Bar stieg durch Umstrukturierung der Sitzgelegenheiten, fertig.

Er hatte nicht gemerkt, dass die bekannten Gesichter verschwunden waren. Hatte nicht registriert, dass immer weniger Gäste englisch sprachen. Hatte nicht beachtet, dass gegenüber ein kleiner Souvenirshop geöffnet hatte, der „Klaus“-Tassen verkaufte.

Der gute Mann muss schon große Scheuklappen haben, wenn er das alles einfach "nicht bemerkt". Dass der Besitzer Veränderungen nicht wahrhaben will, das kannst du definitiv so machen, aber, wie gesagt, dann müsstest du das für den Leser nachvollziehbar machen, indem du den Besitzer zum Protagonisten "erhebst" und uns an seinen Gedanken und Gefühlen diesbezüglich teilnehmen lässt. So les ich das nur, nehm es so hin und zucke mit den Schultern.

Konkret also: weniger Beschreibungen, mehr Dialoge, ein Protagonist, mit dem man mitfühlen kann, ja, schlichtweg mehr Kurzgeschichte und weniger Bericht eben.

Das waren so meine Probleme mit deinem Text, ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen.

Und gibt es einen Grund, warum die Bar in Louisville liegt, einen ja relativ, ich sag mal unverbrauchten Ort (musste erstmal googeln, ob das tatsächlich 'ne Großstadt ist), und nicht etwa eine irische Kneipe in Hamburg ist? Im Endeffekt ist es ja einerlei, aber vielleicht gibt es ja tatsächlich einen Grund dafür. Bin bloß neugierig. ;)

Beste Grüße
gibberish

 

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