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Kloschüssel

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15.12.2004
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Kloschüssel

Glotz mich nicht so an, mit diesem scheiß neidischen Blick. Du hast ja keine Ahnung. Überhaupt keine Ahnung. Und wehe dir, du erwähnst auch nur noch ein einziges mal, wie wahnsinnig beneidenswert du doch meinen flachen Bauch, meine straffen Beine, meinen dünnen Oberarme und meine, sich unter allen Kleidungsstücken leicht abzeichnenden Hüftknochen findest. Ich warne dich - wehe dir, du wagst es, all das auch nur mit einer einzigen Silbe zu erwähnen, ich bring dich um.
Wenn du wüsstest... wenn sie wüssten... wenn ihr alle nur wüsstet... wenn ihr ein einziges Mal euere Augen öffnen und mich sehen würdet, wirklich mich, mich mit meinen Gefühlen, meinen Gedanken, mich mit all meinen Problemen. Wenn ihr auch nur ein einziges Mal wirklich mich sehen würdet und nicht meinen ach so perfekten Körper, ja dann würdet ihr alle endlich sehen, endlich verstehen, dass das, was ihr so unheimlich beneidet reines Produkt ist. Produkt, Ergebnis, Effekt, wie auch immer... Produkt einer langen, harten, grausamen und ausweglosen Tortur. Einer Tortur, die sich mein Leben nennt.
Was verstehst du schon davon, was es heißt ein Leben zu führen, das sich 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche und 365 Tage im Jahr nur um Essen dreht. Essen, essen, essen und noch mal essen.
Wenn du nur wüsstest, wie es ist morgens aufzustehen und den Spiegel zu hassen, schon bevor du überhaupt nur einen einzigen Blick hineingeworfen hast. Wie es ist, jeden Morgen besonders früh aufzustehen um dem Frühstück zu entkommen und den Schulweg mit dem Rad zu fahren, um schon am frühen Morgen Kalorien zu verbrennen. Ja und wenn du auch nur im geringsten ahnen könntest, wie schwer es mir fällt, mich auf den Unterricht zu konzentrieren, wo meine Gedanken doch minütlich abschweifen, zu dem saftigen Pausebrot in meiner Tasche und zu dem schon längst zur Gewohnheit gewordenen, darauf folgenden Besuch auf dem Mädchenklo. Wenn du nur wüstest, wie es ist, die Kloschüssel als beste Freundin zu haben. Als verhasste beste Freundin, die einen wenigstens für kurze Zeit von allem Essen und somit von all den Sorgen und Schuldgefühlen befreit. Ja und wenn ihr alle auch nur eineinziges Mal das Gefühl dieser schrecklichen Leere in euch spüren würdet, das mich tagein tagaus begleitet. Das Gefühl dieser schrecklichen, gähnenden Leere, dieses Lochs im Magen, das sich auf meinen ganzen Körper ausbreitet. Das sich letztendlich sogar bis in meine Seele erstreckt. Dieses Loch und diese gähnende Leere, um die sich all meine Gedanken drehen wie ein bunter Kreisel.
Wenn ihr alle doch nur ahnen würdet, wie es ist, sich nach der Schule erschöpft ins Bett fallen lassen zu müssen um diesem schrecklichen Schwindelgefühl, dieser Erschöpfung und all den bohrenden Gedanken für ein paar Stunden zu entkommen und um nach einem traumlosen, erschöpfenden Schlaf beinahe ebenso matt wie zuvor aufzuwachen. Wenn ihr ahnen könntet, wie ich mich dabei fühle, wenn ich anschließend in die Küche krieche um mir dort wider meines schlechten Gewissens den Bauch vollzuschlagen und gleich darauf, wie schon so oft, meine beste Freundin zu besuchen und mich bei ihr zu erleichtern.
Oh wenn ihr alle nur wüsstet, wenn ihr alle nur ein einziges Mal euere Augen öffnen würdet und sehen würdet. Mich sehen würdet, mich mit meinen schwarzen Augenringen, mit meiner viel zu durchsichtigen weißen Haut, mich mit den spitzen hervorstechenden Wangenknochen, einfach nur mich, wirklich mich und nicht diese Merkmale einer vermeintlichen Schönheit, eines erstrebenswerten Aussehens, das in Wahrheit die Hölle bedeutet. Eine ausweglose Höllenfahrt auf einer Einbahnstraße zum Tod. Ich zerstöre mich selbst, doch ich weiß weder ein noch aus. Ich habe Angst, Angst vor jedem neuen Tag, Angst vor dir, Angst vor euch, Angst vor ihnen. Ich fürchte alles und jeden, ich sehe keinen Ausweg, mein Zug ist abgefahren, zu spät um abzuspringen, für mich gibt es kein Zurück. Zumindest kein zurück ohne euch, die ihr immer noch nicht verstanden habt, ohne euch, die ihr immer noch nicht sehen wollt, ohne euch, die ihr immer noch nicht im Stande seid, mir eine bessere Freundin zu sein als meine verhasste Kloschüssel.

 

Hallo Leah,

du hast dich hier einem sehr ernsten Thema gewidmet.

Gerade zur heutigen Zeit sind ja sehr viele junge Mädchen von Eßstörungen betroffen. Ich kenne mich mit der Thematik ein wenig aus.

Damit komme ich zur Kritik von der Geschichte an sich:
Die meisten Mädchen, die an einer Eßstörung leiden, haben nicht diese Selbstreflektion. Sie fühlen sich nicht krank und sie empfinden ihr Leben auch nicht als Tortur. Zumindest nicht in der Gegenwart - erst rückblickend erkennen sie, wie schrecklich ihr Leben überhaupt war. Wenn sie ihre Krankheit klar erkennen, dann sind sie eigentlich schon auf dem Weg zur Besserung und empfinden es eher als Tortur ihre alten Gewohnheiten (z. B. Kotzen, wenig essen) ablegen müssen. Sie haben dann quasi den Drang zu kotzen, weil sie meinen sich danach besser zu fühlen - und dieses Nicht-Kotzen ruft dann quasi das schlechte Gefühl in ihnen hervor. Meistens schaffen die Betroffenen das ohne professionellen Beistand gar nicht.
Daher empfand ich die Geschichte insofern als unrealistisch, dass deine Prot. eine zu gute Selbstreflexion hat.

LG
Bella

 

Liebe Bella,

danke für deinen Kommentar. Mag sein, dass du in den meisten Fällen sehr Recht hast, doch in meinem Fall ist es scheinbar anders... dieses Bewusstsein süchtig zu sein war für mich die größte Tortur, dieses Sicheingestehen dass man ein Problem hat und es dennoch nicht ändern zu wollen oder zu können, das war/ ist es, was es mir so hart macht.

Lieben Gruß.

 

Hallo Leah,

sorry, ich wusste nicht, dass du selbst davon betroffen warst.

Gut, dass du die Sucht anscheinend überwunden hast.

Ich kannte bis dahin aber nur Fälle, wo die Süchtigen sich ihre Sucht nicht eingestanden haben.

LG
Bella

 

Hallo Leah!

Wenn man das so liest, bekommt man den Eindruck, als wollte die Protagonistin es gar nicht anders. Indem sie nämlich nicht erzählt, daß, wie und warum sie leidet, sondern die anderen pauschal als uninteressiert und keine Ahnung habend hinstellt, baut sie selbst eine Mauer auf. Wie sollte jemand versuchen, der Protagonistin zu helfen, wenn sie doch schon von vornherein alle als unfähig, sie zu verstehen, abstempelt?

Ehrlichgesagt hab ich Probleme, diese Zeilen als Geschichte zu sehen. Du erzählst nichts über die Protagonistin, nicht, warum sie so geworden ist, und auch keine Begebenheit, in der man mit ihr mitfühlen könnte.
Es ist eine Ansammlung von Vorwürfen. Würdest Du diese in eine Geschichte verpacken, z.B. zeigen, wie die Protagonistin sie jemandem vorhält, dessen Reaktion oder irgendwas dazu, würde das ganz anders wirken. Oder wenn man zumindest erkennen könnte, daß sich dieses Du und die Vorwürfe auf jemanden bestimmten, z.B. den Freund oder die Eltern der Protagonistin beziehen, wäre es auch okay.
Aber so wirkt es, als wolltest Du dem Leser Schuldgefühle machen - wenn das tatsächlich Deine Absicht war, sehe ich den Sinn darin nicht.

Wenn du nur wüsstest
Das wäre dann eigentlich der Sinn einer Geschichte: es dem Leser zu erzählen, statt ihm zu sagen, er wüßte es nicht.

Liebe Grüße,
Susi :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Leah,

ich möchte erstmal auf einen Text eingehen:

Glotz mich nicht so an, mit diesem scheiß neidischen Blick. Du hast ja keine Ahnung. Überhaupt keine Ahnung. Und wehe dir, du erwähnst auch nur noch ein einziges mal, wie wahnsinnig beneidenswert du doch meinen flachen Bauch, meine straffen Beine, meinen dünnen Oberarme und meine, sich unter allen Kleidungsstücken leicht abzeichnenden Hüftknochen findest.

und weiter unten:

Mich sehen würdet, mich mit meinen schwarzen Augenringen, mit meiner viel zu durchsichtigen weißen Haut, mich mit den spitzen hervorstechenden Wangenknochen, einfach nur mich, wirklich mich und nicht diese Merkmale einer vermeintlichen Schönheit, eines erstrebenswerten Aussehens, das in Wahrheit die Hölle bedeutet


Ich stelle mir die Person, so wie du sie beschreibst, als knochendürres Gestell mit übernächtigtem, fahlen Gesicht vor. Wie so jemand wegen der Figur beneidet werden soll, ist mir ein Rätsel (oder bin ich da einfach zu alt dazu, um mir das vorstellen zu können :confused: ). In mir lösen solche dünnen Menschen nur den Gedanken von Kranksein aus.

Wenn du wüsstest... wenn sie wüssten... wenn ihr alle nur wüsstet... wenn ihr ein einziges Mal euere Augen öffnen und mich sehen würdet.... Wenn ihr auch nur ein einziges Mal wirklich mich sehen würdet ....Wenn du nur wüsstest, wie es ist .... Ja und wenn du auch nur im geringsten ahnen könntest..... Wenn du nur wüstest, ..... Ja und wenn ihr alle auch nur eineinziges Mal das Gefühl dieser schrecklichen Leere in euch spüren würdet,...Wenn ihr alle doch nur ahnen würdet... Wenn ihr ahnen könntet, ...Oh wenn ihr alle nur wüsstet,.

Ich weiß, dass du eine anprangernde Prot darstellen willst, aber das ist mir einfach zuviel Wiederholung, irgendwann ist das wie bei einer Platte, die hängt.
Der/die Prot jammert, weil es ihm so schlecht geht. Aber er beschreibt nur seine täglichen Qualen und nicht, wieso es soweit kam und welche Rollen die anderen, die er anprangert, ja, fast schuldig spricht, damit zu tun haben.

Ich hätte gerne mehr darüber erfahren, wo die Probleme des Prot sind.
Mir ist das ganze etwas zu einseitig. Versuche doch zu erzählen, wieso der Prot lieber ins Klo spuckt anstatt mit anderen zusammenzusein.

Lieber Gruß
bernadette

 

upsss....parallelposting zu susi...aber es zeigt wenigstens, dass es uns beiden gleich geht :)

lieber gruß
bernadette

 

Hallo ihr lieben,

danke für die vielen Kommentare.
Ich versuche möglichst Punkt für Punkt zu kommentieren.
Zu erst noch einmal zu Bella: Kein Problem, ich bin wahrscheinlich ein etwas ungewöhlicher Fall...
dann zu Häferl:
"Wenn man das so liest, bekommt man den Eindruck, als wollte die Protagonistin es gar nicht anders."
Genau so ist es. Meiner Meinung nach ist Magersucht/ Bulimie eine Krankheit, dür die man größtenteils selbst verantwortlich ist. (Ich finde es auch falsch von meiner Protagonistin, alles auf ihre Umwelt zu schieben) Letztendlich hat man es selbst in der Hand, ob man isst oder nicht, ob man sich den Finger in den Halssteckt oder nicht, ob man sich von den anderen unterkriegen lässt oder nicht. Die Protagonistin nimmt sich selbst zu wichtig und möchte den anderen gewissermaßen ein schlechtes gewissen machen mit ihrer Krankheit, sie will hungern.

"Wie sollte jemand versuchen, der Protagonistin zu helfen, wenn sie doch schon von vornherein alle als unfähig, sie zu verstehen, abstempelt?"
Objektiv gesehen hast du da sicher recht, ich kann nur aus Erfahrung sprechen und sagen, dass man sich in einer solchen Situation von allen und jedem unverstanden fühlt und tatsächlich so pauschalisierend denkt. Dies heißt nicht dass ich es gut heiße,ich wollte nur die Denkweise einer Essgestörten darstellen.

"Ehrlichgesagt hab ich Probleme, diese Zeilen als Geschichte zu sehen. Du erzählst nichts über die Protagonistin, nicht, warum sie so geworden ist, und auch keine Begebenheit, in der man mit ihr mitfühlen könnte. Es ist eine Ansammlung von Vorwürfen."

Da hast du ebenfalls Recht, wie gesagt wollte ich jedoch einzig und allein das subjektive Empfinden einer solchen Person beschreiben, welches bisweilen schlichtweg irrational und unbegründet ist. Außenstehende können da schlecht mitfühlen, avon abgesehen, dass Mitgefühl meiner Meinung nach bei Magersüchtigen ohnehin fehl am Platz ist, da es nicht weiterhilft.

"so wirkt es, als wolltest Du dem Leser Schuldgefühle machen - wenn das tatsächlich Deine Absicht war, sehe ich den Sinn darin nicht. "

als ich damals noch tiefer in dieser sucht steckte hatte ich tatsächlich das Gefühl alle wären schuld und ich müsste ihnen das beweisen, deswegen möchte ich nicht dem leser schuldgefühle machen, sondern wie gesagt ausschließlich die Denkweise einer solchen kranken nachzeichnen.


""Wenn du nur wüsstest"
Das wäre dann eigentlich der Sinn einer Geschichte: es dem Leser zu erzählen, statt ihm zu sagen, er wüßte es nicht."

Das zeigt meiner Meinung nach nur wie unverstanden sich meine Protagonistin fühlt.

jetzt zu bernadette:

"Ich stelle mir die Person, so wie du sie beschreibst, als knochendürres Gestell mit übernächtigtem, fahlen Gesicht vor. Wie so jemand wegen der Figur beneidet werden soll, ist mir ein Rätsel"

Wenn ich mir die bilder von damals ansehe, dann frage ich mich ebenfalls, wie so viele Mädchen in meinem alter mein aussehen schön und erstrebenswert finden konnten. jedoch ist es tatsache dass sich ein großteil aller jugendlichen eindeutig zu dick vorkommen und dieses unnatürliche und krankhafte schönheitsideal als erstrebenswert finden, so traurig es ist.

"Ich weiß, dass du eine anprangernde Prot darstellen willst, aber das ist mir einfach zuviel Wiederholung, irgendwann ist das wie bei einer Platte, die hängt.
Der/die Prot jammert, weil es ihm so schlecht geht."

Dieses ständige Wiederholen soll das quälende und monotone dieser Gedankengänge und das ausweglose im Denken der Prot unterstreichen.

"er beschreibt nur seine täglichen Qualen und nicht, wieso es soweit kam und welche Rollen die anderen, die er anprangert, ja, fast schuldig spricht, damit zu tun haben.
Ich hätte gerne mehr darüber erfahren, wo die Probleme des Prot sind.
Mir ist das ganze etwas zu einseitig. Versuche doch zu erzählen, wieso der Prot lieber ins Klo spuckt anstatt mit anderen zusammenzusein."

Habe ich eigentlich schon oben beantwortet. Es ging mir dabei ausschließlich um die Gedanken einer Essgestörten und darum sie anderen nahe zu bringen. Es ging mir weder darum zu zeigen wer die tatsächlich schuldigen sein könnten, noch darum nach anderen Ursachen für ihr verhalten zu finden.

Seid lieb gegrüßt.

 

Hallo Leah,

ich habe die Geschichte nicht zu Ende gelesen. Genauer gesagt sogar nur den ersten Absatz.
Aus dem übrigen Kommentaren konnte ich sehen, worum es ging. Nun finde ich, dass das Thema durchaus wichtig ist, warum aber in dieser Perspektive. Dass du es als "Ich-Erzählung" aus der Perspektive der Süchtigen erzählst, ist in Ordnung. Warum aber schreibst du den Leser als "Du" an? Damit klagst du ihn doch an?
Die Weltsicht, sich von allen unverstanden zu fühlen, kann ich nachvollziehen, nicht aber den Generalvorwurf an jeden Leser. Die "Du-Form" finde ich für diesen Text absolut inakzeptabel. Ich kenne dich nicht einmal. Also habe ich auch keine Lust, mich von dir für deine Krankheit verantwortlich machen zu lassen. Und wenn du mir das Glotzen vorwirfst, dann gehört das Lesen als voyeuristische Beteiligung an deinem Leid dazu. Warum also soll ich zu Ende lesen, wenn du es mir schon in den ersten Zeilen als Vorwurf an den Kopf knallst?

An den Kritiken fiel mir auf, dass einige den Eindruck kritisierten, die Protagonistin wollte es ja so, sie wollte sich abkapseln. Wenn dir dieser Eindruck gelungen ist, finde ich das gut, denn genau diese Schutzfunktion hat die Essstörung ja oft. Sich die Menschen vom Leib zu halten.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim,

ich glaube du hast mich falsch verstanden. Wieso fühlst du dich denn angesprochen von meinem Text? Kann ich einen Text nicht an ein "Du" adressieren um ihn lebendiger zu gestalten? Was ist daran falsch und wer sagt dass damit du gemeint bist? Meine Person spricht mit ihrem Umfeld, vielleicht auch mit der ganzen Welt von der sie sich unverstanden fühlt, jedoch ist das ihr subjektiver Eindruck, der ihr doch nicht zu nehmen ist. Ich sehe nichts falsches an dieser Perspektive, nein, ich finde, sie ist ist sogar die einzige, mit der das zu erreichen ist, was ich erreichen möchte.
Liebe Grüße.

 

Ich habe nichts grundsätzlich gegen diese Perspektive. Ich nutze sie auch ab und zu. Ich spreche mich aber für deinen Text genau deshalb dagegen aus, weil das Du so wenig spezifiziert ist.

Du möchtest also erreichen, dass deine Leser wegklicken? Das kann ich mir nicht vorstellen.

 

ich würde nicht wegklicken wenn ich etwas derartiges lesen würde, mag aber auch sein, dass ich Kunst (und dazu zählen wohl auch Kurzgeschichten von Amateuren) von vornherein erst mal offen gegenüberstehe und mich nicht all zu schnell davon angegriffen fühle.

 

Ich habe dir meinen Eindruck aufgeschrieben, das ist kein Grund beleidigend zu werden.

 

Ich bin zwar floh, glaube aber, das hier:

von vornherein erst mal offen gegenüberstehe und mich nicht all zu schnell davon angegriffen fühle.

Mich hat deine Geschichte eher kalt gelassen, aber das Ende fand ich gut arrangiert mit den Wiederholungen, richtig rhythmisch. Sonst ist der Text eher flach und hat mich durch die Erzählweise nicht gerade dazu motiviert, ihm größere Leseaufmerksamkeit zu schenken. Vielmehr dachte ich darüber nach, ob sich diese Geschichte in den Kommentaren als öffentlicher Tagebucheintrag entpuppen würde - und das hat sie. Ich will dir das nicht vorwerfen, noch will ich dich beleidigen oder sagen, deine persönliche Situation würde mir am A**** vorbeigehn. Bin eben nur der Meinung, dass du die Sache falsch angegangen bist. Bei mir, und da schließe ich mich meinen Vorrednern an, hast du den Nerv der Betroffenheit oder Mitleid so nicht getroffen.

FLoH.

 

Liebe Leah!

Eigentlich wollte ich Dir schon den ganzen Nachmittag und Abend antworten, aber ich komme leider erst jetzt dazu.

Meiner Meinung nach ist Magersucht/ Bulimie eine Krankheit, dür die man größtenteils selbst verantwortlich ist. (Ich finde es auch falsch von meiner Protagonistin, alles auf ihre Umwelt zu schieben) Letztendlich hat man es selbst in der Hand, ob man isst oder nicht, ob man sich den Finger in den Halssteckt oder nicht, ob man sich von den anderen unterkriegen lässt oder nicht. Die Protagonistin nimmt sich selbst zu wichtig und möchte den anderen gewissermaßen ein schlechtes gewissen machen mit ihrer Krankheit, sie will hungern.
Magersucht ist eine depressive Störung, ein Weg des Körpers, zu zeigen, daß in der Seele etwas nicht stimmt. Die Ursachen liegen in der Kindheit vergraben, und das muß noch nicht einmal körperliche Gewalt gewesen sein. Ein Kind, das sich nach emotionaler Zuwendung sehnt, aber stattdessen immer nur mit Essen getröstet wird, wird dieses früher oder später ausspucken, da es nicht die Kost ist, nach der es verlangt. – Keine Spur also von »selbst verantwortlich«, und wenn Dir das ein Therapeut eingetrichtert hat, dann such Dir am besten einen anderen, auch wenn Du bisher scheinbare Erfolge hast – oft trügt der Schein, wenn ein Therapeut mit derselben schwarzen Pädagogik arbeitet, wie es die Eltern schon getan haben; dann versucht man wiederum nur, das brave Kind zu sein und spielt einen Therapieerfolg.
Und dann will ich Dir noch (@FLoH, ich seh Dich grinsen :D) empfehlen, Alice Miller zu lesen: In »Die Revolte des Körpers« ist ein eigenes Kapitel zum Thema Magersucht, aber grundlegender und wesentlich informativer sind »Du sollst nicht merken« und »Am Anfang war Erziehung«, die will ich Dir wärmstens ans Herz legen.

Deine Antwort trieft vor Selbsthaß, daß es mir richtig weh tut, sie zu lesen. Ich verstehe sehr gut, was Du versuchst, in Deinem Text darzustellen, aber gerade das ist es ja auch, was mich zum Kopfschütteln bringt, abgesehen davon, daß es so noch keine Geschichte ist. Solange das Kind in Dir nicht das bekommen hat, was es braucht, wird es keine Ruhe geben. Genaugenommen machst Du nichts anderes, als die Gefühle eines Kindes als lächerlich hinzustellen. Du verbietest ihm die Eßstörungen, aber es wird sich einen neuen Weg suchen. Vielleicht sind es dann irgendwelche Geschwüre oder ein kleiner Krebs. Ich sehe hier ein kleines Kind auf der Straße stehen, seinen Weltschmerz heulend, und Du stehst daneben und sagst: »Es nimmt sich selbst zu wichtig und möchte den anderen gewissermaßen ein schlechtes gewissen machen mit seinem Weinen. Mitgefühl ist meiner Meinung nach bei bei diesem Kind ohnehin fehl am Platz, da es nicht weiterhilft
Nur muß dieses Kind heute, da es erwachsen ist, die Hoffnung, die ersehnte Zuwendung der Eltern (oder was auch immer Deine Gründe sind) noch zu bekommen, aufgeben. Die Protagonistin muß sie sich zunächst einmal selbst geben und zugestehen, was Du als mit der Protagonistin idente Autorin aber nicht tust. Es wirkt schon fast mehr wie ein Bloßstellen, wenn man Deine Kommentare dazu liest.

Es ging mir weder darum zu zeigen wer die tatsächlich schuldigen sein könnten
Genau das wäre aber doch das Interessante für mich als Leser. Die Gedanken, die Du hier darstellst, sind einfach nicht viel mehr als ein »Keiner hat mich lieb und ihr seid alle schuld daran«, das ist weder literarisch noch psychologisch wertvoll oder neu, das kennt man. Selbst, wenn Du sie in diesem Stil belassen willst, könntest Du doch in den Vorwürfen die Geschichte der Protagonistin erkennbar machen.

Und um noch direkt auf den Text einzugehen: Er besteht leider aus sehr vielen unvollständigen Sätzen, die eigentlich ebenfalls das einfordern, was ich oben eräutert habe:

Ja und wenn ihr alle auch nur eineinziges Mal das Gefühl dieser schrecklichen Leere in euch spüren würdet, das mich tagein tagaus begleitet. Das Gefühl dieser schrecklichen, gähnenden Leere, dieses Lochs im Magen, das sich auf meinen ganzen Körper ausbreitet. Das sich letztendlich sogar bis in meine Seele erstreckt. Dieses Loch und diese gähnende Leere, um die sich all meine Gedanken drehen wie ein bunter Kreisel.
Wenn ihr alle …
Sehr viele Deiner Sätze beginnen mit »Wenn ihr …« oder ähnlich, und enden im Nichts. »Wenn ihr«-Sätze verlangen aber nach einem »dann …«, und über dieses »dann« solltest Du Dir vielleicht Gedanken machen, dann könnte sich Dir nämlich vielleicht eine ganz neue Geschichte erschließen, wenn da plötzlich jemand wäre, der tatsächlich mit der Protagonistin mitfühlen könnte, ihren Schmerz verstehen könnte, usw. – Was wäre dann? Könnte dann dieser Jemand vielleicht ein besserer Freund als die Kloschüssel sein?

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi.

Ich fürchte, deine Einschätzung meines Charakters zielt völlig ins Leere. Als ich meiner besten Freundin erzählt habe, dass jemand meint, ich/ bzw. meine Antworten würden "vor Selbsthass triefen". Weißt, du ein wenig Selbsthass würde mir bei meinem gesteigerten Selbstwertgefühl unter dem andere oftmals zu leiden haben gewiss nicht schaden... nur leider ist es ganz und gar nicht so.
Um festzustellen, dass ich das Problem bin und nicht meine Umwelt habe ich keinen Therapeuten gebraucht, zu dieser Feststellung bin ich ganz allein gekommen und sobald ich das erkannt hatte ging es mir besser. Nicht um sonst heißt es man soll die Fehler zu aller erst bei sich selbst suchen. Wenn ich meine Sucht von meiner Umwelt abhängig mache, dann werde ich bei der kleinsten Erschütterung meiner ach so heilen Welt wieder zusammenbrechen... das macht doch keinen Sinn.
Was soll das denn? Kinder bekommen ab und an nun mal nicht das was sie haben wollen und das ist auch ganz gut so. Manche "Kinder" möchten eben zu viel und dann bilden sie sich ein aus lauter Selbstmitleid in eine Essstörung fallen zu müssen, anstatt sich sinnvollere Lösungswege zu suchen.. außerdem halte ich es für medizinisch absolut unfundiert zu behaupten, dass man Krebs bekommt, nur weil in seiner Kindheit nicht alles ganz glatt lief. Krebs kann jeder bekommen, ob glücklich oder unglücklich.
auf ein "wenn ihr" muss kein "dann" folgen. So was nennt man im Lateinischen Optativ.

Lieben Gruß.

 

Was soll das denn? Kinder bekommen ab und an nun mal nicht das was sie haben wollen und das ist auch ganz gut so. Manche "Kinder" möchten eben zu viel und dann bilden sie sich ein aus lauter Selbstmitleid in eine Essstörung fallen zu müssen, anstatt sich sinnvollere Lösungswege zu suchen..
(Häferl, jetzt grinst du bestimmt auch :D)

Dass mit dem Krebs sehe ich allerdings ähnlich wie Leah - wenn man die Psychosomatik mal aus dem Spiel lässt.

Weißt, du ein wenig Selbsthass würde mir bei meinem gesteigerten Selbstwertgefühl unter dem andere oftmals zu leiden haben gewiss nicht schaden...
Wie kommst du darauf, dass du ein übersteigertes Selbstwertgefühl hast? Eigentlich schließt das Selbsthass ja aus. In meinen Augen malst du dich einfach schwarz; und nur um dies zu rechtfertigen, trittst du zwangsweise auf eine Art auf, unter der andere zu leiden haben.

So sehe ich das zumindest. Ich hoffe jedoch, du verwechselst KG.de nicht mit einer psychotherapeutischen Einrichtung oder bloß einem Kummerkasten.


FLoH.

 

FLoH schrieb:
Dass mit dem Krebs sehe ich allerdings ähnlich wie Leah - wenn man die Psychosomatik mal aus dem Spiel lässt.
Darauf möchte ich mit einem Artikel von Alice Miller antworten, der sozusagen eine Vorarbeit für ihr Buch »Die Revolte des Körpers« war: Körper und Moral. :)

Liebe Leah!

Weißt, du ein wenig Selbsthass würde mir bei meinem gesteigerten Selbstwertgefühl unter dem andere oftmals zu leiden haben gewiss nicht schaden... nur leider ist es ganz und gar nicht so.
Jemand mit einem Mindestmaß an Selbstwertgefühl fügt sich selbst keinen Schaden zu. Was Du meinst, ist etwas ganz anderes, das zugegebenermaßen manchmal nach außen hin so wirkt, trotzdem ist es das nicht, sondern wie FLoH sagt:
um dies zu rechtfertigen, trittst du zwangsweise auf eine Art auf, unter der andere zu leiden haben.
Ich kann Dir nur wünschen, eines Tages draufzukommen. Je früher Du bereit bist, die Wahrheit zu sehen, umso länger bleibt Dir dann noch Zeit in Deinem Leben, Du selbst zu sein.
Aber: Auch, wenn Du es nicht glauben willst, zeigt die Geschichte, so wie Du sie geschrieben hast, den Selbsthaß der Protagonistin. Übersteigertes Selbstwertgefühl kommt in der Geschichte nicht vor.

Um festzustellen, dass ich das Problem bin und nicht meine Umwelt habe ich keinen Therapeuten gebraucht, zu dieser Feststellung bin ich ganz allein gekommen und sobald ich das erkannt hatte ging es mir besser. Nicht um sonst heißt es man soll die Fehler zu aller erst bei sich selbst suchen. Wenn ich meine Sucht von meiner Umwelt abhängig mache,
Nicht von der Umwelt abhängig machen, sondern die Ursachen suchen. Jeder ist das Produkt seiner Erziehung (und somit erst einmal unschuldig); daß die Umwelt manchmal darunter leidet, ist richtig – das wird allerdings dann besser, wenn man sich in einer Therapie bewußt wird, was man warum macht. Dann kann man übrigens auch mit etwas mehr Abstand schreiben – ich weiß, wovon ich rede…

Manche "Kinder" möchten eben zu viel und dann bilden sie sich ein aus lauter Selbstmitleid in eine Essstörung fallen zu müssen,
Alle psychischen Erkrankungen haben mit den Gefühlen zu tun, nicht mit rationalem Denken. Sich etwas einzubilden gehört zum rationalen Denken. Kinder bilden sich keine Eßstörung ein, sondern ihre verletzten Gefühle zwingen sie dazu. Um sich so etwas einzubilden, müßte ein Kind erst einmal genauestens darüber Bescheid wissen, aber das tut es nicht, sondern es handelt nach dem Gefühl.
Selbstmitleid ist für die verletzte Seele lebensnotwendig, wenn man von niemandem sonst getröstet wird.


außerdem halte ich es für medizinisch absolut unfundiert zu behaupten, dass man Krebs bekommt, nur weil in seiner Kindheit nicht alles ganz glatt lief. Krebs kann jeder bekommen, ob glücklich oder unglücklich.
Natürlich kann jeder Krebs bekommen. Aber es gibt eben Statistiken, die besagen, daß eine Mehrheit der Krebspatienten eine unglückliche Kindheit hatte – siehe den Link am Beginn des Postings.

auf ein "wenn ihr" muss kein "dann" folgen. So was nennt man im Lateinischen Optativ.
Und Du liest gerne Geschichten, die zu einem Großteil aus »Wenn ihr«-Sätzen bestehen?

Liebe Grüße,
Susi :)

 

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