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Kollektivgruppenhassen
Kollektivgruppenhassen
»Mir war bewusst dass ich etwas unternehmen musste. Zuerst waren es bloß der fette Trennert und die dumme Schubert von der Poststelle. Ich habe es nicht mehr unter Kontrolle. Mittlerweile verabscheue ich alle.«
»Beschreiben Sie mir bitte ein Beispiel.«
»Also…«
»…der Ziegler ist auch verdammt frech geworden, findest du nicht auch?«
»Hm?«
»Der Ziegler… frech isser geworden. Der fragt nicht mehr nach den Unterlagen, der brüllt die ein.«
»Ohne Bitte?«
»Nee, aber mit wutentbranntem Gesicht und erhobener Hand. Der mutiert richtig, wie in Spiderman.«
»Hulk.«
»Wer? Naja, jedenfalls ist das verrückt.«
»Sexuelle Belästigung.«
»Was?«
»Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Rotes Gesicht und erhöhte Extremität… das ist doch bestimmt was ausm Kamasutra oder was.«
»Ach Quatsch. Der hat bloß total den Durchblick verloren. Kannst dich ja gleich selbst überzeugen, da kommt er.«
Markus betrat das Büro der beiden und in dem Augenblick als er das verschwitzte Hemd und die darunter vorquellende Plauze Trennerts und das viel zu enge Sommerkleid mit den sich darunter abzeichnenden, ungebändigten Brüsten der schlaksigen Schubert sah, kam es ihm sauer die Speiseröhre hoch. Pack, Pack, Pack. Es war zum kotzen.
»TRENNERT«, entfuhr es ihm und er schlug einen Stapel Papiere auf dessen Schreibtisch. Er bemerkte wie sein linkes Auge zuckte und Schweiß auf seine Stirn trat. »Trennert, was ist das?«
»Äh…«
»Mann, wissen sie eigentlich wie sie stinken? HÜTEN SIE IN IHRER FREIZEIT SCHAFE ODER WAS?« Das Fett, aus dem Trennert zu zwei drittel bestand, schwappte hin und her, so sehr erschrak er. Bevor er aber in irgendeiner Form reagieren konnte, fuhr Markus zur Schubert herum.
»Jahresabschlußbericht!« Er sah sie mit zu Schlitzen zusammengezogenen Augen an und hielt die rechte Hand ausgestreckt vor ihr Gesicht.
»JAHRESABSCHLUSSBERICHT verdammt noch mal.«
»Ja, ja, Moment bitte.« Sie kramte verzweifelt in einem Stapel Papieren herum, im Begriff, jeden Moment zusammenzubrechen.
»Hier, ich hab nicht ewig Zeit.« Er fuchtelte fordernd mit der Hand vor ihrer Nase herum. »Ja was is jetzt. Bekomm ich diesen SCHEISS WISCH nun bald?«
»Äh, einen Moment Markus, ich…«
»Haben wir mal miteinander GEFICKT?«
»Wa…was?«
»Für sie immer noch Herr Ziegler. Ach leck mich doch, bringen sie mir den Bericht in fünf Minuten in mein Büro. ABERNBISSCHENDALLI!«
Er wandte sich zur Tür und ging. Als er das Büro verließ, meinte er noch: »Scheiß Pack, ich hasse euch!«
»Sie müssen sich vor Augen halten, dass es Menschen sind wie sie und ich. Und jeder hat seine Fehler und Charaktereigenschaften und das Recht auf Existenz. Wenn sie mit einem Menschen nicht zurecht kommen, ist das vollkommen natürlich.«
»Aber es passiert nicht bei einer einzelnen Person. Es passiert wenn sie zu zweit oder zu dritt oder zu viert oder zu fünft auftr...«
»Jaja, ich hab's verstanden.«
»Naja, sobald ich einen sehe, der zu wenig Haare auf dem Kopf oder zu viel in den Ohren hat, sowie ich eine Frau mit schlechtem Atem oder wenn ich was ganz anderes unangenehmes an ihr rieche ist es aus. Ich drehe durch und hasse sie alle. Ich bin der Hasser vom Dienst. Mann wie ich die dann alle hasse…«
»Gut gut. Ich sehe wir haben es mit einem ganz bestimmten Phänomen zu tun.«
»Ja?«
»Ja, Sie leiden unter kollektivem Gruppenhassen.«
»Häh?«
»Kollektivgruppenhassen. Tritt immer dann auf, wenn dem Betroffenen die Mitmenschen nur noch zuwider sind. Das äußert sich dann in etwas derber Sprache, Ungeduld und Aggressivität. Nicht weiter schlimm, das geht vorbei.«
»Wirklich?«
»Wirklich.«
»Ist das irgendwie ungesund?«
»Jedenfalls nicht für sie beziehungsweise ihren physischen Zustand. Außer sie bekommen wegen der Charakterbildenden Eigenschaft der Krankheit eine aufs Maul, salopp gesagt.«
»Muss ich irgendetwas einnehmen oder beachten?«
»Nein, genießen sie es solange es anhält.«
»Doktor Habermann, Apotheke Fritsch meint, dass dies die einzigsten Antibiotikas sind, die sie noch vorrätig haben.«
»Gut Steffi, bestellen sie alle.«
»Das wird dann aber hundertachtundsechzig Euros kosten.«
»Ist gut.«
»Ist gut?«
»Wie meinen Sie Herr Ziegler?«
»Es heißt nicht "einzigste" sondern "EINZIGE", DENN DAS IST SCHON WENIG GENUG!«
»Herr Ziegler, ich bitte Sie, beruhigen Sie sich. Atmen sie langsam und tief ei…«
»FRESSE! Und außerdem Steffi, die Mehrzahl von Antibiotikum ist ANTIBIOTIKA KAPIERT!? Und können Sie mir vielleicht mal erklären wie Sie die europäische Währung STEIGERN KÖNNEN? WIEVIEL GELDS VERDIENEN SIE DENN HIER SO, HÄH?«
»So Herr Ziegler, ich werde Ihnen jetzt eine Spritze spritzen, das wird Sie beruhigen.«
»SIE KÖNNEN MIR KEINE SPRITZE SONDERN NUR DEN INHALT DER Spritze injizie…«