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Konstantinopel

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09.06.2010
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Konstantinopel

Unter dem Mauervorsprung hockte, den Kopf eingezogen, eine Taube und beobachtete den Falken, der vor den Wolken Kreise zog. In ihren Augen spiegelte sich der kühne Jäger. Die Flügel halb angezogen, schoss er eine enge Wende und landete auf dem goldenen Halbmond.
Der Wind zupfte an seinem Gefieder. Die Augen zusammengekniffen, den Schnabel leicht geöffnet, stemmte er den Kopf dem Himmel entgegen. Von seinem Sitz aus sah er die Wellen im Bosporus. Weiße Schaumkronen kräuselten auf stahlblauen Wogen.
Unablässig rieben sie gegen den Sandstein. Die Taube mochte die Mauer. Sie winkelte, sprang vor und zurück, zinnte und öffnete. Eine der Wellen spritzte in das Versteck der Taube.
Der Falke erhob sich und tanzte mit den Schaumkronen. Er hatte die Taube in dem Augenblick entdeckt, als sie sich vor den Spritzern duckte. Er ließ sich nicht anmerken, dass er ihr Versteck kannte.
Die Wellenkämme trugen ihn höher, der stete Westwind fasste unter seine Flügel und wirbelte ihn eine Spanne. Der Wind trieb die Hitze über das Gebäude. Der Falke verpasste durch den Abwind die richtige Bahn.
Als er an ihr vorbeiflog, blitzte sein Auge und die Taube erkannte, dass ihr Versteck verraten war.

 

Hallo Adem!

Obwohl das sprachlich schon okay ist, fand ich es zu kurz. Dafür hat das Ende gesorgt, dass die Sache zu einer Szene macht, aber nicht zu einer Geschichte. Weil ich mich frage: Und jetzt? Wie gehts weiter? Versucht er es noch einmal?

In dem Text fehlt die Geschichte, finde ich.

Bis bald,

yours

 

Hallo yourstruly!

fand ich es zu kurz.

Ich hielt gerade die Kürze des Textes für seinen Vorzug.

Nee, im Ernst, ich finde es nachvollziehbar, wenn dir die Geschichte fehlt.


Liebe Grüße

Adem

 

Hi Adem,

warum dieser Titel? Kann die Geschichte nicht genauso gut in Köln, Hamburg oder Madrid spielen? Selbst, wenn du es zufällig in Konstantinopel beobachtet hast, bei der Titelwahl denke ich immer, der hat auch etwas mit dem Inhalt zu tun.
Bei

Eine der Wellen spritzte bis in ihr Versteck.
bist du im falschen Bezug gelandet und die Welle spritzt in das Versteck der Mauer, nicht in das der Taube.

Ich vermisse die Erzählmotivation. Nicht einer tiefgreifenden Erkenntnis wegen, sondern eher, weil ich nicht weiß, warum mir die Geschichte erzählt wird, was der Erzähler daran so interessant findet, dass er versucht, andere dafür zu interessieren.
Zu "sauberem Wind" und "lasziver Hitze" habe ich leider gar keine Vorstellung außer dem moralisch konnotierten Gegensatz der 50er Jahre.

Liebe Grüße
sim

 

Hallo sim!

Danke für deine Anmerkungen.

Konstantinopel, weil hier zwei Kontinente zusammenstoßen, symbolisch angedeutet durch Taube und Falke. Daraus ergab sich auch die Erzählmotivation.

Fehlbezug und ungenaue Adjektive änder ich.

Gruß

Adem

 

Hi Adem,

dann frage ich mich, ob du die die Vergleiche begleitenden Wertungen tatsächlich so gewollt hast?
Der eine Kontinent wild und ungezähmt, der andere hinter Mauern versteckt, möglicherweise angepasst und bieder, aber Überträger von Krankheiten.
Der eine Kontinent mögliches Opfer des anderen (Annektion? Kulturimperialismus?) - Spiegelt sich da Angst vor dem gemeinen islamistischen Muselmanen wieder oder die Angst vor doppelmoralinsaurer spießiger Weltverbesserung demokratieverbreitender Langnasen?

Liebe Grüße
sim

 

Hallo sim!

Jo, Vergleiche gewollt, und wenn, dann im Sinne der Langnasen. Die Gefahr von Vergleichen dieser Art ist ihre Pauschalisierung und deshalb habe ich sie nicht deutlicher ausgeführt. Und ich gebe zu, die Taube hinkt deutlich in ihrer Friedens-Symbolhaftigkeit.

Gruß

 

Hallo Adem!

Mein erster Eindruck:
Mal eine Geschichte aus dem tierischen Alltag. Der Spannungsbogen beginnt schon im ersten Satz, einfach durch die Nennung der Akteure, Taube und Falke. Der Aufbau der Geschichte ist also gelungen.

Nachdem ich die Beiträge gelesen habe: Aha!
Ich meine, das Thema wäre einfacher zu erfassen gewesen, wenn du dem Falken seine Kühnheit genommen hättest und der Taube ein weißes Gefieder geschenkt hättest. Falken machen auf mich immer einen kühnen Eindruck, während (in der Regel graue)Tauben für mich stur und faul sind, weil sie mir (hier in der Stadt) immer vor den Füßen rumlaufen und betteln.

Einige Details im Text wollen mir nicht so recht munden.

„Aus den Augenwinkeln betrachtete sie den kühnen Jäger.“
Hier hab ich Probleme, die Perspektive zu ergründen.
„Aus den Augenwinkeln“ kann nur aus Sicht der Taube sein.
Die Wertung „kühner“ Jäger mag ich nicht der Taube zuordnen – die denkt bestimmt anders über ihren Erzfeind – sondern dem Erzähler.
Ein Erzähler sollte die Perspektiven weder mitten im Satz noch im Absatz wechseln.

„Die Augen zusammengekniffen, den Schnabel zum Haken gebogen,“
Den Schnabel kann er nicht biegen, nur öffnen und schließen.

„Weiße Schaumkronen saßen auf stahlblauen Wogen.“
„saßen“ klingt viel zu behäbig. Die Wogen mögen zwar behäbig rollen, aber auf deren Scheitelpunkt herrscht kräuselnde Unruhe, sonst hätten sie keine Kronen aus Schaum.

„Der Falke war wieder gestartet … “
Das geht besser. Der Falke schwang sich oder erhob sich oder …

„Als er an ihr vorbeiflog, blitzte sein Auge und die Taube wusste, dass ihr Versteck verraten war.“
„Verraten“ von ihr selbst, so gesehen ist gegen die Wortwahl nichts zu sagen. Dennoch würde ich es anders ausdrücken, vllt entdeckt; oder ganz anders: (nun) wertlos, unbrauchbar, nutzlos.

„Die Wellen trugen ihn höher.“
Na ja, wenn man die Symbolik bis dahin noch nicht begriffen hat, klingt das sehr falsch.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix!

Ich konnte alle deine textlichen Anmerkungen gut gebrauchen. So macht Textarbeit Spaß, danke dafür.

Gruß Adem

 

Hallo Adem,

sprachlich finde ich Deinen Text ganz schön, auch die Idee, eine Geschichte aus Tiersicht zu schreiben. Aber die Szene ist mir zu kurz, um mich in die beiden einzufühlen.

Ein bisschen habe ich auch Probleme mit der Perspektive. Du hast nicht durchgehend aus der Sicht eines der Tiere erzählt und das stört mich irgendwie.

Ich finde, da könntest Du ruhig noch nachlegen. Erzähl' doch aus Sicht der Taube wie es weiter geht. Erzähl' von ihrem gefährlichen Leben über den Dächern der Stadt (ob Konstantinopel oder nicht), immer auf der Suche nach Nahrung und einem Versteck vor dem Falken.
Mir endet die Szene zu abrupt, ich wollte gerne mehr wissen vom Leben der Taube. Den Titel würde ich ändern, schließlich könnte das überall sein. Konstantinopel spielt ja eigentlich keine Rolle.

Liebe Grüße
Giraffe :)

 

Hallo Giraffe!

Danke für deine Meinung.

Sie hilft mir, mein Geschreibe zu verbessern.

Konstantinopel spielt ja eigentlich keine Rolle.

Doch, spielt schon eine Rolle, siehe auch Antwort vom 30.06.

Konstantinopel, weil hier zwei Kontinente zusammenstoßen, symbolisch angedeutet durch Taube und Falke. Daraus ergab sich auch die Erzählmotivation.

Gruß


Adem

 

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