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Konstantinopel
Unter dem Mauervorsprung hockte, den Kopf eingezogen, eine Taube und beobachtete den Falken, der vor den Wolken Kreise zog. In ihren Augen spiegelte sich der kühne Jäger. Die Flügel halb angezogen, schoss er eine enge Wende und landete auf dem goldenen Halbmond.
Der Wind zupfte an seinem Gefieder. Die Augen zusammengekniffen, den Schnabel leicht geöffnet, stemmte er den Kopf dem Himmel entgegen. Von seinem Sitz aus sah er die Wellen im Bosporus. Weiße Schaumkronen kräuselten auf stahlblauen Wogen.
Unablässig rieben sie gegen den Sandstein. Die Taube mochte die Mauer. Sie winkelte, sprang vor und zurück, zinnte und öffnete. Eine der Wellen spritzte in das Versteck der Taube.
Der Falke erhob sich und tanzte mit den Schaumkronen. Er hatte die Taube in dem Augenblick entdeckt, als sie sich vor den Spritzern duckte. Er ließ sich nicht anmerken, dass er ihr Versteck kannte.
Die Wellenkämme trugen ihn höher, der stete Westwind fasste unter seine Flügel und wirbelte ihn eine Spanne. Der Wind trieb die Hitze über das Gebäude. Der Falke verpasste durch den Abwind die richtige Bahn.
Als er an ihr vorbeiflog, blitzte sein Auge und die Taube erkannte, dass ihr Versteck verraten war.